Mittwoch, 23. Dezember 2009

Rainbow Party - (9) Redoloris

Das vorletzte Mal für diese Liste.
So langsam flackern alle Lichter noch, bevor beim nächsten Mal die Kerzen komplett ausgepustet werden. Aber hier schon mal ein Fivepack um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Einen Lichtblick haben wir noch, ansonsten steigt die äußere Kälte in diese Zeilen und macht sich ordentlich breit.

10.) Mew - Symmetry, 2000



Danke Hanson!
Was? Hanson? Was haben denn die drei MMMbop-Brüder Isaac, Taylor und Zac damit zu tun?
Den Song Symmetry habe ich auf dem 2003er Werk Frengers der Herren Mew kennen gelernt. Allerdings wurde er bereits drei Jahre zuvor auf dem Album Half The World Is Watching Me veröffentlicht. Die Dänen haben sich hierfür Verstärkung am Piano von Klaus Nielsen und als Co-Sängerin die damals 13-jährige Becky Jarrett an Land gezogen. Und sie ist, glaube ich, auch der Grund warum ich diesen Song schon fast abgöttisch liebe.
Auch wenn der eigentliche Mew-Sänger Jonas Bjerre schon selbst eine sehr hübsche Mädchenstimme vorweist, wird er hier jedoch gnadenlos von dem Teenager aus Georgia an die Wand gesungen.
Ich bin mir nicht gerade sicher, dass mir der Song genauso gefallen würde, wenn Motörhead sich das Lied mal zur Brust nehmen würden. Denn es lebt meiner Meinung nach wirklich vor allem von Ms. Jarrett's herzzerreißend schönem Gesang.
Natürlich ist das Drumherum mit den hübsch zurückhaltenden Piano- und Gitarren-Geplänkel schon eine Wucht. Die Melodie wird wohl immer gnadenlos traurig klingen, selbst wenn es zum Poppunk von New Found Glory verwurstet werden würde. Der sich steigernde Aufbau katapultiert das alles in immer Schwindel erregendere Höhen. Das alles ist handwerklich begeisternd, hervorragend in Szene gesetzt und produziert. Und so weiter und so fort.
Eine Gänsehaut, oder zumindest Ansätze davon, bekomme ich jedes (!) Mal, wenn diese Stimme gleich zum Anfang zum ersten Mal erklingt. Den Drang die Augen zu schließen und mich forttragen zu lassen, wenn sie im Verlauf beim Schlagzeugeinsatz mit dem männlichen Gesang verschmilzt. Ein Idealfall.
Was für eine göttliche Fügung dass sich die beiden '98 im Hanson-Forum getroffen haben. Es hat meine Welt mehr als bereichert.
Danke, Hanson.


09.) Dredg - Δ, 2002



Ein Traum von einem Lied. Schwerelos. Beruhigend. Aufwühlend. Eine hervorragende Melodie. Mit warmer Stimme gesungen. Luftig produziert, obwohl es von den Instrumentalparts ziemlich kompliziert zugeparkt ist.
Natürlich sind Pauken, Klangschalen und dieser Text etwas viel des Guten. Da hat die Jungs aus Los Gatos wohl doch etwas zu sehr der Esoterik-Koller gepackt. Aber dennoch. Wunderschön. Man beachte den Schrei, wenn das Lied richtig losgeht. Kurz und erschreckend. Die krude und dennoch tragende Gitarrenarbeit davor. Das schier unfassbar breakige Drumming (gesamte Spielzeit). Der gedoppelte Gesang, wobei im Hintergrund eine raunende Stimme zu hören ist. Die Ähnlichkeit am Anfang mit Airdrop von Blackmail. Wie weit und dennoch kompakt das alles klingt. Was das für tolle Kopfhörer-Musik ist!
Und vor allem: Man höre und knie nieder vor diesem erhabendsten und erhebendsten aller denkbaren Ausbrüche, die man einem Song geben kann: Nach dem kurzen tribal-artigen Spoken Word-Teil "We live like penguins in the desert, why can't we live like tribes?" öffnen sich ab Minute vier und fünf Sekunden alle Himmel. Alle Pforten. Alle Arme. Alle Flügel. Alle Dämme. Alle Herzen.
Nicht dass man sowas nicht auch zuvor schon mal gehört hat. Die Editors oder Glasvegas bauen ganze Alben darauf auf. Aber das letztendlich so effektiv überwältigend einzusetzen ist eine wahre Kunst. Dass Dredg dies beherrschen haben sie hiermit unter Beweis gestellt.
Wahrlich himmlisch, das.

08.) Coheed And Cambria - Delirium Trigger, 2002



Coheed And Cambria ist wahrscheinlich eine der seltsamsten Bands der letzten zehn Jahre. Ihre gesamte Existenz bestand darin eine gigantische vierteilige Science Fiction-Saga namens The Bag.On.Line Adventures zu erzählen. Das ganze war auf fünf Alben konzipiert, weil der abschließende vierte Teil auf zwei LPs verteilt werden musste. Den Anfang machte der zweite Teil, dem auch dieser Song entnommen ist. Den ersten sind sie uns noch schuldig. Zwischenzeitlich hat sich die Band nämlich komplett selbst zersetzt, da dem egomanischen Sänger der relative Erfolg wohl etwas zu Kopf gestiegen ist, so dass erstmal die komplette ursprüngliche Band den Hut nahm.
Überhaupt Claudio Sanchez, was des Herrn Vokalisten, respektive Maestro grandeur, Namen ist. Ein Freak vor dem Herrn: 120 kg schwer, mit einer Friseur wie Sideshow Bob versehen, singt er mit einer sehr mädchenhaften Emostimme zu von ihm allein komponierten größenwahnsinnigen Progstücken hervorragende Popmelodien.
Das war scheinbar noch nie anders. Auch der hier vorgestellte Titel ist komplex bis zum geht nicht mehr. Schlägt Haken wo er kann, walzt immer wieder mit ordentlichen Gitarrenwänden über den Hörer drüber. Wird lauter und leiser und lauter und leiser und wieder lauter. Alles ist vertrackt und den Text muss man am besten in den großen Zusammenhang der Saga bringen. Doch etwas unterscheidet sich eindeutig von den späten wirklich größenwahnsinnigen Alben.
Das hier ist leidenschaftlich. Das hier brennt. Das hier drängt. Man hat das Gefühl als rücke einem die gesamte Band auf die Pelle, um dir den Song ins Gesicht zu schreien. Der Sound ist etwas rumpelig aber transparent.
Und Senor Sanchez singt hier meisterlich mit verteilten Rollen. Seine Interpretation einer Mädchenstimme schmeichelt sich bei mir im Herz mit großen Katzenaugen ein.
Und doch dieser Text: Es geht darum, dass die eine Hauptfigur Coheed ohne sein Wissen eine Apparatur namens Mon-Star in seine Brust implantiert bekommen hat, die ihn immer wieder ins Leben zurückholt, sozusagen unsterblich machtund gleichzeitig in eine Art Mr. Hyde verwandelt. Diese wird durch das Serum einer Libelle (Symboltier von Coheed And Cambria) zum Leben erweckt . In diesem Lied reflektiert und dialogisiert er das Leben mit dieser Chance/Last. Mal kurz gefasst. Wer's genauer wissen will, bitte hier kundig machen.
Jedenfalls: Was für ein toller Grundgedanke! Und wie toll das umgesetzt ist. Mit den sehr hübschen spacigen ruhigen Stellen und dem absolut überwältigenden Refrain "Oh dear God, I don't feel alive when you're cut short of misery ..."
Klar ist das herrlich abgedreht, aber geht dennoch mitten ins limbische System - dem Sitz der Emotionen. Der Song ist groß und hat dennoch kein Gramm Fett zu viel. Das ist durchdacht und dennoch hochemotional. Delirium Trigger ist ein Wunderwerk von Lied. Delirium Trigger ist schon lange ein Begleiter in meinem Ohr. Delirium Trigger ist songgewordene Passion.

07.) The Haunted - Hollow Grounds, 2000



Huch! Das ist ja Metal! Was hat denn das hier zu suchen?
Nun es ist einfach eines der besten Metalstücke, das ich in den letzten zehn Jahren gehört habe. Und es hat trotz Geschrei extrem Popappeal, wenn man mich fragt.
Also bitte nicht nach den typischen Metalsachen bewerten, denn von der Warte her ist es eigentlich ein schwacher Song. Viel zu langsam, viel zu abwechslungsarmes Riffing, nicht genug Hass, nicht genug Gewalt.
Und dennoch werde ich davon fortgespült. Woran liegt's?
Natürlich zuerst der Einstieg: Eine Wand von Gitarre bollert ungehindert auf einen ein. Dann: Der Gesang: Eine unglaublich gute Schreistimme! Ordentlich zerledert und dennoch dazu fähig Emotionen zu transportieren. Im Refrain mit diesem wässrigen Choruseffekt hervorragend kaschiert, dass man eigentlich keine gute Singstimme hat. Funktioniert sehr gut. Und auch das Schreien bleibt variabel - vom tiefen Growl bis zum Herz zerreißenden Gekeife ist alles am Start. Drittens dieses Grundriff, was in der Strophe und am Anfang zu hören ist. Es ist Gold wert. Erst hoch und melodiös um dann im B-Teil tief in den Tonkeller zu wandern. Das klingt massiv und dennoch eingängig. Wie eine Welle die einen erst kurz trägt und dann mit Wucht auf den Grund drückt. Aber auch die anderen Gitarrenparts sind nicht außer Acht zu lassen. Das hervorragende Alternative - Akkord - Stakkato - Spiel im Refrain. Das einfach und harmonische Solo in der Mitte. Und diese Zwischensalven bei circa 2:20 knallen einen wirklich um. Viertens der Text: Sehr nachvollziehbar beklagt sich das lyrische Ich über die Sinn- und Richtungslosigkeit seines Lebens. Und wer kann das nicht nachempfinden, dass man sich schon einmal komplett in seinem Leben daneben entschieden hat? Dass man sein Dasein und sein Tun in Frage stellen. Fragilere Gedanken als man hinter dieser harten Fassade vermuten würde. Und Fünftens: Das ganze Stück ist einfach von vorne bis hinten eine einzige massive Attacke, die einem entgegenbläst. Permanente lautstarke Beschallung, die einem keinen Platz zum Nachdenken lässt. Man wird einfach vier Minuten durchweg durchgebügelt. Oder man wird von einem Großaufgebot von 600 kg-Bullen verfolgt, wie in Pamplona. Immer weiter drauf. Immer weiter jeden frei werdenden Raum zu machen.
Dieses Ziel mit so einem kompakten und stringtentem Ergebnis zu erreichen, lässt mich einfach nur kapitulierend - also den Song liebend - zurück.

06.) Logh - Lights From Sovereign States, 2003



Stille.
Das beste letzte Lied, was man sich für eine Mixkassette vorstellen kann. Hier passiert fast nix.
Ein paar Klavierakkorde. Dazu ein paar geraunte bzw. gerade so gesungene Worte. Das alles sehr sehr langsam vorgetragen. Fertig ist das Lied. So einfach, so nachvollziehbar. Und dennoch soo intensiv. So ergreifend. So Aufmerksamkeits-absorbierend. Nichts Anderes passiert, während dieses Lied läuft.
Man unterhält sich nicht. Man arbeitet Nichts. Man berührt noch nicht mal jemand Anderes. Nein. Alles ist auf dieses Lied gerichtet.
Zumindest ist das bei mir so. Wie schaffen die Kerle das nur?
Die anderen Songs die sie so auf dem 03er Werk The Raging Sun so drauf gepackt haben, sind ja ganz nett. Traurig, düster, politisch. Ordentlich rumpelig im Klang. Aber letztendlich dennoch nix Weltbewegendes.
Aber dieser letzte Titel! Wie ein Schatz, den man am Grund des Ozeans hebt. Absolut niederschmetternd. Die Jungs haben es wirklich geschafft dieses Gefühl innerer Leere zu vertonen, dass einen ab und zu überkommt. Wenn man so nach einem Tag voller Arbeit, an der Bettkante sitzt und eigentlich nix mehr machen will und sogar zu ausgelaugt ist sich noch hinzulegen. Die Lichter um einen wirken dünkler als sonst. Der Atem geht beunruhigend gleichmäßig. Alle Mimik ist aus dem Gesicht gewichen. Man nimmt keine Geräusche mehr war. Die Gedanken ziehen vorbei, ohne sich aufzudrängen. Man ist allein. Der Kopf hängt. Und dennoch ist es kein Gefühl von Niedergeschlagenheit. Eher von Müdigkeit ohne Schläfrigkeit. Als ob Körper und Geist im Standby sind.
Genau zu diesem Zustand, auf jeden Fall, gibt es kaum ein besseres Lied. Und vor allem kein schöneres.

In dem Sinne wünsche ich mal frohe Weihnachten und ein paar besinnliche Festtage. Nächstes Mal gibt es dann das Finale grande. Mit den Top 5. Und einer Top 5 der Nebenschauplätze. Ihr werdet sehen.

nobono

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