Formed A Band
Vorweihnachtliches Schwelgen im Studentenclub. Tiger Lou präsentieren ihr neues Album komplett vergangenen Samstag in Magdeburg.
Mein persönlicher Ersteindruck des vergangenen Samstags: Magdeburg ist eine hässliche Stadt! Alle lokalpatriotisch angehauchten Menschen mögen mir das harte Urteil verzeihen, aber na ja. Neben den Glanzstücken sozialistischer Architektur und zweifelhaften Gestalten auf den Straßen, bei denen ich teilweise Angst hatte, sie würden mich gleich vermöbeln, hinterließ vor allem der Nahverkehr einen schlechten Eindruck. Nach einem fast halbstündigen Warten auf die Straßenbahn, sah ich den Genuss von Tiger Lous einzigem ostdeutschen Konzert im Laufe der Tour zum Album “A Partial Print“ schon dahinschwinden. Aber nach viel Rennen und viel Schimpfen war man dann kurz nach 11 doch im P7. Und heilfroh, dass sich der Hauptakteur des Abends so viel Zeit gelassen hat. Schade natürlich, dass mir dadurch die bezaubernde Band seiner Frau, Firefox AK, durch die Lappen ging. Die Tatsache, dass man am Einlass nicht mal unsere Tickets sehen wollte war dann ein weiterer tragischkomischer Moment. Und das die Kapazitäten der Location dann auch ausgereizt waren… Geschenkt! Schon witzig, zumal ich schon Wohnzimmer gesehen hab, die größer waren als dieser „Konzertsaal“. Na ja, ich will ja hier nicht motzen. Denn was die anfänglichen Startschwierigkeiten dann doch noch wegmachte war, wie konnte es auch anders sein, die Musik!
Die ist ohne jeden Zweifel toll! Auch an diesem Abend. Tiger Lou aka Rasmus Kellermann präsentiert sich dabei schon längst nicht mehr als der schüchterne Songwriter, der er auf dem 2004er Debüt „Is My Head Still On?“ war. Er hat eine Entwicklung vom Solokünstler hin zum vollwertigen Bandmitglied durchgemacht. Tiger Lou ist 2008 somit eine Band, das Album ein Bandalbum. Diese Chemie spürt man auf „A Partial Print“ genauso, wie auf der Bühne. Da legt Rasmus’ Band nämlich ordentlich los. Die Tatsache, dass das ganze Album als Komplettes gespielt wird hat sich dann auch noch nicht bis in die letzten Reihen rumgesprochen. Die Reaktionen während der Songs verhalten, aber beim Applaus zumindest wesentlich dankbarer. Viel Momente zum Applaudieren gab’s dann aber doch nicht, da die Band ihr Ziel, die Platte möglichst lückenlos zu spielen, recht konsequent übergeht. Bei jedem Song merkt man, wie viel Herzblut Kellermann und seine Mannen in dieses Werk gesteckt haben, das sich thematisch düster und melancholisch gibt. Existenzängste und Pragmatismus inklusive. „Je mehr ich gebe, desto weniger muss ich tragen“ heißt eine der Kernthesen, die sich immer wieder in den Songs wieder finden lässt. Die Musik ist melancholisch aber trotzdem sehr kraftvoll. Besonders live entwickeln Tracks wie „An Atlas Of Those Our Own“ oder “The Less You Have To Carry” eine enorme Kraft. Stellenweise spielt sich die Band in einen Rausch. Das Publikum... nun ja, irgendwie nicht, aber damit muss man rechnen. Der Band ist es egal. Man merkt ihr die Freude an und immer wieder erinnern sie das Publikum an diesen historischen Moment, wo sie ein letztes Mal das ganze Album in voller Länge spielen. Bitte auch den Enkeln weiter erzählen. Nach 60min ist alles erzählt, was „A Partial Print“ zu erzählen hat. Keine letzten Worte für irgendwen, am Ende hinterlassen Tiger Lou nur ihre Musik. Und diese wirkt nach. Dieses Album wirkt spätestens nach diesem Abend als das, was es ursprünglich sein sollte: ein in sich geschlossenes Stück Musik, thematisch und musikalisch. Erneut untermauert Rasmus Kellermann sein einzigartiges Können.
Applaus gibt’s auch und die Band scheint sichtlich erleichtert, dass es vorbei ist. Für viele Lacher sorgte dann das Bühnenoutfit zu den Zugaben. Die komplette Band und Firefox AG kamen in bunten Weihnachtskostümen auf die Bühne, um das traditionelle schwedische Fest „Lucia“ zu begehen, welches immer am 13. Dezember stattfindet. Die Jungs verkleiden sich als Weihnachtsmänner oder tragen Nachthemden, genau wie die Frauen. Hier vertreten durch Rasmus’ hinreißende Frau, die dann quasi zur Lucia gewählt wurde. Inklusive traditioneller Lichterkrone! Und dann wurden munter schwedische Weihnachtslieder gesungen und Wunderkerzen entzündet. Das sorgte allgemein für strahlende Gesichter, vor allem, weil es im krassen Gegensatz zum vorherigen Programm stand. Schade, dass das Publikum die andächtige Stille schon nach ein, zwei Songs schon ablegte. In Schweden hätte man so was nicht gemacht. Um dann die wenigen zu versöhnen, die doch nur wegen dem alten Material gekommen waren, gab’s noch 4 Zugaben, jeweils zwei aus den Vorgängeralben. Stimmung kam dann am Ende sogar noch etwas bei „Nixon“ und „The Loyal“ auf. Danach war aber leider Schluss! Tiger Lou hinterlässt nicht nur nen einfachen Ab-, sondern nen hervorragenden Eindruck! In den letzten Jahren hat dieser Mann mitsamt seiner Band eine tolle Entwicklung durchgemacht und es war eine Freude, einmal ein so schönes Album, wie „A Partial Print“ komplett live erleben zu dürfen, noch dazu mit einer so spielfreudigen Band. Dem Publikum hätte ich mehr Euphorie gewünscht, aber na ja… bei vielen hatte ich eh den Eindruck, es müssen primär die neusten Röhrenhosen, Baumwollhemden und Nerd-Brillen präsentiert werden. Aber ich bin ja altmodisch, weil’s mir um die Musik geht. Warum über Städte, Menschen und Straßenbahnen aufregen, wenn es doch so schöne Musik gibt, wie diese. Zumindest von der Band werde ich noch meinen Kindern erzählen, die Rahmenbedingungen werde ich dann aber etwas beschönigen.
Setlist: 01 The More You Give 02 The Less You Have To Carry 03 So Demure 04 Trust Falls 05 An Atlas For Those Our Own 06 Odessa 07 Trails of Spit 08 Coalitions 09 Crushed By A Crowd 10 A Partial Print 11 The War Between Us 12 The Wake / Hooray Hooray 13 Nixon 14 The Loyal
Mein persönlicher Ersteindruck des vergangenen Samstags: Magdeburg ist eine hässliche Stadt! Alle lokalpatriotisch angehauchten Menschen mögen mir das harte Urteil verzeihen, aber na ja. Neben den Glanzstücken sozialistischer Architektur und zweifelhaften Gestalten auf den Straßen, bei denen ich teilweise Angst hatte, sie würden mich gleich vermöbeln, hinterließ vor allem der Nahverkehr einen schlechten Eindruck. Nach einem fast halbstündigen Warten auf die Straßenbahn, sah ich den Genuss von Tiger Lous einzigem ostdeutschen Konzert im Laufe der Tour zum Album “A Partial Print“ schon dahinschwinden. Aber nach viel Rennen und viel Schimpfen war man dann kurz nach 11 doch im P7. Und heilfroh, dass sich der Hauptakteur des Abends so viel Zeit gelassen hat. Schade natürlich, dass mir dadurch die bezaubernde Band seiner Frau, Firefox AK, durch die Lappen ging. Die Tatsache, dass man am Einlass nicht mal unsere Tickets sehen wollte war dann ein weiterer tragischkomischer Moment. Und das die Kapazitäten der Location dann auch ausgereizt waren… Geschenkt! Schon witzig, zumal ich schon Wohnzimmer gesehen hab, die größer waren als dieser „Konzertsaal“. Na ja, ich will ja hier nicht motzen. Denn was die anfänglichen Startschwierigkeiten dann doch noch wegmachte war, wie konnte es auch anders sein, die Musik!
Die ist ohne jeden Zweifel toll! Auch an diesem Abend. Tiger Lou aka Rasmus Kellermann präsentiert sich dabei schon längst nicht mehr als der schüchterne Songwriter, der er auf dem 2004er Debüt „Is My Head Still On?“ war. Er hat eine Entwicklung vom Solokünstler hin zum vollwertigen Bandmitglied durchgemacht. Tiger Lou ist 2008 somit eine Band, das Album ein Bandalbum. Diese Chemie spürt man auf „A Partial Print“ genauso, wie auf der Bühne. Da legt Rasmus’ Band nämlich ordentlich los. Die Tatsache, dass das ganze Album als Komplettes gespielt wird hat sich dann auch noch nicht bis in die letzten Reihen rumgesprochen. Die Reaktionen während der Songs verhalten, aber beim Applaus zumindest wesentlich dankbarer. Viel Momente zum Applaudieren gab’s dann aber doch nicht, da die Band ihr Ziel, die Platte möglichst lückenlos zu spielen, recht konsequent übergeht. Bei jedem Song merkt man, wie viel Herzblut Kellermann und seine Mannen in dieses Werk gesteckt haben, das sich thematisch düster und melancholisch gibt. Existenzängste und Pragmatismus inklusive. „Je mehr ich gebe, desto weniger muss ich tragen“ heißt eine der Kernthesen, die sich immer wieder in den Songs wieder finden lässt. Die Musik ist melancholisch aber trotzdem sehr kraftvoll. Besonders live entwickeln Tracks wie „An Atlas Of Those Our Own“ oder “The Less You Have To Carry” eine enorme Kraft. Stellenweise spielt sich die Band in einen Rausch. Das Publikum... nun ja, irgendwie nicht, aber damit muss man rechnen. Der Band ist es egal. Man merkt ihr die Freude an und immer wieder erinnern sie das Publikum an diesen historischen Moment, wo sie ein letztes Mal das ganze Album in voller Länge spielen. Bitte auch den Enkeln weiter erzählen. Nach 60min ist alles erzählt, was „A Partial Print“ zu erzählen hat. Keine letzten Worte für irgendwen, am Ende hinterlassen Tiger Lou nur ihre Musik. Und diese wirkt nach. Dieses Album wirkt spätestens nach diesem Abend als das, was es ursprünglich sein sollte: ein in sich geschlossenes Stück Musik, thematisch und musikalisch. Erneut untermauert Rasmus Kellermann sein einzigartiges Können.
Applaus gibt’s auch und die Band scheint sichtlich erleichtert, dass es vorbei ist. Für viele Lacher sorgte dann das Bühnenoutfit zu den Zugaben. Die komplette Band und Firefox AG kamen in bunten Weihnachtskostümen auf die Bühne, um das traditionelle schwedische Fest „Lucia“ zu begehen, welches immer am 13. Dezember stattfindet. Die Jungs verkleiden sich als Weihnachtsmänner oder tragen Nachthemden, genau wie die Frauen. Hier vertreten durch Rasmus’ hinreißende Frau, die dann quasi zur Lucia gewählt wurde. Inklusive traditioneller Lichterkrone! Und dann wurden munter schwedische Weihnachtslieder gesungen und Wunderkerzen entzündet. Das sorgte allgemein für strahlende Gesichter, vor allem, weil es im krassen Gegensatz zum vorherigen Programm stand. Schade, dass das Publikum die andächtige Stille schon nach ein, zwei Songs schon ablegte. In Schweden hätte man so was nicht gemacht. Um dann die wenigen zu versöhnen, die doch nur wegen dem alten Material gekommen waren, gab’s noch 4 Zugaben, jeweils zwei aus den Vorgängeralben. Stimmung kam dann am Ende sogar noch etwas bei „Nixon“ und „The Loyal“ auf. Danach war aber leider Schluss! Tiger Lou hinterlässt nicht nur nen einfachen Ab-, sondern nen hervorragenden Eindruck! In den letzten Jahren hat dieser Mann mitsamt seiner Band eine tolle Entwicklung durchgemacht und es war eine Freude, einmal ein so schönes Album, wie „A Partial Print“ komplett live erleben zu dürfen, noch dazu mit einer so spielfreudigen Band. Dem Publikum hätte ich mehr Euphorie gewünscht, aber na ja… bei vielen hatte ich eh den Eindruck, es müssen primär die neusten Röhrenhosen, Baumwollhemden und Nerd-Brillen präsentiert werden. Aber ich bin ja altmodisch, weil’s mir um die Musik geht. Warum über Städte, Menschen und Straßenbahnen aufregen, wenn es doch so schöne Musik gibt, wie diese. Zumindest von der Band werde ich noch meinen Kindern erzählen, die Rahmenbedingungen werde ich dann aber etwas beschönigen.
Setlist: 01 The More You Give 02 The Less You Have To Carry 03 So Demure 04 Trust Falls 05 An Atlas For Those Our Own 06 Odessa 07 Trails of Spit 08 Coalitions 09 Crushed By A Crowd 10 A Partial Print 11 The War Between Us 12 The Wake / Hooray Hooray 13 Nixon 14 The Loyal
rhododendron - 16. Dez, 15:14