Die Reifeprüfung
Überraschend Angekommen. Ab morgen gibt es ein neues Album von Wir Sind Helden, welches vor allem dadurch überrascht, dass Deutschlands netteste Popband auf einem so hohem Niveau zeigt, mit dem zumindest ich gar nicht mehr gerechnet hätte...
Ein wenig bieder wirkt es schon, das Cover der neuen Helden-Platte. Seriös im gut bürgerlichen Outfit der… ja, was ist das, 20er Jahre? Keine Ahnung, ich bin da modehistorisch nicht bewandert, aber die Aussage soll schon mal stehen: Da sind wir wieder, geschniegelt und herausgeputzt, aber mit einem gewissen Ernst. Glücklicherweise werden Wir Sind Helden jetzt nicht zu Spaßbremsen, sondern setzen nach der erstmals etwas längeren Pause die Prioritäten etwas anders. Zum Glück!
Denn eigentlich, muss ich gestehen, hatte ich zuletzt ein wenig die Lust an dem Quartett aus Berlin verloren, nachdem ich schon seit dem 2003er Debüt „Die Reklamation“ an vorderster Front dabei war. Die Nachfolgealben steigerten sich sogar noch, soundtechnisch stagnierte die Band aber auf dem 2007er „Soundso“, wenngleich aber auf sympathisch hohem Niveau. Aber irgendwann hat sich das Prinzip der ewig quirligen Gitarrenpop-Band mit NDW-Anleihen halt auch etwas ausgereizt. Trotzdem blieben die Helden vor allem stets ein was, und zwar hochgradig authentisch und sympathisch. Irgendwie waren sie der durchschnittlichen deutschen Konkurrenz immer einen Schritt voraus in Sachen Wortwitz, Intelligenz und „Unpeinlichkeit“. Jetzt also die Rückkehr, nach Baby- und Bandpause. Und was für eine Rückkehr! Im Prinzip hatte ich in der Form schon gar nicht mehr damit gerechnet, aber das Viertwerk „Bring Mich Nach Hause“ ist das bisher überraschendste, reifste und somit auch beste Helden-Album bisher. Hier spielt keine hippe Nachwuchsband mehr auf, sondern gereifte Musiker, die sich ihren Status in der hiesigen Poplandschaft nicht mehr großartig erspielen müssen, sondern den bewussten Schritt nach vorn gehen. Das neue Album ist jetzt aber, wie gesagt, keine bierernste Angewohnheit, es geht aber generell etwas nachdenklicher und tiefgründiger zur Sache. Vielleicht liegt’s halt auch am Elternglück das Paares Holofernes/ Roy, vielleicht auch einfach an einer distanzierten Sichtweise auf die Dinge. „Bring Mich Nach Hause“ handelt vom Suchen und Finden, mit einer gewissen Gewichtung auf ersteres vielleicht. Single und Opener „Alles“ präsentiert sich als kleine Motivations-Hymne und Gegenpol zu den täglichen Existenzängsten, während der Titeltrack ein verzweifeltes Flehen von Frau Holofernes zu sein scheint, in welchem sie den Weg nach hause sucht. So weht allen Songs ein gewisses Gefühl von Melancholie bei. Die nachdenkliche Ballade von Wolfgang und Brigitte zum Beispiel über die Tücken der Liebe oder das unglaublich traurige „Meine Freundin war im Koma…“, bei welchem Judith mit brüchiger Stimme auf leisem Piano versucht, den Verlust einer Freundin zu verarbeiten. Das Leben ist kein Ponyhof, wenngleich das Quartett auch die schönen Seiten nicht auspaart. „Was Uns Beiden Gehört“ verbreitet gute Laune, auch „23:55, Alles Auf Anfang“ hat ordentlich Schmackes, während mit der Powerpop-Nummer „Kreise“ schon eine nächste potentielle Single in den Startlöchern steht.
Was „Bring Mich Nach Hause“ außerdem so angenehm zum Hören macht, ist der Fakt, dass die Helden ihre neue Nachdenklichkeit auch soundtechnisch unterstreichen. Die üblichen, klirrenden 80er-Synthies fehlen erfreulicherweise, hingegen halten Bläser, Banjos und Akkordeon Einzug ins Instrumentarium. Alles wirkt etwas organischer, bodenständiger. Kann man auch gern als Folk-Pop bezeichnen, muss man aber nicht. Klar gibt es die klassischen Helden-Nummern nach wie vor, aber Songs wie das mit Jazz-Anleihen spielende „Dramatiker“ oder die oben erwähnte todtraurige Klavierballade über die komatöse Freundin, die nie wiederkam, zeigen ganz neue, spannende Seiten an der Band. In der Reduktion auf die Musik liegt das neue System, da ist auch mal Zeit für ein langes Gitarrensolo am Ende von „Im Auge des Sturms“ mit einem Outro, das selbst die Beatles damals hätten nicht besser hinbekommen können. Das alles hinterlässt einen hervorragenden Eindruck, einen richtigen Ausfall gibt es kaum. Wir Sind Helden sind der eigenen Konkurrenz wieder einmal ein paar Schritte voraus und haben die Reifeprüfung bestanden. Sicher, das ist natürlich weiterhin Pop, aber „Bring Mich Nach Hause“ zeigt, dass man in diesem Pop-Rahmen jede Menge Spielraum haben kann, um den eigenen Horizont zu erweitern. Am Ende bleiben die Helden nach wie vor Sympathieträger, irgendwie gehaltvoller, irgendwie ne Spur besser. Und zumindest mich haben sie damit wieder nach hause ins eigene Fanlager gebracht.
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Wir sind Helden - Alles
Ein wenig bieder wirkt es schon, das Cover der neuen Helden-Platte. Seriös im gut bürgerlichen Outfit der… ja, was ist das, 20er Jahre? Keine Ahnung, ich bin da modehistorisch nicht bewandert, aber die Aussage soll schon mal stehen: Da sind wir wieder, geschniegelt und herausgeputzt, aber mit einem gewissen Ernst. Glücklicherweise werden Wir Sind Helden jetzt nicht zu Spaßbremsen, sondern setzen nach der erstmals etwas längeren Pause die Prioritäten etwas anders. Zum Glück!

Was „Bring Mich Nach Hause“ außerdem so angenehm zum Hören macht, ist der Fakt, dass die Helden ihre neue Nachdenklichkeit auch soundtechnisch unterstreichen. Die üblichen, klirrenden 80er-Synthies fehlen erfreulicherweise, hingegen halten Bläser, Banjos und Akkordeon Einzug ins Instrumentarium. Alles wirkt etwas organischer, bodenständiger. Kann man auch gern als Folk-Pop bezeichnen, muss man aber nicht. Klar gibt es die klassischen Helden-Nummern nach wie vor, aber Songs wie das mit Jazz-Anleihen spielende „Dramatiker“ oder die oben erwähnte todtraurige Klavierballade über die komatöse Freundin, die nie wiederkam, zeigen ganz neue, spannende Seiten an der Band. In der Reduktion auf die Musik liegt das neue System, da ist auch mal Zeit für ein langes Gitarrensolo am Ende von „Im Auge des Sturms“ mit einem Outro, das selbst die Beatles damals hätten nicht besser hinbekommen können. Das alles hinterlässt einen hervorragenden Eindruck, einen richtigen Ausfall gibt es kaum. Wir Sind Helden sind der eigenen Konkurrenz wieder einmal ein paar Schritte voraus und haben die Reifeprüfung bestanden. Sicher, das ist natürlich weiterhin Pop, aber „Bring Mich Nach Hause“ zeigt, dass man in diesem Pop-Rahmen jede Menge Spielraum haben kann, um den eigenen Horizont zu erweitern. Am Ende bleiben die Helden nach wie vor Sympathieträger, irgendwie gehaltvoller, irgendwie ne Spur besser. Und zumindest mich haben sie damit wieder nach hause ins eigene Fanlager gebracht.
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Wir sind Helden - Alles
rhododendron - 26. Aug, 11:56