Donnerstag, 24. Juni 2010

Befreiungsschlag

Von Eierschaukeln hält dieser Mann nichts... Bloc-Party-Frontmann Kele Okereke nutzt die Bandpause, um mal eben sein Solodebüt zu veröffentlichen. Nicht die schlechteste Option zum Zeittotschlagen...

Power ist gut, Power macht stark! Aber leider auch nur zeitgleich begrenzt, denn irgendwann ist halt mal die Luft raus. Und so sehr Bloc Party aus London die Musikwelt in den letzten fünf Jahren mit ihrem energiegeladenen und zu Experimenten neigenden Indierock begeistert haben, jetzt ist Zeit für eine Zwangspause. Zuletzt wirkte die Band nach jahrelangem Touren und Aufnehmen (3 Alben in 4 Jahren, dazu einige Extra-Singles) wahrlich ausgepowert und da gönne selbst ich meiner Lieblingsband mal etwas Zeit zum Durchatmen. Nun ja, falls die Zeit brauchen. Während Schlagzeuger Matt gerade nichts macht und sich Gordon und Russell in anderen Bands etwas dazu verdienen, konnte Frontmann Kele Okereke einfach nicht kreativ still sitzen und musste gleich wieder arbeiten. Ein Schuldiger für das Arbeitspensum der letzten Jahre scheint also gefunden zu sein, denn ursprünglich hätte „The Boxer“ auch ein Bloc Party- Album werden sollen. Da der Rest aber nicht wollte, wurde Kele nun buchstäblich zum Einzelkämpfer. Zusammen mit einigen Stunden im Fintesscenter und einem neuen Sound präsentiert sich der gute Mann nun als gut gewappnet für das Solodebüt.

Doch Kele bleibt auch solo glücklicherweise immer noch Kele. Nachdem Ende 2009 durchgesickert ist, das Mr. Okereke zusammen mit Spank-Rock-Produzent XXXChange ein Album produziert, hatte man schon Befürchtungen, jetzt macht er einen auf Dizzee Rascal und würde die Rap-Ansätze des letzten BP-Albums „Intimacy“ weiter verfolgen. So kommt es dann doch nicht, dennoch kündigte sich bereits auf dem letzten Album der Hauptband an, dass die elektronische Färbung spätestens auf dem Soloalbum nicht mehr zu übersehen sein würde. So ist es denn auch gekommen und „The Boxer“ ist eine konsequente, elektronische Weiterentwicklung von Kele Okereke geworden. Zehn Elektro-Pop-Songs, die wie eine Frischzellenkur wirken und Keles bereits seit Jahren stets wachsende Faszination für urbane Clubmusik wieder spiegeln. Bereits der stampfende Opener „Walk Tall“ gibt die Richtung vor. Kele bläst zum Elektromarsch, die Beats trommeln, die Bassläufe knarzen. Gleich im Anschluss wird’s dann mit „On The Lam“ etwas housiger und Kele pitcht seine Stimme kurzerhand mal etwas nach oben, was dem Song etwas durchaus exotisches gibt. Die Single „Tenderoni“, ein stampfendes Rip-Off von Wiley’s „Wearing My Rolex“ macht dann alles sicher. Wer jetzt allerdings nach dem druckvollen Beginn ein reines Clubalbum erwartet, der unterschätzt Okereke. Es werden auch ruhigere Töne angeschlagen, bspw. in „New Rules“ oder „All The Things I Could Never Say“. Und mit poppig eingängigen Nummern, wie „The Other Side“ oder „Everything You Wanted“ wird dann deutlich, dass man Kele einfach nicht losgelöst vom Bloc-Party-Kontext sehen kann. Muss man auch nicht. Eine seiner größten Stärken übernimmt Kele nämlich auch auf der Soloplatte und das ist sein exzellentes Songwriting. Großes Posen und hohle Gesten braucht man nicht erwarten, Okereke bleibt auch weiterhin der intelligente Beobachter seiner urbanen Umwelt und schreibt tolle Songs über Ängste, Zweifel, Verlust, aber auch Hoffnung. Man nehme nur den finalen Song „Yesterday’s Gone“ bei dem Kele schließlich das Fenster nach all der Dunkelheit öffnet und etwas Optimismus in den Raum lässt.

So unterscheidet sich „The Boxer“ gar nicht mal so sehr von dem, was Bloc Party ausmachte. Auch solo pflegt Kele seine Experimentierfreudigkeit und den Mut, etwas Abwechslung innerhalb des Pop-Kontextes zu wagen. So packt er intelligente Songs in ein elektronisch tanzbares Outfit und spielt ein wenig mit den Erwartungen des Publikums. Die liegen natürlich etwas tiefer, als bei der Hauptband, das gebe ich gern zu. Dieses gewisse „Etwas“, welches Bloc Party ausmacht, wird auch zu keinem Zeitpunkt erreicht, was aber auch kein Problem ist, denn nachweislich geht es hier halt nicht um das Quartett, sondern um dessen Kopf. Und der meistert sein Solodebüt ganz ordentlich. „The Boxer“ ist kein Meisterwerk und hat mit Songs wie „The Other Side“ oder „Rise“ auch einige Schwachstellen und wirkt gelegentlich etwas eigensinnig produziert, ist aber ansonsten ein recht kurzweiliges, grooviges Pop-Album geworden. Der Befreiungsschlag ist geglückt und Kele Okereke zeigt, dass er noch jede Menge Ideen und Energie für die Zukunft hat. Den Mann sollte man im Auge behalten. Und irgendwann haben seine Bandkollegen sicher auch die Nase voll vom Urlaub.





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