Ein Sommernachtstraum
Einmal Himmel und Zurück.Sigur Rós begeistern in Dresden auf ganzer Linie... auch ohne Streicher und Bläser.
Heiß begehrt waren sie dann irgendwie doch, die Tickets für den Sigur Rós Gig in Dresden vergangenen Montag. Das merkt man besonders an den verzweifelten bis traurigen Gesichtern, denen man auf dem Weg zur Location in die Augen blickt. Sie sprechen einen entweder direkt an oder halten kleine Pappen mit draufgekritzelten Kartengesuchen in der Hand. Einer bot sogar Freibier und ein Kätzchen, wenn ich das richtig gelesen hab, als Gegenleistung an. Glücklich der, der sich, wie ich rechtzeitig ein Ticket gesichert hat. Aber an solchen Momenten merkt man, welchen Stellenwert das kautzige Quartett aus Island mittlerweile genießt. Ihr jahrelang aufgebauter Status als Geheimtipp und vor allem als umwerfende Live-Band hat sich mittlerweile über Musikkennerkreise hinaus herumgesprochen. Weltweit feiert die Band mit ihrem hymnischen Postrock seit Jahren große Erfolge und ernten stehts positivste Kritiken. Das kommt an bei den Leuten. Denn überall heißt es, die Musik von Sigur Rós bewegt, wie keine andere.
So ist denn der Alte Schlachthof in Dresden an diesem Abend auch üppig gefüllt mit allerhand Menschen unterschiedlichster Art und Weise. Das die universelle Musik von Sigur Rós auch ein breiteres Publikum anspricht, ist gleichwohl beeindruckend, wie auch logisch. Und ich kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass es kaum eine Band gibt, die es schafft die Menschen so mit ihrer Musik zu einen, wie die vier Isländer.
Nachdem Oláfur Arlands als kautziger Pianist mit Streichquintett ein perfekter, stimmungsvoller Einstieg war, kam die Band pünktlich halb 10 auf die Bühne. Allein wohlgemerkt! Entgegen dem Rest der Tour verzichtete die Band auf ihre Begleitmusikerinnen von Almiina. Warum auch immer? Vermutlich war die Bühne zu klein. Egal. Dem Sound tat das keinen Abbruch. Das Set wird mit „Svefn-G-Englar“, dem „Klassiker“ eröffnet. Ein Raunen geht durch die Menge, als Sänger Jónsi Birgisson erstmals den Mund aufmacht. Eine Stimme zerbrechlich wie Glas, aber doch Kraftvoll wie tausend Sirenen. Spätestens beim zweiten Song „Glósóli“ staunt man doch, welche Wall of Sound die Band nur mit Bass, Schlagzeug, Piano und natürlich Jónsi’s Gitarre erzeugen kann. Natürlich merkt man das bei ihm besonders wenn er sie mit dem Cello-Bogen spielt. Da entlockt er ihr Töne, die nicht von dieser Welt sind.
Ansonsten sind Sigur Rós mit ihrem neuen Album Með Suð í Eyrum Við Spilum Endalaust in der Realittät langsam angekommen. Das merkt man auch auf dieser Tour. Nichts mehr mit Spielen hinter der Schattenwand, wie früher. Keine introspektiven Videoprojektionen, wenig Tamm-Tamm. Die Band und ihre Musik steht erstmals für sich, die Band wirkt nahbar, der Sound trotz seiner Größe erstmals greifbar und intim. Es wird sogar auf der Bühne gelächelt. Die stimmungsvolle Lichtshow mit den Lampions, die über der Band schweben, tut ihr übriges.
Das Publikum haben sie vom ersten Ton an. Von da an ist pure Euphorie angesagt. Aber intelligente. Während der Songs verharrt das Publkium in andächtigem Schweigen, was man besonders bei den Momenten hört, wenn die Band für einige Sekunden stille in ihre Songs einbaut. Stille auch im Publikum! Doch sobald die Songs vorbei sind beginnt ein ohrenbetäubender Lärm, ein frenetischer Jubel, den ich so in der Form auf einem Konzert bisher selten gehört habe. Wenn es eine Möglichkeit gibt, ein Konzert noch bewegender zu machen, dann so. Ansonsten spielen sich Sigur Rós munter durch ihr bisheriges Repertoire. Die neuen, entschlackten und sehr eingängigen Nummer des aktuellen Albums wirken da etwas wie Fremdkörper. Die neue Single „Inní Mér Syngur Vitleysingur“ ist der beste Song, den Coldplay nie geschrieben haben und einen so hoffnungsvollen Song wie „Við Spilum Endalaust“ erwartet man gar nicht. Die neue Stärke der Band ist ihre entdeckte Leichtigkeit, ihre Hinwendung zum Pop. Das allerdings mit allerhöchster Klasse und Erhabenheit. Vermutlich sind es solche Songs, die der Band in Zukunft endlich das große Publikum beschaffen wird, auf das sie so lang hinarbeiten. Aber das ist okay und gut so. Sie haben es sich verdient. Richtig beeindruckend sind allerdings immer noch die lauten, brachialen Momente, wie das unglaubliche „Sæglópur“ oder das alte, aber immer noch gute „Hafsól“. Man ist beeindruckt, wird erschlagen von Eindrücken und Emotionen. Die Band ist, wiedermal, in Höchstform. Und als sie ihr „Disco-Lied“ „Gobbledigook“ anstimmen, färben sich die Lampions in allen Farben des Regenbogens, die Menschen klatschen mit und Konfetti regnet vom Himmel. Spätestens hier zeigt sich dem letzten Zweifler, dass Sigur Rós keine primär depressive suizidfördernde Kapelle ist, sondern ein breites Spektrum an Emotionen und Melodien. Ein wunderbarer Moment. Ein Strahlen auf den Gesichtern von Band und Publikum. Der Jubel danach ist noch größer. Für eine Zugabe kommt die Band noch auf die Bühne. „Popplagið“, der letzte Song ihres „( )“-Albums (leider auch der einzige an diesem Abend davon) ist ein episches Monster, durch alle Stimmungslagen. In weit über 10 Minuten feuert die Band alles ab, spielt sich in einen Rausch und hinterlässt das Publikum am Ende staunend und applaudierend. Das war’s! Danach kann nichts mehr kommen. Muss auch nicht. Die Masse hört nicht auf mit jublen, verlangt nach mehr, aber die Band gibt nichts. Sie kommt noch mehrmals raus und verbeugt sich. Aber ganz realistisch. Sie hätten eh noch Stunden weiterspielen können. Wenn’s am schönsten ist, soll man aufhören. Das trifft natürlich nicht auf ein Sigur Rós Konzert zu, denn diese Band macht durchgängig hochwertige Musik. Ich habe lange kein so wunderschönes Konzert mehr erleben dürfen. Da kommt einem all die Musik auf dem Highfield Festival, auf dem ich kurz zuvor noch war, auf einmal unglaublich minderwertig und schlecht vor. Sigur Rós kann man sich nicht immer geben, das ist klar, aber wenn man dies tut, dann öffnet einem die Band Augen und Ohren. Es war uns ist vermutlich die schönste Musik, die momentan von irgendeiner Band irgendwie und irgendwo auf dieser Welt gespielt wird. Musik ist eine universelle Sprache und keine Band, wie diese versteht es, diese Sprache so eingängig zu sprechen, dass sie auch wirklich jeder versteht. Der Triumphzug von Sigur Rós wird nach diesem Abend zweifelsohne anhalten und hoffentlich noch mehr Menschen erfassen. Das wäre sicher nicht das Schlechteste für die Welt.
Setlist: 01 Svefn-g-Englar 02 Glósóli 03 Fljótavik 04 Ny Batteri 05 Við Spilum Endalaust 06 Hoppípolla 07 Með Blóðnasir 08 Festival 09 Heysátan 10 Sæglópur 11 Inní Mér Syngur Vitleysingur 12 Hafsól 13 Gobbledigook 14 Popplagið
Heiß begehrt waren sie dann irgendwie doch, die Tickets für den Sigur Rós Gig in Dresden vergangenen Montag. Das merkt man besonders an den verzweifelten bis traurigen Gesichtern, denen man auf dem Weg zur Location in die Augen blickt. Sie sprechen einen entweder direkt an oder halten kleine Pappen mit draufgekritzelten Kartengesuchen in der Hand. Einer bot sogar Freibier und ein Kätzchen, wenn ich das richtig gelesen hab, als Gegenleistung an. Glücklich der, der sich, wie ich rechtzeitig ein Ticket gesichert hat. Aber an solchen Momenten merkt man, welchen Stellenwert das kautzige Quartett aus Island mittlerweile genießt. Ihr jahrelang aufgebauter Status als Geheimtipp und vor allem als umwerfende Live-Band hat sich mittlerweile über Musikkennerkreise hinaus herumgesprochen. Weltweit feiert die Band mit ihrem hymnischen Postrock seit Jahren große Erfolge und ernten stehts positivste Kritiken. Das kommt an bei den Leuten. Denn überall heißt es, die Musik von Sigur Rós bewegt, wie keine andere.
So ist denn der Alte Schlachthof in Dresden an diesem Abend auch üppig gefüllt mit allerhand Menschen unterschiedlichster Art und Weise. Das die universelle Musik von Sigur Rós auch ein breiteres Publikum anspricht, ist gleichwohl beeindruckend, wie auch logisch. Und ich kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass es kaum eine Band gibt, die es schafft die Menschen so mit ihrer Musik zu einen, wie die vier Isländer.
Nachdem Oláfur Arlands als kautziger Pianist mit Streichquintett ein perfekter, stimmungsvoller Einstieg war, kam die Band pünktlich halb 10 auf die Bühne. Allein wohlgemerkt! Entgegen dem Rest der Tour verzichtete die Band auf ihre Begleitmusikerinnen von Almiina. Warum auch immer? Vermutlich war die Bühne zu klein. Egal. Dem Sound tat das keinen Abbruch. Das Set wird mit „Svefn-G-Englar“, dem „Klassiker“ eröffnet. Ein Raunen geht durch die Menge, als Sänger Jónsi Birgisson erstmals den Mund aufmacht. Eine Stimme zerbrechlich wie Glas, aber doch Kraftvoll wie tausend Sirenen. Spätestens beim zweiten Song „Glósóli“ staunt man doch, welche Wall of Sound die Band nur mit Bass, Schlagzeug, Piano und natürlich Jónsi’s Gitarre erzeugen kann. Natürlich merkt man das bei ihm besonders wenn er sie mit dem Cello-Bogen spielt. Da entlockt er ihr Töne, die nicht von dieser Welt sind.
Ansonsten sind Sigur Rós mit ihrem neuen Album Með Suð í Eyrum Við Spilum Endalaust in der Realittät langsam angekommen. Das merkt man auch auf dieser Tour. Nichts mehr mit Spielen hinter der Schattenwand, wie früher. Keine introspektiven Videoprojektionen, wenig Tamm-Tamm. Die Band und ihre Musik steht erstmals für sich, die Band wirkt nahbar, der Sound trotz seiner Größe erstmals greifbar und intim. Es wird sogar auf der Bühne gelächelt. Die stimmungsvolle Lichtshow mit den Lampions, die über der Band schweben, tut ihr übriges.
Das Publikum haben sie vom ersten Ton an. Von da an ist pure Euphorie angesagt. Aber intelligente. Während der Songs verharrt das Publkium in andächtigem Schweigen, was man besonders bei den Momenten hört, wenn die Band für einige Sekunden stille in ihre Songs einbaut. Stille auch im Publikum! Doch sobald die Songs vorbei sind beginnt ein ohrenbetäubender Lärm, ein frenetischer Jubel, den ich so in der Form auf einem Konzert bisher selten gehört habe. Wenn es eine Möglichkeit gibt, ein Konzert noch bewegender zu machen, dann so. Ansonsten spielen sich Sigur Rós munter durch ihr bisheriges Repertoire. Die neuen, entschlackten und sehr eingängigen Nummer des aktuellen Albums wirken da etwas wie Fremdkörper. Die neue Single „Inní Mér Syngur Vitleysingur“ ist der beste Song, den Coldplay nie geschrieben haben und einen so hoffnungsvollen Song wie „Við Spilum Endalaust“ erwartet man gar nicht. Die neue Stärke der Band ist ihre entdeckte Leichtigkeit, ihre Hinwendung zum Pop. Das allerdings mit allerhöchster Klasse und Erhabenheit. Vermutlich sind es solche Songs, die der Band in Zukunft endlich das große Publikum beschaffen wird, auf das sie so lang hinarbeiten. Aber das ist okay und gut so. Sie haben es sich verdient. Richtig beeindruckend sind allerdings immer noch die lauten, brachialen Momente, wie das unglaubliche „Sæglópur“ oder das alte, aber immer noch gute „Hafsól“. Man ist beeindruckt, wird erschlagen von Eindrücken und Emotionen. Die Band ist, wiedermal, in Höchstform. Und als sie ihr „Disco-Lied“ „Gobbledigook“ anstimmen, färben sich die Lampions in allen Farben des Regenbogens, die Menschen klatschen mit und Konfetti regnet vom Himmel. Spätestens hier zeigt sich dem letzten Zweifler, dass Sigur Rós keine primär depressive suizidfördernde Kapelle ist, sondern ein breites Spektrum an Emotionen und Melodien. Ein wunderbarer Moment. Ein Strahlen auf den Gesichtern von Band und Publikum. Der Jubel danach ist noch größer. Für eine Zugabe kommt die Band noch auf die Bühne. „Popplagið“, der letzte Song ihres „( )“-Albums (leider auch der einzige an diesem Abend davon) ist ein episches Monster, durch alle Stimmungslagen. In weit über 10 Minuten feuert die Band alles ab, spielt sich in einen Rausch und hinterlässt das Publikum am Ende staunend und applaudierend. Das war’s! Danach kann nichts mehr kommen. Muss auch nicht. Die Masse hört nicht auf mit jublen, verlangt nach mehr, aber die Band gibt nichts. Sie kommt noch mehrmals raus und verbeugt sich. Aber ganz realistisch. Sie hätten eh noch Stunden weiterspielen können. Wenn’s am schönsten ist, soll man aufhören. Das trifft natürlich nicht auf ein Sigur Rós Konzert zu, denn diese Band macht durchgängig hochwertige Musik. Ich habe lange kein so wunderschönes Konzert mehr erleben dürfen. Da kommt einem all die Musik auf dem Highfield Festival, auf dem ich kurz zuvor noch war, auf einmal unglaublich minderwertig und schlecht vor. Sigur Rós kann man sich nicht immer geben, das ist klar, aber wenn man dies tut, dann öffnet einem die Band Augen und Ohren. Es war uns ist vermutlich die schönste Musik, die momentan von irgendeiner Band irgendwie und irgendwo auf dieser Welt gespielt wird. Musik ist eine universelle Sprache und keine Band, wie diese versteht es, diese Sprache so eingängig zu sprechen, dass sie auch wirklich jeder versteht. Der Triumphzug von Sigur Rós wird nach diesem Abend zweifelsohne anhalten und hoffentlich noch mehr Menschen erfassen. Das wäre sicher nicht das Schlechteste für die Welt.
Setlist: 01 Svefn-g-Englar 02 Glósóli 03 Fljótavik 04 Ny Batteri 05 Við Spilum Endalaust 06 Hoppípolla 07 Með Blóðnasir 08 Festival 09 Heysátan 10 Sæglópur 11 Inní Mér Syngur Vitleysingur 12 Hafsól 13 Gobbledigook 14 Popplagið
rhododendron - 20. Aug, 15:30