Freitag, 30. April 2010

Game Over

Da braucht das Gruftimädchen gar nicht so zu glotzen! Die Crystal Castles haben ein neues Album am Start. Das heißt nicht nur genauso, wie ihr erstes, sondern bietet auch fast die gleiche Musik. Warum man auf diese Band und diese Platte verzichten kann... aber nicht unbedingt muss.

Streitfrage Crystal Castles. Dummer Hipster-Schrott oder Musik-Genies? So ungefähr kann man das zusammenfassen. Die affinitive Twitter und MySpace-Generation hat das Elektropunk-Duo aus Kanada bereits mit den ersten Tracks und dem darafuffolgenden selbstbetitelten Album in die jungen Herzen geschlossen. Das Debüt bot viele helle Momente und gute Ideen, aber auch viel Verzichtbares und Unreifes. Insgesamt eher ein Sammelsurium an Momenten, als ein geschlossenes Album. Aber vielleicht bin ich da mit Mitte 20 auch etwas altmodisch und das Konzept-Album ist überholt und hat für Alice Glass und Ethan Kath auch keine besondere Bedeutung mehr. Warum sonst würden sie das zweite Album, welches es nach einem Leak jetzt auch panisch schnell in digitaler und physischer Form zu erwerben gibt, genauso nennen, wie das erste? Macht keinen Sinn? Muss es auch nicht.

Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich die Crystal Castles für gnadenlos überbewertet halte. Live sind sie sowie eine einzige unverständlich übersteuerte Krachorgie, auf die man verzichten kann. Soll das den vielbesagten Elektro-Punk darstellen? Für Punk sind die Crystal Castles aber zu aussagelos… und halt zu unverständlich. Welche wichtigen Botschaften schreit Alice denn schon ins Mikro? Politisch sind sie nicht, künstlerischer Anspruch lässt sich bedingt erkennen und gelegentlich wirken sie eher wie Modells aus einer New-Yorker-Reklame. Nix mit Punk, denn dazu frönt das Duo auch auf „Crystal Castles II“ viel zu sehr dem Pop. Eigentlich alles beim Alten auf dem Album. Produktionstechnisch hat man sich ein wenig von der Heimstudioatmosphäre wegbewegt, was schon mal prinzipiell zu begrüßen ist. Ansonsten betreibt man auf den 14 Songs ordentlich kreativen Eigendiebstahl. In Vielzahl werden Sounds und vor allem Beats aus dem Debüt zweit- und drittverwertet und eigene Ideen noch mal neugesponnen. Der Opener „Fainting Spells“, sowie das knappe „Doe Deer“ versuchen dabei die elektropunkige Seite des Duos zu zelebrieren und ein zweites „Alice Practice“ zu erzeugen. Erfolg bedingt. Allerdings sind die Crystal Castles immer dann gut, wenn sie gerade das nicht versuchen. Denn dann kommt oft astreiner Elektropop heraus, wie bei der überraschenden ersten Single „Celestica“ oder dem entspannt groovenden „Empathy“, inklusive schön viel Hall auffer Stimme. Auf jeden Fall experimentiert Kollege Kath stärker mit Genres und Sounds, als auf dem Debüt. Und wer hätte schon ein lupenreines Sigur-Rós-Sample, wie bei „Year Of Silence“ erwartet? Und erst der verrückte Schlusstrack „I Am Made Of Chalk“… Insgesamt gibt man sich etwas kompakter, als beim Debüt. Den Videospielsound-Elementen wird eine ordentliche Portion „80er Pop“ hinzugefügt. Das macht dies alles ein wenig eingängier, als auf Album Nummer Eins, aber nicht unbedingt besser. Die Crystal Castles leiden auch 2010 immer noch an einem entscheidenden Basisproblem: sie können keine guten Songs schreiben. Und falls doch, dann bringen sie diese falsch rüber. Obwohl man aufgestockt hat und die Soundspielerein nun gern über die Vier-Minuten-Grenze hinaus bringt, fehlt es den Tracks an einer gewissen Dynamik. Aus starken Anfängen, wird dann bspw. bei Songs wie „Violent Dreams“ ein eher mittelprächtig vor sich hin plätschernder Track, dem es an Abwechslung und Ideen fehlt. Daran kränkelt das ganze Album mal wieder. Mit 14 Tracks ist es eindeutig zu lang ausgefallen. Was auch immer die beiden Kanadier sagen wollten, sie hätten es auch auf zehn Songs sagen können. Dazu das begrenzte Repertoire an Beats und Bleeps. Das funktioniert natürlich super zur Hintergrundbeschallung oder gern in nem gut gefüllten Indieclub, aber darüber hinaus trifft das alte Sprichwort „Aus den Augen, aus dem Sinn“ in diesem Fall sicher ganz gut zu. Über Alice Glass „Talent“ kann man sicher viel diskutieren, aber Kollege Ethan hat an sich produktionstechnisch und musikalisch einiges drauf, verschwendet sein Potential aber merklich an Song- und Loopideen, welche die Aufmerksamkeitsspanne des Hörers gern mal auf eine harte Probe stellen. Wer sich mit dem zufrieden gibt, was die Band vor zwei Jahren schon abgeliefert hat, wird sicher auch Teil 2 des „Crystal-Castles“-Franchises gut finden. Wer darüber irgendwie mehr erwartet hat, sollte dieser Platte lieber mit gesunder Skepsis gegenübertreten… und dann vielleicht einfach umdrehen und gehen. Man muss ja nicht jeden Trend mitmachen.

DOWNLOAD - "Celestica" [mp3]



MySpace: www.myspace.com/crystalcastles

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