Mittwoch, 21. Januar 2009

Dark Side Of The Hype

Dieser Tage erscheinen gleich zwei viel gehypte Debüt-Alben, welche oft in einem Atemzug genannt werden. Doch obwohl sowohl die White Lies, als auch Glasvegas in musikalisch düsteren Retrogewässern fischen, könnte das Ergebnis kaum unterschiedlicher sein.

Solche Hypes durch die Musikpresse sind ja seit jeher immer so ein Streitthema. Auf der einen Seite freut man sich, dass man neue Künstler entdeckt, die dann sogar gut sind, aber auf der anderen Seite kotzt es mich dann auch an, wenn scheinbar talentlose, überbewertete Bands aus Gründen gehypt werden, die ich einfach nicht nachvollziehen. Bestes Beispiel 2008 sind Glasvegas, deren selbst betiteltes Debüt nun auch hierzulande offiziell erscheint. Und kein anderes Adjektiv fällt mir bei dieser Band ein, wie dieses: ÜBERBEWERTET! Und gleichzeitig bin ich natürlich neben der ziemlichen Überschätzung seitens NME und Co., die in den vier Schotten schon die nächsten Oasis sehen, auch extrem enttäuscht von dem, was diese Band auf Albumlänge produziert hat.
Denn, seien wir ehrlich, die Vorabsingles haben echt Lust auf dieses Album gemacht und angesichts von so tollen Hitsingles wie „Geraldine“ und „Daddy’s Gone“ springt man auch gern auf den Hype an. Doch dann kommt dieses Album um die Ecke, das die Erwartungen nicht mal so halb füllen kann, wie ich finde. Dieses Album ist furchtbar überproduziert, musikalisch hochgradig einseitig, besitzt viele schwache Songs, kaum Ideen (geschweige denn wirklich neue) und ist einfach nur enttäuschend. Ja, wo fang ich an? Oder bei wem? Bei Sänger James Allen vielleicht. Ich meine, er hat nen tollen schottischen Akzent und ne noch tollere Joe-Strummer-Gedächtnistolle. Aber er hat keine so gute oder kräftige Stimme, dass sie zu diesem Bombastsound passen würde. Deshalb wurde anscheinend ordentlich mit Auto Tune nachgeholfen, was, wenn man es einmal weiß, ziemlich auffällt bei den Songs. Na ja, aber wenigstens ist die Stimme markant. Seine Texte sind dagegen ziemlich unspektakulär. Ja, schwere Kindheit und alles. Aber wenn er im ansonsten ganz guten „Daddy’s Gone“ aus dem Refrain mit trauriger Thematik einen lustigen Singsang macht, dann wirkt das unfreiwillig komisch. Genauso wie das Zitieren von Kinderliedern. Oh, und die Mondscheinsonate als Hintergrundmusik in „Stabbed“. Also, er mag ja leiden, aber ich spür da nix. Keine Authentizität. Ich hab ja nie was dagegen, wenn Menschen in Musik leiden, aber hier möchte ich ihm die ganze Zeit „Heul doch!“ entgegen schreien. Einfach, weil da nix rüberkommt. Alles wirkt ne Spur zu groß und zu künstlich. Für ein Debütalbum ist „Glasvegas“ auch viel zu fett produziert. Klar, die Band mag Phil Spector-Kram und offensichtlich Jesus & The Mary Chain. Aber bitte, muss denn jeder Song deshalb vom Klang her absolut gleich klingen? Das nimmt diesem Album jegliche Abwechslung, geschweige denn jegliche Überraschung. Am Anfang denkt man sich angesichts der breiten Echo/Delay-Gitarren-Whatever-Wände noch „Woooow! Groß!“ Doch nach der Hälfte der Songs klingt die Nummer wie ein alter Witz, der immer fader wird, je öfter man ihn erzählt. So weiß man bereits vor jedem Song (mit Ausnahme von „Stabbed“ halt), wie der nächste Song klingen wird. Das gleiche Surren im Hintergrund, immer das gleiche Stadionschlagzeug mit dem ollen Tamburin, die gleichen The-Edge-Gitarren, das gleiche Gejaule von Sänger James und alles mit ordentlich Echo unterlegt, damit’s ein schöner Soundbrei wird. Das ist an sich ja ne nette Sache und wenn man drauf steht, dann ist das sicher die Offenbarung. Aber so ist es für mich einfach nur stinklangweilig und unmotivierend, einem Album zuzuhören, wo es mir schwer fällt, die Songs auseinanderzuhalten. Die Songs sind ganz nett, bemühen sich aber etwas zu sehr große Stadionhits zu sein. Hauptsache, die tausend Leute in der Halle können sofort mitgröhlen. So wirkt diese Musik. Und dadurch nehm ich auch die Emotionen nicht ab. Alles wirkt zu glatt, zu künstlich und vor allem zu gezwungen, um mich zu berühren. Was die Band gebräucht hätte, wären mehr gute Songs und weniger Wischi-Waschi drumherum, welches eben diesen Songs am Ende eher schadet, als dass es ihnen nützt. Vielleicht ist das Album auch gut und der ganze NME, sowie all die Menschen, die dieses Album anscheinend im UK gekauft haben, haben Recht… vielleicht aber auch nicht. Für mich ist es jedenfalls, nach den tollen Singles im Vorfeld ne ziemliche Enttäuschung geworden. Ich dachte, die Band kann mehr. Und mit „mehr“ meinte ich nicht mehr Gitarrenwände, mehr Pomp und mehr Echo, sondern mehr gute Musik.

Gut, um das auch gleich aus Gerechtigkeitsgründen klarzustellen... In Sachen fetter Produktion können die White Lies auch mithalten. Und sagen wir das gleich zu Beginn: das Debütalbum der White Lies ist keine Offenbarung und keine musikalische Revolution, im Gegenteil: viele Versatzstücke kennt man schon aus den letzten Jahren. Etwas Editors hier, ein bisschen Killers da… und selbst die haben ja schon ordentlich in der musikalischen Schatztruhe der frühen 80er geplündert. Also nix neues… aber die zweite Frage, ob das Ganze dann doch was taugt, kann man durchaus mit einem lauten „Ja“ beantworten!
Warum ist das so? Nun, weil die White Lies das, was sie machen nicht neue machen, aber die Art wie sie es machen sehr sehr gut machen. Was ich mit diesem Kauderwelsch eigentlich sagen wollte… Tolle Songs! Eigentlich 10 durchgängig gute Nummern gibt es auf dem Debüt-Album „To Lose My Life“, große Ausfälle sucht man vergebens. Musikalisch orientiert sich das ganze schon an Früh-80er-New-Wave, vor allem weil die Band offensichtlich mit dem düsteren Charme der Musik spielt. Allerdings, und wer will kann das gern als einen Kritikpunkt sehen, ist die Platte für ein Debüt schon sehr fett und ausreichend produziert. So wirkt der prinzipiell dringliche Rock mit all den Keyboardspuren und Produzentengimmicks am Ende gar nicht mehr so schroff, sondern eher glatt. Deshalb kann man die White Lies als ne Art Mainstream-Ausprägung einer Post-Punk-Band bezeichnen. Das stört allerdings nicht wirklich, weil die Songs halt wirklich stark sind. Weiß gar nicht bei welchem ich anfangen soll.
Egal ob die tollen Singles „Death“ oder „To Lose My Life“ oder noch unbekannte Perlen, wie dem epischen „Fifty On Our Foreheads“ oder dem zackigen „Farewell To The Fairground“… das sind ziemlich eingängige Melodien und sehr starke Songs mit allem, was man an diesem Genre so mag. Die treibenden Drums, der vibrierende Bass und die zackigen Delay-Gitarren. Und dazu besitzt Sänger Harry McVeigh auch noch eines dieser flehenden, dringlichen Organe, die von „ganz tief düster“ bis „hoch flehend“ jede Menge Spektren abdecken. Astreine Melodien, tolle Grundstimmung und keinen wirklich schlechten Song. Für alle, denen die oben genannten Bands musikalisch etwas bedeuten, ist dieses Album dem ein oder anderen Anspielsong wert. Mehr noch als die Konkurrenz zielt der Sound des Trios aus London auf den klassischen Sound der 80er. Wer sich da teilweise auch an die Talking Heads oder Tears For Fears erinnert fühlt, der liegt gar nicht mal so falsch. Soll heißen: „To Lose My Life“ ist kein Album mit großen Ecken und Kannten, sondern lebt eher vom breitflächigen und astreinen Sound. Was durchaus schade ist, weil vielleicht etwas weniger Produktion den Songs hätte gut tun können. Aber ein großes Problem stellt das wiederum auch nicht da. So jammert man wohl auf hohem Niveau. Fakt ist, das die White Lies im Gegensatz zu Glasvegas die besseren Songs besitzen und wissen, wie man diese besser verpackt und verkauft. Denn was hier am Ende bleibt sind 10 hervorragende, atmosphärische Düster-Poprock Songs von einem Trio, von dem wir, wenn alles gut geht, in Zukunft hoffentlich noch mehr hören werden! Ein Album, welches 2009 noch wichtig werden wird…

White Lies @ MySpace

Glasvegas @ MySpace

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