Kurz und Bündig - EP-Special

Leute, die Single ist tot! Das hatten wir ja schon öfters, gerade im guten alten Ranking hab ich mich ja öfters mal darüber echauffiert. Das Album… na ja, gut, da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Zumindest ist es in den letzten Jahren einem stetigen Verwandlungsprozess ausgesetzt gewesen, dessen endgültiges Resultat noch nicht erkennbar ist. Hingegen wird die EP (Extended Play) in den letzten Jahren für viele Acts immer attraktiver. Eine gute Handvoll Songs zum fairen Preis, da braucht man kein komplettes Album. Gerade für kleine Bands recht attraktiv und günstig. Also geht’s heut mal nicht um Alben, sondern schlichtweg um eine Handvoll interessanter EPs, welche in den letzten Wochen und Monaten so auf den Markt gekommen sind. Ohren auf!
Beth Ditto – EP
Es war ja abzusehen, dass die gute Frau sich auch mal von ihrer Hausband Gossip über kurz oder lang lösen würde. Seien wir mal ehrlich, wenn man von denen redet, geht es meist eh nur um Frau Ditto und ihren ikonenhaften Status in Mode/ Musik und Mädchenwelten. Übersehen kann man sie eh nicht, schon gar nicht, nachdem Gossip im Mainstream angekommen sind. Jetzt hätte Mrs. Ditto ja auch ein riesen Tam-Tam darum machen können, die Major-Labels hätten sich darum geprügelt und die Dame als großen provokativen, aber konsensfähigen Soul-Megastar aufbauen können. Amy ist ja in Dauer-Rehab. Doch erfreulicherweise stellt sich die beleibte Sängerin nicht ins Rampenlicht, hat sich vielmehr von ihren alten Buddies von Simian Mobile Disco vier Tracks auf den Leib schneidern lassen, die sie jetzt als unscheinbare EP auf den Markt bringt. Musikvideo und Marketingkampagne nicht eingeschlossen. Sehr fein. Noch viel feiner ist die Musik. Wer die 2009er-Collabo „Cruel Intentions“ schon gut fand, wird Beth Dittos EP lieben. Nix mit Retro-Soul, hier gibt’s Retro-House. Das Elektroduo verpasst Ditto einen fetten Oldschool-House-Techno-Anstrich, der sich wunderbar an alten Underground-Hochzeiten (ca. 1988-91) orientiert und dabei so unverschämt cool klingt, das die Chanteuse da gar nichts mehr falsch machen kann, sondern ganz viel richtig. Und Dittos Stimme passt perfekt zum kühlen Retro-Sound, ordnet sich diesem nach Bedarf auch gern mal unter. Ganz spannende Pop-Momente. Bitte genießen, bevor dass dann bald auch alle irgendwie cool finden.
Preview @ Soundcloud
Chad Valley – Chad Valley EP
Während das Vereinigte Königreich in den letzten Jahren ja neue weibliche Popstars im Monatstakt auf den Markt geschmissen hat, vermisst meine Wenigkeit da ein paar Männer, die mal schöne Popmusik machen. Wen gab’s da? FrankMusik? Stark angefangen, stark nachgelassen. Calvin Harris? Ich meinte seriöse Musik. Der Kollege MillionYoung aus Amerika, der hier im Blog schon vorgestellt wurde ist da ein Anfang. Chad Valley aus England könnte der Nächste sein, wird gern auch mal von diversen hippen Blogs als nächste große Rettung des Pop 2011 beschrieben. Warum auch nicht? Bereits sein Remix für die befreundeten Foals war super, jetzt gibt es eine erste EP, die wirklich Lust auf diesen jungen Knaben macht. Butterweicher Cillwave-Pop, der den Hörer in andere Sphären entführt, gleichzeitig aber noch verdammt eingängig und radiokompatibel ist. Letzteres wohl noch mehr, wenn man an der Produktion noch ein wenig rumschrauben würde. Aber eigentlich will man das gar nicht, denn so hat die Musik von Mr. Valley am Ende einen ganz eigenen, kurzweiligen Charme. Ich rate inständig, diesen Mann im Auge zu behalten. Egal, ob er den Pop rettet oder was auch immer, solange er so schöne Popmusik macht, werd auch ich auf meine alten Tage noch mal Groupie.
Stream @ Soundcloud
Klaxons – Landmarks Of Lunacy
Gratis! Immer gut. Immer her damit. Das nimmt man gern mit. Die Klaxons veröffentlichen fünf kostenfreie Tracks für alle Fans und Freunde. Hatten sie ja eh vor. Nachdem das letztjährige Album „Surfing The Void“ ja mehrmals in die Tonne getreten wurde und immer wieder mit großen Experimenten angekündigt wurde, entpuppte es sich am Ende als das, was die Briten am Besten können. Melodischer Noise-Pop halt. Als Entschädigung dafür sollen die experimentellen Restbestände nun noch auf EPs veröffentlicht werden. Also, meinen die Klaxons zumindest. Jetzt stellt sich die Frage, ob „Landmarks Of Lunacy“ da der erste Teil dieses Vorhabens ist. Falls ja, dann frage ich mich, wo denn da das ausgefallene Experiment sein soll? Die 7 Minuten bei „Marble Fields“ (bedingt durch ein laaanges Outro)? Ansonsten machen die Songs da weiter wo „Surfing The Void“ aufgehört hat. Noise-Pop halt. Nur etwas schwächer als auf dem Album. So erscheint es mir jedenfalls. Wenn das die Weiterentwicklung sein soll, dann sind die guten Herren erstmal in einer musikalischen Sackgasse gelandet. Wem’s gefällt, dem gefällt’s auch immer noch. Irgendwie. Oder auch nicht. Am Ende ist diese EP irgendwie egal. So gesehen dann doch ganz gut, dass sie nix kostet.
Gratis-Download auf Klaxons Homepage
Girls – Broken Dreams Club EP
Angesichts des furchtbaren deutschen Winters träumt man sich ja gern mal in wärmere Gefilde. Für solche Momente gibt es dann glücklicherweise so wundervolle Bands, wie die Girls aus San Francisco. Bereits das 2009er Debüt-Album namens … ähm… „Album“ konnte ein paar Liedchen davon singen und wollte erst gar nichts am Ruf des Duos ändern, die ja auch als alte bzw. neue Hippies verschrieen werden. Und bei der kürzlich erschienenen EP namens „Broken Dreams Club“ kommt das gleiche Gefühl auf. Man will auf einmal alles stehen und liegen lassen und eine Kommune in Kalifornien aufmachen. Freie Liebe und Ausspannen scheinen auf einmal plausible Berufswege zu sein. Kein Wunder, denn an ihrem musikalischen Erscheinungsbild hat die Band um Christopher Owens nichts geändert. Etwas griffiger und ausgereifter wirkt die Produktion vielleicht, aber das ist kein Nachteil. Und auch die verstärkte Integration eines Bläser-Ensembles unterstreicht das Retro-Flair der Band nur noch mehr. „Hearbreaker“ ist ein astreiner Superhit, bei dem man sich immer fragt, warum er nicht schon früher ins eigene Leben getreten ist. Nein, die Qualität dieser sechs Songs stimmt auf jeden Fall. Und im nächsten Sommer dann bitte wieder ein Album, damit das auch alles jahreszeitlich passt.
Video zu "Heartbreaker"
CFCF – The River EP
Remixe sind ja eine meiner Spezialitäten. Und in vielen Fällen auch ein gelungenes Werbeflächlein um auf sich aufmerksam zu machen, besonders bei entsprechender Qualität. Der Kanadier Michael Silver hat unter dem Pseudonym CFCF in den letzten Jahren ein paar sehr anständige produziert. The Presets, Owen Pallett oder Azari & III waren dabei. Aber noch viele andere. Bitte einfach mal YouTube fragen. Der Sound, ursprünglich recht 80er-Pop-lastig, hat sich dabei zuletzt in eine immer melodischere, gefühlvollere Richtung entwickelt. Dezenter, piano-getriebener Lounge-House, mehr zum Träumen als zum Dancen. Der Gipfel der Entwicklung ist dann wohl die zuletzt erschienene EP „The River“, welche die Musikalität von Herrn Silver eindeutig in den Vordergrund rückt. Disco-Remxie überlässt er der Konkurrenz, die nun sogar bei ihm ran darf. Ansonsten befinden sich auf „The River“ sechs ganz formidable Instrumentaltracks, die zum Träumen und Dahinschwelgen einladen ohne sich irgendwelchen aktuellen Trends anzupassen. Und auch konventionelle Instrumente haben mittlerweile ihren Einzug in die Welt von CFCF gehalten. Für alle, die auf gute, auch gern mal etwas poppiger produzierte, elektronische Klangwelten stehen ist CFCF ein Mensch, den man sich für die nahe Zukunft vormerken sollte, egal, in welcher Form er dann in Erscheinung tritt.
Video "The River"
rhododendron - 13. Jan, 18:48