Dienstag, 13. April 2010

Optimism Begins At Home

CoverSeit dem 01.April ist die neue LP von New Young Pony Club erhältlich. The Optimist - so ihr Titel - ist jetzt nicht gerade ein Leuchtfeuer in der gegenwärtigen Poplandschaft. Zwei Perlen fallen aber doch ab

Das Londoner Quintett hat ja mal angegeben, dass es nicht ihr Ziel sei, die größte Band der Welt zu werden. Das ist in Anbetracht ihres bisherigen Erfolgs (etwas Radio-Airplay in Australien und eine Top 40-Single in UK) auch eine realistische Einschätzung ihrer Möglichkeiten. Im Bezug auf einer gewissen Großmäuligkeit zahlreicher aufstrebender Jungbands ein sehr hübscher Konterpunkt. Man gibt sich bescheiden, ist mit dem zufrieden, was man erreichen kann. Und sie werden es auch weiterhin seelenruhig sagen können, denn auch das neue Album ist nicht gerade eine Sensation.
Was ist zu hören? Im Wesentlichen Indierock, wie er bereits seit Jahren zahlreiche Studentendiscos in der ganzen westlichen Welt auditiv durchflutet. Sprich meist unverzerrte dünne Gitarrchen an dünnen, seitenbescheitelten Männchen und Frauchen, die mit flottem Rhythmus und graffitireifen Parolen ihre Unfähigkeit übertünchen schmissige Popsongs zu schreiben. Oder anständig zu rocken. Oder halbwegs zu singen.
Man nennt das ganze dann wohl New New Wave oder ähnlichem Mumpitz. Und einige mögen dazu auch bitte in schöner Regelmäßigkeit ausrasten, damit die ganzen netten jungen Menschen, die da so cool vom NME-Cover nicht-lächeln, wenigstens die Fahrtkosten und den Jahresbeitrag für die Internet-Domain wieder rein bekommen.
Der große Rest darf sich inzwischen diesbezüglich der neuen Etikette anpassen und einmal ganz beherzt gähnen. Ohne Hand vorm Mund und mit Spinatresten zwischen den Schneidezähnen. Denn mehr hat der Kram anscheinend inzwischen nicht mehr verdient. Die guten Bands sind inzwischen zu mehr Funk oder Electro umgeschwenkt oder haben sowieso nie so richtig gepasst. Diese, denen die Plattenfirmen vor 3-4 Jahren einen längerfristigen Plattenvertrag gegeben haben, dürfen - wenn ihnen auch noch musikalische Integrität gewährt wurde - weiter diesen Tinnef veröffentlichen.
Was uns zu New Young Pony Club bringt. Irgendwie bleibt unklar, wer das neue Album The Optimist eigentlich braucht. Denn natürlich hat man sich nicht nur an den furchtbaren Gang Of Four orientiert, sondern auch für die Urgroßeltern des Genres, nämlich The Velvet Underground, die Türen weit geöffnet. Nicht nur, dass die Sängerin Tahita Bulmer sehr ähnlich singt, wie Nico. Auch die Songstrukturen sind ähnlich zerschossen und verdrogt, wie man es Ende der Sechziger noch machen durfte.
Heute, erwartet der Hörer schon, dass man etwas schneller zum Punkt kommt und diesen auch noch mit Melodien pflastert, wie sie The Smiths, die Tränen in die Augen treiben würden. Die Ansprüche sind durch die jahrelange Musikerfahrung einfach gestiegen. Wer den alten Kram hören will, holt halt Papas Schallplatten aus der Mottenkiste. Wer keine Melodien hören will, lauscht seinem Staubsauger. Aktuelle Musik darf und sollte eingängig und kompakt sein, nicht zerfasert und zerfranst. Das wissen sogar die Kaputtnix von Yeasayer.
New Young Pony Club hingegen, haben das lediglich bei zweieinhalb ihrer neuen Songs beherzigt:
Das abschließende Architect Of Love kann mit einer feinen klaren Melodie und Instrumenten-Minimalismus à la The XX gefallen, der natürlich lediglich über den Anfang hält und im Verlauf - wie es sich für ein letztes Lied geziemt - zunehmend mit weiteren Spuren und Nebenschauplätzen vollgestopft wird.
Die Hauptattraktion ist allerdings das wunderschön schwebende Stone, welches mit herrlichen Appeggio-Trance-Synthies, dezent-verhuschtem Beat und wohlgeordnetem Gesang sehr gut gefallen kann. Wenn zum Schluss noch der sehr hübsche Chorgesang einsetzt, ist wirklich alles gerettet. Wahrlich eins der besten Lieder des bisherigen Frühlings. Futter für Nachtschwärmer.
Der latent vibrierende Albumopener Lost A Girl bekommt noch gerade so die Starterlaubnis, der Rest des Albums muss am Boden bleiben und braucht die geschätzten Gehörgänge der vereinten Leserschar nicht zu behelligen.

Hörbeispiele:
Stone (download)

Architect Of Love (YouTube)

England's bestgehütetes Geheimnis

Für alle die es bisher immer noch nicht eingesehen haben. Die Doves sind eine phänomenale Band! Word! Und für alle, die das bisher noch nicht gerafft haben, gibt es seit dieser Woche endlich eine Best-Of, welche diesen Namen auch zurecht trägt!

Normalerweise messe ich Best-Of-Alben ja keine allzu große Bedeutung bei. Oft genug wird ja damit versucht, den Leuten noch kurz vor den Festtagen das Geld aus den Taschen zu ziehen. Oder die Plattenfirma versucht noch bissel Kohle nach dem Ableben von Bands oder deren Verlassen des Labels zu machen. Das dürfte bspw. die neue Oasis-Best-Of im Juni erklären. Warum nun die Doves nach gut 13 Jahren Bandexistenz Bilanz ziehen weiß ich auch nicht genau, aber wenn man mit vier Studioalben in elf Jahren so unglaublich viel gutes Material produziert hat, wie das Trio aus Manchester, dann ist dies nicht nur eine Erwähnung werd, sondern gleich eine erneute Lobpreisung auf Großbritanniens bestgehütetes musikalisches Geheimnis der vergangenen zehn Jahre!

Kaum vorstellbar, dass die Wurzeln der Band in der englischen Dance-Szene der 90er liegen. Bereits Ende der 80er traf man sich erstmals in der legendären Hacienda und produzierte von da an erstmal ein paar Jahre unter dem Projektnamen „Sub Sub“ feinsten Madchester-House. Als da die Luft Ende der 90er raus war und man sich gern mal neu orientieren wollte, wurden die Doves aus der Taufe gehoben. Die Brüer Andy und Jez Williams wollten mithilfe von Jimi Goodwin die Energie der Dancefloors mit konventionellen Instrumenten im Britpop-Genre erzeugen. Eigentlich kaum vorstellbar. Dominieren doch die gefühlvollen Tracks der Band ihr bisheriges Schaffen. So bietet die Best-Of „The Places In Between“ einen reichhaltigen Einblick ins Repertoire des Trios. Allein die Eröffnung mit dem fundamentalen „There Goes The Fear“ legt in sieben Minuten alles emotional in Schutt in Asche. „Don’t look back when you’re leaving town“… nie klang die Sehnsucht nach Flucht und die Befreiung von aller Angst und allen Zweifeln schöner als in diesem Stück Musik. Besagte Stadt wird dann natürlich noch im Stampfer „Black & White Town“ geehrt. Es reiht sich tatsächlich Hit an Hit auf der ersten CD. Die sphärischen Songs des 2000er Debüts „Lost Souls“, wie „Here It Comes“ oder „Sea Song“ umgarnen den Hörern mit allerhand Spielereien und ziehen ihn hypnotisch in den Bann. Doch bereits das Zweitwerk „The Last Broadcast“ öffnet sich mit seinen Hymnen der Welt da draußen. Das stampfend epische „Pounding“, sowie das immer wieder gern gehörte „Caught By The River“ lädt zu großen Gesten ein. Das Drittwerk „Some Cities“ ist leider etwas unterrepräsentiert, hat aber immerhin „Snowden“ als Geheimwaffe in der Hand. Und auch vom letztjährigen „Kingdom Of Rust“ haben sich der traumhafte Titelsong, sowie das groovende „Jetstream“ in die Trackliste geschlichen. Generell ist es der Band ja hoch anzurechnen, dass man sich nicht strikt an den Single-Veröffentlichungsplan hält und so bspw. „Sky Starts Falling“ oder „Winter Hill“ auslässt, dafür aber einige Albumtracks, wie „Words“ oder „10.03“ auf die CD lässt. Geschadet hätte das allerdings nicht wirklich, denn am Ende bleiben die Doves eine Band mit unglaublich gutem Output. Solch wundervoll melodiöse Songs im klassischen Gewand des Britpop sind leider in den letzten Jahren eher selten geworden. Die Doves schaffen es trotz einer gewissen Melancholie immer viel Energie und Optimismus zu verbreiten. Sonnendurchflutete Stadionhymnen, zu der man auch durchaus die obligatorische neue Single „Andalucia“ zählen darf und muss. Hier zeigt die Band mal wieder, was sie drauf hat. Und immer wieder ist es die Stimme von Jimi Goodwin, die einen an die Hand nimmt und durch die Songs führt. Urig britisch, aber doch sehr heimelig. Ein wenig wie Guy Garvey von Elbow. Warum die Doves nicht den gleichen Status haben, wie ihre Kollegen aus Manchester wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben. Elbow haben vielleicht mehr Gefühl und Musikalität, dafür haben die Doves eindeutig die besseren Popsongs. „The Places Between“ beweist dies eindrucksvoll. Beeindruckend, wie die Discographie der Band diese Zwischenräume spielend leicht ausfüllt.


Und nicht nur auf der Haupt-CD. Die zweite CD versorgt den Hörer mit allerhand Raritäten und unveröffentlichtem Material, ohne dabei die Qualität abzusenken. Ein guter Mix aus seltenen, wenn auch unnützen Sachen („Almost Forgot Myself“ braucht keiner in der Demo), hervorragenden Albumtracks, sowie B-Seiten fügt sich zu einem stimmungsvollen Gesamtbild, so dass man schnell erkennt, dass hier die Tracks mit Sorgfalt und Konzept ausgesucht wurden. So Schmuckstücke wie das melancholische „Northenden“, das ungewohnt fröhliche „Your Shadow Lay Across My Life“, sowie das epische „The Sulphur Man“ sollte man ja auch unnötig unter den Tisch fallen lassen. Die zweite CD repräsentiert ein wenig die experimentellere Seite der Band und lässt sich wunderbar an einem Stück durchhören, besonders mit dem tollen Ausklang durch das ruhige „Ambition“, sowie die etwas bizarre, aber in diesem Kontext passende, „Noise Version“ von „Firesuite“. Und obendrein gibt es dann sogar noch eine DVD mit allen Videos der Band (außer dem neuen zu „Andalucia“), die sich ebenfalls sehen lassen kann, weil man sich visuell immer viel Mühe gegeben hat. Was für ein Gesamtpaket! Beide CDs randvoll gefüllt mit dem wirklich Besten, was diese Band zu bieten hat. Ich weiß, das sagt man ja gern mal im Kontext einer Best-Of-Platte, aber in diesem Fall muss ich das auch als Fan ganz objektiv gestehen… die Songauswahl ist hervorragend und der bestmögliche Einstieg in die wundervolle Welt des britischen Trios. Ich kann nur noch mal mein Unverständnis bezüglich des unzureichenden Bekanntheitsgrades der Doves äußern. Vielleicht sind sie mit ihrem Sound auch etwas zu spät dran gewesen und hätten besser direkt in die 90er gepasst. Aber gute Musik sollte auch abseits von Trends und Hypes existieren. Und genau diese machen die Doves. Wer also bis jetzt keinen Draht dazu gefunden hat, sollte sich einfach noch mal Mühe geben, dem verspielten, epischen Hymnenpop für sich zu erschließen. Schade, dass es jetzt erstmal wieder ein paar Jahre dauern wird, bis die Band einen erneuten Versuch unternehmen wird, die Welt auch abseits von Großbritannien von sich zu überzeugen. Immerhin bleibt uns das bisherige Schaffen ja zur Überbrückung dieser Wartezeit!







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