rhododendron's finest - teil drei
Mein kleiner, feiner Plattenrückblick über das ausgehende Jahr geht weiter. Diesmal die Plätze 10- 6.
#10 ... Kent „Tillbaka Till Samtiden“
Die Nordlichter. Beständig überraschen scheint auch eine der hervorragenden Eigenschaften der schwedischen Melodikrocker von Kent zu sein. Die Band, die in ihrer Heimat längst Superstarstatus erreicht hat und außerhalb Skandinaviens bestenfalls ein Insidertipp ist, macht auch auf dem diesjährigen Werk „Tillbaka Till Samtiden“ wieder einiges anders. Dabei machen sie zumindest schon mal nicht den kläglichen Versuch, ihr letztes Album „Du Och Jag Döden“ zu kopieren. Der organische, sehr düstere und melancholische Sound dieses, zugegebenermaßen besseren, weil tadellosen, Vorgängeralbums weicht anno 2007 einem breiteren Synthiepopflächensounds. Die Beats werden elektronischer, die Melodien sind kompakter. Kent gegehn zurück in die 80er. Das ist eigentlich generell kein leichtes Unterfangen und ist prädestiniert dafür, schief zu gehen. Doch die vier Schweden umschiffen diese Klippe zu großen Teilen gekonnt und liefern Edelpop erster Sahne ab. Die Melancholie schwebt dabei immer noch wie eine düstere Wolke über den Sound, auch wenn sie gern mal in tanzbare Stampefer, wie „Berlin“ oder „Ingenting“ verpackt wird. Dazwischen gibt es düstere Tracks wie „Columbus“ oder „Vid Din Sida“, deren Referenz an Depeche Mode oder New Order wirklich nicht mehr zu überhören ist. Das Problem an dieser Platte ist lediglich, dass die Band in der zweiten Hälfte etwas nachlässt und Songs wie „Generation Ex“ oder „Vy Från Ett Luftslott“ einfach in der Belanglosigkeit hängen bleiben. Dennoch wird der Gesamteindruck am Ende mit dem traurigen „Ensammast I Sverige“ hochgerissen. Am Ende bleibt ein überdurchschnittlich gutes Pop-Album übrig, das teilweise wieder an die Wurzeln dieser Band anknüpft, die es spielend schafft, Sprachbarrieren zu überspringen. Man muss es nur ohne Vorurteile hören. Hätte dieses Album durchgängig gute Songs, die Tiefe des Vorgängers und mehr Mut zu Kanten (wie ihn Kent schon des öfteren gezeigt haben), dann wäre diese Platte ganz weit vorn in der Liste. Aber vielleicht klappt das dann wieder mit dem nächsten überraschenden Werk. Solange bitte auf Deutschland-Tour gehen! Auf Schwedisch! Tack!
Bester Track: Columbus
Ansehen: Ingenting
#09 ... Arctic Monkeys „Favourite Worst Nightmare“
Der Erwartungsdruck. Wir haben es dieses Jahr ja bekanntlich mit nem ganzen Haufen von diesen „schweren zweiten Alben“ zu tun. Diese Alben, die nach dem Hype kommen, die versuchen müssen, diesen zu rechtfertigen und ggf. zu vergrößern. Geht man auf Nummer sicher? Oder geht man den Kritikern auf den Geist? Wer auch immer sagt, es gäbe keinen Erfolgsdruck dabei, der lügt. Am schlimmsten hatten sicher die Arctic Monkeys damit zu kämpfen, war doch ihr 2006er Debüt das erfolgreichste der britischen Musikgeschichte. Und sie haben nich mal ne große Pause eingelegt, sondern nur etwa ein Jahr später das nächste nachgeschoben. Quasi jetzt schon zum Scheitern verurteilt. Doch sollte es auf den ersten Blick so wirken, dann entpuppt sich der zweite, dritte und x-te Blick auf „Favourite Worst Nightmare“ als die reine Freude. Dieses Album ist dem Debüt ebenbürdig, zu großen Teilen auch besser! Gut, es fehlen offensichtliche Mitgröhl-Hymnen, wie es das Debüt ohne Pause lieferte, doch das braucht dieses Album gar nicht. Die Stärken liegen woanders. Versteckt. Der Sound ist vielschichtiger, komplexer, ohne aber dem „Jacknife-Lee-Syndrom“ Bombast zu verfallen. Die 4 Lads aus Sheffield bewahren sich ihre Leichtigkeit und Verspieltheit nicht nur, sondern bauen diese sogar noch aus. Die Dynamik ist hoch, die Spielfreude ungebremst. Der Sound? Erfreulich kompromißlos. Der Opener „Brianstorm“ erschlägt einen mit diesem feisten Monsterbeat, dieser Soundwand, diesem fast Rap-ähnlichen Gesang von Alex Turner. Zweieinhalb Minuten Brett! Ohne Refrain! So kann’s weiter gehen. Die Arctic Monkeys erbauen sich mit diesem Album ihren ganz eigenen Sound, abseits all der anderen Indie-Masse. Und so schwer es mir fällt, die passende Bezeichnung dafür zu finden, aber man hört dass dies irgendwie besondere Rock-Musik ist. Tempowechsel treffen auf enorme Lautstärkewechsel. Die leisen Töne wirken noch gefühlvolle, während die lauten Parts auf den Hörer noch intensiver einknüppeln. Dazu diese Songs, die von den Texten Turners und ihren Geschichten, weniger vom Mitsing-Effekt leben. Und dazu Songs wie „Do Me A Favour“ oder „If You Were There, Beware“, die charakteristisch für die Weiterentwicklung dieser Band sind. Komplexität und Rohheit können doch vereint werden. Und so hat man auch nicht so schnell die Nase voll von „Favourite Worst Nightmare“, wie von „Whatever People Say...“. Dazu entdeckt man immer wieder neue Nuancen im. Vermutlich von der Band unbeabsichtigt. Denn die spielen einfach. Ich mach mir keine Sorgen, dass die Herren in die Oasis-Falle treten. Die können ganz viel. Bitte lassen!
Bester Track: Do Me A Favour
Ansehen: Fluorescent Adolescent
#08 ... Maxïmo Park „Our Earthly Pleasures“
Die Intelligenten. Und noch ein zweites schweres Album. Da kann man sich die Vorworte dazu ja sparen und gleich zum Punkt kommen. So wie Maxïmo Park- Fronthingucker Paul Smith, den die meisten Indie-Girls nicht nur unglaublich süüüüüß finden, sondern der auch was in der Birne hat. Und was zu erzählen. Über das Leben z.B. Über Liebe und Verlust, Tod, menschliches Verlangen und Bücher... also ne ganze Menge Themen. Der dringliche, nervöse Sound des 2005er Debüts „A Certain Trigger“ ist auf „Our Earthly Pleasures“ einem etwas gesetzteren Pop-Outfitt mit mehr Piano gewichen. Das mag sicher Geschmackssache für viele Fans des Erstlings sein. I like it a lot. Geblieben sind aber auf jeden Fall die feinen Melodien, die nachwievor von Smith’s melodischem Gesang und seinen sophisticated lyrics getragen werden. Und diesem schicken Akzent aus Newcastle halt. Maxïmo Park sagen selber, dass sie Pop machen und das stimmt auch. Britpop in seiner reinsten Form halt. „Our Velocity“ ist nebenbei mal der offensichtlichste Hit des Jahres. Nimm das, „Ruby“! Dazu noch „Books From Boxes“, das schönste Lied, welches die Smiths nie geschrieben haben. Das melanchloische „Your Urge“ oder „By The Monument“, dieser Hit, dieser verdammte! Und dann noch „Sandblasted and set free“, dieser überraschend große (obwohl sie nicht soundtechnisch so klingt) Hymne. Da werden die wenigen Schwachstellen natürlich gern übersehen. Wer auf Melodien und so nen Kram steht, wie ich also, der ist damit bestens beraten. Auch hier hilft ein zweites Hören sicher weiter. Denn man sollte Maxïmo Park nicht als kleine, feine Tanzrock-Kapelle abstempeln, sondern spätestens nach diesem Werk als eine wichtige, durchaus auch mal tiefsinnige, aber dennoch nicht schwermütige, musikalische Fußnote der aktuellen Popmusik. Auch in diesem Fall kann man sich entspannt zurücklehnen und erwarten, was uns die Band noch in Zukunft bescherrt. Nein, ich mach mir da keine Sorgen. Ich hör grad „Sandblasted and set free“. Ein Song, der Leben rettet. I fell in love with flirtation. Danke, Paul. Du musst es ja wissen.
Bester Track: Our Velocity
Anhören: Your Urge
#07 ... Maps „We Can Create“
Das Wunderkind. Schön, wenn es am Ende des Jahres neben all der Flut von Releases von Bands, mit denen man am Ende sowieso gerechnet hat, auch noch die ein oder andere Überraschung gibt, die vor einem Jahr noch unverständliches Kopfschütteln hervorgerufen hat. Watt? Wie? Maps? Das von Google oder wie? Nee, nix da. Maps ist James Chapman und Maps ist / sind (wie sagt man da?) toll. Das hat der ein oder andere, der hier in diesem Blog mal ab und an vorbeischaut sicher schon mitbekommen. Frenetische Konzertberichte, Nähkästchen-Plauderei mit dem Man himself, sowie Abräumer bei unseren hauseigenen Awards (schaut dazu mal im Archiv). Und alles ist so gerechtfertigt. „We Can Create“ funktioniert so einfach und so gut, dass es einfach klappt. Maps machen (wir einigen uns auf Plural, gut) sphärischen Pop, sehr elektronisch, aber dennoch mit Gitarre. Sehr verspielt, aber doch irgendwie leicht bekömmlich. Dieses Album ist gut zum Entspannen. Aber so eine Formulierung klingt immer nach Oberflächlichkeit. Dabei ist „We Can Create“ keinesfalls simpel. Und wenn man bedenkt, dass Chapman das Werk allein in seinem Schlafzimmer aufgenommen hat, dann wirkt das ganze noch erstaunlicher. Zu perfekt aufeinander abgestimmt scheinen alle Komponenten. Die unzähligen Flächen von „We Can Create“ erzeugen eine innere Wärme beim hören. Sei es das nervöse „It will find you“ oder die wunderbar poppigen „To The Sky“ oder „You Don’t Know Her Name“. Geborgenheit im Popformat. Sowas sucht man als einsame Seele da draußen doch ständig. Und so funktioniert dieses Album. Wie ein lauer Sommerabend oder die Tasse Tee an nem kalten Wintertag (Ups, Sportfreunde Zitat)... alles Stimmungsabhängig. James ist ein Sympathieträger und was er mit diesem Album geschaffen hat, ist das überraschenste, irgendwie unscheinbarste, aber doch irgendwie offensichtlichste Album des Jahres. Wohlfühlmomente in jedem Takt. Dazu diese unverkennbare Genialität der Komposition. Einziges Problem daran ist vielleicht die Tatsache, das es zu ausgeglichen klingt. Aber James will auf dem nächsten Album ja etwas schneller werden. Er hat ja jetzt auch ne Band. Hat er mir gesagt. Hach, aber ich gerad ja schon wieder ins schwärmen. Einfach reinhören. Und (Achtung, schlimme Anglizisme) supporten!
Bester Track: Liquid Sugar
Anhören: To The Sky
#06 ... Stars „In Our Bedroom After The War“
Die Großen Gesten. Nachdem uns Großbritannien seit ca. 40 Jahren und auch Schweden in den letzten Jahren immer wieder gezeigt haben, wie man gute Musik machen sollte, hat auch Kanada vor langer Zeit an uns vorbeigezogen. Ganz vorn da natürlich dir Broken Social Scene aus Montreal, deren wichtigstes Erzeugnis neben Leslie Feist oder Final Fantasy wohl das großartige Sextett Stars darstellt. Und zum Glück vergrößert sich auch langsam die Zahl der Menschen außerhalb Kanadas, die diese Band zu schätzen lernen. Spätestens nach dem tollen letzten Album „Set Yourself On Fire“ und auch dem obligatorischen O.C. California Soundtrack-Auftritt. Darüber hinaus machen die Stars einfach wunderschönen Pop. So, wie er sein sollte und vielleicht auch mal vor Jahren war, aber der von all den Plastik Produkten der letzten Jahre im Formatradio todgespielt wurde. Doch die Stars trotzen diesem Trend und machen die Musik, die sie bitte machen sollen. So eröffnet „The Night Starts Here“ das Album. Der vermutlich schönste Popsong des Jahres. Unwiederstehlich! Zum Dahinschmelzen! Und dann kommen noch mehr. „Take Me To The Riot“, „Midnight Coward“, „Personal“ heißen diese kleinen Perlen. Sie erzählen Geschichten. Von Liebe, Sex, Hass, der Welt in der wir leben, von Fantasiewelten, seltsamen Begebenheiten, tiefer Trauer und den wunderschönen Seiten im Leben. „In Our Bedroom After The War“ ist wie das Leben. Oder besser, wie das Leben sein sollte. Nicht mit Zero Zucker, dafür mit großen Gesten, Streichern und Piano an den richtigen Stellen. „Life was supposed to be a Film“ singt Sänger Torquill Campell und das spiegelt eigentlich alles wieder, was die Stars ausmacht. Zusammen mit Amy Milan bildet er sowieso das sympathischste Frontgespannt der Indie-Szene. Spielend leicht schmeißen sie sich die lyrischen Bälle zu, erzählen Geschichten und vor allem Dialoge, so das es bei den Stars auch Spaß macht auf die Texte zu hören. Auf die Musik sowieso. Die hat zackige Smiths-Gitarren, Piano, Geigen, kecke, kleine Geräuschspielereien, Pauken, Trompeten und am Ende natürlich auch Chöre. Irgendwie auch eine Platte über das Leben. Für Menschen, die das Leben halt mal besonders erscheinen lassen wollen. Denn das wollen die Stars. Normal und einfach hat sicher auch seine schönen Seiten. Aber manchmal ist einem auch nicht danach. Denn „Normal“ ist ja langweilig und wer will schon auf Dauer so leben. Ein Album, dass die besonderen Momente im Leben feiert, egal wie schlimm und wie schön sie sind. Und ich glaub die Top 5 bestehen nur aus solchen Platten. Seid hiermit vorgewarndt.
Bester Track: Take Me To The Riot
Anhören: The Night Starts Here
#10 ... Kent „Tillbaka Till Samtiden“
Die Nordlichter. Beständig überraschen scheint auch eine der hervorragenden Eigenschaften der schwedischen Melodikrocker von Kent zu sein. Die Band, die in ihrer Heimat längst Superstarstatus erreicht hat und außerhalb Skandinaviens bestenfalls ein Insidertipp ist, macht auch auf dem diesjährigen Werk „Tillbaka Till Samtiden“ wieder einiges anders. Dabei machen sie zumindest schon mal nicht den kläglichen Versuch, ihr letztes Album „Du Och Jag Döden“ zu kopieren. Der organische, sehr düstere und melancholische Sound dieses, zugegebenermaßen besseren, weil tadellosen, Vorgängeralbums weicht anno 2007 einem breiteren Synthiepopflächensounds. Die Beats werden elektronischer, die Melodien sind kompakter. Kent gegehn zurück in die 80er. Das ist eigentlich generell kein leichtes Unterfangen und ist prädestiniert dafür, schief zu gehen. Doch die vier Schweden umschiffen diese Klippe zu großen Teilen gekonnt und liefern Edelpop erster Sahne ab. Die Melancholie schwebt dabei immer noch wie eine düstere Wolke über den Sound, auch wenn sie gern mal in tanzbare Stampefer, wie „Berlin“ oder „Ingenting“ verpackt wird. Dazwischen gibt es düstere Tracks wie „Columbus“ oder „Vid Din Sida“, deren Referenz an Depeche Mode oder New Order wirklich nicht mehr zu überhören ist. Das Problem an dieser Platte ist lediglich, dass die Band in der zweiten Hälfte etwas nachlässt und Songs wie „Generation Ex“ oder „Vy Från Ett Luftslott“ einfach in der Belanglosigkeit hängen bleiben. Dennoch wird der Gesamteindruck am Ende mit dem traurigen „Ensammast I Sverige“ hochgerissen. Am Ende bleibt ein überdurchschnittlich gutes Pop-Album übrig, das teilweise wieder an die Wurzeln dieser Band anknüpft, die es spielend schafft, Sprachbarrieren zu überspringen. Man muss es nur ohne Vorurteile hören. Hätte dieses Album durchgängig gute Songs, die Tiefe des Vorgängers und mehr Mut zu Kanten (wie ihn Kent schon des öfteren gezeigt haben), dann wäre diese Platte ganz weit vorn in der Liste. Aber vielleicht klappt das dann wieder mit dem nächsten überraschenden Werk. Solange bitte auf Deutschland-Tour gehen! Auf Schwedisch! Tack!
Bester Track: Columbus
Ansehen: Ingenting
#09 ... Arctic Monkeys „Favourite Worst Nightmare“
Der Erwartungsdruck. Wir haben es dieses Jahr ja bekanntlich mit nem ganzen Haufen von diesen „schweren zweiten Alben“ zu tun. Diese Alben, die nach dem Hype kommen, die versuchen müssen, diesen zu rechtfertigen und ggf. zu vergrößern. Geht man auf Nummer sicher? Oder geht man den Kritikern auf den Geist? Wer auch immer sagt, es gäbe keinen Erfolgsdruck dabei, der lügt. Am schlimmsten hatten sicher die Arctic Monkeys damit zu kämpfen, war doch ihr 2006er Debüt das erfolgreichste der britischen Musikgeschichte. Und sie haben nich mal ne große Pause eingelegt, sondern nur etwa ein Jahr später das nächste nachgeschoben. Quasi jetzt schon zum Scheitern verurteilt. Doch sollte es auf den ersten Blick so wirken, dann entpuppt sich der zweite, dritte und x-te Blick auf „Favourite Worst Nightmare“ als die reine Freude. Dieses Album ist dem Debüt ebenbürdig, zu großen Teilen auch besser! Gut, es fehlen offensichtliche Mitgröhl-Hymnen, wie es das Debüt ohne Pause lieferte, doch das braucht dieses Album gar nicht. Die Stärken liegen woanders. Versteckt. Der Sound ist vielschichtiger, komplexer, ohne aber dem „Jacknife-Lee-Syndrom“ Bombast zu verfallen. Die 4 Lads aus Sheffield bewahren sich ihre Leichtigkeit und Verspieltheit nicht nur, sondern bauen diese sogar noch aus. Die Dynamik ist hoch, die Spielfreude ungebremst. Der Sound? Erfreulich kompromißlos. Der Opener „Brianstorm“ erschlägt einen mit diesem feisten Monsterbeat, dieser Soundwand, diesem fast Rap-ähnlichen Gesang von Alex Turner. Zweieinhalb Minuten Brett! Ohne Refrain! So kann’s weiter gehen. Die Arctic Monkeys erbauen sich mit diesem Album ihren ganz eigenen Sound, abseits all der anderen Indie-Masse. Und so schwer es mir fällt, die passende Bezeichnung dafür zu finden, aber man hört dass dies irgendwie besondere Rock-Musik ist. Tempowechsel treffen auf enorme Lautstärkewechsel. Die leisen Töne wirken noch gefühlvolle, während die lauten Parts auf den Hörer noch intensiver einknüppeln. Dazu diese Songs, die von den Texten Turners und ihren Geschichten, weniger vom Mitsing-Effekt leben. Und dazu Songs wie „Do Me A Favour“ oder „If You Were There, Beware“, die charakteristisch für die Weiterentwicklung dieser Band sind. Komplexität und Rohheit können doch vereint werden. Und so hat man auch nicht so schnell die Nase voll von „Favourite Worst Nightmare“, wie von „Whatever People Say...“. Dazu entdeckt man immer wieder neue Nuancen im. Vermutlich von der Band unbeabsichtigt. Denn die spielen einfach. Ich mach mir keine Sorgen, dass die Herren in die Oasis-Falle treten. Die können ganz viel. Bitte lassen!
Bester Track: Do Me A Favour
Ansehen: Fluorescent Adolescent
#08 ... Maxïmo Park „Our Earthly Pleasures“
Die Intelligenten. Und noch ein zweites schweres Album. Da kann man sich die Vorworte dazu ja sparen und gleich zum Punkt kommen. So wie Maxïmo Park- Fronthingucker Paul Smith, den die meisten Indie-Girls nicht nur unglaublich süüüüüß finden, sondern der auch was in der Birne hat. Und was zu erzählen. Über das Leben z.B. Über Liebe und Verlust, Tod, menschliches Verlangen und Bücher... also ne ganze Menge Themen. Der dringliche, nervöse Sound des 2005er Debüts „A Certain Trigger“ ist auf „Our Earthly Pleasures“ einem etwas gesetzteren Pop-Outfitt mit mehr Piano gewichen. Das mag sicher Geschmackssache für viele Fans des Erstlings sein. I like it a lot. Geblieben sind aber auf jeden Fall die feinen Melodien, die nachwievor von Smith’s melodischem Gesang und seinen sophisticated lyrics getragen werden. Und diesem schicken Akzent aus Newcastle halt. Maxïmo Park sagen selber, dass sie Pop machen und das stimmt auch. Britpop in seiner reinsten Form halt. „Our Velocity“ ist nebenbei mal der offensichtlichste Hit des Jahres. Nimm das, „Ruby“! Dazu noch „Books From Boxes“, das schönste Lied, welches die Smiths nie geschrieben haben. Das melanchloische „Your Urge“ oder „By The Monument“, dieser Hit, dieser verdammte! Und dann noch „Sandblasted and set free“, dieser überraschend große (obwohl sie nicht soundtechnisch so klingt) Hymne. Da werden die wenigen Schwachstellen natürlich gern übersehen. Wer auf Melodien und so nen Kram steht, wie ich also, der ist damit bestens beraten. Auch hier hilft ein zweites Hören sicher weiter. Denn man sollte Maxïmo Park nicht als kleine, feine Tanzrock-Kapelle abstempeln, sondern spätestens nach diesem Werk als eine wichtige, durchaus auch mal tiefsinnige, aber dennoch nicht schwermütige, musikalische Fußnote der aktuellen Popmusik. Auch in diesem Fall kann man sich entspannt zurücklehnen und erwarten, was uns die Band noch in Zukunft bescherrt. Nein, ich mach mir da keine Sorgen. Ich hör grad „Sandblasted and set free“. Ein Song, der Leben rettet. I fell in love with flirtation. Danke, Paul. Du musst es ja wissen.
Bester Track: Our Velocity
Anhören: Your Urge
#07 ... Maps „We Can Create“
Das Wunderkind. Schön, wenn es am Ende des Jahres neben all der Flut von Releases von Bands, mit denen man am Ende sowieso gerechnet hat, auch noch die ein oder andere Überraschung gibt, die vor einem Jahr noch unverständliches Kopfschütteln hervorgerufen hat. Watt? Wie? Maps? Das von Google oder wie? Nee, nix da. Maps ist James Chapman und Maps ist / sind (wie sagt man da?) toll. Das hat der ein oder andere, der hier in diesem Blog mal ab und an vorbeischaut sicher schon mitbekommen. Frenetische Konzertberichte, Nähkästchen-Plauderei mit dem Man himself, sowie Abräumer bei unseren hauseigenen Awards (schaut dazu mal im Archiv). Und alles ist so gerechtfertigt. „We Can Create“ funktioniert so einfach und so gut, dass es einfach klappt. Maps machen (wir einigen uns auf Plural, gut) sphärischen Pop, sehr elektronisch, aber dennoch mit Gitarre. Sehr verspielt, aber doch irgendwie leicht bekömmlich. Dieses Album ist gut zum Entspannen. Aber so eine Formulierung klingt immer nach Oberflächlichkeit. Dabei ist „We Can Create“ keinesfalls simpel. Und wenn man bedenkt, dass Chapman das Werk allein in seinem Schlafzimmer aufgenommen hat, dann wirkt das ganze noch erstaunlicher. Zu perfekt aufeinander abgestimmt scheinen alle Komponenten. Die unzähligen Flächen von „We Can Create“ erzeugen eine innere Wärme beim hören. Sei es das nervöse „It will find you“ oder die wunderbar poppigen „To The Sky“ oder „You Don’t Know Her Name“. Geborgenheit im Popformat. Sowas sucht man als einsame Seele da draußen doch ständig. Und so funktioniert dieses Album. Wie ein lauer Sommerabend oder die Tasse Tee an nem kalten Wintertag (Ups, Sportfreunde Zitat)... alles Stimmungsabhängig. James ist ein Sympathieträger und was er mit diesem Album geschaffen hat, ist das überraschenste, irgendwie unscheinbarste, aber doch irgendwie offensichtlichste Album des Jahres. Wohlfühlmomente in jedem Takt. Dazu diese unverkennbare Genialität der Komposition. Einziges Problem daran ist vielleicht die Tatsache, das es zu ausgeglichen klingt. Aber James will auf dem nächsten Album ja etwas schneller werden. Er hat ja jetzt auch ne Band. Hat er mir gesagt. Hach, aber ich gerad ja schon wieder ins schwärmen. Einfach reinhören. Und (Achtung, schlimme Anglizisme) supporten!
Bester Track: Liquid Sugar
Anhören: To The Sky
#06 ... Stars „In Our Bedroom After The War“
Die Großen Gesten. Nachdem uns Großbritannien seit ca. 40 Jahren und auch Schweden in den letzten Jahren immer wieder gezeigt haben, wie man gute Musik machen sollte, hat auch Kanada vor langer Zeit an uns vorbeigezogen. Ganz vorn da natürlich dir Broken Social Scene aus Montreal, deren wichtigstes Erzeugnis neben Leslie Feist oder Final Fantasy wohl das großartige Sextett Stars darstellt. Und zum Glück vergrößert sich auch langsam die Zahl der Menschen außerhalb Kanadas, die diese Band zu schätzen lernen. Spätestens nach dem tollen letzten Album „Set Yourself On Fire“ und auch dem obligatorischen O.C. California Soundtrack-Auftritt. Darüber hinaus machen die Stars einfach wunderschönen Pop. So, wie er sein sollte und vielleicht auch mal vor Jahren war, aber der von all den Plastik Produkten der letzten Jahre im Formatradio todgespielt wurde. Doch die Stars trotzen diesem Trend und machen die Musik, die sie bitte machen sollen. So eröffnet „The Night Starts Here“ das Album. Der vermutlich schönste Popsong des Jahres. Unwiederstehlich! Zum Dahinschmelzen! Und dann kommen noch mehr. „Take Me To The Riot“, „Midnight Coward“, „Personal“ heißen diese kleinen Perlen. Sie erzählen Geschichten. Von Liebe, Sex, Hass, der Welt in der wir leben, von Fantasiewelten, seltsamen Begebenheiten, tiefer Trauer und den wunderschönen Seiten im Leben. „In Our Bedroom After The War“ ist wie das Leben. Oder besser, wie das Leben sein sollte. Nicht mit Zero Zucker, dafür mit großen Gesten, Streichern und Piano an den richtigen Stellen. „Life was supposed to be a Film“ singt Sänger Torquill Campell und das spiegelt eigentlich alles wieder, was die Stars ausmacht. Zusammen mit Amy Milan bildet er sowieso das sympathischste Frontgespannt der Indie-Szene. Spielend leicht schmeißen sie sich die lyrischen Bälle zu, erzählen Geschichten und vor allem Dialoge, so das es bei den Stars auch Spaß macht auf die Texte zu hören. Auf die Musik sowieso. Die hat zackige Smiths-Gitarren, Piano, Geigen, kecke, kleine Geräuschspielereien, Pauken, Trompeten und am Ende natürlich auch Chöre. Irgendwie auch eine Platte über das Leben. Für Menschen, die das Leben halt mal besonders erscheinen lassen wollen. Denn das wollen die Stars. Normal und einfach hat sicher auch seine schönen Seiten. Aber manchmal ist einem auch nicht danach. Denn „Normal“ ist ja langweilig und wer will schon auf Dauer so leben. Ein Album, dass die besonderen Momente im Leben feiert, egal wie schlimm und wie schön sie sind. Und ich glaub die Top 5 bestehen nur aus solchen Platten. Seid hiermit vorgewarndt.
Bester Track: Take Me To The Riot
Anhören: The Night Starts Here
rhododendron - 25. Nov, 23:05
„books from boxes, das schönste Lied, welches die smiths nie geschrieben haben". ein wunderbarer vergleich. danke dafür! :-)