Rainbow Party - (2) Extrapolation
Der Neuankömmling meldet sich zurück. Hier folgt sie nun, die zweite Runde meiner 50 liebsten Tracks der ausgehenden Dekade.
45.) Naked Lunch - God, 2004
Naked Lunch sind eine lustige kleine Band, aus dem, von Forbes frisch gekürtem, Rentnerparadies Österreich. Ihre unglaubliche Gute-Laune-Musik hat mir schön viele leichte Stunden gebracht.
Schlüssiger und effektiver als auf ihrem sehr feinen 2004er Werk mit dem unvergleichlichem Party-Titel "Songs For The Exhausted" , waren sie nicht und sind sie auch nicht geworden. Der unangefochtete Spitzenreiter darauf lautet "God", eröffnet das Album und hat sich bei mir tief ins Herz gebrannt. Denn ein schmerzhafteres Lied habe ich in den letzten 10 Jahren kaum gehört. Nicht weil es irgendwie besonders kratzbürstig daher kommt. Nein, im Gegenteil: Es ist vielmehr von einer seltsam außerirdischen Schönheit geprägt. Jedoch fängt es unvermittelt mit diesem leiernden Gitarrenriff an, der irgendwie wie die Brachialvariante der Singenden Säge wirkt, die sich erbarmungslos ins Gehör scheuert. Dann in der Strophe beginnt Oliver Welter mit seiner permanent zerbrechenden Stimme an zu singen, die ebenso keinen Ton bei sich halten kann. Er singt von traurigen Jungen und Mädchen und einem verzweifeltem Gott. Gemeinsam mit der sehr schönen Orgel und der Vocal-Produktion, die die Stimme klingen lässt, als sitze der Sänger allein in einem viel zu kleinen Raum, kommt das Gefühl des Verlassenseins hervorragend rüber.
Nun, bereits das könnte ein tolles Lied machen. Doch die Klagenfurter geben sich damit nicht zufrieden und schieben den wohl traumhaftesten, wenngleich sehr spacigen, C-Teil ein, den man sich nur vorstellen kann. Nur um einen dann mit dem wieder einsetzenden Riff ganz weit nach unten zu ziehen.
Kein klassischer Popsong, wobei er einen solche Struktur vorweist, sondern mehr eine liedgewordene Katharsis.
44.) Tom Waits - God's Away On Business, 2002
Normalerweise bin ich immer sehr zurückhaltend, altgediente Helden der Musikgeschichte zu loben. Und das werde ich auch jetzt beibehalten, obwohl da oben Tom Waits steht. Denn nicht sein Status hat ihn hier in diese Liste gebracht, sondern dieses Lied. Das könnte meinetwegen von den unsäglichen Jonas Brothers stammen und ich würde es trotzdem fantastisch finden.
Denn ein derart beängstigendes Stück zu schreiben, muss man erstmal schaffen. Ja, ich betone das Wort beängstigend. Denn wann kommt es schonmal vor, dass man von einem Musikstück ein schrecklich-schauriges Gefühl bekommt? Bei mir sehr selten, beziehungsweise eigentlich nur hier. Düster schunkelnde Musik im Hintergrund, von der man meinen könnte, sie würde von Skeletten gespielt (oder Grim Fandango hat mich unterbewusst doch stärker geprägt als gedacht). Über allem thront diese unfassbar kaputte Stimme des Herrn Waits, bei der man meinen könnte der Sensemann persönlich grölt dir was ins Ohr.
Der Titel/Refrain trifft es eigentlich perfekt: weil Gott Geschäfte zu erledigen hat, konnten sich die Pforten der Hölle öffnen und die Bewohner derselben haben hiermit ihre Hymne mitgebracht. Schauer!
43.) The Sleepy Jackson - This Day, 2003
Huch! Ist das Aydo Abays zehnte Band? Nein, der gute Mann, der hier trällert nennt sich Luke Steele. Er und seine Sleepy Jackson haben den wohl fröhlichsten Song in diese Liste der Miesepetrigkeiten geworfen.
Er ist sommerlich beschwingt, tanzbar, und hat gegen Ende sogar einen "nana na na na naa naa"-Part. Man stelle sich vor! Und doch geht er durch eben genau diese Qualitäten jedes Mal wieder sehr zu Herzen. Ich liebe ihn einfach. Wahrscheinlich liegt es daran, dass nix desto trotz von Trennung, Alleinsein und Schmerz gesungen wird. Aber das muss wieder so eine unbewusste Geschichte sein, weil mir Lyrics für Gewöhnlich nicht so wichtig sind.
Wie bereits erwähnt, zuerst war ich durch die simple und beglückende Beschwingtheit dieses Werkes angefixt. Und so wird er vermutlich auch vom veehrten Leser goutiert.
42.) Madrugada - Step Into This Room And Dance For Me , 2001
Prompt gehen nun die Lichter wieder aus. Und zwar alle.
Nur ein Spot beleuchtet die Tänzerin im Ballettdress und wie sie über die staubigen Bretter des alten Theaters schwebt.
So müsste eigentlich das Video zu diesem Song aussehen. Doch dieses Video existiert nicht. Denn die Norweger von Madrugada hatten 2001 ein Problem. Sie haben mit "The Nightly Disease" ein Album veröffentlicht, welches ausschließlich aus sehr guten Titeln bestand. Welches sollte man also zuerst als Single veröffentlichen. Letztendlich entschieden sich die Knaben dann für das famose "Hands Up - I Love You" und das nicht minder begeisternde "A Deadend Mind". Der dunkel funkelnde Diamant auf diesem Album hört allerdings, meiner Meinung nach, auf den Namen "Step Into This Room And Dance For Me".
Dieses Stück klingt bereits so, als wäre es über alle Kritik erhaben. Ruhig, bedächtig, klar die Instrumentierung. Ein stetig fließender, alles vereinnahmender Fluss des faszinierendem Gitarren-Lick zu dem dann klar und präzise Bass und Schlagzeug einsetzen. Später kommen noch Piano und Mandoline hinzu - doch auch diese sind deutlich differenzierbare Einsätzen, die wie in Granit gemeißelt zu sein scheinen.
Der Hermelinmantel, der dieses Lied vollendet majestätisch werden lässt, ist natürlich die unsagbar tiefe und erhabene Stimme des Sivert Høyem, der sonst eher an Tom Smith (Editors) gemahnt. Ebenfalls klar akzentuiert und formvollendet, trägt er ruhig seine Weise vor. Dem Hörer bleibt nix Anderes übrig als auf die Knie zu sinken und sich von diesem stetigen Strom an Musik weit hinfort tragen zu lassen. Wer Ohren hat, der höre!
41.) Cruiserweight - Goodbye Daily Sadness, 2005
Jetzt wird sich der geneigte Leser sicher fragen: Was ist denn das? Pop-Punk. Die fröhliche Sorte. Ganz nett. Unspektakulär.
Recht hat er. Also warum dieses Lied?
Nun, so unspektakulär finde ich das alles nicht. Zum ersten ist die Produktion unglaublich fett, rauh und interessant. Denn immerhin fängt das Lied in Mono an, bis es dann schließlich nach knapp fünfzig Sekunden förmlich in Stereo explodiert. Solche kleinen Spielereien finde ich super.
Wie immer bei mir spielt auch hier der Gesang eine wichtige Rolle, warum ich das Lied so mag. Kraftvoll, hoch und irgendwie sehr emotional. Die Melodie im schönsten Moll, was dem Ganzen eine eigenartige Traurigkeit verleiht, die in gewisser Weise auch den Text konterkariert, der scheinbar davon handelt, wie toll es ist, Plateuschuhe zu tragen, bzw. wie traurig es ist, klein zu sein. Dazu schroten die Gitarren fette Wände, die dem Lied einen ziemlich krasses Punch verpassen.
Und persönlich folgt nun der nächste Superlativ: Das Lied, das ich vermutlich am Häufigsten wiederentdeckt habe. Mehrmals habe ich es wieder vergessen, bis ich ihm mal wieder begegnete und er sich sofort in meinem Gehörgang für die nächsten Tage fest verkrallt hat. Und das ganz ohne mich zu nerven. Und jetzt - im Zuge dieser Rezension - natürlich wieder.
So weit erstmal für heute. Ich wünsche erstmal eine schöne Woche, bis nächsten Mittwoch der dritte Streich erfolgt - und zwar dann mit dem lang ersehnten ersten Special!
45.) Naked Lunch - God, 2004
Naked Lunch sind eine lustige kleine Band, aus dem, von Forbes frisch gekürtem, Rentnerparadies Österreich. Ihre unglaubliche Gute-Laune-Musik hat mir schön viele leichte Stunden gebracht.
Schlüssiger und effektiver als auf ihrem sehr feinen 2004er Werk mit dem unvergleichlichem Party-Titel "Songs For The Exhausted" , waren sie nicht und sind sie auch nicht geworden. Der unangefochtete Spitzenreiter darauf lautet "God", eröffnet das Album und hat sich bei mir tief ins Herz gebrannt. Denn ein schmerzhafteres Lied habe ich in den letzten 10 Jahren kaum gehört. Nicht weil es irgendwie besonders kratzbürstig daher kommt. Nein, im Gegenteil: Es ist vielmehr von einer seltsam außerirdischen Schönheit geprägt. Jedoch fängt es unvermittelt mit diesem leiernden Gitarrenriff an, der irgendwie wie die Brachialvariante der Singenden Säge wirkt, die sich erbarmungslos ins Gehör scheuert. Dann in der Strophe beginnt Oliver Welter mit seiner permanent zerbrechenden Stimme an zu singen, die ebenso keinen Ton bei sich halten kann. Er singt von traurigen Jungen und Mädchen und einem verzweifeltem Gott. Gemeinsam mit der sehr schönen Orgel und der Vocal-Produktion, die die Stimme klingen lässt, als sitze der Sänger allein in einem viel zu kleinen Raum, kommt das Gefühl des Verlassenseins hervorragend rüber.
Nun, bereits das könnte ein tolles Lied machen. Doch die Klagenfurter geben sich damit nicht zufrieden und schieben den wohl traumhaftesten, wenngleich sehr spacigen, C-Teil ein, den man sich nur vorstellen kann. Nur um einen dann mit dem wieder einsetzenden Riff ganz weit nach unten zu ziehen.
Kein klassischer Popsong, wobei er einen solche Struktur vorweist, sondern mehr eine liedgewordene Katharsis.
44.) Tom Waits - God's Away On Business, 2002
Normalerweise bin ich immer sehr zurückhaltend, altgediente Helden der Musikgeschichte zu loben. Und das werde ich auch jetzt beibehalten, obwohl da oben Tom Waits steht. Denn nicht sein Status hat ihn hier in diese Liste gebracht, sondern dieses Lied. Das könnte meinetwegen von den unsäglichen Jonas Brothers stammen und ich würde es trotzdem fantastisch finden.
Denn ein derart beängstigendes Stück zu schreiben, muss man erstmal schaffen. Ja, ich betone das Wort beängstigend. Denn wann kommt es schonmal vor, dass man von einem Musikstück ein schrecklich-schauriges Gefühl bekommt? Bei mir sehr selten, beziehungsweise eigentlich nur hier. Düster schunkelnde Musik im Hintergrund, von der man meinen könnte, sie würde von Skeletten gespielt (oder Grim Fandango hat mich unterbewusst doch stärker geprägt als gedacht). Über allem thront diese unfassbar kaputte Stimme des Herrn Waits, bei der man meinen könnte der Sensemann persönlich grölt dir was ins Ohr.
Der Titel/Refrain trifft es eigentlich perfekt: weil Gott Geschäfte zu erledigen hat, konnten sich die Pforten der Hölle öffnen und die Bewohner derselben haben hiermit ihre Hymne mitgebracht. Schauer!
43.) The Sleepy Jackson - This Day, 2003
Huch! Ist das Aydo Abays zehnte Band? Nein, der gute Mann, der hier trällert nennt sich Luke Steele. Er und seine Sleepy Jackson haben den wohl fröhlichsten Song in diese Liste der Miesepetrigkeiten geworfen.
Er ist sommerlich beschwingt, tanzbar, und hat gegen Ende sogar einen "nana na na na naa naa"-Part. Man stelle sich vor! Und doch geht er durch eben genau diese Qualitäten jedes Mal wieder sehr zu Herzen. Ich liebe ihn einfach. Wahrscheinlich liegt es daran, dass nix desto trotz von Trennung, Alleinsein und Schmerz gesungen wird. Aber das muss wieder so eine unbewusste Geschichte sein, weil mir Lyrics für Gewöhnlich nicht so wichtig sind.
Wie bereits erwähnt, zuerst war ich durch die simple und beglückende Beschwingtheit dieses Werkes angefixt. Und so wird er vermutlich auch vom veehrten Leser goutiert.
42.) Madrugada - Step Into This Room And Dance For Me , 2001
Prompt gehen nun die Lichter wieder aus. Und zwar alle.
Nur ein Spot beleuchtet die Tänzerin im Ballettdress und wie sie über die staubigen Bretter des alten Theaters schwebt.
So müsste eigentlich das Video zu diesem Song aussehen. Doch dieses Video existiert nicht. Denn die Norweger von Madrugada hatten 2001 ein Problem. Sie haben mit "The Nightly Disease" ein Album veröffentlicht, welches ausschließlich aus sehr guten Titeln bestand. Welches sollte man also zuerst als Single veröffentlichen. Letztendlich entschieden sich die Knaben dann für das famose "Hands Up - I Love You" und das nicht minder begeisternde "A Deadend Mind". Der dunkel funkelnde Diamant auf diesem Album hört allerdings, meiner Meinung nach, auf den Namen "Step Into This Room And Dance For Me".
Dieses Stück klingt bereits so, als wäre es über alle Kritik erhaben. Ruhig, bedächtig, klar die Instrumentierung. Ein stetig fließender, alles vereinnahmender Fluss des faszinierendem Gitarren-Lick zu dem dann klar und präzise Bass und Schlagzeug einsetzen. Später kommen noch Piano und Mandoline hinzu - doch auch diese sind deutlich differenzierbare Einsätzen, die wie in Granit gemeißelt zu sein scheinen.
Der Hermelinmantel, der dieses Lied vollendet majestätisch werden lässt, ist natürlich die unsagbar tiefe und erhabene Stimme des Sivert Høyem, der sonst eher an Tom Smith (Editors) gemahnt. Ebenfalls klar akzentuiert und formvollendet, trägt er ruhig seine Weise vor. Dem Hörer bleibt nix Anderes übrig als auf die Knie zu sinken und sich von diesem stetigen Strom an Musik weit hinfort tragen zu lassen. Wer Ohren hat, der höre!
41.) Cruiserweight - Goodbye Daily Sadness, 2005
Jetzt wird sich der geneigte Leser sicher fragen: Was ist denn das? Pop-Punk. Die fröhliche Sorte. Ganz nett. Unspektakulär.
Recht hat er. Also warum dieses Lied?
Nun, so unspektakulär finde ich das alles nicht. Zum ersten ist die Produktion unglaublich fett, rauh und interessant. Denn immerhin fängt das Lied in Mono an, bis es dann schließlich nach knapp fünfzig Sekunden förmlich in Stereo explodiert. Solche kleinen Spielereien finde ich super.
Wie immer bei mir spielt auch hier der Gesang eine wichtige Rolle, warum ich das Lied so mag. Kraftvoll, hoch und irgendwie sehr emotional. Die Melodie im schönsten Moll, was dem Ganzen eine eigenartige Traurigkeit verleiht, die in gewisser Weise auch den Text konterkariert, der scheinbar davon handelt, wie toll es ist, Plateuschuhe zu tragen, bzw. wie traurig es ist, klein zu sein. Dazu schroten die Gitarren fette Wände, die dem Lied einen ziemlich krasses Punch verpassen.
Und persönlich folgt nun der nächste Superlativ: Das Lied, das ich vermutlich am Häufigsten wiederentdeckt habe. Mehrmals habe ich es wieder vergessen, bis ich ihm mal wieder begegnete und er sich sofort in meinem Gehörgang für die nächsten Tage fest verkrallt hat. Und das ganz ohne mich zu nerven. Und jetzt - im Zuge dieser Rezension - natürlich wieder.
So weit erstmal für heute. Ich wünsche erstmal eine schöne Woche, bis nächsten Mittwoch der dritte Streich erfolgt - und zwar dann mit dem lang ersehnten ersten Special!
The Fall On Deaf Ears - 4. Nov, 12:14