Samstag, 28. November 2009

Die besten Alben 2000 - 2009 / Plätze 20 - 16

AlbumsOfTheDecade-100-91

20. Elbow “Cast Of Thousands” (2003)

21QVFFYG35L-_SL160_AA115_Wie kann der gute Mann denn weiter oben schreiben, das “Seldom Seen Kid” das wohl beste und ausgereifteste Elbow Album ist und dann befindet sich noch eins weiter oben? Ja, auf dem Papier mag das vielleicht so sein, aber dieses Ranking ist ja weitab davon entfernt, nur objektiv zu sein. Also ist es vor allem die Tatsache, dass mich „Cast By Thousands“ aus dem Jahr 2003 schon wesentlich länger begleitet, als das 5 Jahre später erschienene Album welches der Band aus Manchester endlich den großen Erfolg brachte. Und somit verbindet mich mit dem Zweitwerk der Band auch wesentlich mehr, weshalb es vermutlich auf nicht absehbare Zeit mein Favorit bleiben wird. Nach dem etwas introspektiven Debüt „Asleep In The Back“ wagt sich die Band hier auf ihre schrullige Art und Weise ein wenig in die Welt hinaus und lässt bereits ihr Stärken erahnen. Wunderbar gefühlvolle Britpopsongs voller Sehnsucht und Melancholie, aber auch voll Schrulligkeit und auch gern mal Sex. „I’ve got your Number“ dürfte dafür der beste Beweis sein. Aber auch der noch etwas verschlafene Opener „Ribcage“, der uns sozusagen inklusive Gospelchor am Aufstehen teilhaben lässt, bevor uns dann das schmissige „Fallen Angel“ durch den Tag begleitet. Doch immer wieder ist es die Melancholie, die uns dabei einholt. Wie bei der streichergetränkten Hommage an das „Fugitive Motel“, in der wundervollen Ballade „Switching Off“ oder der entspannt-sommerlichen Ballade „Not A Job“. Hier läuft die Band zu absoluter Höchstform auf. Und schon wieder und permanent ist es Guy Garveys Stimme. Dieser warme, biergestählte Klang seiner Worte, voller Hoffnung und Trauer. Als ob er trotz seines nicht so hohen Alters schon alles gesehen hätte. Dann wird das Album wieder ein wenig düsterer und verspielter und besucht bei „Crawling With Idiot“ auch schon mal, so scheint es, die örtliche Irrenanstalt. Doch aus diesem Dunkel dringen die ersten Gitarrenakkorde des wunderbaren „Grace Under Pressure“, welches in den nächsten fünf Minuten zu einem der schönsten Songs aller Zeiten heranwachsen wird. Als am Ende halb Glastonbury mit anstimmt: „We still believe in love so fuck you!“ ist das ein Moment nahe der Perfektion, bei dem man gern selber unter dem Cast von Tausenden dabei gewesen wäre. Große Songkunst, welche diese Band hier erneut zelebriert. Songs, welche sich bedingungslos allen Klischees verweigern, aber dann irgendwie doch „klassisch“ klingen. Aber vor allem klingen sie, wie kaum eine andere Band. „Cast By Thousands“ bleibt, gerade durch die 3,4 wirklich herausragenden Songs drauf, die Elbow’s Sperrspitze gegen den schlechten Geschmack bilden, auch 6 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung immer noch ein Kapitel für sich, dass ich mir immer wieder gern gönne.
Anhören: „Fallen Angel“, „Switching Off“, „Not A Job”, “Grace Under Pressure”

19. Manic Street Preachers “Lifeblood” (2004)

3155E9Z8WSL-_SL160_AA115_Es ist vielleicht das überraschenste Album in meinen Top 20. Denn wenn ich meine Liebe zum 2004er Werk der Manic Street Preachers äußere treff ich häufig über erstaunte Gesichter. Kein Mensch scheint dieses album zu mögen. Kritiker haben es damals verrissen, Käufer gemieden, Fans sowieso und selbst die Band war schon kurz nach dem Release nicht mehr davon überzeugt und hat es mittlerweile als missglücktes Experiment zu den Akten gelegt. So wird „Lifeblood“ immer der Aussetzer in der Manics Biographie bleiben. Ein vollkommen zu dick produziertes Kitsch-Pop-Album voller 80er-Stadion-Rock-Momente. Kaum etwas, wofür man die drei Waliser mag findet sich auf diesem Album in Fülle wieder. Warum also? Weil ich es liebe und nicht anders kann. Allein der Opener, der melancholische, aber kraftvolle Rückblick ins Jahr 1985 reißt einen in einen Sog aus Hymnen, Gitarrensoli und jede Menge Synthesizern. Zu viel von allem, aber ich nehm es gern in Kauf. „Morrissey and Marr gave me a choice.“ Da kann man Nicky Wire nur zustimmen. Auch der Rest steigt locker mit ein. Egal, ob Coldplay-Pianos auf „Empty Souls“, furchtbare Schwulst-Soli auf „Glastnost“, dicke 80er Bassläufe auf „Always Never“ oder ne Mundharmonika auf „Fragments“… was die Killers erst Jahre später für sich beanspruchen sollten… die Manic Street Preachers waren eindeutig schneller. Das ganze funktioniert vielleicht nicht unbedingt als Manics Album, aber als hervorragendes Gitarren-Retropop Album mit extrem eingänigen Melodien und guten Songs. Und das muss man der Platte einfach zu gute halten: die Songs sind sehr, sehr stark. Eigentlich keine Schwachstellen auf dem Album. Und die Kitsch-Produktion ist natürlich gerade bei den Garagenrock-verwöhnten Manics Fans sicher umstritten, aber man muss halt einen Draht dazu finden. Vielleicht hätte die Band das Album mal lieber 5 Jahre später veröffentlichen sollen, denn heute ist das Ganze vermutlich wieder wesentlich salonfähiger, als damals. Im Jahr 2004 hatte die Welt zu Zeiten von Libertines und Franz Ferdinand vermutlich ein anderes Zeichen von den Herren erwartet. Ironischerweise habe ich abseits dieses Albums und einiger ihrer tollen großen Hits der 90er nie wirklich einen Zugang zu der Band gefunden. Kommt vielleicht noch. Aber vielleicht geht es auch anderen, verlorenen Seelen ähnlich und ihnen gibt „Lifeblood“ etwas, das ihnen andere Manics Alben nicht geben. Und all die können diese Platzierung hier nachvollziehen. Der doughnut ist schon mal auf meiner Seite. Wer schließt sich noch an?
Anhören: “1985”, “Empty Souls”, “Emily”, “Solitude Sometimes Is”

18. Athlete “Tourist” (2005)

51eogvAsjeL-_SL160_AA115_Ja, das ganz große Gefühl. Athlete können da sicher das ein oder andere Liedchen von singen. Am besten auf diesem Album hier, ihrem Zweitwerk „Tourist“. Nachdem verspielt-leichten Debüt „Vehicles & Animals“ (Platz 45 der Liste) schlägt man danach richtig traurige Töne ein. Als ob die Band über Nacht erwachsen geworden ist. Und so begrüßt einen der Opener „Chances“ sofort mit Piano und großen Streicherflächen, sowie der eindringlichen Botschaft „I need some more love“. Donnerwetter! Nix mehr mit Kurzurlaub in El Salvador. Dennoch funktioniert der ernstere Grundton auf „Tourist“ außerordentlich gut, weil die Songs zum Einen sehr gut gemacht sind und die Produktion zwar voller Pathos und Kitsch ist, einen dabei aber selten erschlägt. So wie beim Opener bleibt das ganze auch bei anderen Schmonzballaden, wie „Wires“ oder „Yesterday Threw Everything At Me“ im Rahmen. Und die richtig ruhigen Momente, wie „Trading Air“ oder das traumhafte „Street Map“ berühren sogar mit angezogener Handbremse. Zwischendurch gibt es das schleichende Tittellied und uplifiting Momente mit „Half Light“, sowie dem wunderbar melancholischen „If I Found Out“, bei dem am Ende sogar der Chor noch mitsingen darf. Doch nie wirkt es übertrieben, stets schafft die Band eine gute Balance. Gut, außer vielleicht am Ende bei „Twenty Four Hours“. Da trägt man dann vielleicht sogar etwas zu dick auf, entschädigt aber gleich im Anschluss mit dem akustischen „I Love“. Und neben der neuen Melancholie mit Streichern und Piano schimmern auch nachwievor ein wenig die schrulligen Elektroexperimente des Debüt durch, wenngleich natürlich in wesentlich reduzierterer Form. Irgendwie würde es auch nicht ganz so klingen. Das etwas heitere „Modern Mafia“ fällt somit auch irgendwie aus dem Kontext. Schon beeindruckend, das eine Band hintereinander zwei Alben wie Tag und Nacht produzieren kann, sie aber beide mit einem individuellen Farbton bemalen kann. So funktioniert „Tourist“ als geschlossenes Album mit traumhaft melancholischen Britpopsongs und vielen sehr guten Erinnerungen in meinem Herzen. Der Brillianz dieser ersten beiden Alben läuft die Band seit dem ein wenig verzweifelt hinterher. Gerade das diesjährige „Black Swan“ ist trotz seiner Rückkehr zu vielen Stärken von „Tourist“ eine gleiche Enttäuschung. Vielleicht ist die Luft ja doch schneller raus, als ich damals dachte. Aber wer so gute Songs wie hier schreiben kann, der macht das doch nicht aus Zufall. Ich behalte die Hoffnung vorerst.
Anhören: “Chances”, “Tourist”, “Wires”, “If I Found Out”, “Street Map”

17. Thirteen Senses “The Invitation” (2004)

411Q8F5XT5L-_SL160_AA115_Hoffnung ist auch ein gutes Stichwort bei den Landsmännern von Athlete, den Thirteen Senses. Die waren ja mit ihrem Debüt große Hoffnungsträger auf den Raum, den Coldplay mit ihrem Melancholiepop hinterlassen hatten, nachdem sie sich Richtung Stadionrock entschieden haben. Heute wie damals ist „The Invivation“ eines der besten Debüts der vergangenen zehn Jahre. Ich erinner mich noch an den Moment, als Blogkollege doughnut auf mich zukam und mir 2005 den Song „Into The Fire“ ans Herz legte. Was für ein traumhaftes Stück melancholischer Britpop. Die butterweiche Stimme von Sänger Will South legte sich auf ein feines Instrumentarium, welches man von eben jenen einschlägigen Bands aus England zu Beginn dieses Jahrzehnts so kannte. Pianopop, der niemandem weh tut und dabei aber zum melancholischen Nachdenken anregt. Während da sicher auch bei mir der Durst danach mittlerweile etwas erlischt ist, war dies vor fünf Jahren noch nicht der Fall, also nahm ich die musikalische Einladung von „The Invitation“ dankend an und habe mich sehr schnell in die wunderbar traurigen Liebeslieder mit ihren kryptischen Lyrics verliebt. Eine Liebe, die bis heute angehalten hat. „The Salt Wound Routine“ bleibt einer der schönsten Songs dieser Dekade, genauso wie das wunderbar leichte „History“. Doch wirklich leicht ist natürlich nichts auf „The Invitation“. Über den Songs liegt Trauer, Zerbrechlichkeit und das große Gefühl. Vom erlischenden Feuer der Liebe in „Gone“ bis hin zur vermeindlichen Rettung in der sechsminütigen Pianoträumerei „Saving“. „I need this undivided, I want this thing to stop“ fleht South mit seinem zerbrechlichen Falsetto. Dies alles ist natürlich ziemlich weit entfernt davon, irgendwie kreativ oder innovativ zu sein. Genaugenommen waren die Thirteen Senses ja relativ spät dran mit dieser Musik, denn in England regten sich schon ganz neue Strömungen. Mein Argument für „The Invitation“ heißt Liebe! Ich habe mich damals in dieses Album verliebt und die Songs verinnerlicht und zu einem wichtigen Teil meines Lebens gemacht. So hat mir dieses Album über viele Probleme hinweg geholfen und dafür muss ich ihm einfach danken. Für mich hat die Musik immer noch die Magie von damals. Vielleicht würde ich’s ansonsten heut anders sehen. Den Erfolg konnte die Band leider nicht mehr wiederholen. Trotz okayer Qualität floppte der Nachfolger „Contact“ in gigantischer Art und Weise und an einem vermeindlichen dritten Album arbeitet man irgendwie schon verdächtig lange. Na ja, die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.
Anhören: „Into The Fire“, „The Salt Wound Routine“, „Saving“, „History“

16. Interpol “Our Love To Admire” (2007)

51m3zVRlFBL-_SL160_AA115_Beweisen muss mir diese Band nichts mehr. Bei Interpol steht der Name für Qualität. Drei Herausragende Alben in fünf Jahren sprechen eine eindeutige Sprache. Auf ihrem letzten nähert sich die Band mit Lichtgeschwindigkeit der Perfektion des eigenen Sounds, so dass man sich ernsthaft fragt, was denn da noch auf dem für Anfang 2010 angekündigten neuen Longplayer kommen soll, außer Stagnation auf hohem Niveau oder der komplette Umbruch. Auf „Our Love To Admire“ spielt das Quartett aus New York die bisherigen Stärken aus und serviert ihr bestes und zielgerichtetes Album bisher. Die Band selber überlässt keinen Akkord dem Zufall. Das merkt man diesen Songs auch an. Alles ist an seinem Platz, alles wirkt stimmig, atmosphärisch sowieso. Allein der Opener „Pioneer To The Falls“ ist von einer so erschreckend guten Qualität, dass es einem die edlen Schuhe auszieht. Daniel Kessler’s markante Gitarren, Paul Banks Stimme ... und von Carlos Dengler’s Bass fang ich mal gar nicht an. Bereits „Pioneer“ umweht dieser düstere Wind der Präzision, der Interpol so magisch macht. Auch die neuen Elemente des Albums, Keyboard, Bläser und Piano fügen sich nahtlos in das Gesamtkonzept Interpol ein. Und obwohl Songs wie „No I in Threesome“ oder das kongeniale „Pace Is The Trick“ irgendwie eingängiger als bisher wirken, haben sie dennoch nix von ihrer Tiefe verloren. Interpol besitzen diese eigenen, prägnanten Sound, welcher sie unverkennbar macht. Sehr verhalten und introvertiert auf der einen Seite, aber auch sehr druckvoll und spannungsgeladen auf der anderen. Wie eine innere Zerrissenheit. Auch wenn Songs wie „Mammoth“ und „Who Do You Think?” so direkt nach vorn gehen, wie vorher selten Songs der Band, so bleiben auch sie in diesem seltsam, verhaltenen Rahmen. Spannung durchsetzt die Musik von Interpol. Ein radikaler Soundwechsel blieb auch diesmal aus, die düstere Magie der epischen Songs ist geblieben, wenngleich man halt etwas fokussierter zu Werk geht. Doch die Überraschungen bleiben. Wundervoll und gespenstisch zugleich, wenn die Band am Ende bei „The Lighthouse“ mit ihrem Gitarrenspiel die Wellen des Meeres immitiert. Die etwas sehr reine Produktion des Albums könnte unter Umständen Fans des Debüts abschrecken, aber zu meckern gibt es bekanntlich immer etwas und wir jammern hier ja auch auf einem sehr hohen Niveau.
Anhören: „Pioneer To The Falls“, „No I In Threesome“, “Pace Is The Trick”, “The Lighthouse”

nobono

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