Dienstag, 11. März 2008

Über und Über

Die momentan wohl wichtigste Popband der Welt: Hot Chip wissen in München zu begeistern.
10.03.08, München, Georg-Elser-Halle

Oh Gott! Da wirft der Typ schon wieder mit Superlativen in der ersten Zeile um sich. Hype! Ja, von mir aus. Mir doch egal. Ist ja auch alles war. Die Musikjournalismusspatzen pfeifen es bereits seit ner ganzen Weile von den Dächern und sicher braucht es auch noch eine Weile, bis die Mehrheit der Menschen dies versteht… aber am Ende ist es so: Hot Chip aus England sind momentan eine der innovativsten und interessantesten Bands der Welt. Und ich neige sogar dazu, das große „DIE“ davor zu setzen. Wer von den 5 Nerds aber auf Platte noch nicht überzeugt sein sollte, der schaut sich die bitte so schnell es geht live an. Dann entfachen Hot Chip hinter ihren Synthies nämlich eine live-Energie, die locker mit den anderen großen Live-Bands dieser Welt (Ich sach ma… Arcade Fire, Muse etc.) mithalten kann. Live sind Hot Chip pures Adrenalin. Einmal mehr bewiesen am gestrigen Abend in der Georg-Elser-Halle in München. Als diese unscheinbaren Typen gegen Punkt 10 die Bühne betreten ist der Jubel perfekt. Wenn man sie sieht, dann weiß man, das diese Jungs in ihrer Jugend weniger mit sozialen Kontakten, als mehr mit ihrer eigenen Plattensammlung und der Aneignung von musikalischem Allroundwissen beschäftigt waren. Wird die Frontmann-Rolle doch immerhin zwischen Alexis Taylor (größe Nerd-Brille ever) und dem Typen neben ihn, der aussieht wie ein kanadischer Waldschratt (der Name ist mir leider entfallen, pardon) aufgeteilt. Unscheinbar trifft es am besten. Aber bei diesen unfreiwilligen Popstars zählt weder Auftreten, noch Attitüde, sondern nur die Musik. Und die besteht mit Bravur.
Live sogar noch mehr, als wie auf Platte. Wie erwähnt… um 10 geht ein Raunen, oder eher elektrisches Knartzen durch die Menge. Und dann feuert die Band mit „Shake a Fist“ und „Boy From School“ zwei Knüller schon am Anfang ab und bringt die Masse dadurch in Stimmung. Die Band ist super drauf, lacht und spielt sich an ihren Synthies und Gitarren den Wolf ab und hat dabei sichtlich Spass. Zwischendurch führt Gitarrist Joe Goddard mit ziemlich fließendem Deutsch durch den Abend und stellt seine Mitmusiker vor. Auch den Metal-Heroen Megadeath, die in der Halle nebenan spielen wird gedankt. Sollten Hot Chip etwa auch die netteste Band der Welt sein? Auf jeden Fall sind sie laut. In den darauf folgenden gut anderthalb Stunden werden überwiegend Tracks des sehr guten neuen Albums Made In The Dark gespielt, aber auch ältere Klassiker. München ist gut dabei. Und spätestens beim Hit „Over and Over“ platzt der Knoten. Von da an wird mit getanzt, gerockt, geschubst und gelitten. Und geschwitzt. Es war heiß… und wie gesagt: laut. Was Hot Chip so innovativ macht, ist ihre unglaubliche Vielseitigkeit. Spielend leicht verwischen sie die Grenzen zwischen den Genres, fügen Eigenarten hinzu und reißen die Masse mit. 80er Synthiepop trifft derben Elektro, hat aber keine Probleme mit Indierock oder auch R’n’B oder Soul. Und die ruhigen Tracks wie „In The Privacy Of Our Love“ oder „Wrestlers“ beweisen, dass auch die Balladen begeistern können. Zwischendurch blubbern die Synthies, schrammeln die Gitarren und man hört sogar mal U2-ähnliche Solos. Hier sind Musikfans am Werk. Allein die Musik vor dem Konzert reichte zwischen Club Mucke, über Joy Division bis hin zu altem Funk. Nach „Ready For The Floor“ dürstet die Masse nicht nur nach Bier, sondern auch nach mehr Musik. Und die gibt es inform von Zugaben. Das Set endet mit dem treibenden „Not Fit State“ vom Vorgängeralbum „The Warning“, in welches mal eben spielend leicht der alte New Order Klasiker „Temptation“ eingebaut wird. Diese Band kann nicht nur viel, sie zeigt es auch. Hot Chip sind eine Band der Moderne, beeinflusst von den letzten Dekaden an Populärmusik, bereit etwas zu wagen. Mit Beats und Ideen, gegen die von mir aus auch Timbaland altbacken wirkt. Und live sind sie ein Brett, einer der spannendsten Live-Acts, den die Musikwelt momentan zu bieten hat. Nennt es nerdy, nennt es „indie“, nennt es von mir aus auch Synthiepop. Ist ja alles egal. Diese Band schert sich nicht um Schubladen, sondern um ihr Publikum. Und da waren sich alle durchschwitzen Menschen, egal welchen Genre sie sich zuordnen lassen wollen, gestern abend einig. Ein Erlebnis sondergleichen! Bitte anstehende Termine oder ähnliches unbedingt nutzen.

Setlist: 01 Shake A Fist 02 Boy From School 03 Hold On
04 Bendable Poseable 05 Touch Too Much 06 Over And Over 07 Wrestlers 08 Out At The Pictures 09 One Pure Thought 10 Don't Dance 11 Ready For The Floor 12 In The Privacy Of Our Love 13 Made In The Dark 14 Crap Kraft Dinner 15 No Fit State

nobono

currently resting in peace. 2007 - 2011

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelles ...

Protest!!
Oh, menno!wie schade.ich befürchte, eine n21-protestwelle...
stephox (Gast) - 29. Aug, 13:17
A Start Has An End
Unser Blog verzieht sich aus der Blogosphäre. Ein paar...
rhododendron - 22. Jul, 16:45
stimmt!
ich stimme dir zu 100% zu. langweilig war das gestern,...
Astrid (Gast) - 19. Jul, 17:19
Götterdämmerung
Für ein einzelnes Gastspiel beehrt der Altmeister der...
rhododendron - 19. Jul, 13:48
Chillaxing
PBMR präsentiert sein 'finales' Mixtape ... relaxte...
rhododendron - 16. Jul, 14:26
Danke
Hört man immer wieder gern. Besonders schön, wenn's...
rhododendron - 8. Jul, 13:49
blog
ich verfolge hin und wieder deinen Blog und wollte...
ZoneZero (Gast) - 6. Jul, 18:04
Kurz und Bündig - 07/2011
Once more with feeling... ein verliebter Traumtänzer,...
rhododendron - 1. Jul, 15:55

Durchforsten ...

 

Besucherzahl seit März 2010 ...

Status

Existent seit 6611 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 29. Aug, 13:17

Credits


Ausgehen
Diskurs
Listen
Mixtape
Mottenkiste
Plattenteller
Ranking
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren