Meine 100 Alben 2000 - 2009 / Platz 04
04. Editors “The Back Room” (2005)
Auf die Musikpresse sollte man sich sowieso nicht verlassen. Der Name „Editors“ tauchte natürlich im schicksalsträchtigen Jahr 2005 auch irgendwann unter all den vielen neuen Gitarrenbands auf. Und als mich Blogkollege „The Fall On Deaf Ears“ irgendwann im Sommer ’05 mal darauf ansprach, plapperte ich munter dem Schnabel der Presse nach… „Das is doch nur so’n billiger Interpol-Klon, oder?“ Ich Unwissender, ich! Es sollte noch ein halbes Jahr dauern, bis die Zeit reif für mich und die Editors war. So trat die Band während einer Phase in mein Leben, in dem ich sie wirklich brauchte. Mehr muss dazu auch nicht gesagt werden, das ist ja hier kein Kummerkasten. Dann auf einmal hörte ich „The Back Room“, welches ich auch noch einige Wochen lang versehentlich als „Black Room“ titulierte und irgendwann kam der Moment, wo es „Klick“ machte und an allen Vorurteilen vorbei direkt ins Herz ging. Mit Interpol hat das alles auch nicht wirklich was zu tun. Denn seit wann steht das Kriterium „Melancholischer Wave Rock mit tiefer Männerstimme“ denn für einen Vergleich? Nein, die Editors waren schon immer etwas dringlicher, konkreter. Während Interpol mit der Introspektive immer noch liebäugeln, wollen die Editors mit ihrer Trauer und Verzweiflung Außenwirkung erzeugen. Allein der Albumbeginn ist mit dem schnellen „Lights“, sowie den Hits „Munich“ und „Blood“ bereits unglaublich zackig, energiegeladen und tanzbar. Und so geht es auch weiter, wenngleich die Band natürlich zu den richtigen Momenten auf die Bremse tritt. Und immer wieder fleht die markante Stimme von Tom Smith in den Nachthimmel. „I wanted to see this for myself“ singt er im melancholischen „Fall“ vor sich hin. Inwieweit Smiths Stimme etwas mit Paul Banks zu tun haben soll, dass dürfen andere entscheiden. Sie ist makant, klar, kraftvoll und doch voller Schmerz. Live gibt Smith den unfreiwilligen Frontmann, der immer wieder im Kampf mit sich selbst zu sein scheint. Wenngleich sich das in den letzten Jahren deutlich gebessert hat. Seine Texte sind einfach gehalten, aber mehrdeutig interpretierbar. So haben die Songs die seltene Gabe, für jeden ihrer Hörer etwas anderes zu bedeuten. Wer oder was die „Disease“ ist, auf welche man im genialen „Bullets“ verzichten soll, muss jeder selbst entscheiden. Und auch die blutenden Hände aus den Fabriken oder die Arme, mit denen man Menschen in der eigenen Stadt Willkommen heißen soll sind Interpretationssache. Doch was am Ende bleibt ist ein Gefühl von Melancholie, Verzweiflung und sicher auch etwas innerer Zerrissenheit, welche die Songs, trotz ihrer poppigen Eingängigkeit durchweht. Für ein Debütalbum eine erstaunliche Leistung. Alle elf Tracks sind hervorragend und auch vielseitig. Für ein trauriges Balladenalbum ist „The Back Room“ zu schnell, für ein Tanzalbum aber auch zu ruhig. Für mich als Fan von düsterem New-Wave-Pop natürlich ideal. Das Debüt der Editors ist eines der besten der ausgehenden Dekade voller großer, wichtiger Songs, die mir sehr viel bedeuten. Und nicht nur die auf dem Album. All die B-Seiten, welche vor und während dieses Debüts entstanden, sind von ähnlicher Birllanz. Es seien nur mal Songs wie „Let Your Good Heart Lead Your Home“ oder “Come Share The View” ans Herz gelegt. Und all diese Songs habe ich damals so gern und intensiv gehört... und das über einen wirklich langen Zeitraum. Die trunkenen Momente, die ich zusammen mit den Editors verbracht hab lassen sich eh nicht mehr an zwei Händen abzählen. Aber es war gut so und ist es heute immer noch. Auch die beiden Nachfolger haben meine Vermutungen bestätigt, dass diese Band viel Potential nach oben hat. Dieses einmalige A-ha-Gefühl aber bleibt trotzdem für immer mit „The Back Room“ verbunden. Und dabei bealsse ich es auch. „I’ve got so much to tell you but so little time”.
Anhören: „Munich“, „Blood“, „Fall“, „Bullets“, „Open Your Arms“

Anhören: „Munich“, „Blood“, „Fall“, „Bullets“, „Open Your Arms“
rhododendron - 13. Dez, 12:03