Steigende Halbwertszeit
Sie kamen, spielten und siegten! The Rifles spielten gestern ein überzeugendes Konzert in Dresden. Hirn und Herz und Hexenkessel! Ein Kurzbericht . . .
Die Eintagsfliege ist ein effektives Tier... sie lebt kurz, intensiv und tritt dann, ohne viel Tamm-Tamm wieder ab! Gibt’s auch in der Musik, hört man ja öfters. Und auch unter all den neuen, spannenden Bands der letzten Jahre ist diese Art durchaus verbreitet, verstärkt auch im Vereinigten Königreich. Solche Bands tragen dann Namen wie Milburn, The Films oder The Blood Arm. Das Debüt feiern alle ab, aber dann trennt sich die Spreu vom Weizen und man verliert das Interesse und geht maximal noch auf die Konzerte, um die „alten Klassiker“ zu hören. Und seien wir ehrlich? Wen interessierten denn die Nachfolgealben von den Fratellies oder Long Blondes? Ist halt meist so. Das Überangebot ist Schuld! Zugegeben Eine gewisse Skepsis brachte ich aber schon mit am gestrigen Abend! Würden sich die Leute „Great Escape“ verweigern, nur um auf „Repeated Offender“ zu hoffen?
Das meine Sorge bei den Rifles vollkommen unbegründet war, hatte das Konzert im Dresdner Beatpol (immer noch blöder Name... StarClub im Herzen) bewiesen. Denn da zeigte sich wieder einmal, dass die Band aus London ne Macht ist! Musikalisch, textlich und auch in Sachen Live-Darbietung. Und obwohl es mit dem neuen Album „Great Escape“ diverse unschöne logistische Probleme gab (Singles-Streichung, Terminverschiebung, Namensänderung, verhaltene Kritiken), tut dies dem Konzerterlebnis keinen Abbruch. The Rifles sind auch 2009 noch eine Macht und ihre Musik zeigt keine Abnutzungserscheinung. Steigende Halbwertszeit quasi!
Gut, was man sich mit der „Vorband“ Mitropamusik gedacht hat, ist ne andere Frage. Ein kleiner, blonder Mann, der lustige Texte und Improvisationen auf vorgefertigte Elektrobeats vom Band sang und rappte. Die Beats waren aber ganz gelungen, wenngleich man ihm doch manchmal Mikrofonversagen wünschte (kurzzeitig passierte das sogar). Anfangs noch wie ne Art PeterLicht auf Speed, entpuppte sich das Ganze schnell als ne Art Indietronic-Variante von Scooter. Irgendwie lustig, aber irgendwie auch nervig. Selbstüberschätze Rockstarposen schön und gut... aber bitte nur, wenn man die auch mit Musik rechtfertigen kann. So war’s witzig, aber irgendwie auch überflüssig. Gejubelt wurde trotzdem, wenngleich sich da der ein oder andere Buh-Ruf zurecht unter diesen Jubel mischte.
Na ja, ist ja auch egal, denn mehr oder weniger pünktlich gegen 22 Uhr tauchte dann das britische Quartett auf und war bereit, den StarClub (Yes!) in Grund und Boden zu spielen... gut, oder zumindest, um ordentlich zu rocken! Und das taten sie auch! Beim Opener „Science Is Violence” ist man noch etwas zurückhaltend, zumal die Nummer live irgendwie nicht den Druck entfaltete, den sie als Opener des aktuellen Albums hat. Aber spätestens beim zweiten Track, „She’s Got Standards“ ist das Publikum knetbares und willenloses Wachs in den Händen der Band um Frontmann Joel Stocker. Die darauffolgende Stunde feuert die Band eine recht ausgewogene Mischung ihrer beiden Alben ab zu der sich mit „Darling Girl“ noch eine B-Seite gesellt. Eines wird deutlich: die Songs des phänomenalen Debüts „No Love Lost“ zünden immer noch sofort. Der Moshpit flippt bei den ersten Klängen jedes Songs aus und die Stimmung steigt. Egal, ob „Repeated Offender“, „Robin Hood“ oder das immer noch famose “Hometown Blues”… diese Songs haben immer noch eine unbändige Kraft, eine so mitreißende Melodie... da können sich alle anderen Bands mal ordentlich was abschauen. In diesen Momenten laufen die Rifles zur Höchstform auf. Party like it’s 2006 again! Die andere erfreuliche Erkenntnis des Abends: die Songs von Album Nr. 2 fügen sich problemos zwischen den alten ein. Und das Dresdner Publikum hat, zumindest im vorderen Bereich (für hinten kann ich nicht sprechen) ordentliche Textsicherheit mitgebracht, zumindest was die Mitgröhl-Teile angeht. So entpuppen sich „The Great Escape“ und „Toe Rag“ als große Hymnen, trotz oder gerade wegen des etwas gedrosselten Tempos. Aber auch „History“ gewinnt noch mal Fahrt gegenüber dem Album (dank langem, exzessivem Outro) und mit „Romeo & Julie“ packt man dann die Geheimwaffe aus. Der „Ohoho“-Teil der Bridge entwickelt sich zum geflügelten Gesang des Abends und überbrückt auch die Pause bis zur Zugabe, nach welcher die Band den Song prompt noch einmal spielt... diesmal akustisch. Akustik ist ein gutes Stichwort... denn was die Bands letztendlich auch noch vom Durchschnitt unterscheidet, ist die Tatsache, dass sie auch so wunderbare Balladen, wie „Spend a Lifetime“ oder „Narrow Minded Social Club“ schreiben können. Hier treiben die 4 ihre Melodieverliebtheit auf die Spitze und stehen damit wahrlich in der Tradition großer britischer Bands. Die Balladen werden in den richtigen Momenten eingesetzt, um den Publikum kurz noch etwas Verschnaufpause zu gönnen. Am Ende wird dann noch mal Fahrt aufgenommen, mit dem treibenden „The General“ und dem Standard-Abschluss, „Local Boy“, welches ich zwar eigentlich gar nicht mal so sehr mag, aber hey: Mitmachen muss man trotzdem! Nach gut 70min ist Schluss und das ist der einzige Vorwurf den man der Band machen muss... denn: da ging noch was! Das Publikum konnte und wollte noch, die Fitness war da, aber anscheinend fehlte ihnen dazu die Spontanität. Denn die Geschwindigkeit, mit welcher nach „Local Boy“ Hintergrundmusik und Saallicht angingen war schon sehr beeindruckend. Da wurden verdutze und verschwitze Gesichter zurückgelassen. Für „Fall To Sorrow”, “One Night Stand” oder auch irgend ne Uralt-B-Seite wär da noch Platz gewesen… das Publikum wäre ihnen sowieso bedingungslos überallhin gefolgt.
Aber gut, wir jammern da auf hohem Niveau. Ungeachtet dessen kann man den Rifles auch unschwer einen Vorwurf machen. Live wischen sie auch bei mir an diesem Abend die letzten Zweifel weg und erklären auf eindringliche und sympathische Art und Weise, warum sie nach wie vor eine der wichtigsten und besten Bands in dieser verschwommenen Masse aus britischen Gitarren-Schrammelbands sind... sie haben einfach mit die besten Songs, egal ob „No Love Lost“ oder „Great Escape“. Melodien, die ins Ohr gehen, ein Rhythmus, der in die Beine geht und Lieder, mit Texten, voller Wahrheit, Wut, und, wenn man so will, auch Weisheit. Daran hat sich auch 2009 nichts verändert. Eintagsfliegen sehen anders aus! Das Projekt „Welteroberung“ sollten die Rifles dann aber trotzdem mit neuer Plattenfirma angehen.
Setlist /// 01 Science In Violence 02 She’s Got Standards 03 Sometimes 04 Repeated Offender 05 Darling Girl 06 Peace And Quiet 07 The Great Escape 08 Out In The Past 09 History 10 Hometown Blues 11 Toe Rag 12 Spend a Lifetime 13 Romeo & Julie 14 Robin Hood 15 Romeo & Julie (Acoustic) 16 Narrow Minded Social Club 17 The General 18 Local Boy
The Rifles @ MySpace
Die Eintagsfliege ist ein effektives Tier... sie lebt kurz, intensiv und tritt dann, ohne viel Tamm-Tamm wieder ab! Gibt’s auch in der Musik, hört man ja öfters. Und auch unter all den neuen, spannenden Bands der letzten Jahre ist diese Art durchaus verbreitet, verstärkt auch im Vereinigten Königreich. Solche Bands tragen dann Namen wie Milburn, The Films oder The Blood Arm. Das Debüt feiern alle ab, aber dann trennt sich die Spreu vom Weizen und man verliert das Interesse und geht maximal noch auf die Konzerte, um die „alten Klassiker“ zu hören. Und seien wir ehrlich? Wen interessierten denn die Nachfolgealben von den Fratellies oder Long Blondes? Ist halt meist so. Das Überangebot ist Schuld! Zugegeben Eine gewisse Skepsis brachte ich aber schon mit am gestrigen Abend! Würden sich die Leute „Great Escape“ verweigern, nur um auf „Repeated Offender“ zu hoffen?
Das meine Sorge bei den Rifles vollkommen unbegründet war, hatte das Konzert im Dresdner Beatpol (immer noch blöder Name... StarClub im Herzen) bewiesen. Denn da zeigte sich wieder einmal, dass die Band aus London ne Macht ist! Musikalisch, textlich und auch in Sachen Live-Darbietung. Und obwohl es mit dem neuen Album „Great Escape“ diverse unschöne logistische Probleme gab (Singles-Streichung, Terminverschiebung, Namensänderung, verhaltene Kritiken), tut dies dem Konzerterlebnis keinen Abbruch. The Rifles sind auch 2009 noch eine Macht und ihre Musik zeigt keine Abnutzungserscheinung. Steigende Halbwertszeit quasi!
Gut, was man sich mit der „Vorband“ Mitropamusik gedacht hat, ist ne andere Frage. Ein kleiner, blonder Mann, der lustige Texte und Improvisationen auf vorgefertigte Elektrobeats vom Band sang und rappte. Die Beats waren aber ganz gelungen, wenngleich man ihm doch manchmal Mikrofonversagen wünschte (kurzzeitig passierte das sogar). Anfangs noch wie ne Art PeterLicht auf Speed, entpuppte sich das Ganze schnell als ne Art Indietronic-Variante von Scooter. Irgendwie lustig, aber irgendwie auch nervig. Selbstüberschätze Rockstarposen schön und gut... aber bitte nur, wenn man die auch mit Musik rechtfertigen kann. So war’s witzig, aber irgendwie auch überflüssig. Gejubelt wurde trotzdem, wenngleich sich da der ein oder andere Buh-Ruf zurecht unter diesen Jubel mischte.
Na ja, ist ja auch egal, denn mehr oder weniger pünktlich gegen 22 Uhr tauchte dann das britische Quartett auf und war bereit, den StarClub (Yes!) in Grund und Boden zu spielen... gut, oder zumindest, um ordentlich zu rocken! Und das taten sie auch! Beim Opener „Science Is Violence” ist man noch etwas zurückhaltend, zumal die Nummer live irgendwie nicht den Druck entfaltete, den sie als Opener des aktuellen Albums hat. Aber spätestens beim zweiten Track, „She’s Got Standards“ ist das Publikum knetbares und willenloses Wachs in den Händen der Band um Frontmann Joel Stocker. Die darauffolgende Stunde feuert die Band eine recht ausgewogene Mischung ihrer beiden Alben ab zu der sich mit „Darling Girl“ noch eine B-Seite gesellt. Eines wird deutlich: die Songs des phänomenalen Debüts „No Love Lost“ zünden immer noch sofort. Der Moshpit flippt bei den ersten Klängen jedes Songs aus und die Stimmung steigt. Egal, ob „Repeated Offender“, „Robin Hood“ oder das immer noch famose “Hometown Blues”… diese Songs haben immer noch eine unbändige Kraft, eine so mitreißende Melodie... da können sich alle anderen Bands mal ordentlich was abschauen. In diesen Momenten laufen die Rifles zur Höchstform auf. Party like it’s 2006 again! Die andere erfreuliche Erkenntnis des Abends: die Songs von Album Nr. 2 fügen sich problemos zwischen den alten ein. Und das Dresdner Publikum hat, zumindest im vorderen Bereich (für hinten kann ich nicht sprechen) ordentliche Textsicherheit mitgebracht, zumindest was die Mitgröhl-Teile angeht. So entpuppen sich „The Great Escape“ und „Toe Rag“ als große Hymnen, trotz oder gerade wegen des etwas gedrosselten Tempos. Aber auch „History“ gewinnt noch mal Fahrt gegenüber dem Album (dank langem, exzessivem Outro) und mit „Romeo & Julie“ packt man dann die Geheimwaffe aus. Der „Ohoho“-Teil der Bridge entwickelt sich zum geflügelten Gesang des Abends und überbrückt auch die Pause bis zur Zugabe, nach welcher die Band den Song prompt noch einmal spielt... diesmal akustisch. Akustik ist ein gutes Stichwort... denn was die Bands letztendlich auch noch vom Durchschnitt unterscheidet, ist die Tatsache, dass sie auch so wunderbare Balladen, wie „Spend a Lifetime“ oder „Narrow Minded Social Club“ schreiben können. Hier treiben die 4 ihre Melodieverliebtheit auf die Spitze und stehen damit wahrlich in der Tradition großer britischer Bands. Die Balladen werden in den richtigen Momenten eingesetzt, um den Publikum kurz noch etwas Verschnaufpause zu gönnen. Am Ende wird dann noch mal Fahrt aufgenommen, mit dem treibenden „The General“ und dem Standard-Abschluss, „Local Boy“, welches ich zwar eigentlich gar nicht mal so sehr mag, aber hey: Mitmachen muss man trotzdem! Nach gut 70min ist Schluss und das ist der einzige Vorwurf den man der Band machen muss... denn: da ging noch was! Das Publikum konnte und wollte noch, die Fitness war da, aber anscheinend fehlte ihnen dazu die Spontanität. Denn die Geschwindigkeit, mit welcher nach „Local Boy“ Hintergrundmusik und Saallicht angingen war schon sehr beeindruckend. Da wurden verdutze und verschwitze Gesichter zurückgelassen. Für „Fall To Sorrow”, “One Night Stand” oder auch irgend ne Uralt-B-Seite wär da noch Platz gewesen… das Publikum wäre ihnen sowieso bedingungslos überallhin gefolgt.
Aber gut, wir jammern da auf hohem Niveau. Ungeachtet dessen kann man den Rifles auch unschwer einen Vorwurf machen. Live wischen sie auch bei mir an diesem Abend die letzten Zweifel weg und erklären auf eindringliche und sympathische Art und Weise, warum sie nach wie vor eine der wichtigsten und besten Bands in dieser verschwommenen Masse aus britischen Gitarren-Schrammelbands sind... sie haben einfach mit die besten Songs, egal ob „No Love Lost“ oder „Great Escape“. Melodien, die ins Ohr gehen, ein Rhythmus, der in die Beine geht und Lieder, mit Texten, voller Wahrheit, Wut, und, wenn man so will, auch Weisheit. Daran hat sich auch 2009 nichts verändert. Eintagsfliegen sehen anders aus! Das Projekt „Welteroberung“ sollten die Rifles dann aber trotzdem mit neuer Plattenfirma angehen.
Setlist /// 01 Science In Violence 02 She’s Got Standards 03 Sometimes 04 Repeated Offender 05 Darling Girl 06 Peace And Quiet 07 The Great Escape 08 Out In The Past 09 History 10 Hometown Blues 11 Toe Rag 12 Spend a Lifetime 13 Romeo & Julie 14 Robin Hood 15 Romeo & Julie (Acoustic) 16 Narrow Minded Social Club 17 The General 18 Local Boy
The Rifles @ MySpace
rhododendron - 12. Apr, 12:20