Dienstag, 30. Dezember 2008

Die Besten des Jahres - Teil 7 (Plätze 5 bis 1)

Pünktlich zum Jahresende endet nun auch meine Auflistung der besten Alben des ausklingenden Jahres. Hier nun die 5 Besten in meiner Wertschätzung. Ich hoffe, ich konnte dem ein oder anderen, der das flüchtig gelesen hat, vielleicht auch den ein oder anderen Tipp geben! Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und einen guten Rutsch!

05. Coldplay „Viva La Vida or Death And All His Friends“

Überlebensgroß… Ich bin es leid! Ich geb’s ganz ehrlich zu! Ich bin es leid, mich zu rechtfertigen, mich zu entschuldigen, den alten Zeiten hinterherzutrauen oder Argumente zu suchen, wenn es für mich einfach offensichtlich ist: Ja, ich liebe Coldplay! Das hab ich schon immer! Mal mehr („Rush of Blood“ als Meilenstein), mal weniger („X&Y“ als, na ja, verzichtbar)... aber alte Liebe rostet nicht! Diese Band ist wahnsinnig gut. Aber leider muss man sich ja dafür rechtfertigen, weil sie mittlerweile die größte Band der Welt sind, sie jeder mag und sie einfach uncool sind. Aber wer ist denn cooler? Fallout Boy? Green Day? Gottes Willen, ich bin es leid! Leid, zu jammern! Und Coldplay sind es auch. So ist „Viva La Vida“ endlich die langersehnte Runderneuerung geworden, die diese Band nötig hat. Endlich trägt sie den Titel, der größten Band der Welt zurrecht. Zumal sie Chris Martin’s selbsterklärtem Ziel, die beste Band der Welt zu werden mit diesem Album auch einen Schritt näher gekommen sind. Das 4. Album der britischen Band ist ein geschlossenes Gesamtkunstwerk, dass die Band vielleicht auf dem Zenit ihres Schaffens zeigt. Oder sie sind immer noch auf dem Weg. An diesem Album gibt es kaum etwas auszusetzen. Millionen Käufer weltweit können nicht täuschen? Die Tatsache, dass diese Band fast den ganzen Planeten anspricht sollte nicht als Makel empfunden werden, sondern als die Erkenntnis, dass dieser Sound so gut, so universell ist, die Songs so gut, dass alles andere unlogisch wäre. Und dabei macht die Band alles richtig. „Viva La Vida“ ist eine Ode an die Freiheit, eine Zelebrierung des Lebens, trotz aller Rückschläge. Ihr nennt es Pathos, ich nenn es Leben! (O-Ton Thees Uhlmann). Wenn man den Songs zuhört und sie abseits von allem hört, was man meint, über diese Band wissen zu müssen… Ja, dann wird man das verstehen. Jeder Song ein Hit. Das groovende „Lost“, das hymnische „Lovers In Japan“, der poppige Titelsong, das entspannte „Strawberry Swing“. Coldplay schütten alle Farben ihrer Songs zusammen, in einen großen Topf, aus dem am Ende dieses Projekt entstanden ist (zur Vervollständigung bitte auch die „Prospekt’s March“ zulegen). Ein großer Sound, vielfältig, hochwertig musikalisch und vor allem immer noch meilenweit vor ganz vielem Einheitsbrei, der seit Jahren versucht, diese Band zu kopieren. Coldplay haben einfach dieses gewisse Etwas, bei dem alle Elemente zu funktionieren scheinen. Zweifelt wie ihr wollt. An „Sgt. Pepper” und „Joshua Tree“ hat damals auch keiner gezweifelt. Und ja, das habe ich grad wirklich gesagt. Mir ist alles egal. Argh, who would ever wanna be king?
Beste Songs: Lost!, Lovers In Japan, Viva La Vida, Violet Hill, Death And All His Friends

04. Foals „Antidotes“

Trendsetter… Der nervigste Modetrend des Jahres. Also neben den unsäglichen Röhrenhosen: Die Rückkehr dieser Flanell-Grunge Hemden in XL, jetzt für Indie-Kids. Bitte? Und die Foals können sich da gleich mal ne Standpauke abholen, weil die genau so rumlaufen und irgendwie genau die Marke Stylo-Indie ist, über die sich Leute mit dickeren Oberschenkeln, wie ich gern mal aufregen. Böse kann ich denen aber gar nicht sein. Denn einmal ihr Debüt „Antidotes“ gehört verwandeln sich alle Vorurteile sofort in glühende Euphorie und Begeisterung. „Antidotes“ ist das spannendste Debüt des Jahres, die Band von allen neuen sicher auch die, der man in den nächsten Jahren die meiste Aufmerksamkeit schenken sollte. Dieses Album kann sich nicht entscheiden was es sein will. Ist das New Rave? Manche haben auch hier das böse „Afrobeat“-Wort benutzt? Elektrisch gespielte Rockmusik? Oder Elektronica, die mit herkömmlichen Instrumenten gespielt wird? Es wird einem alles nicht sofort deutlich. Wer dazu tanzen will, kann wunderbar zu „Cassius“ oder „Two Steps, Twice“ abspacken. Aber gerade in den vielschichtigeren, etwas ruhigeren Momenten, wie bei „Olympic Airwayes“ oder dem genialen „Big Big Love (Fig. 2)“ offenbart die Band ihr großes Talent für einen vielschichtigen, innovativen Sound, der keine Berührungsängste kennt. Und genau diese Mixtur klingt am Ende für mich wie ein Sammelsorium aller Musikstile, die ich gut finde. In Sachen Pop sind die Fohlen aus England am Puls der Zeit, stellenweise durch die Vergangenheit in die Zukunft gereist. Dieses Album ist wie eine elektrische Wundertüte, die an allen Ecken und Enden Überraschungen bietet. Dadurch kommt es überhaupt nicht auf die Idee, den Hörer irgendwie zu nerven. Im Gegenteil: es lädt zum Öfters-Hören ein. Nur damit sich einem vielleicht der ein oder andere Track erst noch später als Hit offenbart. Dieses Album ist vielseitig, innovativ, teils tanzbar, teils verträumt und mit vielen sehr guten Songs ausgestattet. Jetzt wünscht man den Foals nur noch, das ihre Halbwertszeit länger als der Hype um sie ist. Die Chancen stehen gar nicht mal so schlecht.
Beste Songs: Cassius, Olympic Airwayes, Electric Bloom, Big Big Love (Fig. 2)

03. The Last Shadow Puppets „The Age Of The Understatement“

Langeweile?… Muss man sich an dieser Stelle ja fragen. Scheint ja so, als ob Alex Turner mit den Arctic Monkeys oder einem eventuellen Privatleben nicht ausgelastet genug ist. Der Mann ist ein Arbeitstier, durch und durch. Und erlauben kann er sich das auch, mit dem meistverkauften Debüt der britischen Geschichte im Backkatalog. Da kann man auch ein Herzensprojekt wie die Last Shadow Puppets verwirklichen. Miles Kane, der wohl mit den Rascals gern soviel Erfolg hätte, wie mit diesem Album. Hier frönen die beiden Jungspunde ihrer offensichtlichen Liebe zum Gitarrenpop alter Schule. Und damit meinen wir die 60er und alles was dazu gehört. Tonnen von Streichern (meisterhaft von Owen Pallett arrangiert), Harmoniegesang und vor allem kurze und knappe Popsongs, die in zweieinhalb Minuten einfach alles sagen, was sie sagen müssen. So ist „The Age Of The Understatement“ grad mal etwas mehr als eine halbe Stunde lang. Länger müssen Alben auch gar nicht sein, wenn sie gut sind. Das war vor 40 Jahren so und ist heut keinesfalls anders. Turner und Kane wissen das und konzentrieren sich deshalb auf diese Songs. Diese sind, mit einem Wort, einfach traumhaft! Es fällt mir gar nichts schlechtes ein. Nichts! Nicht eine Spur! Zu gut sind die Melodien, zu perfekt ist die Instrumentierung, zu treffsicher das Arrangement. All das gibt diesem kleinen Album einfach eine epische Größe, so dass es, wäre es vor 40 Jahren erschienen, durchaus heute ein Klassiker wäre. Nur, dass der Sound heut einfach besser ist. Das konnten die Beach Boys halt damals noch nicht so. Wählen sie sich jeden Song aus. Der epische Titelsong, das sonnige „Standing Next To Me“, das düstere „In My Room“, das traumhafte „The Meeting Place“... alles ist wundervoll. Eine Symphonie in Pop, das sich bewusst für alle großen Gesten öffnet. Ein Album, wie eine Zeitreise, ein Urlaub von all dem, was sich heute Popmusik schimpft. Das hier ist großes Kino! Mit Filmprojektor versteht sich, ohne DVD-Player. Warum diese Jungs keiner nach nem Bond-Song gefragt hat und warum dieses Album nicht mit drei Dutzend Grammys überhäuft wird, verstehe wer will. Gut, es ist hoffnungslos altmodisch. Aber manchmal hat die Musik so etwas nötig. Um sich auf das zu besinnen, was wichtig ist. Alex Turner ist das wohl eher egal. Der will nur Songs schreiben und sitzt schon am nächsten Monkeys-Album. Vielleicht kann er von der neugewonnenen Leichtigkeit etwas mitnehmen.
Beste Songs: The Age Of The Understatement, Standing Next To You, The Meeting Place

02. Bloc Party „Intimacy“

Titelverteidiger… Ha! Fast hätten sie’s tatsächlich geschafft und den Titel verteidigt! Aber am Ende steht „Intimacy“ dann doch irgendwie im Schatten, nicht nur der Platte des Jahres, sondern auch meines übermächtigen Albums des Jahres 2007. „A Weekend In The City“ war aber auch in seiner emotionalen, konzeptionellen Geschlossenheit nicht zu wiederholen. Und außerdem jammern wir hier auf extrem hohen Niveau, denn Album Nr. 3 dieser Ausnahmeband ist wieder ein sehr gutes, stellenweise geniales Album geworden. Drei geniale Alben in 4 Jahren, die eine Band aus dem Nichts zu meiner Lieblingsband werden lassen... das ist keine Selbstverständlichkeit! Das ist der Beweis, dass es zur Zeit in dem, was sich Rockmusik nennt, kaum etwas vergleichbar spannendes gibt, wie Bloc Party. Gut, Radiohead, aber zu denen kann man nicht „rocken“. Und wie man das bei Bloc Party kann. Dem eher verhaltenen, glatten Vorgänger setzt die Band einen treibenden Anfang entgegen. „Ares“ ist verstörendes Chaos voller Kraft, „Mercury“ alles, nur kein Rocksong. Hier verwirft die Band mal wieder aufs Neue alles, was man von ihr erwartet hat. Auch die ruhigen, sehr minimalistischen und elektronischen Balladen, wie „Biko“ oder „Signs“ lassen die Band wieder in einem neuen Licht erscheinen. Und so was wie „Zepherus“ kriegt auch Thom Yorke nicht alle Tage hin. „Intimacy“ ist Kele Okereke’s Seelenstrip. Ein Album voller Wut, Trauer und emotionalen Balast, den es zu verarbeiten gilt. In den lauten, wütenderen Momenten, wie bei „One Month Off“ oder „Better Than Heaven“ spürt man die Authentizität dieses Mannes am Deutlichsten. Vielleicht ist es nur Zufall, dass irgendwann diese Band um die Ecke gekommen ist und mich mit 90% ihrer Songs direkt emotional anspricht, so dass ich nicht anders kann, als sie zu lieben. Vielleicht ist es aber auch mehr. Die Symbiose aus ganz vielen Elementen. Für eine Popband sind sie immer noch zu kantig, für eine Rockband aber immer noch zu elektronisch. Und von den Einflüssen urbaner Musik fang ich mal gar nicht an. Bloc Party sind eine Band, bei der musikalische Entwicklung kein Mittel zum Zweck sondern ein innerer Drang ist. Die Band lebt von ihren Einflüssen und von der Tatsache, dass sie diese zu eigenen Ideen ausbauen kann. Warum „Intimacy“ dann doch nur Zweiter ist? Nun ja, weil „Trojan Horse“ und „Halo“ nur auf B-Seiten Niveau sind und man da den ansonsten recht konsequenten Weg nicht bis zum Ende gegangen ist. So ist das Album ein Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Spielweisen dieser Band. Das macht die Zukunft wieder sehr spannend. Und für Album Nr. 4 kann die Band sich auch gern wieder etwas Zeit lassen. Aber das entspricht irgendwie auch nicht ihrem Credo, so scheint mir.
Beste Songs: Ares, Mercury, Signs, Better Than Heaven, Ion Square

01. Elbow “The Seldom Seen Kid”

Angekommen… Da sind sie nun! Elbow aus Manchester, an der Spitze. Nicht nur bei mir. Ihren Ruf als Geheimtipp haben sie, zumindest in ihrem Heimatland abgelegt, wo sich „The Seldom Seen Kid“ nicht nur in den vorderen Top 10 platzieren konnte, sondern auch Radiohead und anderen den begehrten Mercury Prize vor der Nase wegschnappte. Und nächstes Jahr spielen sie die Wembley Arena. Eine Entwicklung, die sich mit aller Ruhe und Besonnenheit in den letzten Jahren seit ihrem 2001er Debüt „Asleep In The Back“ angekündigt hatte. Von Album zu Album hat sich diese Band auf einem ohnehin schon sehr hohen Niveau immer wieder gesteigert, um mit „The Seldom Seen Kid“ den vorläufigen kreativen Höhepunkt zu erreichen und ihr stärkstes und ausgereiftetes Werk vorzulegen. In den Anfangstagen als Travis/ Coldplay-Klon verschrieben, haben Elbow längst ihre ganz eigene Nische geschaffen. Hier entfalten sie ihre melancholischen, immer etwas schrulligen und auch irgendwie sehr britischen kleinen Popsongs seit Jahren immer wieder aufs Neue. Durch alles Chaos und alle Experimentierfreude hallt am Ende immer die Stimme von Sänger Guy Garvey, die einen wie ein heller Leuchtturm immer wieder nach hause bringt. Die Texte sind gefühlvoll, die lyrischen Bilder Garvey’s schwanken zwischen Genialität und witzigem Unterton. Die Band hat sich ihre Schrulligkeit und Eigenheit längst zum Markenzeichen gemacht und hat nun, 2008, dieses unglaubliche Album geschaffen. „The Seldom Seen Kid“ hört sich wie aus einem Guss und wurde einem verstorbenem Freund der Band gewidmet. Das macht diese Platte so unglaublich intim, das man ihr jeden Ton bedenkenlos abnimmt. Ein Album für die Nacht. Sperrigen Songs, wie dem groovigen „Grounds For Divorce“ oder dem bartrunkenen „The Riot“ stellen sich melancholische Songs wie „Mirrorball“ gegenüber. Und dann immer der Hang zu großen Momenten. „The Loneliness Of A Tower Crane Driver“ entwickelt sich am Ende zu einem gewaltigen Monster und spielt orchestral in einer anderen Liga. „Weather To Fly“ strotz vor vorsichtigem Optimismus, den „One Day Like This“ später inklusive Chor auf die Spitze treibt. Das Album endet mit dem unglaublichen „Friends Of Ours“, einem der traurigsten Songs, den ich je gehört habe. Alles wofür dieses Album steht. Die Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen, der vorsichtige Optimismus und die leise Erkenntnis „Love you, mate“. So ist dieses Album Trauerbewältigung, Nachtsoundtrack und Liebeserklärung in einem. Untermalt von Musik, die einfach nur anbetungswürdig ist. Kein Album war 2008 besser, bewegender und faszinierender zu gleich. Ich wünsche dieser Band keinen großen Erfolg oder ähnliches, sondern nur, dass sie sich selber treu bleibt. Dann ist noch nicht alles verloren! Trinken wir auf das, was da noch kommen mag!
Beste Songs: Mirrorball, Grounds For Divorce, The Loneliness Of A Tower Crane Driver, One Day Like This, Friend Of Ours
Liz (Gast) - 3. Jan, 21:52

jaaaa, endlich hat die warterei ein ende! (ich bin halt a bissl neugierig..) sehr schoen, sehr schoen.. also, ich haette ja die last shadow puppets auf platz 1 getippt, aber jetzt bin ich ja schlauer.
(ich bin halt a bissl neugierig..)

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