Sonntag, 20. Juni 2010

Kurz und Bündig

Pünktlich zur Sommersonnenwende und dem längsten Tag morgen meldet sich Nobono kurz aus der Sommerloch-Starre zurück. Es ist aber auch viel zu tun momentan. WM, Prüfungen, Eierschaukeln… deshalb sei die Lethargie dieser Seite mal eben zu verzeihen. Die Musikindustrie macht hingegen wenig Pause, so dass in diesem Zeitraum natürlich auch neue Platten erscheinen. Deshalb jetzt eine kurze und knappe Beurteilung von fünf aktuellen Alben inklusive Links zu höchst offiziellen Album-Streams, damit sich jeder gleich selber ein Bild machen kann.



The Drums – The Drums

Egal, als was man sie nun sieht, ob als sympathische Surfboys oder unnötig gehypte Stylo-Boyband, die sich selbst viel zu wichtig nimmt… Fakt ist, man kommt um die Drums ja gar nicht drum rum, wenn man sich aktuelle Neuerscheinungen anschaut. Nach der feinen Debüt-EP „Summertime!“ aus dem Vorjahr und diversen sehr guten Singles war die Erwatungshaltung hoch… auch bei mir selber. Nun ist es also endlich da, das Debüt von dem man Großes erwartet. Erfüllen kann es diese Erwartungen natürlich nicht, aber unterhalten tut es blendend. Ein sommerlich leichtes Retro-Wave-Album ist es geworden, das neben den viel beschworenen Beach-Boys-Anleihen auch im britischen Indiepop der 80er Jahre herumwühlt. Aber immer schön alles auf alt getrimmt, weshalb Tracks wie „Me And The Moon“ oder „Best Friend“ wirklich klingen, als seien sie 1987 aufgenommen. Wenn man schon ein Bild kreiert, dann muss das halt auch bis zum Ende durchgehalten werden. Das schaffen die Drums locker. Auf der Pro-Seite stehen 12 sehr eingängige und sympathisch-lockere Indie-Pop-Songs, die auf jeden Fall gesteigerte Aufmerksamkeit erzeugen. Die Contra-Seite sind natürlich die belanglosen Texte, welche aber aufgrund ihrer Einfachheit ein wenig zum Bandimage gehören. Außerdem ist das ja alles nicht wirklich neu, sondern mit auf erschreckender Dringlichkeit auf „alt“ gebürstet, dass das stellenweise echt nerven kann. Aber besser gut geklaut, als schlecht selber gemacht. Ein Streitfall bleiben die Drums auf jeden Fall noch. Ein sehr kurzweiliges, spaßiges Debüt, von dem sich zeigen wird, ob es diesen Sommer überdauern kann oder nicht.

The Drums - Album-Stream

Trentemøller – Into The Great Wide Yonder

Weiter vom Sommer entfernt als dieser Mann kann man gar nicht sein. Hier ist der Name wirklich Programm und ja, ich werde dieses Wortspiel jetzt machen, liebe linguistische Schöngeister: Die Musik von Anders Trentemøller ist in der Tat anders. Das kündigte sich ja bereits auf dem 2006er-Debüt „The Last Resort“ ein, auf welchem der Däne eher traditionellen Techno und Minimal mit einem düsteren Nährboden fütterte und so eine ganz eigene Klangwelt erzeugte, welche mehr nach düsterem Nebelwald, als nach Disconebel klang. Diese Reise geht Trentemøller nun auf dem Zweitwerk konsequent weiter und verabschiedet sich auf „Into The Great Wide Yonder“ fast vollständig vom Club, sondern wagt sich in die hoffnungslose Dunkelheit. Wer sich die von ihm compilierte „Habour Boat Trips“-CD aus dem Vorjahr mal angehört hat, weiß, dass Anders seine Wurzeln weniger im Techno als vielmehr im Wave der 80er, sowie in melancholischen Folk-Balladen sieht. Und dieser kalte, düstere Grundton durchweht alle 10 Tracks dieses Albums. Tanzbar ist da eigentlich nichts mehr, stattdessen kreiert Trentemøller mit elektronischen Effekten und einer omnipräsenten Gitarre düstere Klanglandschaften voller Kälte und Melancholie, aber doch mit einer gewissen Reichhaltigkeit. Traurige Violinen, blubbernde Grooves, verzweifelte Gitarren, dazu atmosphärische Gastsänger… „Into The Great Wide Yonder“ wirkt wesentlich organischer und geschlossener als der Vorgänger, spielt in einer ganz eigenen Liga und ist bereits jetzt eines der interessantesten Alben dieses Jahres.

Trentemøller - Album-Stream

Uffie – Sex Dreams And Denim Jeans

Unverhofft kommt oft. Irgendwie hat Uffie das Timing verpasst. Vor ca. 3 Jahren, als der Hype um New Rave, Justice, Ed Banger und Co. überall zu lesen war wurde sie zu Busy P’s Vorzeige-Muse, wurde überall geknipst, mit möglich wenigen Klamotten wohlgemerkt. Und irgendwie nahm sie dann auch noch ein paar Tracks mit der Ed Panger Posse auf. Unter anderem dem damaligen Love Interest Feadz. Und alle haben auf das Debüt gewartet, aber es kam nicht. Irgendwie ist Uffie dann versackt, zu viel Kokain, zu viel Party, zu viel Schall und Rauch. Mit Feadz ist Schluss, zwischendurch hat sie geheiratet, sich scheiden lassen und ich glaube sogar ein Kind bekommen. Jetzt wo der Hype längst vorbei ist und die unsägliche Ke$ha aus dem Uffie-Prinzip eine Kurzzeitkarriere kreiert hat, muss wohl irgendeine Koks-Nase bei Ed Banger gemerkt haben, dass man da was verpennt hat. Und so kommt jetzt tatsächlich noch ein Uffie-Debüt-Album. Die Leute hinter der jungen Dame bleiben gleich. Mr. Oizo, Sebastian oder auch Mirvais zaubern feinsten Beat-Shit, der sich auch ein paar Jahre nach dem Hype noch hören lassen kann. Darüber hinaus krankt Uffie eigentlich an dem gleichen Problem, an dem sie schon vor drei Jahren krankte und was auch an Ke$ha so nervt… ihr einziges Erzählthema ist sie selber. Und spätestens nach fünf Tracks hat man die Nase voll von den ewiggleichen Poser-Sprüchen über Partys, MC-Skills, Sexualität und diverse Statussymbole, alles schön mit Auto Tune gepimpt. So toll ist das angebliche tolle Leben von Uffie nämlich gar nicht. Vielleicht bin ich auch zu alt und zu männlich um mich damit identifizieren zu können. „Sex Dreams And Denim Jeans“ ist ein furchtbar belangloses Album, welches so viel sein will, aber doch so wenig zu sagen hat. Irgendwann ist die Party halt auch vorbei, junge Dame.

Uffie - Album-Stream @ laut.de

Tokyo Police Club – Champ

Ab und an gibt es ja immer mal so Alben, die einen wirklich überraschen und die man immer wieder gern hört. Irgendwie kam das 2008er Debüt „Elephant Shell“ der Kanadier von Tokyo Police Club damals aus dem Nichts und hat mich sofort gepackt. 10 Instant-Hits in gerade mal einer halben Stunde. Die Halbwertszeit von „In A Cave“ oder „Your English Is Good“ hält übrigens auch noch zwei Jahre später an, zu unwiderstehlich schreien diese flotten Indie-Rock-Songs nach Jugend und Sommer. Die herrliche Unbeschwertheit legen solche Bands dann aber meist auf dem Nachfolgealbum ab. Ist halt so im Leben. Man wird älter und die Sommer verlieren mit dem Ende der Adoleszenz irgendwie auch immer mehr ihren Reiz. Nun ist der Nachfolger „Champ“ da, auf dem Tokyo Police Club eigentlich nichts anders machen, als auf dem Debüt. Die Laufzeit bewegt sich immer noch um die 30 Minuten und die Songs handeln immer noch von ihren Alltagsthemen. Liebe und so. … Und man hat sich auch die jugendliche Frische bewahrt, allerdings krankt „Champ“ ein wenig am Debüt der Band. Das lässt sich in der Form natürlich nicht mehr wiederholen. Die Platte ist immer noch recht gut und weist einiger ordentliche Kracher auf, zündet aber nicht mehr so direkt und einprägsam, wie Album Nummer Eins. Oder liegt das jetzt daran, dass ich nun auch zwei Jahre älter bin? Ich weiß es nicht. Eine gute Platte, der ich mich in den nächsten Wochen sicher noch etwas widmen werde, um sie vielleicht besser zu erschließen. Fans des Debüts, sowie von kurzweiligem Indie-Rock sei das Werk trotzdem ans Herz gelegt.

Tokyo Police Club - Stream @ MySpace

The National – High Violet

Es gibt so eine handvoll Bands und Künstler, mit denen man sich ja als Musikfan beschäftigen sollte, aber die einem immer irgendwie durch die Lappen gehen, weil man dann doch was anderes hört. Ich sollte bspw. mal anfangen Radiohead zu verstehen… oder Velvet Underground. Und Bowie hör ich sowieso zu wenig. The National sind auch so eine Band, welche die ganze Welt gut findet, aber die ich bisher trotz Interesse immer ein wenig vernachlässigt habe. Aber jetzt muss ja mal endlich der Zeitpunkt dazu sein, immerhin ist das neue Album „High Violet“ sogar in die deutschen Album Top Ten eingestiegen. Und natürlich sagen alle, dass man National vom ersten Moment an lieben wird, wenn man sie hört. Bla bla halt. Aber es ist so, Leute. Ich gebe mich geschlagen angesichts dieser wunderbaren Scheibe. Und vor allem die Stimme von Matt Berninger, dessen tiefer Bariton einen immer tiefer in die Welt dieses melancholischen Indie-Rocks zieht. Lange kein so schönes melancholisches Album gehört, wie die neue Scheibe der Männer aus Ohio. Traurige Post-Punk-Gitarren, schwere Moll-Pianos oder schöne Streicher… und immer wieder diese Stimme. „High Violet“ ist von vorn bis hinten gelungen. Ein toller Grundton, der zwar wenig sommerliche Atmosphäre verbreitet, aber wer braucht die schon dauerhaft. Bereits nach ein paar Hördurchgängen ein ziemlicher Hit, der sicher auch in den nächsten Wochen noch wachsen wird und in der Jahresabschlussliste recht weit vorn landen wird. Und dabei ist das gerade erst der Anfang. Alle anderen, die wie ich eine Weile gebraucht haben, um das zu verstehen, sind herzlich eingeladen, diese Band jetzt auch zu entdecken. Bowie, you’re next!

The National - Album-Stream @ NY Times

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