Reisefieber
Auch außerhalb von Deutschland gibt es interessante Musikfestivals. In Tschechien beispielsweise! Vom 03.07. bis 06.07. fand dort bereits zum 15ten Mal das dortige Rock For People-Festival statt. Es folgt ein deutscher Vor-Ort-Bericht, der nicht an Lob spart . . .
Sommerzeit ist Festivalzeit! Und auch Urlaubszeit! Je nachdem, wie man es haben will. Oder vielleicht auch gleich beides zusammen. Warum denn nicht? Die deutsche Rock-Festivallandschaft ist mir ja mittlerweile auch ein wenig bekannt. Riesige Massenveranstaltungen, wie Rock am Ring oder Hurricane reizen mich da nicht mehr so sehr und das geliebte, aber mittlerweile ziemlich überlaufene und kommerzialisierte MELT! hat nach fünf Jahren Dauerbesuch in Folge auch mal eine Pause verdient. Und um Karten fürs Haldern Festival hab ich mich schon wieder zu spät gekümmert. Also, warum mal nicht die Zelte im europäischen Ausland aufschlagen? Das Angebot ist ja groß genug. Doch wohin nur? Roskilde ist zu teuer, die britischen Festivals sind es ebenso und außerdem komplett überlaufen… und dann auch noch hauptsächlich mit druffen Briten. Richten wir den Blick doch mal nach Osten… Perfekt! Tschechiens größtes Rockfestival, das „Rock For People“ ist mit gut 25.000 Zuschauern gar nicht mal so groß und mit knapp 65 Euro geradezu ein Schnäppchen. Drei Tage dauert es trotzdem und das diesjährige Line-Up versprach auch einige Favoriten.

Die Entscheidung für „Rock For People“ habe ich dabei zu keinem Zeitpunkt bereut. Der große Dank des kleinen Deutschen kommt dabei von Herzen, muss ich sagen. Das Gelände entpuppt sich dabei gleich mal als echter Glücksgriff. Der verlassene Flughafen bei Hradec Králové übt dabei seinen ganz eigenen Reiz aus. In den still gelegten Hangars ist genug Platz für kleinen Bühnen und Bierbänke, darüber hinaus gibt es jede Menge kleine verwinkelte Ecken und überall etwas zu entdecken. Notfalls einfach den Landebahnen folgen. Natürlich gibt es auch hier die üblichen Imbissstände und unerhöht viele Bierzapfsäulen. Allerdings sind diese preislich wesentlich angenehmer, als in Deutschland und auch das Essen wirkt insgesamt eine Spur vielseitiger und weniger künstlich, als auf deutschen Festivals. Vom Döner bis zu ungarischen Wurstspezialitäten ist da alles vorhanden, also falls man sich für das Essen interessiert. Und auch sonst hauen einem nicht tausend Sponsoren permanent irgendwelche Produkte um die Ohren, wie das hierzulande übrig ist. Das Hauptsponsoring teilen sich hier die Telekom und die nationale Sparkasse, welche auch den beiden großen Bühnen ihre Namen geben. Musikalisch übt man sich in Vielseitigkeit, wenngleich das „Rock For People“ eher traditionelle Genres, wie Alternative Rock, Punk Rock und gern auch mal Ska oder Hardcore anspricht. Aber wer denkt hierbei schon in Genres? Am wenigsten vermutlich die einheimischen Besucher, die sichtlich dankbar und offen für alle Formen von Musik zu sein scheinen. Dieses Gefühl der Übersättigung, welches man vor deutschen Konzertbühnen gelegentlich hat, scheint gar nicht bekannt zu sein. Warum auch? Außerhalb von Prag scheint da auch nicht sooo viel zu gehen, was aber keine Beleidigung des Landes sein soll. Viel eher ist es ein Segen, weil hier wirklich die Musik im Vordergrund steht. Sicher, es gibt auch ein paar vereinzelte Facebook-Hipster, aber ansonsten sind hier alle Alters- und Bildungsschichten auf entspannte Art und Weise nebeneinander vorhanden. Klamotten und Frisuren scheinen da relativ egal zu sein. Wen es interessiert, den interessiert es auch, wen nicht, den nicht. Gut drauf sind alle, drogentechnisch wirklich druff und hackedicht wirklich die wenigsten. Eine angenehme Abwechslung, wie ich finde. Da wirken die wenigen, grölenden deutschen Fans fast schon etwas peinlich. Immerhin wollen die Menschen hier anscheinend wirklich etwas von ihrem Geld sehen. Positive Rahmenbedingungen sozusagen, welche in der Tat wirklich anstecken.
Da geraten die Bands fast zur Nebensache. Es sind aber auch viele Künstler da. Natürlich viele aus dem eigenen Land, aber auch aus England, Italien, Spanien, den USA oder sogar Deutschland (Mutabor bspw.)… Alle gleichermaßen anzuschauen ist dabei gar nicht möglich. Auf kleineren Bühnen tummeln sich in Zelten und Hangars einige interessante Nachwuchsbands aus Tschechien, die meine Wenigkeit leider nur im Vorbeigehen erwischen konnte. Überall ist halt Musik… und sei es der rappende Türke am Dönerstand oder eine Blaskapelle, die, so scheint es, permanent übers Gelände zog. Man möchte fast einen Osteuropa-Hype ausrufen. Lassen wir das mal lieber bleiben. Es folgen ein paar kurze Worte zu den Bands, die ich sehen konnte und bei denen ich mich noch an die Namen erinnerte.
The Mahones z.B., die Sonntagnachmittag die ersten waren. Kanadier, die aber irisichen Folk-Punk spielen. Muss man nicht verstehen. Oder mögen. Aber hübsche Akkordeonspielerin hatten sie dabei. Mit Sexiness konnten dann später auf der Hauptbühne The Inspector Cluzo aus Frankreich nicht aufwarten, obwohl sie anscheinend gern auf Geschlechtsverkehr stehen. Immerhin sangen und sprachen sie fast ausgiebig vom „F“-Wort. Alles wurde da gef***t… Sarkozy, seine Frau, Michael Jackson, andere Bands, Spießer und der eigene nicht vorhandene Bassist. Die beiden Franzosen präsentierten sich nämlich als Schlagzeug/Gitarre-Duo in der Tradition der White Stripes. Aber auch die mögen sich natürlich nicht und deshalb wurden die natürlich auch verbal gef***t. Die ganze Fickerei macht mich noch wahnsinnig! Musikalisch irgendwie Mist, wenngleich sie so ihre Prince-Momente hatten und das Publikum motivierten und auch ein paar Leute auf die Bühne holten. Aber irgendwie nix Besonderes. Die permanenten Kampfansagen auf den eigenen Individualismus und die Kommerzverweigerung wirkten ein wenig aufgetragen. Gegen einen Erfolg, wie die White Stripes hätten sie Jungs nämlich sicher nix einzuwenden. Gleiches gilt sicher auch für Coheed And Cambria. Die Band um den schrillen Frontlockenkopf Claudio Sanchez gab ich mir aber aus etwas Entfernung. Zu einem Fan von amerikanischen Alternative Rock mit Screamo-Elementen wurde ich auch auf diesem Festival nicht. Sorry, Jungs. Aber tolle Stimme, Mr. Sanchez! Danach war erstmal Zeit für Englands Trip-Hop-Urgestein Tricky. Der präsentierte einen interessanten Genremix aus Trip-Hop, Rock und jede Menge Atmosphäre. Allein der dritte Song im Set (Namenstechnisch bin ich da nicht bewandert) dauerte gefühlte 15 Minuten und baute sich dabei immer wieder auf und ab. Die Band fügte sich den Anweisungen des Chefs, bei dem es so schien, als ob man nie genau wüsste, was als nächstes auf dem Plan stehen würde. Tricky bewegt sich in einer eigenen Welt, führt seine Tänze und Gesänge, wie ein Schamane auf und wirkt dabei gleichzeitig faszinierend, wie Angst einflößend. Die Songs gehen anscheinend solang, wie er will. Und wenn ihm der Sphärenpop etwas zu viel wurde, dann wird halt mal was anderes gemacht. In diesem Fall hieß das, einfach mal ein Motörhead-Cover ins Set einbauen und Chaos stiften. So holte Tricky zu einer langen, rotzigen Version von „Ace Of Spades“ gefühlte hundert Menschen auf die Bühne, umarmte jeden Einzelnen und ließ einfach mal die Sau raus. Nicht schlecht, Herr Specht!
Auf der Hauptbühne fingen danach die wiedervereinigten Skunk Anansie an. Mir stellten sich da primär zwei Fragen: „Wer hat die vermisst?“ und „Hatten die außer ‚Hedonism’ noch einen zweiten Hit?“ Anscheinend ja, aber trotz Aufwachsens in den 90ern überließ ich die Band um Frontfrau Skin da mal lieber dem restlichen Publikum, denen das ganze aber sichtlich gefiel. Und um das 90er-Feeling dennoch ordentlich aufkommen zu lassen, gab ich mir natürlich als krönenden Abschluss des Abends die unverwüstlichen Rave-Altmeister von The Prodigy. Was ein Fest! What you expect is what you get. Ich meine, seinen wir mal ehrlich: The Prodigy machen keine gute Musik und zerren primär von der Vergangenheit und ihrer Hochphase von 1994 bis 1997. Daran ändert auch das aktuelle Album „Invaders Must Die“ nichts. Der dritte Frühling, den die Band damit ausgelöst hat, funktioniert nur, weil sie sich da hervorragend selber kopieren und es das allgemeine Rave-Revival gerade zulässt. Aber ansonsten funktioniert die Prodigy-Maschine nach dem ewig gleichen, wenn auch effektiven Prinzip: Uffe Zwölf! Dicke Beats, laute Gitarren und Bässe und die ewig hängengebliebenen Front-MCs Maxim Reality und Keith Flint, welche natürlich die ewig gleichen Phrasen in die Mikros grölen. Viel „Fuck“ ist dabei und Mr. Reality fragt sehr häufig, wo denn seine „people“ nun sind. Vor deiner Nase natürlich! Das Publikum ist laut, euphorisiert und feiert dabei natürlich „Firestarter“, „Breathe“, „Voodoo People“, aber auch neue Tracks, wie „Omen“ oder „Take Me To The Hospital“. Hauptsache es bollert! Und das tut es ja auch. Und deshalb will ich die Band auch nicht schlechter reden, als sie ist. Das System funktioniert und unterhält blendend. Mein durchgeschwitztes T-Shirt sei mein Zeuge! Wenngleich mich nach gut einer Stunde langsam die Kräfte verlassen und man merkt, dass die Band darüber hinaus anfängt, mit ihrem Sound ein wenig zu langweilen. Ein Highlight war’s ohnehin! Party like it’s 1996! Den Rest ersparte ich mir in dieser Nacht, zu müde war ich.
Der Montag war dann wieder erwartungsgemäß heiß, lies es musikalisch aber etwas ruhiger angehen. Immerhin hatte man dann etwas Zeit, sich mal Hradec Králové anzuschauen. Urlaub muss sein! Irgendwann am späten Nachmittag spielten dann Disco Ensemble aus Finnland, aber die hatten auch nur eine Songidee auf Lager. Und das war keine gute! Es folgte auf der Hauptbühne der ehemalige Dead-Kennedys-Frontmann Jello Biafra, der etwas später auftauchte, als geplant. Seine Band und er waren wohl im falschen tschechischen Ort gelandet, hieß es. Der lustige alte Mann wirkte dann ein wenig, wie die Punk-Ausgabe eines Morrissey. Mit viel Gesten, viel Mikrofonkabel und allerhand lustigem Small-Talk. Natürlich über die böse Politik und das doofe Amerika. Und die bösen Kommerz- und Ausbeuterfirmen halt. Wobei ich nicht wissen möchte, von wem der gute Mann sein Equipment hat. Na ja, wenn die Leute, die sagen, Punk sei nicht tot, noch einen Beweis dafür brauchen… Biafra gibt ihn! Zeit für noch ein Bier. Vermutlich hatte Jello auch was gegen das schöne Wetter, es folgte das unvermeidliche Hitzegewitter mit fettem Platzregen. Pünktlich dann, als das große Anstellen vor der Hauptbühne angesichts des Hauptacts Muse begann. Vor enterte noch die blaugefärbte Juliette Lewis die Bühne und tat das, was sie am Besten konnte. Grimassenschneiden, Cool rocken, schreien und sich ordentlich verrenken. Das hob die Stimmung dann nach dem Regen doch ein wenig. Bleibt schon ne coole Rock-Lady, die gute Frau. Aber auch nur Zwischenstation auf dem Weg zum eigentlich Tageshighlight: Muse! Laut eigenen Aussagen hat es das Festival etwas Glück (ein Termin der Band ist aufgefallen) und viel Geld gekostet die Stadionrocker (hartes Urteil, aber das ist mittlerweile leider die Realität) aus dem Vereinigten Königreich zu bekommen.
Aber das Geld ist in jedem Fall gut angelegt, denn Muse sind und bleiben die vielleicht beste Live-Band der Welt. Millionen Fans können nicht irren, so auch an diesem Abend, als sich die Band durch ein fast anderthalbstündiges Set ihrer aktuellen „Ressistance“-Tour spielt. Das gestaltet sich erwartungsgemäß überraschungsarm, liefert aber dafür die erwarteten Hits. Immerhin wird gleich mit „Uprising“, „Supermassive Black Hole“ und „New Born“ eröffnet. Für die alten Fans gibt’s wenigstens noch „Citizen Erased“ vom 2001er „Origin Of Symmetry“. Außerdem jede Menge Interludes, bei denen Matthew Bellamy und Kollegen ihrem Hang zu gutem handfesten Gitarrenrock frönen. Und immerhin erspart man uns den „Twilight“-Song. Dafür spart man nicht an Bühnenshow, viel Licht und jede Menge Lasern, sowie großen Gesten. Das sieht toll aus und reißt auch anständig mit. Aber das machen solche Songmonster, wie bspw. der Abschluss „Knights Of Cydonia“ ja sowieso. Dennoch wirkt das alles ein wenig zu glatt und eingespielt. Muse scheinen Opfer jener Krankheit zu werden, die alle großen Bands befällt… eine gewisse Überraschungsarmut und Überprofessionalität. Na ja, wollen wir mal nicht das Haar in der Suppe suchen. Die Show war trotzdem astrein. Einen wunderschönen Abschluss für den Tag bescherten mir dann die formidablen Archive, welche auf der Zweitbühne einen spannenden Mix aus Progrock, Trip-Hop, Elektronik und schöner Lichtshow boten. Sehr stimmungsvolle, abwechslungsreiche Tracks des Musikerkollektives. Ein wenig wie eine weniger anstrengende Variante von Radiohead, möchte man meinen. Vielleicht eine Band, mit der ich mich jetzt endlich mal näher auseinandersetzen sollte.
Der finale Tag war dann ein wenig bewölkter und bot auch etwas mehr Regen. Blieb man einfach etwas länger im Zelt. Pünktlich zu den britischen Hardcore-Rockern Gallows hörte der dann aber auch auf. Die stark tätowierten Jungs um den charismatischen Frank Carter hätte das sowieso nicht aufgehalten. Und obwohl ich mit dieser Musik im Alltag sicher wenig anfangen kann, so kann ich mir eine gewisse Wertschätzung gegenüber der Band nicht verkneifen. Das, was sie machen, machen sie sehr gut. Ihre Wut wirkt ehrlich und authentisch… selbst wenn sie sich gegen das noch etwas träge Publikum wendet. Man schreit, man treibt. So muss Punk vermutlich sein. Wäre ich ein junger, frustrierter, britischer Teenager wäre das meine Band! So bin ich aber ein halbwegs zufriedene Mitzwanziger, der sich an diesem Nachmittag lieber der kleineren Bühne widmete. Dort standen nun die Krawallbrüder von Does It Offend You, Yeah? auf dem Programm, deren explosiver Elektrorock mich bereits 2008 auf dem MELT! begeisterte. Mittlerweile hat man die Band ein wenig umgestellt, beherrscht die eigenen Instrumente etwas besser und hat ein neues Album in den Startlöchern. Ansonsten alles beim Alten. Die lieblichen Pop-Songs, welche das Debüt stellenweise noch hatte will man dabei sogar gänzlich weglassen. Dafür soll es noch lauter und basslastiger werden. Hauptsache direkt in die Fresse! Nichts anderes passiert natürlich hier. Bratziger Elektro-Rock, ständiger Auf- und Abbau und Frontmann James Rushent, welcher das Publikum immer wieder an den Eiern packt und es so Stück für Stück zum mitmachen zwingt. Erfolg einkalkuliert. DIOYY? fahren ein ähnlich idiotensicheres Konzept, wie The Prodigy, wirken dabei halt nur etwas frischer und unverbrauchter. Sicher für jedes Festival ein Glücksgriff. Auch diesmal bestätigt sich der Ruf als kurzweilige Live-Band. Den haben ja bekanntermaßen auch The Subways, welche anschließend an der Reihe sind. Das Rock-Trio gibt dem Publikum, was es erwartet und dieses dankt es mit bedingungslosem Stimmungsmachen. Zieht anscheinend weltweit, nur nach wie vor nicht bei mir. Ich halte die Subways immer noch für eine der überflüssigsten Bands des Planeten. Überraschungsarmer Standardrock ohne jegliche neue Idee. Ständig nach dem gleichen Muster aufgebaut. Die einzige Funktion der Songs ist es, das Publikum, mit einem knackigen Refrain (darf auch gern simpel gehalten werden) zum Mitgröhlen- und Moschen zu bewegen. Einstudiert wirkende Gesten und belanglose Texte gehören auch dazu. Ja, wem das Spaß macht, der soll ihn haben, ich find die Band einfach furchtbar belanglos.
Na ja, gute Miene zum bösen Spiel, immerhin kommen danach die Editors und da will man sich ja einen guten Platz sichern. Ehrlicherweise muss ich aber eingestehen, dass mir da vielleicht auch beim mittlerweile siebten Auftritt, den ich von dieser Band miterleben durfte, die Kritikfähigkeit abhanden gekommen ist. Gut sind die natürlich immer, weil ihre Songs stimmen und Tom Smith einfach mal ein optischer Magnet ist. Auch an diesem Tag wieder gut gekleidet und mit Sex Appeal vollgestopft! Das Set ist dabei eine ebenfalls recht überraschungsarme Ansammlung an Singles, die man kennt und liebt. „Bullets“ darf dabei genauso wenig fehlen, wie „Racing Rats“, „Eat Raw Meat“ oder die Krankenhaus-Raucher. Fan-Geschenke sollte man da ja auch nicht erwarten. Immerhin haben die Editors aber den besseren Twilight-Song, als Muse. Gespielt wird er trotzdem nicht. Das Set endet mit einem gewohnt schmissigen „Papillon“ und es tut gut, die Band mal wieder gesehen zu haben. Das Publikum war ebenfalls gut drauf, hielt sich in Sachen Ekstase aber etwas zurück. Muss ja auch nicht immer. Damit waren die persönlichen Highlights zufrieden stellend abgegrast und alles andere war nur Bonus. Das Genießen des Geländes mitsamt den kulinarischen Köstlichkeiten bspw. Auf Billy Talent und NOFX verzichte ich gern. Wer brauch die schon, wenn man Kryštof haben kann? Wer? Ja, Tschechiens anscheinend bekanntester Rock- und Popstar (so hab ich’s mir zumindest erzählen lassen) spielte auch noch und es war schön, aus einiger Entfernung zu sehen, wie er seine Landsleute mit schmissigen und durchaus kurzweiligen Popsongs unterhielt. Ein lustiger, langhaariger Mann mit Akkustikgitarre, der durch alle Altersschichten zu begeistern scheint. Warum auch nicht?

Den Abschluss des Festivals markierten dann Morcheeba, welche noch einmal positiv überraschten. Wer die Band als gefällige Loune-Pop-Band abstempeln möchte, mag zwar auch nicht komplett falsch liegen, sieht aber nur einen Teil des Ganzen. Denn das Trio mitsamt Begleitband ist zudem live noch recht atmosphärisch und hat auch einen gewissen Groove, der absolut passend als stimmungsvoller Abschluss eines solchen Festivals ist. Die entspannten Beats mitsamt der weichen Stimme von Frontfrau Skye passen halt auch perfekt zu einem finalen Tänzchen unter dem Sternenhimmel. Besonders wenn der große Hit „Rome wasn’t build in a day“ gespielt wird. Soviel Liebe zum Ende… fast schon entwaffnend schön. Da gibt’s eigentlich kaum etwas zu kritisieren und ich bleibe voller Lob für dieses feine, entspannte und doch stimmungsvolle Festival und werde auch nächstes Jahr mit dem Gedanken spielen, da vorbeizuschauen. Falls es die Reisepläne halt zulassen. Dĕkuji und Ahoj!
PS: Die Fotos stammen allesamt von der Rock For People Homepage
Sommerzeit ist Festivalzeit! Und auch Urlaubszeit! Je nachdem, wie man es haben will. Oder vielleicht auch gleich beides zusammen. Warum denn nicht? Die deutsche Rock-Festivallandschaft ist mir ja mittlerweile auch ein wenig bekannt. Riesige Massenveranstaltungen, wie Rock am Ring oder Hurricane reizen mich da nicht mehr so sehr und das geliebte, aber mittlerweile ziemlich überlaufene und kommerzialisierte MELT! hat nach fünf Jahren Dauerbesuch in Folge auch mal eine Pause verdient. Und um Karten fürs Haldern Festival hab ich mich schon wieder zu spät gekümmert. Also, warum mal nicht die Zelte im europäischen Ausland aufschlagen? Das Angebot ist ja groß genug. Doch wohin nur? Roskilde ist zu teuer, die britischen Festivals sind es ebenso und außerdem komplett überlaufen… und dann auch noch hauptsächlich mit druffen Briten. Richten wir den Blick doch mal nach Osten… Perfekt! Tschechiens größtes Rockfestival, das „Rock For People“ ist mit gut 25.000 Zuschauern gar nicht mal so groß und mit knapp 65 Euro geradezu ein Schnäppchen. Drei Tage dauert es trotzdem und das diesjährige Line-Up versprach auch einige Favoriten.

Die Entscheidung für „Rock For People“ habe ich dabei zu keinem Zeitpunkt bereut. Der große Dank des kleinen Deutschen kommt dabei von Herzen, muss ich sagen. Das Gelände entpuppt sich dabei gleich mal als echter Glücksgriff. Der verlassene Flughafen bei Hradec Králové übt dabei seinen ganz eigenen Reiz aus. In den still gelegten Hangars ist genug Platz für kleinen Bühnen und Bierbänke, darüber hinaus gibt es jede Menge kleine verwinkelte Ecken und überall etwas zu entdecken. Notfalls einfach den Landebahnen folgen. Natürlich gibt es auch hier die üblichen Imbissstände und unerhöht viele Bierzapfsäulen. Allerdings sind diese preislich wesentlich angenehmer, als in Deutschland und auch das Essen wirkt insgesamt eine Spur vielseitiger und weniger künstlich, als auf deutschen Festivals. Vom Döner bis zu ungarischen Wurstspezialitäten ist da alles vorhanden, also falls man sich für das Essen interessiert. Und auch sonst hauen einem nicht tausend Sponsoren permanent irgendwelche Produkte um die Ohren, wie das hierzulande übrig ist. Das Hauptsponsoring teilen sich hier die Telekom und die nationale Sparkasse, welche auch den beiden großen Bühnen ihre Namen geben. Musikalisch übt man sich in Vielseitigkeit, wenngleich das „Rock For People“ eher traditionelle Genres, wie Alternative Rock, Punk Rock und gern auch mal Ska oder Hardcore anspricht. Aber wer denkt hierbei schon in Genres? Am wenigsten vermutlich die einheimischen Besucher, die sichtlich dankbar und offen für alle Formen von Musik zu sein scheinen. Dieses Gefühl der Übersättigung, welches man vor deutschen Konzertbühnen gelegentlich hat, scheint gar nicht bekannt zu sein. Warum auch? Außerhalb von Prag scheint da auch nicht sooo viel zu gehen, was aber keine Beleidigung des Landes sein soll. Viel eher ist es ein Segen, weil hier wirklich die Musik im Vordergrund steht. Sicher, es gibt auch ein paar vereinzelte Facebook-Hipster, aber ansonsten sind hier alle Alters- und Bildungsschichten auf entspannte Art und Weise nebeneinander vorhanden. Klamotten und Frisuren scheinen da relativ egal zu sein. Wen es interessiert, den interessiert es auch, wen nicht, den nicht. Gut drauf sind alle, drogentechnisch wirklich druff und hackedicht wirklich die wenigsten. Eine angenehme Abwechslung, wie ich finde. Da wirken die wenigen, grölenden deutschen Fans fast schon etwas peinlich. Immerhin wollen die Menschen hier anscheinend wirklich etwas von ihrem Geld sehen. Positive Rahmenbedingungen sozusagen, welche in der Tat wirklich anstecken.
Da geraten die Bands fast zur Nebensache. Es sind aber auch viele Künstler da. Natürlich viele aus dem eigenen Land, aber auch aus England, Italien, Spanien, den USA oder sogar Deutschland (Mutabor bspw.)… Alle gleichermaßen anzuschauen ist dabei gar nicht möglich. Auf kleineren Bühnen tummeln sich in Zelten und Hangars einige interessante Nachwuchsbands aus Tschechien, die meine Wenigkeit leider nur im Vorbeigehen erwischen konnte. Überall ist halt Musik… und sei es der rappende Türke am Dönerstand oder eine Blaskapelle, die, so scheint es, permanent übers Gelände zog. Man möchte fast einen Osteuropa-Hype ausrufen. Lassen wir das mal lieber bleiben. Es folgen ein paar kurze Worte zu den Bands, die ich sehen konnte und bei denen ich mich noch an die Namen erinnerte.
The Mahones z.B., die Sonntagnachmittag die ersten waren. Kanadier, die aber irisichen Folk-Punk spielen. Muss man nicht verstehen. Oder mögen. Aber hübsche Akkordeonspielerin hatten sie dabei. Mit Sexiness konnten dann später auf der Hauptbühne The Inspector Cluzo aus Frankreich nicht aufwarten, obwohl sie anscheinend gern auf Geschlechtsverkehr stehen. Immerhin sangen und sprachen sie fast ausgiebig vom „F“-Wort. Alles wurde da gef***t… Sarkozy, seine Frau, Michael Jackson, andere Bands, Spießer und der eigene nicht vorhandene Bassist. Die beiden Franzosen präsentierten sich nämlich als Schlagzeug/Gitarre-Duo in der Tradition der White Stripes. Aber auch die mögen sich natürlich nicht und deshalb wurden die natürlich auch verbal gef***t. Die ganze Fickerei macht mich noch wahnsinnig! Musikalisch irgendwie Mist, wenngleich sie so ihre Prince-Momente hatten und das Publikum motivierten und auch ein paar Leute auf die Bühne holten. Aber irgendwie nix Besonderes. Die permanenten Kampfansagen auf den eigenen Individualismus und die Kommerzverweigerung wirkten ein wenig aufgetragen. Gegen einen Erfolg, wie die White Stripes hätten sie Jungs nämlich sicher nix einzuwenden. Gleiches gilt sicher auch für Coheed And Cambria. Die Band um den schrillen Frontlockenkopf Claudio Sanchez gab ich mir aber aus etwas Entfernung. Zu einem Fan von amerikanischen Alternative Rock mit Screamo-Elementen wurde ich auch auf diesem Festival nicht. Sorry, Jungs. Aber tolle Stimme, Mr. Sanchez! Danach war erstmal Zeit für Englands Trip-Hop-Urgestein Tricky. Der präsentierte einen interessanten Genremix aus Trip-Hop, Rock und jede Menge Atmosphäre. Allein der dritte Song im Set (Namenstechnisch bin ich da nicht bewandert) dauerte gefühlte 15 Minuten und baute sich dabei immer wieder auf und ab. Die Band fügte sich den Anweisungen des Chefs, bei dem es so schien, als ob man nie genau wüsste, was als nächstes auf dem Plan stehen würde. Tricky bewegt sich in einer eigenen Welt, führt seine Tänze und Gesänge, wie ein Schamane auf und wirkt dabei gleichzeitig faszinierend, wie Angst einflößend. Die Songs gehen anscheinend solang, wie er will. Und wenn ihm der Sphärenpop etwas zu viel wurde, dann wird halt mal was anderes gemacht. In diesem Fall hieß das, einfach mal ein Motörhead-Cover ins Set einbauen und Chaos stiften. So holte Tricky zu einer langen, rotzigen Version von „Ace Of Spades“ gefühlte hundert Menschen auf die Bühne, umarmte jeden Einzelnen und ließ einfach mal die Sau raus. Nicht schlecht, Herr Specht!






Den Abschluss des Festivals markierten dann Morcheeba, welche noch einmal positiv überraschten. Wer die Band als gefällige Loune-Pop-Band abstempeln möchte, mag zwar auch nicht komplett falsch liegen, sieht aber nur einen Teil des Ganzen. Denn das Trio mitsamt Begleitband ist zudem live noch recht atmosphärisch und hat auch einen gewissen Groove, der absolut passend als stimmungsvoller Abschluss eines solchen Festivals ist. Die entspannten Beats mitsamt der weichen Stimme von Frontfrau Skye passen halt auch perfekt zu einem finalen Tänzchen unter dem Sternenhimmel. Besonders wenn der große Hit „Rome wasn’t build in a day“ gespielt wird. Soviel Liebe zum Ende… fast schon entwaffnend schön. Da gibt’s eigentlich kaum etwas zu kritisieren und ich bleibe voller Lob für dieses feine, entspannte und doch stimmungsvolle Festival und werde auch nächstes Jahr mit dem Gedanken spielen, da vorbeizuschauen. Falls es die Reisepläne halt zulassen. Dĕkuji und Ahoj!
PS: Die Fotos stammen allesamt von der Rock For People Homepage
rhododendron - 9. Jul, 20:48