Dienstag, 2. März 2010

Comic-Musik

Da ja derzeit das neue aktuelle Gorillaz-Werk an dieser Stelle in voller Länge zu hören ist, möchte ich mir es nicht entgehen lassen, das Werk Titel für Titel zu kommentieren:

Cover






1. "Orchestral Intro" (featuring sinfonia ViVA) 1:09

Beginnt mit sanftem Rauschen, wie es sich für ein Beach-Album gehört, wird dann von dramatischen Streichern fortgeführt. Klingt groß, klassisch-romantisch.

2. "Welcome to the World of the Plastic Beach" (featuring Snoop Dogg and Hypnotic Brass Ensemble) 3:35

Sehr entspannter G-Funk-Track, zu dem Mr Dogg im typischen Stil (zugekifft bis unter die Hutkrampe) seine schönen Rhymes droppen kann. Die Bläser und die Vocoderstimme im Hintergrund geben eine hübsch soulige Stimmung.

3. "White Flag" (featuring Kano, Bashy and The Lebanese National Orchestra for Oriental Arabic Music) 3:43

Sanfte Percussion, irgendeine Ethno-Flöte und eine sehr folkloristisches Orchester lassen anfänglich noch orientalisches Feeling, wie im Titel bereits angedeutet, aufkommen. Anschließend fällt es dann doch in einem relativ klassischen HipHop-Song zusammen. Der Beat stimmt aber, bringt den Song gut nach vorn. Erinnert ein wenig an The Streets.

4. "Rhinestone Eyes" 3:20

Erstmals kommt die Stimme Damon Albarns wieder zur Geltung. Allerdings melodiefrei. Im Hintergrund die nostalgisch sägende 80's-Synthies über langsamen, aber kickenden Beat. Kann trotz Cheeleader-artigen Shouts im Refrain nicht wirklich überzeugen.

5. "Stylo" (featuring Bobby Womack and Mos Def) 4:30

Ganz im Gegensatz zu dem hier. Altbekannt. Und immer noch grandios. Der Soulgesang Bobby Womacks kriegt mich jedes Mal wieder.

6. "Superfast Jellyfish" (featuring Gruff Rhys and De La Soul) 2:54

Gruff Rhys kennt man ja als Sänger der Super Furry Animals und Neon Neon. De La Soul hatten in den Neunzigern ihre Heydays mit HipHop, der nicht vom bösen Gangsta-Life erzählt, sondern von fröhlicheren Sachen. Der Song klingt auch prompt wie so eine Art Kindergeburtstag. Schließlich wird ja aus Kindersicht auch die Vorzüge unserer Plastikwelt erläutert und Gruff singt im Refrain auch eine simple, an Kinderlieder gemahnende Linie. Der Beat immer noch fett wie eine Friteuse, dazu verpielte Synthie-Weisen.

7. "Empire Ants" (featuring Little Dragon) 4:43

Wieder etwas entspannter. Selige akustische Strandgitarren, viel Delay. Man wird sofort unter einen Sternenhimmel gebeamt. Sehr harmonisch. Und wieder schön von Damon Albarn gesungen.
Ab der Häflte bricht dann doch wieder die Disco über einen rein. Klingt dann im Wesentlichen nach Goldfrapp. Also Musik wie Tangerine Dream mit etwas mehr Beat. Nur singt halt nicht Alison Goldfrapp, sondern Little Dragon. Kann auf jeden Fall jedem romantischen Geist gefallen. Wäre auch eine gute Single.

8. "Glitter Freeze" (featuring Mark E. Smith) 4:03

Mark E. Smith von The Fall darf dem Hörer wieder ungeniert mit seinen typischen Genöle ein Ohr abkauen. Das allerdings nur sehr kurz. Dazu kommt sonst im Wesentlich mal ordentliche Pornomusik from outer space. Geht zwar nicht ins Ohr, aber im besten Sinne in die Hose.

9. "Some Kind of Nature" (featuring Lou Reed) 2:59

Lou Reed spricht wie immer mehr, als er singt. In der Strophe. Im Refrain tritt dann wieder die gesangliche Rettung von Albarn in Erscheinung. Wird im Verlauf mit Zunahme der melodischen Elemente immer besser. Je weniger Lou Reed halt machen darf. Das ist aber auch sehr subjektiv. Manche mögen es ja, wenn einer komplett verdrogt und gelangweilt auf einen einlabert.

10. "On Melancholy Hill" 3:53

Och wie schön. Ein schöner einfacher Popsong, der zwar wieder aus dem Kinderzimmer entwichen klingt, mit Glockenspiel und verschämten Piccoloflöten-Elementen. Aber die Melodieführung ist halt sehr schön. Niedlich.

11. "Broken" 3:17

Klassischerer R'n'B-Song mit hübschen AutoTune-Refrain. Gefällt mir außerordentlich gut. Hat wieder diese Weltraumkomponente, die der Musik gut steht. Perfekte Länge, außerdem.

12. "Sweepstakes" (featuring Mos Def and Hypnotic Brass Ensemble) 5:20

Zeit, dass wieder die fetten Beats zum Zuge kommen, wer passt da besser als der erneute Mos Def-Einsatz? Doch anfänglich fragt man sich, wo bleibt denn nun der Beat ... zunächst klingt das noch sehr gebremst. Im Verlauf kommen, dann noch vorsichtige Sägeform-Synths dazu. Man erwartet jeden Moment, dass es gleich losbollert, aber es bleibt ruhig. Die Balkan-Bläser setzen ein. Der Song zieht weiter und weiter. Mos Def rappt. Und beinahe unmerklich ist die Klangkulisse randvoll. Das gesamte Ensemble für dieses Lied wirkt wie ein Treck, der immer mehr in Fahrt kommt, gemeinsam harmonische Schlängellinien fährt und letztendlich doch sehr gut mitreißen kann. Sehr cleverer Track. Ein weiteres Highlight.

13. "Plastic Beach" (featuring Mick Jones and Paul Simonon) 3:47

2/3 The Clash im Titelsong? Was wird denn das? Ein eigentlich klassischer Gorillaz-Song, der aber letztendlich durch seine ziellosen Samples und seine Melodieaskese bereits nach zwanzig Sekunden nervt. Da muss man wohl durch, wenn man Legenden ins Studio lässt.

14. "To Binge" (featuring Little Dragon) 3:55

Zum Glück gibt es ja Leute, die noch melodieverliebt sind. Little Dragon gehört offenbar dazu. Zu netten Kirmesorgeln, federleichtem Shufflerhythmus und im Zwiesang mit dem Hauptvokalisten kommt ein weiteres sehr niedliches Söngchen bei rum, den man im Prinzip ad hoc ins Herz schließen muss. Verliert sich dann doch irgendwie. Eine Minute kürzer wäre sinnvoller gewesen.

15. "Cloud of Unknowing" (featuring Bobby Womack and sinfonia ViVA) 3:06

Das Rauschen taucht wieder auf. Aus dem Meer entsteigt die mächtige Stimme des Bobby W., der mit seiner Stimmlage sofort an Louis Amstrong erinnert. Mit dem Einsatz des kleinen Sinfonieorchesters entfernen wir uns vom Strand und fliegen hinfort. Wunderschön. Viiieeel zu kurz. Könnte das nicht bitte so endlos sein wie der Titelsong? Gleich noch einmal hören.

16. "Pirate Jet" 2:32

Furchtbar billige Keyboardsounds geleiten den Hörer weg vom Plastic Beach hinein in eine Plastic World voller Kunststoffbecher die einhundert Jahre lang im Ozean schwimmen. Willkommen in der Realität.

Fazit: Hit reiht sich an Hit. Und wirkt dennoch als geschlossenes Ganzes. Mit durchgehender entspannter Strandatmosphäre, die dennoch permanent von einer Art Unheil überschattet ist, welches permanent vernehmlich ist. Also auch musikalisch hervorragende Umsetzung des titelgebenden Themas. Die Texte setzen sich wohl auch damit auseinander. Darf man ruhigen Gewissens gutfinden. Und am Freitag, den 5. März im Laden käuflich erwerben.


P.S.: Seit heute ist auch das vollständige Video zu Stylo verfügbar. Da das bei YouTube mal wieder Länder-geblockt ist, hier einfach ein internationaler Link:
Gorillaz - Stylo (feat Mos Def and Bobby Womack)

nobono

currently resting in peace. 2007 - 2011

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelles ...

Protest!!
Oh, menno!wie schade.ich befürchte, eine n21-protestwelle...
stephox (Gast) - 29. Aug, 13:17
A Start Has An End
Unser Blog verzieht sich aus der Blogosphäre. Ein paar...
rhododendron - 22. Jul, 16:45
stimmt!
ich stimme dir zu 100% zu. langweilig war das gestern,...
Astrid (Gast) - 19. Jul, 17:19
Götterdämmerung
Für ein einzelnes Gastspiel beehrt der Altmeister der...
rhododendron - 19. Jul, 13:48
Chillaxing
PBMR präsentiert sein 'finales' Mixtape ... relaxte...
rhododendron - 16. Jul, 14:26
Danke
Hört man immer wieder gern. Besonders schön, wenn's...
rhododendron - 8. Jul, 13:49
blog
ich verfolge hin und wieder deinen Blog und wollte...
ZoneZero (Gast) - 6. Jul, 18:04
Kurz und Bündig - 07/2011
Once more with feeling... ein verliebter Traumtänzer,...
rhododendron - 1. Jul, 15:55

Durchforsten ...

 

Besucherzahl seit März 2010 ...

Status

Existent seit 6611 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 29. Aug, 13:17

Credits


Ausgehen
Diskurs
Listen
Mixtape
Mottenkiste
Plattenteller
Ranking
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren