Donnerstag, 16. September 2010

Kurz und Bündig - 09/10

Manche Alben kann man leider nicht in der Intensität abhandeln, wie man eigentlich müsste. Manchmal fehlt es halt an Zeit, irgendwie an Motivation und teilweise auch an ein paar guten Platten auf dem Markt. Da ich dank Abschlussarbeit, vieler Internetstreams und diverser Fileanbieter dann doch in ein paar reinhören konnte, folgen hier wieder meine Kurzeindrücke von fünf Alben der letzten Zeit.
Kurz-Und-Buendig-3

Fotos – Porzellan

Das Beste gleich zu Beginn. Im Prinzip hatte ich die Fotos schon als nette, aber unwichtige deutsche Indie-Rockband abgestempelt, deren einziger Vorteil damals war, dass sie mal im Gegensatz zur Konkurrenz nicht zu spät dran war, um auf den Trendzug „Großbritannien“ aufzuspringen. Das Debüt bot ordentlichen New-Wave-Indie-Rock und hatte internationales Format, der Nachfolger hatte eigentlich gar nichts mehr zu sagen. Nach einem uninspirierten Auftritt beim Bundesvision Song Contest war dann wohl wirklich die kommerzielle Luft draußen. Und nun das? „Porzellan“ ist das vielleicht überraschendste Album dieses Jahres, eben auch weil sich die Herren komplett neu erfinden und definieren. Man orientiert sich nun an Shoegaze-Größen wie „Jesus And The Mary Chain“, „My Bloody Valentine“ oder auch gern mal den spät-80er-Cure. Das heißt: viel Hall, viel Flächen, viel Echos, viel weite. Die Drums hallen in weiter Ferne, genauso wie die Stimme von Sänger Tom, der seine kryptischen Textbotschaften bereits aus dem Äther zu singen scheint. Sphärische Monster wie „On The Run“ oder „Raben“ treffen auf schnittige Single-Kandidaten, wie „Mauer“ oder „Nacht“. Das funktioniert deshalb so gut, weil man sich eben 1:1 an den Originalen orientiert, aber die deutsche Sprache eben dann doch mal außergewöhnlich in diesem Soundkontext klingt. Klar, Puristen können jetzt beklagen „Den fällt nix eigenes ein“, aber seien wir mal ehrlich: wann ist das in den letzten Jahren noch irgendjemandem? Und gerade in Deutschland. Damit kommen die Fotos von der Ersatzbank wieder ins Spiel und präsentierten ein echtes, kleines Meisterwerk voll andächtiger Schönheit. Davon bitte einen Abzug!

"Porzellan"-Stream bei Simfy

Magic Kids - Memphis

Schlagersänger Chris Roberts wusste es einst: „Du kannst nicht immer 17 sein.“ Recht hat die Schmalzlocke. Am Älterwerden führt ja kein Weg vorbei. Das beweist schon der tägliche Blick in den Spiegel oder jede neue Geburtstagskarte. Aber manchmal wünscht man sich halt, man könnte sich die jugendliche Leichtigkeit bewahren. Die Magic Kids machen das. Der flotte Fünfer aus Memphins, Tennessee hat nicht nur sein Debüt nach der eigenen Heimat benannt, sondern sich auch ganz dem akut gravierenden Surf-Pop-Virus verschrieben. Eigentlich müssten sie aus Kalifornien kommen, so sehr würde diese Faust auf’s Klischeeauge passen. „Memphis“ ist locker, flockig, unbeschwert und dabei so naiv zuckersüß, wie die Beach Boys in ihren besten Zeiten. Inklusive Bläsern, Frauenstimmen und Kinderchören und den ewigen Songs über die große Sommerliebe, das schöne Wetter und die unbeschwerte Freiheit der Jugend. Länger als drei Minuten sind die Songs kaum, müssen sie auch nicht. Dafür versucht man erst gar nicht zu klingen, als wäre man nach den 60er Jahren aufgenommen worden. Mehr retro geht fast gar nicht. Ein kurzweiliger, leicht beschwingter Spaß, der vielleicht, wäre er zwei Monate eher erschienen, ein schönes Sommeralbum geworden. So stellen wir uns dazu lieber nostalgische Bilder von Stränden und lazy Sunday afternoons vor. Ziel erreicht, würde ich sagen.

Magic Kids bei MySpace

Brandon Flowers - Flamingo

Irgendwann reißt auch mal jeder Geduldsfaden. Selbst bei mir. Ich habe Brandon Flowers und den Killers bisher immer die Treue gehalten. Ich habe ihnen das dämlich Pseudo-US-Rock-Album „Sam’s Town“ genauso verziehen, wie die 80s-Pop-Scheibe „Day & Age“, die gar nicht mal so mies ist, wie immer alle sagen. Ich verzeihe Mr. Flowers auch seine krampfhaften Morrissey-Immitationen, aber irgendwann ist ja auch mal gut. Irgendwann muss man sich eingestehen, dass „Hot Fuss“ ein Einzelfall bleiben wird und man einem Künstler daraufhin keine Nibelungentreue schwören muss. Schon gar nicht bei diesem Soloalbum. Kele von Bloc Party hat’s vorgemacht, Paul Smith von Maximo Park folgt nächsten Monat und nun also Brandon Flowers. Trotz Produzent Stuart Price und Albumtitel „Flamingo“ erwartet einen kein glanzvolles Discoalbum (was weniger schlimm gewesen wäre), sondern ein unglaublich belangloses Formatradiopop-Werk, auf denen Flowers schon wieder seine ewig gleichen Songs über das romantisierte Amerika, Gott und das tolle Las Vegas singt. Aber eben alles noch eine Spur langweiliger, austauschbarer und nerviger als auf den alben seiner Hauptband. Ein furchtbares Geseihere, gnadenlos glatt produziert und stimmlich leider wenig variabel. Es scheint so, als kann Flowers nichts anderes und immerhin scheinen seine Bandkollegen da noch einiges herauszureißen. Allerdings sollten diese Songs ursprünglich auch Killers-Songs werden. Das lässt dann doch schlimmes erwarten, denn was hätten die noch retten sollen. Brandon, bitte werde der traurige Las-Vegas-Crooner, der auch mal im Nachmittagsprogramm des schlimmsten Dudelradios laufen kann. Aber erwarte nicht, dass ich dir dabei folge.

Brandon Flowers bei MySpace

Robyn – Body Talk, Pt .2

Eine Frau, ein Konzept. Robyn schlägt um sich, choreographisch, wie veröffentlichungstechnisch. Den ersten Streich der „Body Talk“ reihe gab’s vor ein paar Monaten, nun folgt der zweite. Über die fragwürdige Veröffentlichungspolitik hatte ich mich damals schon ausgelassen, also lassen wir das an der Stelle mal. Muss jeder selber wissen, ob er sich das in dieser Form kauft. Positiv anzurechnen ist aber die Tatsache, das Teil 2 sogar noch eine Spur besser als der erste ist. Mit Ausnahme des etwas uninspirierten Minimal-Tracks „We Dance To The Beat“ gibt es keine wirklichen Ausnahmen, dafür aber so schöne Elektropop-Songs, wie „In My Eyes“ oder die tolle Single „Hang With Me“. Und natürlich die üblichen „Dicke-Eier“-Songs, wie „Criminal Intent“. Als ob wir mittlerweile nicht schon langsam gecheckt hätten, dass man sich mit der blonden Schwedin nicht anlegen darf. Immerhin hat sie auch Snoop Dogg dabei, der ja momentan keine Dame abblitzen kann. Inhaltslos wie eh und je trägt der Dogfahther aber seinen Teil dazu bei, dass „U Should Know Better“ den Drive bekommt, den es hat. Katy Perry kann schon mal Staub fressen. Am Ende entlässt uns Robyn dann noch mit einer wunderbar traurigen Akustik-Version von „Indestructible“, welches wir dann wie bei „Hang With Me“ beim letzten, dann auf dem nächsten Album mit voller Instrumentierung genießen werden. Bis dahin reicht aber auch dies als Beweis dafür, dass Robyn stimmlich mehr kann, als nur den weißen Elektro-Power-MC zu geben. In Sachen stilvoller Elektro-Hochglanz-Pop ist Robyn also 2010 das Maß aller Dinge. Hier folgt die Bestätigung, der dritte Teil wird daran sicher nicht viel rütteln können.

Exklusiver Album-Stream bei Guardian.co.uk

Oliver Koletzki & Fran - Lovestoned

Und um noch mal kurz einen Abstecher in die Abteilung „Überflüssig“ zu machen: Oliver Koletzki, seines Zeichens Berliner Minimal-Hype hat ein neues Album gemacht. Mit Freundin Fran. Darauf soll es um die Zelebrierung der Liebe gehen, immerhin präsentieren sich die beiden Frischverliebten ja beim Im-Bett-Frühstücken auf dem Cover. Doch ist das die Liebe, wie sie sein sollte? Koletzki und Anhang servieren ein durch und durch belangloses Album, dessen einzige Funktion wohl darin bestehen soll in irgendwelchen hippen Berliner Cafés zu laufen, so sich Menschen auf nen Latte oder ne Bionade treffen und dabei von ihren wichtigen Jobs im Marketing oder den Meeeedien erzählen. Alles was man an diesem Klischee hasst, repräsentiert „Lovestoned“. Langweilige elektronische Hintergrundbeschallung, die selbst für reinen Minimal zu dröge ist. Ich würde das deshalb wirklich gern als Café-Lounge-Musik abstempeln, bei welcher vermutlich Kalkbrenner beim druffen Nacktfrühstücken einschlafen würde. Janz schön langweilig, Altaaa! Und dazu säuselt uns Fran noch belanglose Texte daher, von Kissenschlachten, Kaffeetrinken (siehe an!) und Fahrradfahren an der Spree. Wo ist das Feuer, die Leidenschaft? Aber ich möchte hier auch nicht die Beziehung des jungen Paares Koletzki analysieren. Für Menschen, welche auf diese Musik stehen und in einer ähnlichen Lebenswelt, wie die beiden Protagonisten verkehren ist das vermutlich die schönste und coooolste Musik auf Erden. Für den Rest wohl einfach nur überflüssig und verzichtbar.

Album-Stream bei MySpace

nobono

currently resting in peace. 2007 - 2011

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelles ...

Protest!!
Oh, menno!wie schade.ich befürchte, eine n21-protestwelle...
stephox (Gast) - 29. Aug, 13:17
A Start Has An End
Unser Blog verzieht sich aus der Blogosphäre. Ein paar...
rhododendron - 22. Jul, 16:45
stimmt!
ich stimme dir zu 100% zu. langweilig war das gestern,...
Astrid (Gast) - 19. Jul, 17:19
Götterdämmerung
Für ein einzelnes Gastspiel beehrt der Altmeister der...
rhododendron - 19. Jul, 13:48
Chillaxing
PBMR präsentiert sein 'finales' Mixtape ... relaxte...
rhododendron - 16. Jul, 14:26
Danke
Hört man immer wieder gern. Besonders schön, wenn's...
rhododendron - 8. Jul, 13:49
blog
ich verfolge hin und wieder deinen Blog und wollte...
ZoneZero (Gast) - 6. Jul, 18:04
Kurz und Bündig - 07/2011
Once more with feeling... ein verliebter Traumtänzer,...
rhododendron - 1. Jul, 15:55

Durchforsten ...

 

Besucherzahl seit März 2010 ...

Status

Existent seit 6610 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 29. Aug, 13:17

Credits


Ausgehen
Diskurs
Listen
Mixtape
Mottenkiste
Plattenteller
Ranking
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren