Samstag, 26. Dezember 2009

Lieblingsalben 2009 / Platz 15 - 11



15. Arctic Monkeys “Humbug”


Wenn gar nix mehr geht, geht immerhin noch die Wüste. Zumindest für manche Bands. Schon U2 haben sich damals da bei „Joshua Tree“ ein paar neue Ideen holen können. Nun also auch die Arctic Monkeys, die größte britische Musikentdeckung des Jahrzehnts. Na ja, wenn man der Presse halt glauben schenken darf. Auf dem sehnsüchtig erwarteten Drittwerk der britischen Senkrechtstarter wird die konsequente Entwicklung der vergangenen Jahre fortgesetzt. Leichte Mitsing-Songs, wie auf dem Debüt sucht man auf „Humbug“ vergebens. Die Dunkelheit und das geheimnisvolle, welche die Band bisher textlich öfters herüberbringen konnte, bekommt nun endlich das musikalische Gewand. So bietet „Humbug“ zehn schrullige Anti-Hits, sich mit allerhand Psychodelic-Anleihen tief in die 60er wagen und dennoch hochmodern klingen. Zwischendurch schaltet man gern auch mal einen Gang herunter, wie beim traurigen „Cornerstone“ oder dem düsteren „Dance Little Liar“, dem versteckten Highlight der Platte. Dann wird’s aber auch mal richtig laut, es gibt Gitarrensoli und Metal-Momente. Es wirkt so, als ob Produzent Josh Homme es endlich geschafft hat, den Sound der Monkeys nach außen zu kehren. Jener Sound, der schon immer irgendwie an bestimmten Stellen durchblitzte und nun endgültig nach vorn rückt. Ach, sie sind so schnell erwachsen geworden, unsere vier Monkeys. Mit dem locker-leichten Teenager-Debüt „Whatever People Say...“ hat das alles nichts mehr zu tun. Das wirkt mittlerweile eher wie der eigentlich Fremdkörper in der Discography. „Humbug“ ist nicht das Werk von vier jungen Lads, sondern von hochmusikalischen jungen Männern. Es klingt nach dem Sand der Wüste, dunklen Nächten und vernebelten Bars. Westernromantik, wo es eigentlich gar keine gibt. Melodien, die eigentlich gar keine sind und Refrains, die man halt immer erst suchen muss. Dafür spielt die Band hervorragend, stellenweise geradezu virtuos auf. Die haben was drauf und „Humbug“ ist der endgültige Beweis dafür. Vermutlich springen nun all die Fast-Food-Indie-Kids teilweise ab, aber das muss man in Kauf nehmen um nicht als Eintagsfliege zu gelten. Die Arctic Monkeys spielen schroff und kantig gegen ihre eigene Legendenbildung ab. Und während die oft zum Vergleich gezogenen Oasis damals bei Album Nr. 3 im Größenwahn und Drogenkonsum versanken, punkten die Herren um Alex Turner lieber musikalisch. Das schöne an „Humbug“ ist wirklich, dass man es sich immer wieder anhören kann, ohne dass es schnell nervt. Gelegentlich entdeckt man auch neue Facetten und Ideen, welche man in dieser Form noch nicht gehört hatte. Eine rundum gelungene Neudefinition. Mal schauen, was da die nächsten Jahre noch so um die Ecke kommt.
Anhören: “My Propeller”, “Crying Lightning”, “Cornerstone”, “Dance Little Liar”

14. White Lies „To Lose My Life“


Also um das gleich mal von Beginn an festzuhalten: das Debütalbum der White Lies ist weder eine Offenbarung noch eine musikalische Revolution. Im Gegenteil: hier werden uns diverse Versatzstücke aus bekannten musikalischen Anleihen der letzten Jahre präsentiert. Ein bisschen Editors hier, etwas Killers dort. Na ja, und da muss man natürlich Zwangsläufig die 80er mit dazunehmen. Klingt auch teilweise gern mal nach den Tears For Fears. Letztendlich sind die White Lies eine Art glattgebügelte Ausgabe des Post-Punkt-Wave-Revivals. Das ganze funktioniert aber dennoch sehr gut, weil es die zehn Songs auf „To Lose My Life“ halt faustdick hinter den Ohren haben. Tolle Songs, kaum Ausfälle. Die Band spielt mit dem düsteren Charme vom 80er-New-Wave und erzeugt so allerhand Popsongs zum Thema Tod, Verzweiflung, Abschied und so weiter. Immerhin heißt der Eröffnungstrack ja auch „Death“. Der Titeltrack, sowie „Farewell To The Fairground“ gehen ordentlich nach vorn, während sich andere Nummern wie „For The Stars“ oder „Nothing To Give“ eher einer ruhigen Atmosphäre bedienen. Aber ich mag ja so darken 80er-Kram. Die treibenden Drums, der vibrierende Bass und die zackigen Delay-Gitarren halt. Und dazu besitzt Sänger Harry McVeigh auch noch eine dieser flehenden Stimmen, die von „ganz tief düster“ bis „hoch flehend“ jede Menge Spektren abdecken können. Fans der oben genannten Bands können also Spaß an dem Trio aus London haben. Was letztendlich eine höhere Platzierung und einen Stellenwert wie bspw. den der Editors bei mir verhindert hat, ist die Tatsache, dass „To Lose My Life“ wirklich sehr stark auf Hochglanz poliert ist. Die fehlenden Ecken und Kanten nehmen natürlich etwas von der Atmosphäre weg, zumal McVeighs Texte teilweise wirklich etwas reißbrettartig daher kommen. Im Prinzip hätte etwas weniger von allem dem Album durchaus gut getan. Aber so ist es halt, was es ist und mir soll’s recht sein. Ein kurzweiliges, sehr eingängiges Poprock-Album mit einem schön düsteren 80er-Einschlag und einigen recht großen Hits. Wer also, wie ich ein Fabel für Musik in diese Richtung hat, dem sollte das Werk nicht entgangen sein. Ansonsten bitte mal nachholen.
Anhören: “To Lose My Life”, “E.S.T.”, “From The Stars”, “Farewell To The Fairground

13. Depeche Mode “Sounds Of The Universe”


Kultbandalarm! Mit regelmäßigen Abstand melden sich die alten 80er Hautdegen und persönlichen Favoriten von mir, Depeche Mode mit einem neuen Album zurück. Diesmal waren es „nur“ 3einhalb Jahre, die seit dem erfolgreichen „Playing The Angel“ ins Land gezogen sind. Was hat uns diese Band eigentlich nach fast 30 Jahren noch zu erzählen. Nun, nicht mehr sooo viel. Depeche Mode sind eine gut funktionierende Firma, die aber, und das muss man ihnen lassen, ihr Handwerk versteht. Und da die bekloppten Fans eh jeden Release dreimal kaufen, herrscht bei Dave Gahan, Martin Gore und Andy Fletcher längst kreative Narrenfreiheit, welche sie auch bei „Sounds Of The Universe“ wieder ausleben. „Universe“ ist eine konsequente Weiterentwicklung der letzten Alben und schließt sich nach dem durchwachsenen eher „Exciter“ von 2001 an. Der hier zelebrierte Retro-Klang beruht auf dem verstärkten Einsatz von alten Analog-Synthesizern, die sich zu einem großen Ganzen zusammenfügen und ein Klangbild erzeugen, welches immer wieder Akzente aus vergangenen DM Phasen aufweist. „In Sympathy“ klingt nach „Exciter“, während „Hole To Feed“ Ansätze von „Violator“ beinhaltet oder das Instrumental „Spacewalker“ direkt als Outtake aus dem Jahr 1982 durchgehen kann. Und obwohl wie beim Vorgänger wieder Ben Hilliar an den Reglern saß, klingt „Sounds Of The Universe“ wesentlich klarer, kompakter und vor allem besser. Der Retro-Sound wird hier nicht erzwungen, sondern wirkt ganz natürlich, als hätten Band und Produzent endlich verstanden, wie man miteinander umgehen muss. Die Songs ordnen sich stärker dem Gesamtklang unter, als bisher, was aber vollkommen okay ist. Denn die Songs sind zwar keine durchgängigen Meisterwerke, wie zur Hochphase der Band, aber dennoch durchgängig hochwertig, diesmal wieder mit stärkeren Gospel- und Blueseinflüssen. Der flehende Opener „In Chains“ regt einen zum Mitklatschen an, „Little Soul“ fleht noch im Dunkeln, während „In Sympathy“ anschließend das Licht rein lässt und dies schließlich in „Peace“, einem der bisher wohl optimistischsten Songs der Band und einem wunderbaren Zusammenspiel von Gahan und Gore mündet. Die Band hat ihren Frieden gefunden, auch mit sich. Und über was sollen sie auch noch schreiben, wenn sie eigentlich alle Laster, Drogenskandale und Streitigkeiten der letzten Jahre mittlerweile abgelegt haben? Die drei zufriedenen und millionenschweren Familienväter müssen der Welt nichts mehr beweisen. Also lautet die Motivation zum Weitermachen wohl nur nach Spaß und das entwickeln neuer Idee. Live vielleicht nicht mehr, da liefern Depeche Mode mittlerweile eine überraschungsarme Las-Vegas-Show ab. Aber im Studio sucht man noch nach neuen Impulsen. Ein Blick in die Studio-Making-Of’s bestätigt diesen Eindruck. Also arbeiten Depeche Mode weiterhin daran, ihre Musik weiterzuentwickeln, neue Elemente einzubauen und vor allem die Akzente etwas anders zu setzen. Natürlich wirkt die reduzierte Version von „Come Back“, welche man schon auf der Homepage anschauen konnte, eingängiger, aber die verzerrten Gitarrenwände auf dem Album untermauern die Verzweiflung in Gahan’s Flehen und bringen eine spannende Dissonanz ins Popgerüst. „Sounds Of The Universe“ ist vermutlich immer noch nicht das große Alterswerk der Band, aber sie kommen einem solchen Album wieder näher und es macht Hoffnung, dass diese Band auch jenseits der 50 noch eine großartige Musikmomente schaffen kann. Und wenn nicht, dann erwischen sie hoffentlich den richtigen Moment zum Abtreten. Verdient hätten sie es sich ja schon längst.
Anhören: „In Chaines“, „Wrong“, „In Sympathy“, „Come Back“, „Jezebel“,

12. Röyksopp “Junior”


Röyksopp wurden 2009 zehn! Auch nicht schlecht, denn mit nur 3 Alben in dieser Dekade hat das norwegische Elektroduo ordentlich Eindruck hinterlassen. Und als ideales Geburtstagsgeschenk gibt es gleich „Junior“ auf dem die Band ihren Stellenwert in Sachen Elektronische Musik noch mal ordentlich unterstreicht. Das Duo liefert uns hier echt tollen Elektropop ab, mit viel Atmosphäre und Melodien. Während der Opener, das lustige „Happy Up Here“ noch eher zum Schmunzeln einlädt, folgt gleich im Anschluss mit der Robyn-Kollaboration „The Girl And The Robot“ ein anständiger Elektro-Superhit, der ordentlich zum Tanzen einlädt! Und Robyn ist nicht der einzige weibliche Feature-Gast. Natürlich ist Karin Dreijer Andersson aka Fever Ray wieder dabei, welche uns durch das wunderbar tanzbare Pop-Märchen „This Must Be It“, sowie das wirre „Tricky Tricky“ leitet. Und Lykke Li ist auch dabei. Und die wundervolle Anneli Drecker, die auf der tollen Ballade „You Don’t Have A Clue“ ihr können unter Beweis stellt. Ja, Röyksopp wissen, wie man die skandinavischen Pop-Ladies anlockt. Wie immer durchzieht das ganze Album ein Hauch von Melancholie, mal mehr tanzbar, mal weniger. Der knarzende Groove von „Vision One“ ist typisch Röyksopp, während ruhigere Instrumental-Tracks wie „Röyksopp Forever“ oder „Silver Cruiser“ Röyksopp von der Seite präsentieren, die man auf den ersten Alben an ihnen schätzen gelernt hat. Hier wird mal wieder gezeigt zu welcher Musikalität elektronische Musik fähig sein kann. Mit dem ruhigen Lounge-Debüt „Melody A.M.“ hat das nicht mehr so viel zu tun, denn Röyksopp haben sich dem Pop zugewendet und wollen zeigen, was man alles feines damit anstellen kann. „Junior“ hat eine ganz eigene Atmosphäre und besonders das Zusammenspiel aus den elektronischen Spielereien und den sehr gut ausgewählten weiblichen Gastsängerinnen weiß hier zu gefallen. Außerdem passiert hier unentwegt an allen Ecken und Enden etwas. Nein, diese Jungs (mitsamt ihren Mädels) haben es echt drauf. Elektronische Musik kann so viel mehr sein, als nur Clubfutter und Bubblegumpop-Soundgewand. Röyksopp bleiben auch in diesem Jahr eine Ausnahmeerscheinung im Genre und begeistern mit Ideenreichtum und Abwechslung. Die Geburt von „Junior“ ist also bestens geglückt, nächstes Jahr soll das etwas düstere und ruhigere Gegenstück „Senior“ folgen. Ich bin sehr gespannt darauf und somit recht zuversichtlich, dass man auch noch ein 20jähriges Jubiläum feiern wird.
Anhören: “The Girl And The Robot”, “This Must Be It”, “Röyksopp Forever”, “You Don’t Have A Clue”, “True To Life”

11. Muse “The Resistance”


Getreu dem alten Leitspruch von Oliver Twist, haben es sich Muse zur Aufgabe gemacht, immer ein klein wenig mehr zu wollen. Der Drang der Band, immer neue Elemente ihrem seit jeher ausladenden Alternative Rock hinzuzufügen spornt sie seit nunmehr 10 Jahren zu immer neuen Höchstleistungen an. Der Erfolg hat sich mittlerweile auch eingestellt. Die größeren Hallen werden auch abseits der englischen Heimat voll, denn der Ruf, eine der besten Live Bands der Welt zu sein spricht sich langsam rum. Die richtigen Songs dafür haben sie eh schon immer gehabt. So geht auch das diesjährige fünfte Studioalbum „The Resistance“ den Weg kontinuierlich weiter, den zuletzt „Black Holes & Revelations“ eingeschlagen hatte. Die Band öffnet sich neuen Spielarten, die Produktion wird ausgereifter, der raue, wütende Zorn der Anfangstage weicht einer stärkeren Musikalität und Pop-Affinität. Das wird sicher vielen Fans der ersten Stunde nicht sonderlich gefallen, aber Muse haben sich halt weiter entwickelt, schließlich sind sie ja auch keine 20 mehr. So ist „The Resistance“ natürlich wieder ein gewohnt pompöses, ausladendes Album geworden, welches dem uneingeschränkt sympathischen Größenwahn frönt. Nach dem thematischen Ausflug in ferne Galaxien auf dem letzten Album, geht es diesmal etwas bodenständiger zu. Aber nur etwas, denn inhaltlich geht’s diesmal neben den üblichen Themen Liebe, Sex und Zärtlichkeit natürlich auch um revolutionäre und politische Umbrüche. Den gelebten Widerstand gegen was auch immer. Bereits die Single „Uprising“ kündet davon. Im Titeltrack fleht Matthew Bellamy anschließend die Angebetete an, dass ihre Liebe ihr Widerstand gegen all den Rest ist. Ach, wie kitschig. Der Rest überrascht dann immer mal wieder. Denn mit dem lässig groovenden „Undisclosed Desires“ präsentiert man sich erstmals vollkommen ohne Gitarren- oder Pianospiel. Herausgekommen ist ein Song, den Timbaland besser nicht hätte hinbekommen können. Urbaner Elektro-R’n’B inklusive sexy Text. Eine Art konsequente Weiterentwicklung von „Supermassive Black Hole.“ „United States of Eurasia“ gibt dann all den Leuten Recht, die Muse seit jeher als neue Queen ansehen, während sich das schwülstige „Guiding Light“ irgendwo zwischen U2 und fiesem 80er-Schwulst bewegt. Inklusive viel Hall auf den Drums. Und immer gibt’s noch eine Schippe mehr. So endet „The Resistance“ standesgemäß mit der dreiteiligen „Exogenesis“-Symphonie, welche noch einmal die klassisch-virtuose Seite der Band mit ihrem bekannten Gitarrensound verbindet. Gerade der finale Teil, „Redemption“ ist ein wundervoller Ausklang, der kaum hätte besser sein können. Was soll eigentlich nach so einem Ausstand noch kommen? Muse entwickeln ihren Kunstrock konsequent weiter und betonen diesmal, auch aufgrund der erstmaligen Verwendung eines echten Orchesters, ihre symphonische Seite viel stärker. Insgesamt ein sehr stimmungsvolles und abwechslungsreiches Album, das unglaublich dick aufträgt, aber die dürfen das halt. Vielleicht fehlt am Ende noch der letzte konsequente Schritt, um es perfekt zu machen, aber man braucht ja noch Stoff für die nächsten Alben, versteht sich.
Anhören: “Resistance”, “Undisclosed Desires”, “United States Of Eurasia”, “Exogenesis Symphony Pt. 3: Redemption”

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