Sonntag, 2. November 2008

Der Prophet im eigenen Land…

… ist bekanntlich wenig wert. Doch PeterLicht arbeitet mittlerweile dran. Jetzt muss man ihm nur noch zuhören. Gern auch auf dem eigenen Konzert. Wie gestern in Dresden.

Immer mal wieder bringt mich Deutschland dazu, sich über Selbiges mehr als zu wundern. Egal, ob’s das Nachmittagsprogramm von RTL ist, die Beliebtheit von Silbermond, das unnötige Comeback von Udo Lindenberg oder jetzt auch die Nr. 1 von Polarkreis 18. Dieses Land ist gleichermaßen unberechenbar, wie unverständlich. Fremdschämfaktor inklusive.
Ein weiteres herausragendes Beispiel ist die Tatsache, dass im ehemaligen Land der Dichter und Denker ein so feiner Mensch, wie PeterLicht einfach nur einer Minderheit von Menschen ein Begriff ist. Die, die von ihm schon mal flüchtig was gehört hatten, kennen sein „Sonnendeck“, den kleinen feinen Elektropopsommerhit mit sich bewegendem Bürostuhl aus dem Jahr 2001. In der Zwischenzeit hat sich aber einiges getan. Vier gute Alben hat der schlaksige Mann aus Köln mittlerweile veröffentlicht. Darunter das, aus meiner Sicht, geniale „Lieder vom Ende des Kapitalismus“ vor 3 Jahren. Jetzt ist er mit neuer Platte „Melancholie und Gesellschaft“ zurück. Die ist etwas ernster, etwas eindeutiger und reifer, als die letzte, was aber eine konsequente Entwicklung darstellt.
Diese vorzustellen galt es gestern Abend im Dresdner Beatpol, den ich immer noch lieber als StarClub bezeichnen möchte. Kurz vor 10 kam dann der gute Mann mitsamt 3-köpfoger Begleitband auf die Bühne. Fotografieren war, wie immer, unerwünscht. Man möchte die Maske noch etwas wahren. So wird der erste Song des neuen Albums und des Abends, „Räume räumen“, dann auch ohne Bühnenbeleuchtung gespielt. Ein erhabener Song, dessen Erhabenheit leider wenig zu Geltung kommt. Das liegt aber nicht an Peter, sondern an den Menschen, die ihm zuhören sollen, oder auch nicht. Da bin ich gern mal penibel. Stille wäre angebracht. Doch im ganzen Saal herrscht eine leichte Hibbeligkeit. Musik-Nerds unterhalten sich über die Entwicklung seiner Platten und die damit verbundene Live-Umsetzung, andere quatschen über das Studium, die Party gestern, die Parallelen zu Funny van Dannen oder was auch immer. Bierflaschen werden aneinander geschlagen, aber keine Räume geräumt. „Wer stört fliegt raus“ singt PeterLicht auf der Bühne. Deutlicher wird die Ironie nur bei den kuschelnden Pärchen während des „Trennungsliedes“. Der Prophet gilt im eigenen Land ja bekanntlich wenig. Aber auch auf seinen Konzerten? Der Anfang ist bewusst ruhig gewählt. Ein Schlagzeug verirrt sich erst dezent im dritten Song ins Instrumentarium. Sicher, so was ist gewagt, aber bei etwas intellektuellem Anspruch, wie ihn Herr Licht gern pflegt, hätte man da etwas mehr Verständnis erwartet. Na ja, bei den „Hits“ sieht das dann anders aus. Die flotten Elektrosongs des Debüts, wie „Siva“ oder „Die transsylvanische Verwandte ist da“ werden genauso gefeiert, wie der Gaga-Song „Fuzzipelz“. Und Songs wie „Wettentspannen“ oder „Gerader Weg“ entfalten gerade live deutlich mehr Druck, als auf Platte. Dazu darf dann auch gern mal gemosht werden. Wer’s braucht…
Die Unkonzentriertheit von Teilen des Publikums ist dann aber auch nur der einzige kleine Wehrmutstropfen Ansonsten hat der Mann eh nur Hits. „Hits“ im Sinne von tollen Songs. Denn PeterLicht ist ein toller Texter und Komponist. Vielleicht der beste, den wir in Deutschland haben. Wer braucht da noch Grönemeyer oder Thees Uhlmann? Oder Dirk von Lotzow? Lichts Lieder sind ehrlich, kunstvoll, politisch, gesellschaftskritisch und haben Witz und Wortakrobatik Dazu noch tolle Melodien und eine hohe Musikalität, was spätestens seit den letzten beiden Platten nicht mehr zu leugnen ist. PeterLicht bringt all das, was gute Popmusik braucht. Er erzählt Geschichten. Gern auch mal abseits des Songformates, wie er an diesem Abend mit zwei kurzen Lesungen auch bewies. Damit hatte er am Ende des Abends sicher auch den letzten Zweifler überzeugt. Seine Texte laden zum Schmunzeln ein, aber auch zum Nachdenken. Und auch mehrmals hören. Gerade die neue Langspielplatte lädt zum wiederholten Mehrfachhören ein. Das Konzert auch. Licht macht an diesem Abend alles richtig. Er lässt seine Songs sprechen. Keine große Show. „Bühnenpräsenz“ wäre sowieso das falsche Wort bei diesem dürren Männlein mit schütterem Haar und Brille. Die „Waffe“ von PeterLicht sind seine Worte. Die fügt er, wie kein Zweiter, zu tollen kleinen Hymnen zusammen. Die berühren und rütteln auf. Aber das wusste ich auch schon vor diesem Abend. Aber vielleicht hat er ja noch den ein oder anderen Unentschlossenen überzeugt und wachgerüttelt. Dann hat er seinen Auftrag erfüllt und wenn da so weiter geht, besteht vielleicht sogar noch Hoffnung für Deutschland.

Setlist: 01 Räume räumen 02 Heimkehrerlied 03 An meine Freunde vom leidenden Leben 04 Das absolute Glück 05 Marketing 06 "Viel hilft" (Text) 07 Benimmunterricht (Der Arbeigeberpräsident) 08 Shiva 09 Stratosphärenlieder 10 Stilberatung / Restsexualität 11 Dein Tag (Reise zurück an den Anfang) 12 Alles was du siehst gehört dir 13 Trennungslied 14 Beipflichtn 15 Die transsylvanische Verwandte 16 Fuzzipelz 17 Wir werden siegen 18 Safarinachmittag 19 Wettentspannen 20 Lied gegen die Schwerkraft 21 Sonnendeck 22 Gerader Weg 23 "Wettentspannen" (Text) 24 Lied vom Ende des Kapitalismus 25 Unsere Zeit 26 Zonen

PeterLicht @ MySpace

rhododendron's ranking - 45/ 2008

Bloc Party haben vor kurzem verkündet, keine klassischen Singles mehr zu veröffentlichen und Coldplay haben schon wieder ein neues Musikvideo draußen, so dass man nicht wirklich nachkommt. Tja, der klassische Singlesmarkt ist tot! Das wissen wir alle. Rhododendron’s ranking besteht trotzdem ausschließlich aus Singles, auch wenn sie nur Promo sind und nicht in CD-Form erscheinen. So passiert es aber auch, das bestimmte Sachen erst später von mir erkannt werden. Mit unseren beiden Neueinsteigern diese Woche, Glasvegas und Empire Of The Sun verhält es sich z.B. so. Deren „Singles“ sind nicht mehr ganz druckfrisch, sind aber jetzt erst in meinen Fokus gesprungen. Was für tolle Songs aber auch. Glasvegas bewerben sich damit offiziell um den Preis „Best New Editors Clone“. Ansonsten geht’s eigentlich für alle Acts ein paar Plätze nach unten. Mit Ausnahme von Get Well Soon, der noch ein paar Plätze gut machen kann. Und die vorderen Plätze halten die Stellung. Genau wie Deichkind oder Travis weiter hinten. Mal sehen, welche Überraschungen sich im Laufe der Woche ergeben. Wer noch den ein oder anderen Tipp für mich hat, ist herzlich eingeladen, ihn hier zu posten.

01.( 01 / #4 ) The Rifles “The Great Escape”
02.( 02 / #3 ) Tiger Lou “Crushed By A Crowd”
03.(NEW/ #1) Glasvegas “Geraldine”
04.( 07 / #2 ) Get Well Soon “Listen! Those Lost At Sea Sing A Song On Christmas Day”
05.( 03 / #5 ) White Lies “Death”
06.( 04 / #6 ) The Killers “Human”
07.(NEW/ #1) Empire Of The Sun “Walking On A Dream”
08.( 06 / #4 ) Coldplay “Lost!”
09.( 09 / #8 ) Deichkind “Arbeit Nervt”
10.( 05 / #8 ) Bloc Party “Talons”
11.( 10 / #3 ) Stereophonics “You’re My Star”
12.( 12 / #8 ) Travis “Something Anything”
13.( 08 / #6 ) The Last Shadow Puppets “My Mistakes Were Made For You”
14.( 11 / #9 ) Foals “Olympic Airwaves”
15.( 14 / #8 ) Elbow “The Bones Of You”
16.( 13 / #2 ) Tomte “Heureka”
17.( 15 / #11) Kings Of Leon “Sex On Fire”
18.( 18 / #7 ) The Streets “Everything Is Borrowed”
19.( 16 / #13) Polarkreis 18 “Allein Allein”
20.( 17 / #3 ) Oasis “I’m Outta Time”

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