Freitag, 9. November 2007

Entscheidend ist die Größe

Editors / The Boxer Rebellion @ Georg-Elser-Halle, München, 07.11.07

Die Wolken hängen tief an diesem Abend in München. Regen und Wind wechseln sich ebenfalls in ihrem bizarr-kalten Spiel ab. Melancholie liegt in der Luft. Da passt ein Besuch bei einer der momentan besten Bands dieses Planeten also bestens. Die Editors, jüngst hier auf Nobono zur Band des Jahres gewählt, sind eine Klasse für sich. Kaum ein Debüt war so überzuegend wie „The Back Room“ und der diesjährige Nachfolger „An End Has A Start“ geht die Richtung konsequent weiter. Große Gefühle, in düsterer Umgebung.
Doch vorher gebührt mein gesonderter Dank an The Boxer Rebellion, ebenfalls aus dem UK. Der Begriff „Support Act“ würde dieser Band ein wenig spotten, denn sie war dem Hauptact mehr als ebenbürdig. Ihr 2005er Debüt „Exits“ lief bei mir in den letzten Wochen auf schwerer Rotation. Unter der Rubrik „Mixtape“ oder auch bei Last.FM direkt kann das übrigens kostenlos runtergeladen werden. Umso wichtiger, da das Album momentan nicht mehr gepresst wird, weil die Rechte bei der alten Plattenfirma liegen. Aber diese Band hat das gewisse Etwas. Die Quintessenz aus vielen Spielarten des Britpop/rock in den letzten, sagen wir mal, 10 Jahren. Von der ruhigen Coldplay-Ballade, über den Noise Rock der Coopter Temple Clause (R.I.P.), bis hin zu den von mir allseits beliebten Post-Punk-Anleihen. Diese Band hat etwas. Größe und musikalische Substanz, welche auch die neuen Songs, die man sich bei MySpaceanhören kann, besitzen. Jetzt muss sie bloß noch jemand signen. Also bitte Werbung machen, so gut es geht.

Nun aber zum eigentlichen Hauptact, der von Anfang an zeigte, was er so auf dem dunklen Kasten hat. Bereits mit dem fulminanten Opener „Lights“ hat mich die Band. Gut eigentlich schon, wenn sie auf die Bühne kommt, aber trotzdem. Danach wird aufs Tempo gedrückt. „Bones“ mit diesem unverkennbaren New-Wave-Disco-Beat, der gleich auch nochmal bei „An End Has A Start“ benutzt wird. Eigentlich bei ner Menge Songs, fällt mir grad auf. Auch, egal. Immer wieder werden die stampfenden Indie-Hymnen unterbrochen von großen Stadionrock-Momenten, wie dem fulimnanten „The Weight of The World“ (Gänsehaut!) oder „Escape the Nest“, mit diesem Monster von Gitarrenriff. Dazu das Flehen und die Verzweiflung in den Worten und Gesten von Sänger Tom Smith, der einmal mehr seine grandiosen Entertainerqualitäten unter Beweis stellte. Ein Mann, der in seiner Musik aufgeht, Erfüllung findet. So wirkt der schlagsige Lockenkopf permanent. Er rennt von einer Ecke zur anderen, auch gern mal um das Piano drum, er hämmert abwechselnd auf Gitarre und Piano ein. Er schreit, er wedelt mit den Armen, er erspringt Piano und Schlagzeug mit Leichtigkeit. Dieser Mann hat etwas Besonders, seltsames in seiner Art und Weise. Aber das macht auch die Faszination dieser Figur Tom Smith aus, welche ich, wie viele andere weibliche Fans teile. Und das obwohl ich hetero bin. Aber dieser Mann lebt seine Songs und geht in ihnen auf. Genauso wie der Rest der Band, wobei die es sich sicherlich weniger expressionistisch anmerken lassen.
Smith und seine Kollegen waren in bester Spiellaune. Munter reihen sich die Hits des Debüts, wie „All Sparks“ oder „Munich“ neben die Songs von der neuen Platte wie „Spiders“ oder „The Racing Rats“, was aus meiner Sicht der beste Song des Abends war. Dazu gibt’s mit „Banging Heads“ nen sehr okaye neuen Song, sowie mit „You Are Fading“ eine alte B-Seite, welche aber mittlerweile am Ende zu einer riesigen Soudwand aufbaut, die einen, wie so viele Songs der Band, in ihrer Größe fast zu erschlagen scheint. Die Georg-Elser-Halle ist ja noch nicht so groß, wobei ich mir sagen lassen hab, dass sie letztes Jahr noch in einer kleineren Location gespielt haben sollen. Dennoch schreit alles an dieser Band nach Größe. Von der Musik über die Gesten. Und wenn die Leute jetzt noch verstehen, dass dies nicht unbedingt was schlechtes bedeutet, dann kann man diese Band auch in Zukunft noch lieben. Wenn sie sich nicht verstellt und authentisch bleibt und weiterhin so tolle Songs über Zweifeln, Tod und Vergänglichkeit zu unseren Leben beisteuert. Oder auch gern andere. Ich hab’s schon beim letzten Gig vor 1 ½ Jahren gesagt, aber diese Band hat eine Zukunft. Eine Große! Auch, wenn mir das manchmal nicht gefallen will, aber verdient haben sie’s. Am Ende verabschiedet man sich höflich und Tom Smith bittet, doch mal auf der MySpace Seite von The Boxer Rebellion vorbeizuschauen. Denn auch die sollen eine große Zukunft vor sich haben. Recht hat er und ich hoffe, ich kann in ein paar Jahren auch sagen, dass ich bei beiden Recht hatte.

Setlist: 01 Lights 02 Bones 03 Bullets 04 And End Has A Start 05 The Weight Of The World 06 Blood 07 Escape The Nest 08 Banging Heads 09 All Sparks 10 When Anger Shows 11 Spiders 12 The Racing Rats 13 Munich 14 Open Your Arms 15 You Are Fading 16 Smokers Outside The Hospital Doors 17 Fingers In The Factories

nobono

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