Freitag, 12. März 2010

Watt-E

CoverMit ihrem neuen Album Beat The Devil's Tattoo lassen Black Rebel Motorcycle Club die Verstärker wieder glühend durch den Äther ziehen. Ein phonstarker Drogentripp, wie man es bereits von den ersten beiden Alben gewohnt ist.


Jeder anständige Indiehörer, der etwas auf sich hält, sollte bereits mindestens einmal mit dem Namen My Bloody Valentine in Berührung gekommen sein. Damit meine ich nach die tumbe Schlachteplatte aus dem Kino (weder 2- noch 3-D), sondern zwei Buben und zwei Mägdelein aus Großbritannien, die zwischen 1983 und '97 ihre sehr fluffig-brachiale Version von Pop in die alternative Musikwelt krawallten. Auf ihrem epochalen Album Loveless befindet sich neben vielen anderen erstklassischen Song der komplett aus dem Ruder laufende wabernde Terror von To Here Knows When. Jeder Ton entgleitet permanent, die Schichten und Wände dröhnen auf einen ein, aber gleichzeitig geistartig durch einen hindurch. Es zerfließt an allen Ecken und Enden und reißt dadurch ziemlich stark an den Nerven. Wenn nach den unglaublich anstrengenden fünfeinhalb Minuten der erlösende Brecher-Riff von When You Sleep einsteigt merkt man sehr deutlich, dass man aus einem seltsamen Zustand entrissen wird: geistige Leere, gepaart mit Müdigkeit beziehungsweise Erschöpfung und der beinahe körperlichen Entrückung aus dem präsenten Raum und der gegenwärtigen Zeit. Man nennt das auch manchmal auch landläufig ... Rausch. Man muss an der Stelle betonen, dass dies auch hervorragend ohne die Einnahme bewusstseinserweiternder Mittel möglich ist.
Black Rebel Motorcycle Club wiederum erreichen eine Wirkung, die stark in diese Richtung tendiert, auf ihrem aktuellen Album. Während das erste albumtitelgebende Stück mit seinen rauhen Westerngitarren noch stark an Howl erinnert und durchaus Raum zum Atmen lässt, sind ab dem folgenden Conscience Killer die bluesigen, mäandernden E-Gitarren König.
Ja, hier wird gerockt, was die siffige Garage hergibt. Wie gewohnt schälen sich dabei aber astreine Poptitel aus dem triefenden Fuzz-Gestank. Nur geschehen die halt in Zeitlupe. Das Tempo ist getragen wie es sich für Psychedelia gehört, die beiden Sänger singen, als würden sie dauerhaft dabei sein, in Narkose versetzt zu werden. Die Gitarren schrammeln Achtel, die Drums poltern im straighten Viervierteltakt, der Bass knarzt auch nicht aufregender darunter. Wie immer macht mehr das Zusammenspiel die Musik. Und so können sich durchaus schöne Sachen aus der Lärmwolke herauskrachen. Der hübsch furzende Bassriff bei War Machine beispielsweise, der das Lied immer wieder bremst und beschleunigt, als wäre es ein Karren mit ovalen Rädern. Das doch recht flott rockende Mama Taught Me Better. Das stadiongroße hymnische Aya, dass Oasis im Nachhinein noch blass werden lässt. Oder dass dick mit Streichersynthies unterfütterte Evol, dass dem eingangs beschriebenen Zustand mit seiner watteartigen Struktur (weich aber undurchdringlich) wohl am nächsten kommt.
Auch die ruhigen Stücke wie das fein unterorgelte Sweet Feeling mit seiner exaltierten Gesangsweise oder dass sehr gefühlvoll lagerfeuernde The Toll, bei dem erneut eine mopsfidele Mundharmonika ums Eck krächzt können gefallen. Nur - und hier kommt der Pferdefuß - wird man auf hier letztendlich über die gesamte Spielzeit von 65 Minuten durchweg wogend zugeknödelt. Es gibt - außer zwischen den Stücken - keinen Moment der Stille. Legato-artig, als ob man das rechte Pedal am Klavier durchweg drücken würde, rauschen die Songs über einen drüber beziehungsweise durch einen hindurch. Und irgendwie über die gesamte Länge an einem vorbei. Schade drum, denn schlecht ist keines der Lieder nur halt in seiner Gesamtheit viel zu lang. Viel zu anstrengend. Aber immerhin wird der erwähnte Rausch entwickelt und das letztendlich auch noch viel hörbarer und leichter verdaulich als To Here Knows When.
Beat The Devil's Tattoo ist seit heute, dem 12.03.2010 erhältlich.

Hörbeispiele:

Evol
Bad Blood

nobono

currently resting in peace. 2007 - 2011

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