Samstag, 9. August 2008

Romantische Melancholiker unter sich

Die irische Songwriterein Wallis Bird und das deutsche Indie-Wunderkind Get Well Soon geben sich die Ehre bei der Jenaer Kulturarena.

Und so was lässt man sich ja nicht entgehen, wenn man schon mal in Jena wohnt und gute Musik da eher selten vorbeischaut. Doch bei diesem Doppelpack kann man nicht „Nein“ sagen, obwohl ich nur 50% kenne. Egal. Schauen wir also mal vorbei.
Der sonnige Spätsommerabend hatte sich langsam in eine etwas kühlere Dämmerung verwandelt, als kurz nach 20 Uhr, die quirlige irische Blondine, namens Wallis Bird die Bühne am Jenaer Theaterhaus betritt. „Quirlig“ ist sicher das Adjektiv, welches die junge Dame am treffendsten beschreibt. Quirlig und gut gelaunt. Mit entwaffnetem Lächeln und Akustikgitarre, sowie noch zwei Mitmusikern bewaffnet erstürmt die junge Dame die Bühne und fängt sofort an das Publikum für sich zu gewinnen. Warum auch nicht? Bei so sympathischem Auftreten und so netten, kleinen Folksongs ist das ja auch nicht verkehrt. Den Sound den Wallis Bird macht, kann man nämlich durchaus als typischen Singer/Songwriter-Sound bezeichnen, wenn auch mit deutlichem Pop-Anschlag und erhöhtem Mitsingpotential. Davon will die junge Dame gern auch Gebrauch haben, doch das Jenaer Publikum tut sich relativ schwer. Vielleicht etwas zu viel gute Laune für einen Abend der im Programmheft als gediegene, romantische Melancholie angekündigt wird? Vielleicht. Doch davon lässt sich das lustige Hippie-Kind nicht unterkriegen. Auch nachdem die Gitarrenseiten immer mal wieder reißen, wird einfach „Scheiße“ gesagt (gute, bilinguale Erziehung) und weitergemacht. Und irgendwann springt der Funke dann doch über. Dann klatschen alle mit, die ersten, unbestuhlten Reihen tanzen und das kleine irische Vögelchen initiiert Laola-Wellen am Fließband. Die Songs schwanken zwischen heiter-fröhlich und leicht-melancholisch. Am Ende gibt’s Applaus und Wallis Bird hat sicher viele Fans an diesem Abend für sich gewonnen. Sympathie und Eingängigkeit sei Dank. So verabschiedet sie sich Flick-Flacks-schlagend und mit breitem Grinsen von der Bühne und überlässt das Feld ihrem Kollegen Konstantin Gropper mitsamt seiner Begleitband.
Das Gropper aka Get Well Soon nicht die Entertainerqualitäten von Mrs. Bird besitzt ist mir persönlich spätestens seit dem MELT! Auftritt von ein paar Wochen klar. Aber was soll er da auch großartig entertainen, denn seine Musik ist ja kein netter Singsang oder Heile-Welt-Musik, sondern die gelebte Melancholie und Weltschmerz erster Güter. Und auch über ein halbes Jahr nach seiner Veröffentlichung haben die Songs des Debüts „Rest Now, Weary Head, You Will Get Well Soon“ nichts von ihrer Eindringlichkeit, Intensität und ihrer Kraft verloren. Um diese auch umzusetzen, hat Gropper um sich eine schöne Schar an Mitmusikern versammelt, die dabei helfen, seine musikalische Vision live umzusetzen. Und was für Visionen. Der Einstieg mit dem „Prelude“ ist perfekt und dann folgen all diese tollen Songs, das traurige „Help To Prevent Forest Fires“, das rotzige „If This Head Is Missing…“ oder das epische und wieder einmal alles überstrahlende „I Sold My Hands For Food, So Please Feed Me“. Und „Tick! Tack! Goes My Automatic Heart“ beginnt sogar akkustisch. Dazwischen gibt’s auch den ein oder anderen neuen Song, bei welchen man merkt, dass Gropper sie nun mit der Band einspielt und dass das Livespielen mit eben dieser Band auf seine Songs abfärbt. Da darf man für Album Nr. 2 (für das er sich hoffentlich nicht auch 4 Jahre Zeit lässt) neben den gefühlvollen Songs sicher auch auf das ein oder andere rockende Brett freuen. Leider gab’s schon wieder kein „Christmas in Adventure Parks“ und auch „Witches! Witches!“ fehlte. Vermutlich mangelt’s da live noch an den Streichern. Es sei ihm verziehen. Ansonsten wurde der Applaus von Song zu Song größer, auch ohne Publikumsmotivation. Ein „Vielen Dank“ nach jedem Song und ansonsten netter Konzertsmalltalk über Wetter und Stadtimpressionen und so weiter und sofort. Gropper lässt lieber die Musik sprechen und hat damit am Ende einfach die schlagenden Argumente auf seiner Seite. „Rest Now, Weary Head, You Will Get Well Soon“ bleibt nach wie vor eines der besten Alben des Jahres und muss sich international vor niemandem verstecken. Es bleibt natürlich immer die Sorge, dass Gropper diese Qualität nicht mehr toppen kann, aber darüber gilt es sich erstmal keine Sorgen zu machen. 2008 gehört erstmal ganz klar dem kleinen Mann mit der Emo-Frisur. Und am gestrigen Abend haben das vermutlich auch die Besucher aus Jena begriffen. Und damit hat sich das Konzert doch auf jeden Fall gelohnt.

Wallis Bird @ MySpace

Get Well Soon @ MySpace

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