Freitag, 6. Juni 2008

Das große Ganze

Coldplay sind ja bekanntlich die Band, die alle mögen. Das kann schon nerven. Leider ist das neue Album zu gut, um sie zu hassen.

Mit Erwartungshaltungen ist das ja meist so ein Ding. Meist werden die künstlich aufgebaut, durch die Presse, durch die persönliche Bindung zur Band oder durch die Band selber. Im Falle von Coldplay und dem lang erwarteten Album Nr. 4 treffen quasi alle Faktoren zu. Setzt die erfolgreichste Band des 21. Jahrhunderts (also bis jetzt) ihre Erfolgssträhne weiter fort? Was ist mit der erwarteten und angekündigten Neuerfindung? Und mich persönlich interessiert natürlich, ob mich eine meiner Lieblingsbands, die ich wirklich seit Beginn ihrer Karriere verfolge, mich noch mal begeistern kann trotz des schwachen Vorgängers „X&Y“ und ihres Bekanntheitsstatus. Fragen über Fragen, aber die Antwort fällt glücklicherweise positiv aus. "Viva La Vida or Death and all his Friends“ ist sicher nicht das größte Album aller Zeiten oder die Offenbarung, aber ein mehr als zufrieden stellender nächster Schritt in der spannenden Entwicklung dieser Band. Klar, Coldplay klingen immer noch nach Coldplay, allerdings erweitert „Viva La Vida“ das bisherige Spektrum ihres Sounds um einige nette Aspekte. Besonders die Größe… U2-Produzentenlegende Brian Eno holt aus Coldplay endlich den großen Sound raus, den sie auf „X&Y“ versucht hatten, der ihnen aber (noch) nicht gelingen wollte. Seien wir ehrlich… kein Mensch hat ein zweites „Parachutes“ erwartet oder irgendwelche dunkle New-Wave-Musik. „Viva La Vida“ ist klassische Coldplay-Musik. Warm, melancholisch, gefühlvoll, diesmal mehr denn je mit einem Hang zur Größe, mit dem Gespür für Hymnen, große Gesten und Gefühle. Endlich klingt das von der Musikpresse oft als größte Band der Welt bezeichnete Quartett auch nach diesem Etikett. Dieses Album betrachtet das große Ganze und will viel. Und Coldplay schaffen auf wundersame Art und Weise die Balance zu halten, dass es nicht zu viel wird. Ein warmer Opener namens „Life in Technicolour“ eröffnet das Album und gibt die Richtung vor. Wärme, Liebe, Euphorie, gepaart mir etwas Melancholie. So kann man das ganze Album beschreiben. Die warmen, euphorischen Momente, wie das gewaltige „Loves in Japan“ oder das entspannte „Strawberry Swing“ wechseln sich ab mit melancholischen Momenten, wie „42“ oder „Cemetries of London“. Diese Gegensätze werden am besten in den beiden Titelstücken „Viva La Vida“ und „Death and all of his Friends“ deutlich. Dieses Album umfasst alle Aspekte. Der markanteste Song des Albums, das hymnische „Lost!“ bringt das ganze auf den Punkt. „Just because I’m losing, doesn’t mean I’m lost“. Leben, Sterben, Trauer, Freude. Es lebe das Leben. Dieses Konzept ziehen Coldplay durch und das gibt “Viva La Vida” eine thematische und auch musikalische Geschlossenheit, wie keinem Coldplay Album vorher. Ich benutze mal nicht den Begriff „Konzeptalbum“. Ebenfalls positiv fällt die hohe Musikalität des Albums auf. Die etwas glatten Formatradionummern, die es auf „X&Y“ gab, fehlen glücklicherweise. Zwar sind Songs wie „Violet Hill“, „Viva La Vida“ oder eben „Lost!“ potentielle Hits, aber sie versuchen es nicht krampfhaft. Vor allem versuchen Coldplay sehr oft, nicht unbedingt, wie Coldplay zu klingen, so dass unnötige „Clocks“ oder „Trouble“-Kopien glücklicherweise entfallen. Viel Streicher, Synthieflächen und Einflüsse von Weltmusik (ja, wirklich) lassen geben dem Album die nötige Vielfalt und Farbe. Das 10-Track Format täuscht übrigens. Insgesamt haben sich noch 3 Hidden Tracks auf dem Album versteckt, was den Eindruck mindert, es handle sich hierbei um ein kurzes Album. Als Gesamtfazit kann stehen bleiben… Coldplay haben wirklich fast alles richtig gemacht und mit „Viva La Vida“ das Album gemacht, dass sie schon vor 3 Jahren hätten veröffentlichen sollen. Kann man ihnen am Ende doch noch was vorwerfen? Hmm, vielleicht höchstens Brian Eno, der sie teilweise etwas zu stark nach U2 klingen lässt, aber vermutlich hat die Band es so gewollt und eine Diskussion, wo hier musikalische Einflüsse liegen muss man jetzt auch nicht lostreten. Es bleibt festzuhalten, dass dieses Album sehr gut ist und keine wirklichen Aussetzer hat. Auch für eine Band wie Coldplay keine Selbstverständlichkeit. Das Coldplay am Ende wohl nun endgültig die Welt beherrschen werden, dabei aber immer noch so klingen, zeigt, dass musikalische Qualität und breiter Erfolg sich nicht unbedingt im Weg stehen müssen. Warum es gerade Coldplay geschafft haben, das zeigt „Viva La Vida“ … sie haben einfach musikalisch einiges drauf. Ob man es mag oder nicht. Ich mag es!

"Violet Hill" (Video)

"Viva La Vida" (Live @ MTV Movie Awards '08)

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