Mittwoch, 26. November 2008

Horizonterweiterung vorausgesetzt!

Das kontroverseste Album des Herbstes kommt natürlich nicht von Guns'n Roses sondern von The Killers. Und es ist wirklich gut, wenn die Leute mal aufhören würden in Schubladen zu denken...

Auf den ewigen Kreislauf des Musikgeschäftes kann man sich verlassen. Zuerst kommt eine Band und mischt die eingefrorene Musiklandschaft mit neuem Sound auf, dann wird sie zusehens erfolgreicher, spricht auf einmal alle möglichen Menschen an und ist am Ende schlussendlich eine dieser riesigen Massenacts, gegen die sich wiederum neue Bands auflehnen. Ist doch so. Denkt mal drüber nach. Beispiele gibt’s genug. Coldplay sind da wohl das beste, wenngleich es bei denen nicht unbedingt einen Verlust, musikalischer Qualität bedeutet, finde ich ja. Die Kooks und Kaiser Chiefs dieser Welt sind da eher die Negativbeispiele. Bei den Killers aus Las Vegas verhält es sich insofern anders, als das die Band nie einen Hehl aus ihren Ambitionen gemacht hat. Als das Debüt „Hot Fuss“ 2004 erschien stellte es, gerade durch seinen Hang zum britischen 80er-Pop und zur großen Geste, eine willkommene Alternative zu den anderen, jungen Rockbands á la Strokes und Franz Ferdinand da. Zumal das Debüt der vier Amerikaner eine Menge Hits aufweisen konnte.
Die Schelte kam mit „Sam’s Town“. Das hatte dann nur wenig gute Hits und die Veränderung der Band wird wohl über das Wort „Ambitionen“ definiert. Denn wenn man schon immer viel wollte und dann auf einmal die Möglichkeit dazu hat, dann geht das meist schief. So war denn „Sam’s Town“ etwas zu schwülstig, etwas zu überambitioniert, etwas zu viel des guten. Ohne gute Songs vor allem.
Nun „Day & Age“ an dem sich die Geister in der Musikpresse ja bereits scheiden. Der Rockpomp des Vorgängers fällt weg… wird aber durch 80er-Pop-Pomp ersetzt. Ja, ich rede hier von unzähligen Flächensynthies, Discobeats, Harmoniegesang und dem guten alten Saxophon. Wenn man so was nicht verträgt, sollte man die Killers 2008 besser vergessen. Und bevor man sie zerpflückt, sollte man verstehen, was sie überhaupt wollen. Die Killers sind nicht die coole kleine Indie-Band, wie sie Franz Ferdinand sind, sie sind nicht die Herzschmerz-Balladen-Band wie Coldplay. Sie sind auch weit davon entfernt, sich musikalisch wie Bloc Party in allen Genres auszutoben. The Killers machen Pop! Richtigen Gitarrenpop alter Schule! Erinnert ihr euch noch an die uncoolen Genesis der 80er? Das wollen die Killers! Deren Polarisierung besteht aus ihrer Glattheit, dem bewussten Spielen mit dem verhassten, glatten Radiopomp dieser Dekade. So klingt „Day & Age“ wie ein musikgewordenes Stück Torte. Ganz viel Zucker, ganz viel Glanz, viel zu viel von allem. In seiner Konsequenz ist dieses Album geradezu beeindruckend. Die Tatsache, dass die Killers so offensichtlich uncool agieren, macht sie fast schon wieder cool. Hier ist eine Band, die bewusst eher nach den Pet Shop Boys klingen will, als nach Joy Division… dazu gehört Mut und Selbstbewusstsein. Und daran mangelt es den Jungs um Brandon Flowers nicht.

Das kann man und muss man wohl als „cooler“ Mensch zwangsläufig hassen, aber man kann es auch versuchen zu verstehen, wenn man bereit ist, den eigenen Horizont über die Genregrenzen der Szene heraus zu erweitern. Eins ist Fakt… „Day & Age“ ist wesentlich besser als „Sam’s Town“. Das liegt primär an den guten Songs! Klar, „Human“ könnte auch ne Schlagerproduktion sein, „A Dustland Fairytale“ ist komplett überladen und die Synthieflächen bei „The World We Live In“ sind echt breit. Aber Fakt ist… wenn man den Pomp wegnimmt erkennt man richtig gute Popsongs. Und wenn „Day & Age“ eine Erkenntnis liefert, dann die Tatsache, dass die Killers doch noch Songs vom Schlage ihres Debütalbums abliefern können. Ich bin mir fast sicher, dass, wenn man die Songs ins Gewand von „Hot Fuss“ gepackt hätte, es wesentlich besser verstanden werden würde. Dazu sind die Songs relativ gut. Gut, Ausfälle wie „I Can’t Stay“ order „Neon Tiger“ gibt’s auch, aber gut, die gab’s selbst auf „Hot Fuss“ und auf 2/3 von „Sam’s Town“. Aber die Band sträubt sich bewusst gegen die Wiederholung. The Killers sind keine coole Indierock-Band. Sie machen, seit jeher den „Glamorous Indie-Rock’n Roll“, den sie auf dem Debüt angekündigt haben. Und „Day & Age“ hätte mit weniger Pomp sicher auch funktioniert, aber das war wohl nicht Sinn des Ganzen. Dieses Album ist gar nicht mal so übel, sogar recht gut, vorausgesetzt man versucht es zu verstehen und gibt sich Mühe die Songs hinter dem Pomp und den Gesten des Herrn Flowers zu verstehen. Die Gefahr, dass die Killers jetzt eine dieser nervigen Bands werden, die man nur hassen kann und gegen die sich am Ende wieder neue Bands auflehnen werden, ist stets präsent. Oder sie drehen sich beim nächsten Album um 180 Grad. Auf jeden Fall scheinen ihnen im Gegensatz zur Konkurrenz noch nicht die Ideen auszugehen. Und solange man als Band immer wieder polarisiert und überrascht, ist das auf jeden Fall spannender, als wenn man sich wie andere Bands ihres Jahrganges gar nicht mehr bewegt.

The Killers @ MySpace

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