Meine 100 Alben 2000 - 2009 / Platz 08
08. The Arcade Fire “Funeral” (2004)
Und plötzlich kam dieses Album... quasi aus dem Nichts. Arcade Fire schufen mit „Funeral“ eines der spannensten und wunderbarsten Debüt-Alben der letzten Jahre. Und Mund- und Musikpressepropaganda waren sich genauso schnell einig, wie David Bowie, welcher die Band bereits früh förderte oder Bono, welcher „Wake Up“ damals als U2-Tourintro benutzte. Vermutlich weil er die Zeichen der Zeit erkannt hatte… „Funeral“ ist eine emotionale Großtat. Stadion-Indierock, der sich gern mit Virtuosität und klassischen Instrumenten schmückt und dabei einfach gehört werden will. Bandleader Win Buttler treibt die Songs mit seiner brüchigen Stimme und dem wuchtigen Instrumentarium seiner Mitspieler immer voran, so dass „Funeral“ am Ende genauso energiegeladen, wie kunstvoll erscheint. Und dennoch ist es auch hochgradig eingängig. Es ist manchmal schon fast gespenstisch, wie gut diese Platte klingt, zumal es sich ja um ein Debüt handelt. Buttler und Ehefrau Régine Chassagne bilden den Kopf des kanadischen Künstlerkollektivs. Die Songs handeln von Trauer und Verlust, denn während der Arbeit zum Debüt sind viele nahstehende Familienmitglieder verstorben, so dass der Tod immer ein wenig präsent ist. Doch „Funeral“ ist trotz wundervoller Balladen wie „Tunnels“ oder „Haiti“ kein Album, welches sich selbst betrauert. Im Schmerz entwickelt die Band gleichzeitig eine Aufbruchsstimmung. Selbst eine herzerweichende Walzer-Ballade, wie „Crown Of Love“ entwickelt in der letzten Minute noch mal ordentlich Leben und zieht das Tempo an. Arcade Fire sind keine Band, die einfach klein bei gibt. So sind Songs wie „Power Out“ oder „Wake Up“ schmetternde Bretter mit stampfenden Rhythmen und Buttlers unnachahmlichen Flehen in der Stimme. Damit diese durchhält holt er sich natürlich Chöre, Pauken, Trompete, sowie jede Menge Gitarrenwände hinzu. Das ganze findet seinen vorläufigen Höhepunkt in „Rebellion (Lies)“, einem der stärksten Rocksongs aller Zeiten. Eine euphorisierte Hymne, die von Aufbruch und revolutionären Umbrüchen in einer immer komplizierteren modernen Welt träumt. Children, Wake Up! Es folgt ein ganz großer Ausstand mit dem traumhaften „In The Backseat“ bei dem Regine noch einmal alles in die Wagschale wirft. Auf „Funeral“ treffen viele Faktoren aufeinander, welche dieses Album so groß und wichtig machen. Es ist der ganze Klang und auch die Tatsache, dass es sich eine Band damals unter all den Garagenrock-orientierten Bands getraut hat, einen Schritt weiterzugehen. Der Schritt zur großen Geste, zum Übertriebenen, zu Streichern, Cello und Blechbläsern… all dies tut der Musik gut und macht sie musikalisch so abwechslungsreich und begeisternd. Und dazu kommen diese Songs, die stets etwas Erhabenes haben. Selbst in dem Moment, als es einfach mal zu viel Pomp zu sein scheint. Mit nur zwei Alben hat es diese Band geschafft an die musikalische Weltspitze zu stoßen. Dass sich darauf jeder ausnahmslos einigen kann, liegt auch daran, dass diese Musik einfach so universell funktioniert. Was auch immer diese Band in den nächsten zehn Jahren noch anstellt… sie hat bereits jetzt gewonnen.
Anhören:: “Neighbourhood #1 (Tunnels)”, “Neighbourhood #3 (Power Out)”, “Wake Up”, “Rebellion (Lies)”

Anhören:: “Neighbourhood #1 (Tunnels)”, “Neighbourhood #3 (Power Out)”, “Wake Up”, “Rebellion (Lies)”
rhododendron - 9. Dez, 18:45