Rainbow Party - (3) Commiseration
Helau!
Wie es der Name bereits andeutet, werde ich mich heute ausschließlich meinen liebsten Emo-Titeln widmen. Vermutlich wird da ein Aufschrei durch die vereinigte Leserschaft gehen, denn das ist ja etwas womit der gemeine Indie mal gar nix zu tun haben möchte.
Die Frage ist natürlich nur: Warum eigentlich? Peer pressure, schon klar. Denn prinzipiell hören wir, wie junge Männer auf den Hintergrund von mehr oder weniger heftigen Gitarren mit hoher Stimme astreine Popsongs singen. Wir lassen jetzt mal außen vor, wie die Buben aussehen und was für Fans sie haben. Und ja, auch die Texte bieten für gewöhnlich mehr Potenzial, als meinetwegen alle Beatles-Lyrics. Was ist schon falsch daran, über Trauer, Angst, Verlassenwerden und Einsamkeit zu singen: Ich stelle hier gerade eine Liste zusammen, wo mindestens 2/3 der Lieder davon handeln. Das aber, wohlgemerkt, bei Bands, die nicht in Verdacht stehen auf dem Emo-Zug zu fahren. Herrgott, Beth Gibbons (Portishead) hat noch nie von etwas anderem gesungen. Behaupte ich jetzt mal.
Naja, macht euch euer eigenes Bild. Ich stelle mal fünf meiner Lieblingsstücke vor, die in diesen Bereich fallen müssten. Ein weiteres Stück wird erst viel später kommen, da es eins meiner absoluten Favorites ist und auch - keine Sorge - nicht gerade den klassischen Emostil bedient.
From First To Last - Ride The Wings Of Pestilence, 2004
Diese jungen Herren brachten einst ein Album mit dem unschlagbaren Namen "Dear Diary, My Teen Angst Has A Bodycount" raus, was aber nicht weiter bedeutend ist. Lediglich dieser eine Song ist einfach dermaßen über alles Andere erhaben, dass er ... äääh ... den kompletten The Velvet Underground-Backkatalog in die Tasche steckt. Eigentlich beginnt er mit einem relativ simplen Riff, welcher aber sofort hervorragend weiter geführt wird. Die Zeit ist reif, den Song bahn brechen zu lassen. Die Struktur ist zwar deutlich erkennbar, schlägt aber unfassbare Haken. Ein Element nach dem nächsten wird eingeführt und wieder verlassen. Möglicherweise interpretiere ich zu viel rein, aber wie kann man denn das Gefühl der Ziellosigkeit besser vertonen. Dennoch ist das Arrangement zu jedem Zeitpunkt nachvollziehbar und stringent. Dazu umspielen sich die drei ähemm Vokalisten permanent. Hauen dem Hörer von allen Seiten Zeilen um die Ohren, bis der nicht mehr weiß, wo vorne und hinten ist. Bis zu dem Refrain, bei dem sich alle dazu vereinen, einen herrlichen Hymnus anzustimmen. All dies geführt von dem sehr schönen Falsettgesang des Sonny Moore (Jahrgang '88). Nach dem der Refrain erneut ertönt, folgt schließlich das Finale, welches dann vollendet die Apokalypse verkündet, so dass man eigentlich nicht mehr sitzen kann. Nach dem der Hörer nun einmal anständig gebügelt wurde, hat er nun Zeit Luft zu holen und auf Replay zu drücken, um sich wieder diesem faszinierendem Gesang und der harschen Abrissbirne von Musik hinzugeben.
Ach ja: Getreu dem Albumtitel, der ja auch im Song rezitiert wird, handelt der Text natürlich nicht von dem einsamen verlassenen Jungen, der nicht mehr weiter weiß. Nein er ergreift Initiative!
Panic! At The Disco - Lying Is The Most Fun A Girl Can Have Without Taking Her Clothes Off, 2005
Jaja, die waren ja sowieso immer anders, hatten Electro-Elemente und eine Varieté-Show. Nichtsdestotrotz in meinen Ohren sehr diesem Genre zugehörig. Dieses Lied, mit einem weiteren unfassbar griffigem Songtitel, ist schlicht und ergreifend ein perfekter Popsong. Beginnt - wie schon bei den Beatles üblich - ohne großes Intro direkt mit der Strophe, welche Brandon Urie mit warmen Ton in der Stimme intoniert. Im Hintergrund die beste denkbare Begleitung mit dezenten Gitarren, einen ansatzweise funkigen Bass und den sehr schönen Keyboard-Elementen. Bridge und Chorus natürlich wieder mit voller Maschine. Aber auch hier sehr hervorragend, einprägsam und hängen bleibend. Der C-Teil ist eine einfache Variante der Bridge, die aber schnell wieder zu der schönen Strophe führt. Und so weiter und so fort. Ein klarer, sauberer Song, megadick produziert und mit einem hervorragendem Gaga-Text. Wie gesagt, ein perfekter Popsong.
My Chemical Romance - To The End, 2005
Was für eine unfassbare Band. Mir egal, ob die irgendwie überheblich, oder sonstwie abgefahren sind. Diese Songs! Das Album, dem dieses Lied entnommen ist, "Three Cheers For Sweet Revenge", ist eines dieser wenigen Alben, wo ausschließlich gute Lieder drauf sind. Eingängig, sauber arrangiert, treibend, schmissig, technisch anspruchsvoll. Und ziemlich krasse Ohrwürmer. Das alles noch verpackt in eine Art übergeordnetes Konzept. Besser kann man Rock nicht machen.
"To The End" ist quasi das Destillat davon. Der für mich beste Song auf dem Werk. Kurz und knackig, rasant runtergespielt, lässt sich die Band doch ausreichend Zeit ihre großen Melodien erklingen zu lassen. Die beiden Gitarren umspielen sich permanent, der Gesang kommt wieder aus allen Richtungen auf einen zugeflogen. Eine Ruhepause gibt es nicht und bevor es langweilig wird, hat der ganze Spaß auch schon wieder ein Ende.
Ich weiß gar nicht, was ich noch groß darüber schreiben soll. Mal so gesagt: Jeder der schonmal versucht hat einen Popsong zu schreiben und/oder zu arrangieren, sollte vor diesen jungen Herren auf die Knie gehen und sie als eine seiner absoluten Meister anerkennen. Wie bereits erwähnt: Unfassbare Band.
On The Might Of Princes - Here Come The Sirens, 2003
Diese Band ist scheinbar an der Welt spurlos vorrüber gegangen. Dabei haben sie mit ihrem zweiten Werk Sirens ein sehr eingängiges, rockiges, emotionales und geradezu futuristisches Album auf den Markt gehauen. Nur leider nahm davon kaum einer Notiz. Ich aber doch. Und prompt haben sie sich mit Liedern, wie Go Fuck Yrself, oder You Whistle, I Shoot und natürlich dem hier vertretenen Quasi-Titelsong ganz tief in mein Herz gefräst. Trotz der recht martialischen Songtitel und dem New-York-Hardcore-Hintergrund sind diese vier Herren im Wesentlichen Poeten und Schöngeister. Nur das allerdings mit allerhand Sambal Oelek im Heck. So poltert es im Prinzip ganz ordentlich und der Sänger hat auch eine recht aggressive Gesangsart, aber sehr häufig kommt dann doch wieder der elegische, flächige, hell funkelnde Moment, der einen letztendlich ganz weit fort trägt. In die Schwerelosigkeit. Vergleichbar mit dem Surfen, wo eine Welle, die letztendlich wassergewordene Kraft darstellt, den Menschen auf dem Brettchen eine kleine Strecke trägt. Während dieser Zeit ist ist der Surfer der Schwerkraft entbunden, euphorisch und frei.
The Used - Poetic Tragedy, 2002
The Used kennt man eigentlich nur deshalb, weil deren Sänger Bert McCracken einst mit der Tochter Kelly von Ozzy Osbourne eine kurze Liaison hatte. Passenderweise zu der Zeit, als gerade die MTV-Kameras deren trautes Heim besetzten. Noch passender war, dass praktisch zeitgleich das selbstbetitelte Debüt-Album des Knaben und seiner Band erschien. Dieses hat durch genau diesen Marketing-Kniff einen ziemlich schäbigen Beigeschmack bekommen. Leider wird dabei gern übersehen, dass es musikalisch absolute Spitze ist. Abwechslungsreich, herausragend komponiert - weil oft vom Popschema abweichend, ohne seine Catchy-ness zu verlieren - und schließlich liebevoll arrangiert - unter anderem mit sehr schönen Streichern von Nick Ingmann. Und das alles unter der Federführung von John Feldmann, seines Zeichens Sänger der Funpunker von Goldfinger, dem man so etwas nicht gerade zugetraut hätte. Kurz und gut: ein weiteres hervorragendes Popalbum.
Warum gerade dieser Song? Ganz kurz: Neben der Tatsache, dass er insgesamt so schön, traurig und etwas kitschig ist: Bei 2:01 bekam ich schon oft und bekomme auch immer noch eine wahnsinnige Gänsehaut. Ganz großer Moment! So einfach ist das manchmal.
Gut ihr Jecken! Das wäre es für heute. Nächste Woche gibt es dann wieder den normalen Stoff, der keiner thematischen Gruppe unterteilt ist, sondern es geht wieder quer durch den Gemüsegarten. Bis dahin, gehabt euch wohl.
Wie es der Name bereits andeutet, werde ich mich heute ausschließlich meinen liebsten Emo-Titeln widmen. Vermutlich wird da ein Aufschrei durch die vereinigte Leserschaft gehen, denn das ist ja etwas womit der gemeine Indie mal gar nix zu tun haben möchte.
Die Frage ist natürlich nur: Warum eigentlich? Peer pressure, schon klar. Denn prinzipiell hören wir, wie junge Männer auf den Hintergrund von mehr oder weniger heftigen Gitarren mit hoher Stimme astreine Popsongs singen. Wir lassen jetzt mal außen vor, wie die Buben aussehen und was für Fans sie haben. Und ja, auch die Texte bieten für gewöhnlich mehr Potenzial, als meinetwegen alle Beatles-Lyrics. Was ist schon falsch daran, über Trauer, Angst, Verlassenwerden und Einsamkeit zu singen: Ich stelle hier gerade eine Liste zusammen, wo mindestens 2/3 der Lieder davon handeln. Das aber, wohlgemerkt, bei Bands, die nicht in Verdacht stehen auf dem Emo-Zug zu fahren. Herrgott, Beth Gibbons (Portishead) hat noch nie von etwas anderem gesungen. Behaupte ich jetzt mal.
Naja, macht euch euer eigenes Bild. Ich stelle mal fünf meiner Lieblingsstücke vor, die in diesen Bereich fallen müssten. Ein weiteres Stück wird erst viel später kommen, da es eins meiner absoluten Favorites ist und auch - keine Sorge - nicht gerade den klassischen Emostil bedient.
From First To Last - Ride The Wings Of Pestilence, 2004
Diese jungen Herren brachten einst ein Album mit dem unschlagbaren Namen "Dear Diary, My Teen Angst Has A Bodycount" raus, was aber nicht weiter bedeutend ist. Lediglich dieser eine Song ist einfach dermaßen über alles Andere erhaben, dass er ... äääh ... den kompletten The Velvet Underground-Backkatalog in die Tasche steckt. Eigentlich beginnt er mit einem relativ simplen Riff, welcher aber sofort hervorragend weiter geführt wird. Die Zeit ist reif, den Song bahn brechen zu lassen. Die Struktur ist zwar deutlich erkennbar, schlägt aber unfassbare Haken. Ein Element nach dem nächsten wird eingeführt und wieder verlassen. Möglicherweise interpretiere ich zu viel rein, aber wie kann man denn das Gefühl der Ziellosigkeit besser vertonen. Dennoch ist das Arrangement zu jedem Zeitpunkt nachvollziehbar und stringent. Dazu umspielen sich die drei ähemm Vokalisten permanent. Hauen dem Hörer von allen Seiten Zeilen um die Ohren, bis der nicht mehr weiß, wo vorne und hinten ist. Bis zu dem Refrain, bei dem sich alle dazu vereinen, einen herrlichen Hymnus anzustimmen. All dies geführt von dem sehr schönen Falsettgesang des Sonny Moore (Jahrgang '88). Nach dem der Refrain erneut ertönt, folgt schließlich das Finale, welches dann vollendet die Apokalypse verkündet, so dass man eigentlich nicht mehr sitzen kann. Nach dem der Hörer nun einmal anständig gebügelt wurde, hat er nun Zeit Luft zu holen und auf Replay zu drücken, um sich wieder diesem faszinierendem Gesang und der harschen Abrissbirne von Musik hinzugeben.
Ach ja: Getreu dem Albumtitel, der ja auch im Song rezitiert wird, handelt der Text natürlich nicht von dem einsamen verlassenen Jungen, der nicht mehr weiter weiß. Nein er ergreift Initiative!
Panic! At The Disco - Lying Is The Most Fun A Girl Can Have Without Taking Her Clothes Off, 2005
Jaja, die waren ja sowieso immer anders, hatten Electro-Elemente und eine Varieté-Show. Nichtsdestotrotz in meinen Ohren sehr diesem Genre zugehörig. Dieses Lied, mit einem weiteren unfassbar griffigem Songtitel, ist schlicht und ergreifend ein perfekter Popsong. Beginnt - wie schon bei den Beatles üblich - ohne großes Intro direkt mit der Strophe, welche Brandon Urie mit warmen Ton in der Stimme intoniert. Im Hintergrund die beste denkbare Begleitung mit dezenten Gitarren, einen ansatzweise funkigen Bass und den sehr schönen Keyboard-Elementen. Bridge und Chorus natürlich wieder mit voller Maschine. Aber auch hier sehr hervorragend, einprägsam und hängen bleibend. Der C-Teil ist eine einfache Variante der Bridge, die aber schnell wieder zu der schönen Strophe führt. Und so weiter und so fort. Ein klarer, sauberer Song, megadick produziert und mit einem hervorragendem Gaga-Text. Wie gesagt, ein perfekter Popsong.
My Chemical Romance - To The End, 2005
Was für eine unfassbare Band. Mir egal, ob die irgendwie überheblich, oder sonstwie abgefahren sind. Diese Songs! Das Album, dem dieses Lied entnommen ist, "Three Cheers For Sweet Revenge", ist eines dieser wenigen Alben, wo ausschließlich gute Lieder drauf sind. Eingängig, sauber arrangiert, treibend, schmissig, technisch anspruchsvoll. Und ziemlich krasse Ohrwürmer. Das alles noch verpackt in eine Art übergeordnetes Konzept. Besser kann man Rock nicht machen.
"To The End" ist quasi das Destillat davon. Der für mich beste Song auf dem Werk. Kurz und knackig, rasant runtergespielt, lässt sich die Band doch ausreichend Zeit ihre großen Melodien erklingen zu lassen. Die beiden Gitarren umspielen sich permanent, der Gesang kommt wieder aus allen Richtungen auf einen zugeflogen. Eine Ruhepause gibt es nicht und bevor es langweilig wird, hat der ganze Spaß auch schon wieder ein Ende.
Ich weiß gar nicht, was ich noch groß darüber schreiben soll. Mal so gesagt: Jeder der schonmal versucht hat einen Popsong zu schreiben und/oder zu arrangieren, sollte vor diesen jungen Herren auf die Knie gehen und sie als eine seiner absoluten Meister anerkennen. Wie bereits erwähnt: Unfassbare Band.
On The Might Of Princes - Here Come The Sirens, 2003
Diese Band ist scheinbar an der Welt spurlos vorrüber gegangen. Dabei haben sie mit ihrem zweiten Werk Sirens ein sehr eingängiges, rockiges, emotionales und geradezu futuristisches Album auf den Markt gehauen. Nur leider nahm davon kaum einer Notiz. Ich aber doch. Und prompt haben sie sich mit Liedern, wie Go Fuck Yrself, oder You Whistle, I Shoot und natürlich dem hier vertretenen Quasi-Titelsong ganz tief in mein Herz gefräst. Trotz der recht martialischen Songtitel und dem New-York-Hardcore-Hintergrund sind diese vier Herren im Wesentlichen Poeten und Schöngeister. Nur das allerdings mit allerhand Sambal Oelek im Heck. So poltert es im Prinzip ganz ordentlich und der Sänger hat auch eine recht aggressive Gesangsart, aber sehr häufig kommt dann doch wieder der elegische, flächige, hell funkelnde Moment, der einen letztendlich ganz weit fort trägt. In die Schwerelosigkeit. Vergleichbar mit dem Surfen, wo eine Welle, die letztendlich wassergewordene Kraft darstellt, den Menschen auf dem Brettchen eine kleine Strecke trägt. Während dieser Zeit ist ist der Surfer der Schwerkraft entbunden, euphorisch und frei.
The Used - Poetic Tragedy, 2002
The Used kennt man eigentlich nur deshalb, weil deren Sänger Bert McCracken einst mit der Tochter Kelly von Ozzy Osbourne eine kurze Liaison hatte. Passenderweise zu der Zeit, als gerade die MTV-Kameras deren trautes Heim besetzten. Noch passender war, dass praktisch zeitgleich das selbstbetitelte Debüt-Album des Knaben und seiner Band erschien. Dieses hat durch genau diesen Marketing-Kniff einen ziemlich schäbigen Beigeschmack bekommen. Leider wird dabei gern übersehen, dass es musikalisch absolute Spitze ist. Abwechslungsreich, herausragend komponiert - weil oft vom Popschema abweichend, ohne seine Catchy-ness zu verlieren - und schließlich liebevoll arrangiert - unter anderem mit sehr schönen Streichern von Nick Ingmann. Und das alles unter der Federführung von John Feldmann, seines Zeichens Sänger der Funpunker von Goldfinger, dem man so etwas nicht gerade zugetraut hätte. Kurz und gut: ein weiteres hervorragendes Popalbum.
Warum gerade dieser Song? Ganz kurz: Neben der Tatsache, dass er insgesamt so schön, traurig und etwas kitschig ist: Bei 2:01 bekam ich schon oft und bekomme auch immer noch eine wahnsinnige Gänsehaut. Ganz großer Moment! So einfach ist das manchmal.
Gut ihr Jecken! Das wäre es für heute. Nächste Woche gibt es dann wieder den normalen Stoff, der keiner thematischen Gruppe unterteilt ist, sondern es geht wieder quer durch den Gemüsegarten. Bis dahin, gehabt euch wohl.
The Fall On Deaf Ears - 11. Nov, 11:11