Samstag, 29. August 2009

Die Champagne Supernova erlischt...

Oasis. Ihre größten Fans waren stets sie selbst. Mit Noel Gallagher verlässt das Genie die Band, welche nur in der Summe ihrer Teile zur Höchstform fähig war. Ein wehmütiger Nachruf, der sich hoffentlich am Ende als vollkommen überflüssig entpuppt …

Vergangenes Wochenende. Highfield-Festival. Am Samstag kurz nach 18 Uhr ist mal wieder Zeit für eine der unzähligen Anekdoten von Thees Uhlmann, dem Frontmann von Tomte. „Erinnert ihr euch nach an die Zeit vor 10 Jahren, als es Britpop noch gab und wie schön das war?“ Daraufhin erzählt er von der guten alten Zeit mit Bier vorm Molotov Club in Hamburg und stimmt sein persönliches Lied über diese Zeit an… „Ich bin bereit, gib mir Korn & Sprite“… die Referenz an „I’m feeling supersonic, give me Gin and Tonic“ ist unüberhörbar. Ebenfalls zu Beginn des Jahres war Thees Uhlmann fast am Ziel seines Fanboy-Daseins. Er durfte als Support in Dresden die Bühne mit Oasis teilen. Wohl eher aus der Not heraus geboren, weil man Angst hatte, die Halle nicht voll zu bekommen. Der Gig war kein guter, aber Thees dürfte das egal gewesen sein. Und auch er wird heut ein mulmiges Gefühl in der Magengegend haben. Denn Oasis sind, man glaubt es gar nicht richtig, wohl nun doch Geschichte.

Jene Band, die sich am Ende schon längst selbst überlebt hatte, aber gerade durch diese Situation zuletzt zu neuen Glanztaten bereit war. Das Blatt schien sich vielleicht zu wenden für jene Band, die es damals zwischen 1994 und 1997 schaffte mal kurzzeitig die größte Band der Welt zu sein. Das kann man auch nur verstehen, wenn man es damals erlebt hat. Ich gestehe von vornherein ein, dass dies bei mir natürlich nicht vollständig der Fall war. Als „Definitley Maybe“ erschien war ich grad mal 10, dennoch steht die Genialität dieses Debüts und des Multimillionenseller-Nachfolgers „(What’s The Story) Morning Glory?)“ außer Frage. Diese Band hatte das große Glück, zur richtigen Zeit mit der richtigen Musik um die Ecke zu kommen. Die Britische Musik, ihres Zeichens bereits ein Markenartikel als solcher, dümpelte seit der Auflösung der Smiths Ende der 80er vor sich herum. Die Rave-Bewegung mit den Stone Roses oder Happy Mondays hatte sich im Drogensumpf selbst aufgelöst und hatte generell nichts zu sagen. Doch es waren jene Stone Roses, bei denen Noel Roadie war und bei deren Show sein rotziger Bruder Liam beschloss Rockstar zu werden. Der Rest ist Geschichte. Nach dem Untergang des US-amerikanischen Grunges war die Zeit wieder reif für das Mutterland des Pops. Oasis schafften eine damals einmalige Symbiose aus wütendem, lautem Rock in Verbindung mit anmutigen Popmelodien. Und gleichzeitig auch eine Mixtur aus Sensibilität und Sauftum. Prolet-sein war wieder salonfähig geworden. Die Hymnen waren Hymnen für eine britische Generation Teenager, welche die Schnauze voll hatte vom konservativen Korsett der Tories. Zugleich war es das Ende des Kalten Krieges und der Aufbruch in eine neue Zeit. Und dennoch blieben Oasis am Anfang auf dem Boden. Die Songs handelten von der Perspektivlosigkeit der Arbeiterschicht und dem Wunsch des Ausbruchs aus dieser. Viel Bier, viel Zigaretten und der Wunsch als Rockstar auszubrechen aus dem tristen Manchester. Die Band lebte es vor, ging von Null auf Hundert. Der Rest war Geschichte. Die Geschichte von einigen Songs, die nie langweilig und nie kaputt gehen. „Live Forever“ ist Noels Antwort auf Nirvana. Lebensbejahend und voller Kraft. „Supersonic“, „Some Might Say“ oder „Morning Glory“ sind Legenden. „Wonderwall“ bekommst du einfach nicht kaputt und „Champagne Supernova“ ist der Höhepunkt dieses Höhenrausches gewesen.

Dass es danach erstmal bergab ging, muss niemand wundern. Diese tragische Entwicklung gibt’s von Elvis bis Jacko. Wenn du ganz oben bist und dich alle bejubeln, dann drehst du halt frei. Und das Bands, wie Oasis immer an ihren erfolgreichsten Werken gemessen werden, ist auch keine Neuerfindung der Musikindustrie. Für die nachfolgende Generation stellen am ehesten die Arctic Monkeys einen Vergleich da, die sich immer an ihrem Debüt messen lassen müssen und die jetzt gerade versuchen, mit dem neuen Album diesem Korsett zu entweichen. Aber die Welt wird immer voll mit Leuten sein, die dies nicht wünschen. Und nicht nur die Arctic Monkeys oder Thees Uhlmann wären ohne Oasis nicht das, was sie heute sind. Die Liste ließ sich von den Libertines bis Franz Ferdinand fortsetzen. Und vielleicht geht es dabei nicht nur um den musikalischen Einfluss, sondern um die Türen, welche die Gallaghers eingetreten haben. Und natürlich sind das Idioten! Kindische Sturköpfe, die sich permanent streiten und pöbeln, selbst mit Ende 30. Da kannste nix machen. Aber das sind wenigstens Typen gewesen! Typen, die auf Awardverleihungen kacken, wenn’s ihnen passt. Typen, die schleimige Reporter anpöbeln, wenn sie nerven. Typen, die halt nun mal offen sagen, dass Keane scheiße sind, wenn Keane halt scheiße sind. Etwas eigen, etwas schräg. Und dabei mein ich nicht das langweilige Pete-Doherty-Heroin-schräg. Oasis besitzen etwas, was du in der heutigen Musiklandschaft einfach nicht mehr häufig findest: Authentizität! Sollte dies wirklich das Ende sein, dann haben sie es auf ihre Art und Weise durchgezogen. Vielleicht ist es auch besser so. Am Ende sollen die beiden Brüder ja abseits der Bühne kaum noch miteinander kommuniziert haben, zumal man sich musikalisch immer weiter auseinander gelebt hatte. Noel selber strebt wohl nach ambitionierteren Projekten und Veränderung, während sich der ewig plumpe Pöbler Liam mit der einfachen Schiene zufrieden gibt. So etwas bremst dann auf Dauer auch die Kreativität. Wenn man diese beiden Brüder und ihr Verhältnis so sieht, dann trifft es das Sprichwort „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“ ganz gut. Vielleicht hilft die Pause erstmal die Gemüter zu beruhigen. Noel hat nun endlich Zeit, sein Soloalbum aufzunehmen und Liam hat vielleicht Zeit, erwachsen zu werden. Und insofern sie es wollen, kommen sie auch in 5 Jahren oder weniger wieder. Ich bin jedenfalls froh, sie diesen Sommer glücklicherweise noch mal live gesehen zu haben. Thees sieht das sicher aus seiner Perspektive ähnlich. So ist dies sicher ein trauriger Tag, aber nicht das Ende der Welt. Die Musik lebt weiter. Darauf ein billiges Dosenbier und einen dahin geschmetterten Refrain. You ain’t never gonna burn my heart out! Fooking Amen!



nobono

currently resting in peace. 2007 - 2011

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelles ...

Protest!!
Oh, menno!wie schade.ich befürchte, eine n21-protestwelle...
stephox (Gast) - 29. Aug, 13:17
A Start Has An End
Unser Blog verzieht sich aus der Blogosphäre. Ein paar...
rhododendron - 22. Jul, 16:45
stimmt!
ich stimme dir zu 100% zu. langweilig war das gestern,...
Astrid (Gast) - 19. Jul, 17:19
Götterdämmerung
Für ein einzelnes Gastspiel beehrt der Altmeister der...
rhododendron - 19. Jul, 13:48
Chillaxing
PBMR präsentiert sein 'finales' Mixtape ... relaxte...
rhododendron - 16. Jul, 14:26
Danke
Hört man immer wieder gern. Besonders schön, wenn's...
rhododendron - 8. Jul, 13:49
blog
ich verfolge hin und wieder deinen Blog und wollte...
ZoneZero (Gast) - 6. Jul, 18:04
Kurz und Bündig - 07/2011
Once more with feeling... ein verliebter Traumtänzer,...
rhododendron - 1. Jul, 15:55

Durchforsten ...

 

Besucherzahl seit März 2010 ...

Status

Existent seit 6610 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 29. Aug, 13:17

Credits


Ausgehen
Diskurs
Listen
Mixtape
Mottenkiste
Plattenteller
Ranking
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren