Das Luxusproblem Sympathie
Keine Angst. Die tun niemandem weh, die wollen nur etwas Musik spielen. Death Cab For Cutie spielten vergangenen Freitag in der Münchner Muffathalle. Nicht mehr und nicht weniger.
„Nett“ ist ein oft rudimentär benutztes Wort. Das Essen war nett, Menschen sind nett, ein Buch ist nett... vieles ist einfach mal nett. Das „Nett“ dabei im Allgemeinen oft als kleine Schwester von „Scheiße“ bezeichnet wird ist vielleicht auch etwas hart. Auf jeden Fall haben nett Sachen die Tendenz zu gefallen, ohne zusätzlich zu belasten. Nett bedeutet „ganz gut“ zu sein, ohne dabei außergewöhnlich oder besonders zu sein. Warum diese lange Vorrede? Nun, weil Death Cab For Cutie im Allgemeinen als eine „nette“ Band gelten.
Death Cab machen netten, kleinen Indierock aus den USA und werden dabei häufig als Mädchenband verschrieen. Das ist nicht mal ein Vorurteil, sondern letztendlich ein Stück Realität. Davon konnte ich mich vergangenen Freitag beim ausverkauften Konzert in der Münchner Muffathalle vergewissern.
Das Erste, was dabei auffällt ist die Erkenntnis, wie groß und bekannt diese Band mittlerweile über die Indie-Kreise hinaus geworden ist. Das sie dank exzessiver Erwähnung in „O.C. California“ mittlerweile auch ein Massenpublikum ansprechen können, ist dabei ebenfalls kein Vorurteil, sondern die reinste Wahrheit. So war das Publikum gemischt, vom Indie-Nerds, über Schickeria-Bonzen, bis hin zu den kleinen, hysterisch kichernden Mädchen, die man halt bei einer Mädchenband erwartet. Nette Kombination, die allerdings häufig für eine gewisse Unruhe sorgte, die sich den ganzen Abend auch nicht wirklich legte.
Die Vorband Frightened Rabbit aus Schottland wurde dann schnell auch das Prädikat „nett“ aufgedrückt. Indie-Rock mit der starken Tendenz zum Stadionrock. Nicht wirklich neu, nicht wirklich berührend. Zieht aber bei vielen wohl immer noch. Bei mir nicht.
Dann kam der entscheidende Teil: Die Hauptband! Und die Erkenntnis, dass Ben Gibbard, wenn man ihn mal auf Diät setzt, nicht zum Friseur schickt und die Nerd-Brille abnimmt, sogar als Darsteller in O.C reinpassen würde. Kaum wiederzuerkennen. Das war dann aber auch schon die einzige Überraschung. Der Opener des Aktuellen Albums „Narrow Stairs“, „Bixby Canyon Bridge“ eröffnet auch die Setlist. Und auch live lässt mich dieser Song erschreckend kalt. Das merkt man besonders, wenn direkt im Anschluss „The New Year“, vom 2003er-Album „Transatlanticism“ gespielt wird. Das ist mal ein Opener! Danach folgt ein bunter Reigen an Songs, der genau den richtigen Mix zwischen den wichtigsten Klassikern der Band und neuem Material darstellt. Nachdem das Tempo anfangs angezogen wird, drosselt es die Band kurze Zeit später und macht Platz für die wunderschönen Balladen, die sie eh besser beherrscht. „Grapevine Fires“ ist der schönste Song des aktuellen Albums, welcher Gibbards großartiges Songwritingtalent einmal mehr beweist. Mit einem kurzen Block aus ihrem erfolgreichen Durchbruch-Album „Plans“ zeigt sich die Band im Anschluss treffsicher. Dennoch. So wunderschön „Soul Meets Body“ oder „I Will Follow You Into The Dark“ auf Platte sind, live lassen sie mich an diesem Abend irgendwie kalt. Woran auch immer das liegt. Am nervösen Publikum? Der schlecht-funktionierenden Lüftung bei ausverkauftem Haus? Der schwachen Akustik? Der unscheinbaren Band? Vielleicht ein Mix aus allem. Dabei bietet der Abend durchaus gute Momente. „I Will Possess Your Heart“ funktioniert live wesentlich besser, als auf Platte, wenngleich es immer noch ca. 2 Minuten zu lang ist. Und als die Band ganz am Ende das traumhafte „Transatlanticism“ anstimmt, kommt auf einmal das Gefühl auf, welches ich den ganzen Abend vermisst habe. Das Publikum verharrt in andächtiger Stille, Piano und Klavier von Gibbard nehmen auf einmal, scheinbar spielend, die ganze Halle für sich ein. Hier wird die Band der Größe des Bookings erstmals gerecht. Ansonsten hat sie einfach ein, na, sagen wir mal Luxusproblem. Diese Band ist an sich zu klein und zu unscheinbar, um so groß zu sein, wie sie mittlerweile ist.
Das Death Cab weder U2 noch Coldplay sein wollen ist der logischste Schritt überhaupt, denn noch so eine Band braucht es ja nicht wirklich. Aber sie wirken ein wenig überfordert mit dem, was sie darstellen sollen. Die Band ist einfach nett. Gibbard will einfach seine Songs schreiben und singen und das kann er auch. Aber das funktioniert auf Platte genauso gut. Vielleicht sogar besser. Weil Death Cab For Cutie eher eine Band für die intimen, ganz eigenen Momente ist, als für die Massen. Obwohl „I Will Follow You Into The Dark“ einer der schönsten Songs überhaupt ist, will man den nicht wirklich mit tausend anderen Menschen singen. Sicher, den gefühlten 8000 kuschelnden Pärchen in der Halle mag das Gefallen, aber da hätten viele vermutlich auch zu „Tiny Vessels“ (welches ich schmerzlich in der Setlist vermisste) gekuschelt ohne mal die Tetxe zu hinterfragen. Die waren und sind nachwievor genial. Das muss man ihnen lassen.
Death Cab hingegen stehen, wie schon vor „Narrow Stairs“ irgendwie zwischen den Stühlen, irgendwo zwischen Radiopop und Independent. Die Band will sich aber nicht entscheiden, sondern einfach nur ihre Songs und ihre Musik spielen. Kann man ihnen ja nicht verwehren. An diesem Freitagabend haben sich Death Cab For Cutie als nette, sympathische Indierockband präsentiert. Rocksongs, mehr oder weniger harmlos, aber dafür mit viel Inhalt und Gefühl. Sie sind halt einfach nett. Das ihre Nische, ihr Wesen. Und das geht von Zeit zu Zeit auch in Ordnung, aber irgendwann hat doch jeder Mal die Schnauze voll vom Nett-Sein. Wenn Death Cab diese Phase irgendwann mal erreichen sollten, dann geh ich gern wieder auf ein Konzert von ihnen. Ansonsten reichen mir da die Alben auch aus.
Setlist: 01 Bixby Canyon Bridge 02 The New Year 03 We Laugh Indoors 04 Photobooth 05 Crooked Teeth 06 Grapevine Fires 07 Summer Skin 08 Soul Meets Body 09 I Will Follow You Into The Dark 10 I Will Possess Your Heart
11 Cath ... 12 We Looked Like Giants 13 A Movie Script Ending 14 Long Division 15 No Sunlight 16 The Sound Of Settling 17 Title & Registration 18 405 19 Your Heart Is An Empty Room 20 Transatlanticism
„Nett“ ist ein oft rudimentär benutztes Wort. Das Essen war nett, Menschen sind nett, ein Buch ist nett... vieles ist einfach mal nett. Das „Nett“ dabei im Allgemeinen oft als kleine Schwester von „Scheiße“ bezeichnet wird ist vielleicht auch etwas hart. Auf jeden Fall haben nett Sachen die Tendenz zu gefallen, ohne zusätzlich zu belasten. Nett bedeutet „ganz gut“ zu sein, ohne dabei außergewöhnlich oder besonders zu sein. Warum diese lange Vorrede? Nun, weil Death Cab For Cutie im Allgemeinen als eine „nette“ Band gelten.
Death Cab machen netten, kleinen Indierock aus den USA und werden dabei häufig als Mädchenband verschrieen. Das ist nicht mal ein Vorurteil, sondern letztendlich ein Stück Realität. Davon konnte ich mich vergangenen Freitag beim ausverkauften Konzert in der Münchner Muffathalle vergewissern.
Das Erste, was dabei auffällt ist die Erkenntnis, wie groß und bekannt diese Band mittlerweile über die Indie-Kreise hinaus geworden ist. Das sie dank exzessiver Erwähnung in „O.C. California“ mittlerweile auch ein Massenpublikum ansprechen können, ist dabei ebenfalls kein Vorurteil, sondern die reinste Wahrheit. So war das Publikum gemischt, vom Indie-Nerds, über Schickeria-Bonzen, bis hin zu den kleinen, hysterisch kichernden Mädchen, die man halt bei einer Mädchenband erwartet. Nette Kombination, die allerdings häufig für eine gewisse Unruhe sorgte, die sich den ganzen Abend auch nicht wirklich legte.
Die Vorband Frightened Rabbit aus Schottland wurde dann schnell auch das Prädikat „nett“ aufgedrückt. Indie-Rock mit der starken Tendenz zum Stadionrock. Nicht wirklich neu, nicht wirklich berührend. Zieht aber bei vielen wohl immer noch. Bei mir nicht.
Dann kam der entscheidende Teil: Die Hauptband! Und die Erkenntnis, dass Ben Gibbard, wenn man ihn mal auf Diät setzt, nicht zum Friseur schickt und die Nerd-Brille abnimmt, sogar als Darsteller in O.C reinpassen würde. Kaum wiederzuerkennen. Das war dann aber auch schon die einzige Überraschung. Der Opener des Aktuellen Albums „Narrow Stairs“, „Bixby Canyon Bridge“ eröffnet auch die Setlist. Und auch live lässt mich dieser Song erschreckend kalt. Das merkt man besonders, wenn direkt im Anschluss „The New Year“, vom 2003er-Album „Transatlanticism“ gespielt wird. Das ist mal ein Opener! Danach folgt ein bunter Reigen an Songs, der genau den richtigen Mix zwischen den wichtigsten Klassikern der Band und neuem Material darstellt. Nachdem das Tempo anfangs angezogen wird, drosselt es die Band kurze Zeit später und macht Platz für die wunderschönen Balladen, die sie eh besser beherrscht. „Grapevine Fires“ ist der schönste Song des aktuellen Albums, welcher Gibbards großartiges Songwritingtalent einmal mehr beweist. Mit einem kurzen Block aus ihrem erfolgreichen Durchbruch-Album „Plans“ zeigt sich die Band im Anschluss treffsicher. Dennoch. So wunderschön „Soul Meets Body“ oder „I Will Follow You Into The Dark“ auf Platte sind, live lassen sie mich an diesem Abend irgendwie kalt. Woran auch immer das liegt. Am nervösen Publikum? Der schlecht-funktionierenden Lüftung bei ausverkauftem Haus? Der schwachen Akustik? Der unscheinbaren Band? Vielleicht ein Mix aus allem. Dabei bietet der Abend durchaus gute Momente. „I Will Possess Your Heart“ funktioniert live wesentlich besser, als auf Platte, wenngleich es immer noch ca. 2 Minuten zu lang ist. Und als die Band ganz am Ende das traumhafte „Transatlanticism“ anstimmt, kommt auf einmal das Gefühl auf, welches ich den ganzen Abend vermisst habe. Das Publikum verharrt in andächtiger Stille, Piano und Klavier von Gibbard nehmen auf einmal, scheinbar spielend, die ganze Halle für sich ein. Hier wird die Band der Größe des Bookings erstmals gerecht. Ansonsten hat sie einfach ein, na, sagen wir mal Luxusproblem. Diese Band ist an sich zu klein und zu unscheinbar, um so groß zu sein, wie sie mittlerweile ist.
Das Death Cab weder U2 noch Coldplay sein wollen ist der logischste Schritt überhaupt, denn noch so eine Band braucht es ja nicht wirklich. Aber sie wirken ein wenig überfordert mit dem, was sie darstellen sollen. Die Band ist einfach nett. Gibbard will einfach seine Songs schreiben und singen und das kann er auch. Aber das funktioniert auf Platte genauso gut. Vielleicht sogar besser. Weil Death Cab For Cutie eher eine Band für die intimen, ganz eigenen Momente ist, als für die Massen. Obwohl „I Will Follow You Into The Dark“ einer der schönsten Songs überhaupt ist, will man den nicht wirklich mit tausend anderen Menschen singen. Sicher, den gefühlten 8000 kuschelnden Pärchen in der Halle mag das Gefallen, aber da hätten viele vermutlich auch zu „Tiny Vessels“ (welches ich schmerzlich in der Setlist vermisste) gekuschelt ohne mal die Tetxe zu hinterfragen. Die waren und sind nachwievor genial. Das muss man ihnen lassen.
Death Cab hingegen stehen, wie schon vor „Narrow Stairs“ irgendwie zwischen den Stühlen, irgendwo zwischen Radiopop und Independent. Die Band will sich aber nicht entscheiden, sondern einfach nur ihre Songs und ihre Musik spielen. Kann man ihnen ja nicht verwehren. An diesem Freitagabend haben sich Death Cab For Cutie als nette, sympathische Indierockband präsentiert. Rocksongs, mehr oder weniger harmlos, aber dafür mit viel Inhalt und Gefühl. Sie sind halt einfach nett. Das ihre Nische, ihr Wesen. Und das geht von Zeit zu Zeit auch in Ordnung, aber irgendwann hat doch jeder Mal die Schnauze voll vom Nett-Sein. Wenn Death Cab diese Phase irgendwann mal erreichen sollten, dann geh ich gern wieder auf ein Konzert von ihnen. Ansonsten reichen mir da die Alben auch aus.
Setlist: 01 Bixby Canyon Bridge 02 The New Year 03 We Laugh Indoors 04 Photobooth 05 Crooked Teeth 06 Grapevine Fires 07 Summer Skin 08 Soul Meets Body 09 I Will Follow You Into The Dark 10 I Will Possess Your Heart
11 Cath ... 12 We Looked Like Giants 13 A Movie Script Ending 14 Long Division 15 No Sunlight 16 The Sound Of Settling 17 Title & Registration 18 405 19 Your Heart Is An Empty Room 20 Transatlanticism
rhododendron - 24. Nov, 11:58