Sonntag, 20. Dezember 2009

rhododendron's ranking ... 51/ 2009

Ho! Ho! Ho! Weihnachten stet vor der Tür, Kinder und auch in dieser Woche gibt’s wieder ein Ranking. Christmas-Song-frei, versteht sich ;-) Das schönste Geschenk der Woche machen sich Delphic, die es mit der dritten Single „Doubt“ erstmals an die Spitze des Rankings schaffen. Und auch der Protzrock von 30 Seconds To Mars gefällt mir immer noch so sehr, dass die Single um 2 Plätze steigt. Dazu beschenkt sich das Ranking noch mal mit einem ganzen Schwall Neueinsteiger. Auf Platz 5 befindet sich mit der neuen Hot Chip Single „One Life Stand“ bereits der nächste. Ein schicker, kleiner Pop-Song, typisch Hot Chip halt. Mal sehen, ob das gleichnamige Album im Frühjahr die hohen Erwartungen erfüllen kann. Aus dem hohen Norden besuchen uns die Schweden von Kent mit neuer Single „Hjärta“, einem der besseren Songs aus dem neuen Album „Röd“. Dafür gibt’s Platz 7. Ein wenig habe ich die Übersicht verloren, was den tollkühnen Plan der Band Ash angeht, aller paar Wochen eine neue Single zu veröffentlichen, um das Album-Prinzip überflüssig zu machen. Stellvertretend für diese Idee gibt es auf Platz 12 die Single „Arcadia“, die vermutlich während ich das hier schreibe schon gar nicht mehr die aktuelle der Band ist. Muss ja auch nicht. Kurzweiliger Popsong mit schöner Pianomelodie. Ja, und dann wäre dann tatsächlich noch Platz 16. Langjährige Nobono-Leser werden sich verwundert die Augen reiben, aber ja, das ist tatsächlich die neue Tocotronic-Single. Ist das etwa die entscheidende Wende in meinem Tocotronic-Weltbild? Schafft vielleicht das neue Album „Schall & Wahn“ das, wo zuletzt auch wieder „Kapitulation“ scheiterte? Nämlich, mich von dieser Band zu überzeugen? Wer weiß, wer weiß… „Mach es nicht selbst“ ist schon mal ein starkes Ausrufezeichen, dass Lust auf mehr macht! Ich bin gespannt. Wünsche allen da draußen ein paar frohe Feiertage. Nächste Woche gibt’s hier das letzte reguläre Ranking des Jahres, bevor die offizielle Best-Of-Liste hier gepostet wird. Bitte drauf vorfreuen!

01.( 02 / #2 ) Delphic “Doubt”
02.( 01 / #3 ) Pet Shop Boys “All Over The World”
03.( 05 / #2 ) 30 Seconds To Mars “Kings And Queens”
04.( 03 / #4 ) Vampire Weekend “Cousins”
05.(NEW/ #1) Hot Chip “One Life Stand”
06.( 04 / #7 ) Girls “Lust For Life”
07.(NEW/ #1) Kent “Hjärta“
08.( 06 / #5 ) The Drums “I Felt Stupid”
09.( 08 / #4 ) Depeche Mode “Fragile Tension”
10.( 10 / #6 ) Yeasayer “Ambling Alp”
11.( 07 / #7 ) Muse “Undisclosed Desires”
12.(NEW/ #1) Ash “Arcadia”
13.( 09 / #9 ) Florence And The Machine “You’ve Got The Love”
14.( 12 / #3 ) Le Corps Mince de Françoise ”Something Golden”
15.( 15 / #2 ) These New Puritans “We Want War”
16.(NEW/ #1) Tocotronic “Macht es nicht selbst”
17.( 11 / #8 ) Ellie Goulding “Under The Sheets”
18.( 13 / #9 ) Arctic Monkeys “Cornerstone”
19.( 16 / #10) Julian Casablancas “11th Dimenson”
20.( 14 / #6 ) Jay-Z “Empire State Of Mind”





Samstag, 19. Dezember 2009

Lieblingsalben 2009 / Platz 40 - 31

Hat der Typ eigentlich keine anderen Hobbys? Kein Sozialleben? Freunde? Geschlechtspartner oder so? Immerhin macht er einmal die Woche ja sein Ranking. Und nun hatte rhododendron auch noch das Mammutprojekt seiner 100 Alben der vergangenen 10 Jahre. Und nun noch ne Auflistung? Der Typ ist echt nicht ausgelastet.
Ich meine, ihr könnt ja gern Recht haben. Wenngleich ich natürlich gern in der realen Welt lebe. Gleichzeitig ist diese aber ständig von Musik durchflutet. In fast allen Bereichen. Und ich liebe es nach wie vor diese zu hören, zu erleben und meine bescheidene, oft unwichtige Meinung der Welt da draußen mitzuteilen. Und ich habe bisher jedes Jahr eine Liste meiner Lieblingsplatten herausgegeben, also warum sollte mich das jetzt davon abhalten. Deshalb gibt’s meine Lieblingsplatten 2009 nun, hoffentlich noch rechtzeitig vor Ende des Jahres, hier auf Nobono. Ganz so ausladend wie die Top 100 jüngst wird’s natürlich nicht. Dazu hab ich auch unmöglich alles gehört. Das, was ich aber in den vergangenen 12 Monaten gehört habe, habe ich in eine formschöne Top 40 gepresst, die ich nun präsentieren werde. Ich versuch’s außerdem leserfreundlich knapp zu halten. Also, nicht so aus- und abzuschweifen. Das Ergebnis… na ja… wird sich zeigen, inwieweit ich das schaffe ;-)

2009 war wieder mal ein recht spannendes und überraschendes Jahr. Viele meiner alten Lieblingsbands haben noch mal rechtzeitig vor Ende des Jahrzehnts ein Album auf den Markt gehauen. Das Ergebnis war teils erwartungsgemäß, oft auch überraschend. Wie es nun mal so ist. Und ob nun Indie-Rock tot ist und 80er Elektro-Scheiß das Ding der Stunde ist, soll jeder selber entscheiden. Hier geht’s also nicht darum, ob Lady Gaga Kunst oder Trash ist (sie hat die Top 40 tatsächlich knapp verpasst) oder über andere Modeschwankungen des Jahres. Bei mir geht’s wie immer um die Musik und meine Sicht auf sie. Und dies sind die 40 Alben, die ich aus diesem Jahr am ehesten empfehlen kann. Viel Spass damit… zum Kommentieren sind wie immer alle herzlichst eingeladen!



40. Maps “Turning The Mind”
Angesichts so vieler Veröffentlichungen in diesem Jahr ist ja ein Platz 40 nicht so verwerflich, wie man im Allgemeinen denken mag. Im Falle von James Chapman aka Maps ist dies aber schon eine kleine Niederlage. Vor 2 Jahren überraschte uns hier auf Nobono das tolle Debüt „We Can Create“, sammelte damals allerhand Lob ein und sorgte hier mit wundervollen Zuckerbäckerpop für viel Liebe. Ich glaube, bei der 2007er-Liste gab’s eine Platzierung in den vorderen Top 10. Dass es dieses Jahr nur für Platz 40 gereicht hat, liegt nur teilweise an der starken Konkurrenz. Dabei macht Chapman gar nichts großartig falsch. Im Prinzip macht er das gleiche, wie auf dem Vorgänger. Er singt butterweiche Elektropop-Balladen, die er mit massiven Synthiewänden umgibt. Viel Flächen, viel Hall, gern auch mal Chor und Glockenspiel. Von allem etwas zu viel. Und das ist vielleicht der Hauptgrund, warum „Turning The Mind“ trotz einiger okayer Songs, bei mir nie so zünden konnte. Chapman übertreibt seine Nummer diesmal ein wenig. Er lässt jeden Song so bedingungslos im Kitsch versinken, dass es wie bei zu viel gegessenem Kuchen ist. Zuviel Süßkram verdirbt einem auf Dauer den Magen. Es fehlen die Überraschungen. Die etwas tanzbareren Stücke, wie „Let Go Of The Fear“ sind aber irgendwie auch nicht groovig genug. Ein Album, welches sich nicht entscheiden kann, ob es tanzen oder kuscheln will. Natürlich kein Totalausfall, denn dafür gibt’s immer noch so schöne Popsongs, wie „Everything Is Shattering“. Mir persönlich sagt das romantische Gesäusel im Jahr 2009 weit weniger zu, als noch vor ein paar Jahren. Meine Geschmacksveränderung trägt vielleicht eine Teilschuld daran, aber da gehören ja auch immer zwei dazu. Gell, James?
Anhören: “Let Go Of The Fear”, “Valium In The Sunshine”, “Everything Is Shattering”

39. Soft.Nerd “Some Keys Are Brighter Than Others”
Hmm, was sagt man eigentlich zu nem Album, dessen aktiven Entstehungsprozess man in den letzten 3,4 Jahren aktiv mitbekommen hat? So ähnlich müssen sich wohl echte Künstler mit ihren eigenen Werken fühlen. „Some Keys Are Brighter Than Others“ ist nicht mein Debüt-Album, aber dass eines jungen Mannes aus München, von dem ich mir anmaße, ihn einigermaßen gut zu kennen. Soft.Nerd heißt er in bayrischen Kreisen und seit Mai gibt’s sein Album. Und die Spex hat’s noch nicht mal gemerkt. Natürlich ist man nie ganz objektiv, wenn der beste Freund ein Album aufnimmt, aber ich kann’s versuchen. Teilweise merkt man die Wohnzimmerproduktion natürlich, aber teilweise ist es auch erstaunlich, welch wundervolle Klänge diese kleine, schlecht beheizte Bude produziert. Herausgekommen ist Elektro-Pop, der seine Singer/Songwriter-Wurzeln genauso wie die Vorlieben zu Elektroclubs nie ganz verleugnet. Da ist natürlich noch viel Luft nach oben, aber wenn uns Kollege Nerd gleich zu Beginn so unwiderstehliche Hits wie „Furtive Streets“ und „Soft Colours“ um die Ohren haut, dann können sich manche Alteingesessenen schon mal was abschauen. Da wäre noch das schöne Instrumental „Guitar At Basement“ oder das geniale „Subito“, welches es verdient hat, von der Welt gehört zu werden. Ein Album zwischen Feierlaune und Trübseeligkeit. Und immer wird herumprobiert. Am Ende hat man die blinkenden Lichter schon genossen, Junge. Der Albumcloser gewinnt zum Ende ordentlich Fahrt und geht direkt raus aus der Einsamkeit in die Punte-Pillen-Fete. Das Leben hat halt immer zwei Seiten. Für den Anfang mehr als ordentlich und deshalb vollkommen zu Recht in dieser Liste. Bin gespannt, wie das alles auf das ungeübte Ohr wirken muss. Bitte also alle kaufen, downloaden und dann hier Bescheid geben.
Anhören: „Furtive Streets“, „Soft Colours“, „Subito“, „Flashing Lights, Boys“

38. Franz Ferdinand “Tonight”
Ach, ich werde schon wieder so ausladend. Dabei wollt ich mich doch auf den hinteren Plätzen kurz fassen. Verdammt. Bei Franz Ferdinands Drittwerk kann ich’s ja mal versuchen. Also, ich war nie ein großer Franz Ferdinand-Fan. Hat man ja vielleicht auch im Jahrzehnt Ranking gesehen. Da gab’s für ihr essentielles selbstbetiteltes Debüt lediglich Platz 40. Bei mir haben andere Bands halt den Vorzug, wenngleich ich mich halt immer wieder frage, warum eigentlich. Auch beim Anhören von „Tonight“ ist das so. Das Album ist richtig gut, und hat sogar ein paar erstaunlich einprägsame Disco-Hits am Start. „Ulysses“, „Can’t Stop Feeling“, „No You Girls“ usw. … das lockt die Leute doch sicher in Scharen auf die Indie-Tanzflächen. Aber irgendwie reicht das bei mir nie aus. Und das, obwohl die vier Schotten diesmal verstärkt Elektronik in ihren Songs benutzen. Das zieht natürlich bei mir. Ich meine, was für ein Monster ist „Lucid Dreams“ denn bitte schön? Das bratzt ja am Ende ordentlich. Alter Schotte! Nein, ihre Fähigkeit, eingängige und poppige Hits zu schreiben, haben die Franzens nicht eingebüßt. „Tonight“ klingt frisch wie eh und je. Da will jemand noch nicht in die Altersteilzeit gehen, sondern Party machen. Ein Album zum Thema Nachtleben ist dieses geworden. Und eigentlich mag ich so was. Trotzdem kann ich’s einfach nicht höher einstufen. Vielleicht brauch ich professionelle Hilfe. Vielleicht kapier ich’s auch erst in fünf Jahren. Na ja, wie’s halt so manchmal ist. Dennoch tolles Album. Franz Ferdinand bleiben erstmal auf der guten Seite!
Anhören: “Ulysses”, “What She Came For”, “Lucid Dreams”

37. Calvin Harris “Ready For The Weekend”
Calvin Harris hat mal in irgendeinem Interview neulich gesagt, er habe eigentlich keinen Bock im Rampenlicht zu stehen. Da hat er sich ein denkbar schlechtes Jahr ausgesucht, denn 2009 war definitiv seins. Nummer Eins Hits im UK gab’s gleich mehrfach und arbeiten wollen eh alle mit ihm. Kylie, Katy (Perry) und Dizzee mal als Beispiel. Seine Remixe haben sowieso schon länger den Ruf, das Original aufzuwerten. So langsam wirkt der Titel des Debüt-Albums, „I Created Disco“, also nicht mehr wie Selbstüberschätzung. Auch der Nachfolger „Ready For The Weekend“ groovt also ordentlich da weiter, wo der Vorgänger aufhörte. Harris scheut sich auch nicht vor Saxophonen („The Rain“), 90er-Jahre-House-Gesang (Titeltrack) oder ebenfalls billigen 90er-Jahre-Trance-Flächen („I’m Not Alone“). Ob das nun genial oder dämlich ist… er trifft den Geschmack der Massen da draußen. Und wirkt dabei sowohl in den Videos als auch in den Songs immer so, als fühle er sich gar nicht wohl da, wo er gerade steht. Irgendwie durchweht Harris’ Gesang immer eine Spur von Melancholie. Selbst eine Gute-Laune-Nummer wie „Flashback“ bekommt so einen ernsten Unterton. Ich meine, ein wenig verloren wirkt er schon zwischen all den Party-Bitches im Musikvideo. Oder zwischen all den schwarzen Homies von Dizzee Rascal bei „Dance Wiv Me“. Der Popstar wieder willen. Jammern auf hohem Niveau. „Ready For The Weekend“ ist ein astreines Gute-Laune-Party-Album, das genau für den Moment geeignet ist, den der Titel vorgibt. Und handwerklich gut gemacht ist es auch. „These are the good days of your live, so put on a smile“. Irgendwie hat er ja auch recht.
Anhören: „The Rain“, „Ready For The Weekend“, „Flashback“, „Dance Wiv Me“

36. Bad Lieutenant “Never Cry Another Tear”
Nach dem Bandende ist vor dem Neuanfang. Bernard Sumner hat das ja in seiner Biographie schon öfters durch. Als es Joy Division nicht mehr gab, gab’s halt New Order und nach deren kurzer Pause musizierte man einfach mit Johnny Marr und Electronic weiter. Dann gab’s zu Beginn der Dekade mal für 5 Jahre wieder New Order und nun halt Bad Lieutenant. Nachdem Peter Hook die Vorgängerband selbst auflöste und seitdem damit beschäftigt ist, ein Leben in der Vergangenheit zu führen und das New-Order-Vermächtnis zu verwalten, hat sich Sumner mit den New Order-Kollegen Phil Cunnigham und Stephan Morris längst der Zukunft zugewandt. „Never Cry Another Tear“ macht da weiter, wo das letzte New Order Album 2005 aufhörte. Es wird also wieder weniger elektronisch, sondern handgemachter. Melodieverliebte Popsongs mit Sumners unnachahmlicher Singstimme, die keine ist und nicht vorhandener Aufregung. Teilweise driftet das Ganze auch mal in die Belanglosigkeit ab und Sumner hat ja seit jeher textlich helle und dunkle Momente, die sich auch gern mal auf einem Album finden. Doch hier hält sich das alles in Grenzen. Und wenn Neuzugang Jack Evans auch mal zum Mikro greift tut dies Bernie’s Songs außerordentlich gut. Gerade „This Is Home“ oder „These Changes“ erreichen so ein Niveau, was man lange nicht mehr von diesen Herren gehört hat. Dennoch klingen viele der 12 melodischen Britpop-Songs zu ähnlich und zu uninspiriert. Es fehlt das gewisse Etwas und das muss nicht zwangsläufig Hookys Bassspiel sein. Alles in allem aber ein anständiges Debüt-Album. Mal sehen, wohin es Sumner als nächstes verschlägt. Johnny Marr ist ja leider grad recht busy.
Anhören: “Twist Of Fate”, “This is Home”, “These Changes”, “Shine Like The Sun”

35. Jónsi & Alex “Riceboy Sleeps”
Wenn sich hier nochmal einer beschwert, ich hätte zu viel Freizeit, der schaue sich bitte mal bitte Jónsi Birgisson an. Wenngleich er natürlich die schönere Auslastung hat. 2008 gab’s ein weiteres tolles Sigur Rós Album und 2010 wird es endlich sein Solo-Debüt geben, auf dem er zwaghaft mit dem Pop und etwas akzentfreierem Englisch liebäugeln wird. Und dazwischen? Da gab es ein kleines, feines Album mit dem Grund seines verbesserten Englisch, nämlich seinem Boyfriend Alex Somers. Mit diesem zusammen hat er das wundervoll geheimnisvolle „Riceboy Sleeps“ aufgenommen, welches sich musikalisch natürlich an der Hauptband orientiert. Alles andere will man ja auch nicht unbedingt hören. Dennoch reduziert das Paar seine Musik auf das Wesentliche. Der große Bombast von Sigur Rós fehlt hier. Es herrscht akustischer Minimalismus. Klavier und Violine stehen im Vordergrund. Selbst Jónsi’s Stimme hört man nur mal gelegentlich aus dem düsteren Nebel hervorwinseln. Die Klangwelt von Jónsi und Alex ist klarer und wendet sich gegen den Pomp und Pop, den die Hauptband zuletzt an den Tag legte. Natürlich sind die Songlängen wieder exorbitant. Aber da hat man ja, bitte schön, auch nichts anderes erwartet. Auch auf diesem Album gelingt es Jónsi wundervoll traurige und geheimnisvolle Klangwelten zu erzeugen, die zwar zu keinem Zeitpunkt die musikalische Gesamtbrillanz von Sigur Rós erreichen, aber dennoch ein traumhaftes Eigenleben führen. Ein kleines, unscheinbares Gesamtkunstwerk. Und ich freu mich schon auf den nächsten Streich. Egal, in welcher Form uns Mr. Birgisson überrascht.
Anhören: “Happiness”, “Indian Summer”, “Sleeping Giant”

34. FrankMusik “Complete Me”
Neue Männer braucht das Popland! Während Popfrauen, wie Little Boots, Elli Goulding oder Elly Jackson von La Roux dieses Jahr das 80er-Revival in England ausgerufen haben, bleiben die Männer dabei irgendwie auf der Strecke. Gäbe es da nicht Vincent Frank, der sich mit seltsamer Frisur und bunten Klamotten das Wort „Bubblegum-Pop“ auf die Stirn geschrieben hat, wie vor ihm schon lange keiner mehr. Mut zum Kitsch! Die männliche Ausgabe dieses ganzen Retro-Getues legte dieses Jahr ihr Debüt vor, welches Erfolgsproduzent Stuart Price natürlich auf Glatt getrimmt hat und mit dem er sich schon ins Vorprogramm der Pet Shop Boys oder Keane gespielt hat. Die schnellen Nummern sind astreiner Disco-Elektro-Pop. Songs wie „In Step“ oder „Better Off As Two“ gehen in Beine und Ohren. Und die Balladen, wie „Your Boy“ oder das sehr gute „Run Away From Trouble“ baden hingegen ordentlich im großen Kitsch. Große Gesten und funkelnde Disco-Nummern. Das ist natürlich furchtbar oberflächliche Musik und nach einiger Zeit gehen einem selbst die todsichersten Hits, wie „Confusion Girl“ auf den Geist, dennoch hat Mr. Frank hier ein paar sehr schmissige Popsongs zusammengetragen, mit denen er sich vor den Großen der Szene nicht verstecken muss. Zumal seine Stimme auch irgendwie trotz des Soundgewands auch jede Menge Soul erahnen lässt. Vielleicht versucht er diesen beim zweiten Album mal nicht hinter all dem Discoglanz zu verstecken, denn der gute Mann hat sicher einiges an Potential. Und irgendjemand muss den Job ja schließlich machen.
Anhören: „Better Off As Two“, „Done Done“, „Run Away From Trouble“

33. Florence And The Machine “Lungs”
Oh Gott, schon wieder ‘ne neue Singer/Songwriter-Tusse aus England, welcher bereits vor der Albumveröffentlichung von allen Seiten der wohlgeformte Hintern geküsst wird. Müsste man ja eigentlich nach all den Kate Nashes, Adeles und so schon relativ genervt sein. Aber Rotschopf Florence Welsh dürfte an dieser Stelle schon mal verziehen werden. Das Debüt-Album „Lungs“ präsentiert sich als sehr kurzweilige und handwerklich gut gemachte Ansammlung von schönen Popsongs, wie sie irgendwie nur das Vereinte Königreich abliefern kann. Piano-Pop, Streicher, Gitarren und vor allem eine sehr, sehr gute und starke Stimme. Und natürlich die obligatorischen Hits, die einem solchen vielbejubelten Debüt ja bekanntlich immer beiliegen. Dem Charme der Singles „Rabbit Heart“, „Drumming Song“ oder auch „You’ve Got The Love“ kann man sich nur schwer entziehen. Zu einprägsam sind die Melodien, zu wundervoll die Texte und zu elfengleich Welsh’s Gesang. Gut, es ist ein kraftvoller Engel, das gebe ich zu. Aber ihr Stimmvolumen spricht für ihre Authentizität und ihr Pianospiel ist wahrlich beeindruckend. Obwohl sie sich in ihren Musikvideos mittlerweile recht professionell räkelt und tanzt, wirkt Florence mit samt ihrer Maschine keinesfalls billig oder anspruchslos. Eine Frau, die weiß, was sie will und ein Album welches gleichermaßen eingängig, wie eigensinnig ist. In England der erwartungsgemäß große Wurf, bei uns noch unbekannt. Unverständlich, weil Florence augenscheinlich mehr kann, als viele, die in diesen Gewässern fischen. Aber vermutlich bedarf es noch einer strategischen Unterbringung in einem Werbeclip oder bei „Germany’s Next Topmodel“, bis es hier auf einmal auch alle gut finden. Genießen wir also noch die Ruhe, bis dieser schlimme Tag kommt.
Anhören: “Rabbit Heart (Raise It Up)”, “Hurricane Drunk”, “You’ve Got The Love”

32. Athlete “Black Swan”
In der Haut mancher Bands möchte ich nicht gern stecken... soviel ist klar. Es ist schon nicht leicht, wenn man als kleinere Band auf einmal einen mittelschweren Hit oder ein tolles Album hatte und dann irgendwie immer an dem gemessen wird. Athlete singen ein ganzes Album mit Liedern davon. Natürlich ist da der Schatten des locker-leichten 2003er Debüts „Vehicles & Animals“, welches seinerzeit mit einer Mercury-Prize-Nominierung für Furore sorgte. Und da ist natürlich auch „Wires“, der größte Hit vom 2005er Nr.-1-Nachfolgealbum „Tourist“. Seit damals ist allerdings der Wurm drin. Der Nachfolger „Beyond The Neighbourhood“ war zwar recht gut, aber ein ziemlicher Flop. Ohne Majorvertrag nahm man so das vierte Album „Black Swan“ auf, signte beim Indie-Label „Friction Records“ und wollte es nun allen zeigen. Doch nichts da. Der Negativtrend setzt sich fort. Sowohl in den Verkaufscharts, als auch bei mir. Platz 32 im Ranking ist für eine meiner Lieblingsbands der letzten Jahre eine ziemliche Niederlage. Es ist nicht richtig schlecht, aber auch weit davon entfernt gut zu sein. Irgendwie schrammt „Black Swan“ haarscharf an der Bedeutungslosigkeit vorbei. Hier ist eine Band am Werk, welche verkrampft versucht, irgendwie eine große Hymne oder irgendetwas Bedeutungsvolles abzuliefern. Aber es fehlt zu großen Teilen die Magie der Vorgänger. Und auch die Eigenständigkeit der Band. Sicher „The Getaway“ oder „Magical Mistakes“ sind gut, aber irgendwie gab’s solche Songs schon so oft. Die Band hat Angst, scheint auf Nummer Sicher zu gehen und fabriziert so zu viele mittelmäßige Songs und überraschungsarme Momente. Dabei müssen sie nicht wie Snow Patrol und Co. klinge, sie sind doch Athlete. „Black Swan“ bietet einfach zu wenig von Allem. Und das muss man sich halt angesichts der Vorgänger gefallen lassen. Doch natürlich ist da die Hoffnung. Repräsentiert durch den traumhaften Abschluss „Rubik’s Cube“, bei dem alles stimmt. Diese Band kann doch eigentlich mehr und sollte, allen kommerziellen Verpflichtungen zum Trotz, auch in Zukunft wieder mehr wagen. I know they can figure it out!
Anhören: “Don’t Hold Your Breath”, “Light The Way”, “Rubik’s Cube”

31. Metric “Fantasies”
Klamottentechnisch könnten Florence Welsh und Emily Haines von Metric sicher auch in ähnlichen Boutiquen anzutreffen sein, wenngleich Haines ihre Kleidchen gern kurz mag. Dieses Jahr auf dem Highfield gesehen. Beeindruckend, wie da nix durchblickte. Das mussten meine weiblichen Begleitungen neidlos anerkennen. Musikalisch verrutscht bei ihrer Band Metric schon lange nichts mehr. Mit dem diesjährigen Werk „Fantasies“ schafften die Kanadier aber noch mal einen ordentlichen Bekanntheitsschub. Kein Wunder, wenn man eine so wundervoll eingängige erste Single wie „Help I’m Alive“ vorlegt. Und von „Gimme Sympathy“ mal ganz zu schweigen. Verdammt, ist das ein Hit. Und falls mich wer fragt: Beatles! Metric präsentieren zehn wundervolle Indierock-Songs, die sehr melodieverliebt und mit allerhand elektronischen Spielereien gespickt sind. Und das alles trägt Emily Haines mit ihrer wundervollen Stimme, irgendwo zwischen Zerbrechlichkeit und energischem Trotzen. Die Elemente fügen sich perfekt zusammen und das Album bietet auch abseits der Singles ordentlich Hitpotential, tolle Melodien, gute Instrumentierung und schöne Texte. Mit „Fantasies“ gelingt Metric tatsächlich ein durchgängig gutes Album, ohne Aussetzer, das man trotz seiner Poppigkeit immer wieder hören kann, ohne dass es einem auf den Geist geht. Mehr fällt mir dazu auch nicht ein. Wenn Musik wirklich gut gemacht ist, muss man das neidlos anerkennen. Stilsicher in allen Bereichen!
Anhören: “Help I’m Alive”, “Satellite Mind”, “Gimme Sympathy”

Freitag, 18. Dezember 2009

Die wahren Hits der 80er, 90er und von heute

Wie war’s eigentlich damals bei den Pet Shop Boys? Doppelter Einsatz in Berlin. 50% von Nobono besuchten vor gut 2 Wochen endlich ihr hauseigenes Konzert der Pet Shop Boys. Und nicht nur dies. Obendrein gibt es mit den Special Guests Bad Lieutenant noch weitere Legenden im Entertainment-Paket. Ein verspäteter Erlebnisbericht.

Also, man kann ja von den Pet Shop Boys halten was man will. Aber der hoffentlich vorhandenen Leserschaft hier sollte bewusst sein, dass es den Blog Nobono als solchen ohne die Herren Tennant und Lowe nicht geben würde! Der Liebe zu dem britischen Popduo ist es nämlich zu verdanken, dass sich doughnut und rhododendron einst kennen lernten, gemeinsame musikalische Interessen entdeckten und dann irgendwann vor nun mehr fast drei Jahren hier den Laden aufmachten. Ob der Rest Geschichte ist, sei mal dahin gestellt. Umso schöner die Tatsache, dass wir beide es am 05.12. diesne Jahres endlich schafften, mal ein Konzert der Pets zusammen zu erleben. Denn, und das ist ein gerechtfertigter Klischee-Satz, das ausgehende Jahr 2009 war definitiv nach langer Zeit mal wieder ein gutes Jahr für die Boys. Kritiker und Käufer waren sich endlich mal einig und so wurde das Popduo, wohl auch aufgrund eines allgemeinen musikalischen Trends, auch wieder für Menschen unter 30 interessant. Das Konzert in der protzigen o2-World sollte da eine Art schönen Schlusspunkt setzen, wenngleich es lediglich der Auftakt der Wintertour in Deutschland ist. Und als ob das nicht schon ein Anreiz genug wäre, erfüllen uns die Boys noch einen absoluten Wunschtraum und laden als Special Guest nur für dieses eine Konzert Bad Lieutenant ein! Ich meine, lebende Legenden. 50% Nobono trifft 50% Joy Division. Ein gutes Verhältnis! Deshalb haben wir unsere folgenden Einschätzungen auch zweigeteilt.


I. Die Lokalität

rhododendron: Okay, also dass müssen wir ja mal voranstellen. Wir wissen ja, dass Neil und Chris trotz der guten Resonanz von „Yes“ in diesem Jahr keine Massenband sind. Vielleicht waren sie das mal 1989 oder so. Wenn überhaupt. Warum man sich also in einem Protztempel, wie der o2 World in Berlin einmietet, wo sonst nur Coldplay, Metallica und Whitney Housten (fällt mir nur grad ein, weil dafür gestern so exzessiv Werbung gemacht wurde) auftreten, schien den ganzen Abend nicht klar. Irgendeine Marketing-Sache? Proben für die DVD-Aufzeichnung in der o2 Arena in London demnächst? Selbstüberschätzung? Jedenfalls hätten wir beide ja am Anfang gedacht, die bekommen das Teil nicht mal bis zur Hälfte voll, da es noch eine Stunde vor Beginn recht leer war. Doch wir wurden dann recht positiv überrascht, oder?
doughnut: Richtig. Das Ding ist eben: die o2 World ist ziemlich groß. Soweit ich weiß, finden dort an die 17.000 Leute Platz. Man hat nun die Oberränge gar nicht zum Verkauf frei gegebenen, das wäre dann auch wirklich absurd gewesen. Wir waren ja überpünktlich dort und stellten fest, dass der Innenraum auch nach einer halben Stunde nicht voller wurde. Also schon ziemlich lustig, dass bereits vor 19 Uhr einige Fans panisch in die Halle gerannt sind. Wir konnten gemütlich unsere Jacken abgeben, Bier kaufen und waren letztlich doch sehr weit vorn. Als Bad Lieutenant dann loslegten wurde es sichtlich voller. Wenn man sich das ganze nun auf Fotos etc. betrachtet, kann man schon sagen, dass der Innenraum gut gefüllt war. Eigentlich voll, aber eben kein Gedrängel. Man konnte da ganz gut stehen. Im Gegensatz zu einigen Unkenrufen anderswo finde ich, dass auch die Ränge gut gefüllt waren. Lass es an die 10.000 Leute gewesen sein, und es war für die Verhältnisse wirklich ziemlich voll. Dafür gabs ja aber auch wochenlang schöne große Plakatwerbung in Berlin an der o2 World. Insgesamt ganz ordentliche Location und interessant, die PSB mal in einer etwas größeren Halle spielen zu sehen: die Show funktioniert auch dort!

II. Bad Lieutenant

r: Die Tatsache, dass wir es zeitlebens nie auf ein New Order Konzert geschafft haben, schmerzt natürlich sehr. Gerade für Oberfan doughnut. Umso glücklicher waren wir natürlich bei der Bekanntgabe des „Support Acts“ für diesen Abend! Sicher auch, um den Laden noch etwas zu füllen. Bad Lieutenant haben ein okayes Debüt vorgelegt, welches kurzweiligen Gitarrenpop bietet, der irgendwo zwischen New Order und den Doves angesiedelt ist. Aber natürlich ist das nicht der Grund, warum man sich auf einen Auftritt freut. Natürlich ist es auch die Präsenz von Bernard Sumner und Stephen Morris. Ich meine, Stephan Morris, dem Produzent Martin Hannett bei den Aufnahmen des Joy Division Debüts riet, seine Parts auf dem Studiodach einzuspielen, um mehr Kälte zu erzeugen. Und Bernie Sumner, der Ian Curtis kurz vor dessen Tod noch bei sich übernachten ließ, Tony Wilson kannte, die Hacienda mitfinanziert und ruiniert hatte... und wenn diese Band dann „Ceremony“ anstimmt... dann weht einfach die Geschichte unweigerlich mit durch den Raum. Und so freut man sich einfach, endlich mal „Crystal“ und „Tempation“ live zu hören. Letzteres genial zusammengemixt mit dem Chemical Brothers Track „Out Of Control“, welchem Sumner damals bekanntlich seine Stimme lieh. In diesem Moment lässt sich erahnen, wie es vor 20 Jahren in der Hacienda abgegangen sein muss. Fine Time, Baby! Für uns Fans wird ein kleiner Traum war. Leider nur für eine dreiviertel Stunde. Die Band verabschiedet sich standardgemäß mit „Love Will Tear Us Apart“, welches sie sogar Robert Enke widmet. Der Song ist auch nach dreißig Jahren unkaputtbar und bewegend. Nie wahr Peter Hook überflüssiger, als in diesem Moment. Die nächste Bad Lieutenant Tour sollte dann doch Pflicht sein, oder?
d: Die armen Bad Lieutenant! Anfangs mussten sie ja noch unter „Notbeleuchtung“ spielen, später hatte man das technische Problem dann im Griff. Naja, was soll man sagen? Eigentlich wurde ja alles gesagt: a) Peter Hook fehlt halt nicht. Seien wir ehrlich: Während Sumner sich mit seinen Leuten für eineinhalb Jahre zurückgezogen, und ein solides Gitarrenpopalbum aufgenommen hat, kam Hook nur mit pikierenden Worten über Morrissey und der Vergangenheit an sich in die Presse. Sowas nervt – und deswegen kann man es Sumner auch nicht übel nehmen, wenn einen Abend zuvor in Hamburg noch selbstbewusst „we are not New Order“ in die Menge ruft. In der Tat war bei NO zuletzt die Luft raus, doch davon hatte man an diesem Abend nichts mehr gemerkt. Sumner und Co. machten einen frischen und sympathischen Eindruck. Man merkte ihnen an: es macht wieder Spaß! Mit drei Gitarristen auf der Bühne gabs auch nen ordentlichen Sound und man hatte schließlich den Eindruck, dass die sich nach ner dreiviertel Stunde erst warm gespielt hatten. Leider mussten sie sich schon dann verabschieden, aber die passende Tour soll ja im Frühjahr 2010 folgen – und dann ist man sicher wieder dabei, denn was man an diesem Abend geboten bekam war nicht nur die physische Präsenz zweier Legenden, sondern einfach eine gute Liveband mit richtig guten Songs – und dazu zählen auch die neuen wie „Sink or swim“ oder „This is home“. Sehr schöner Auftritt, mit dem man dann auch den NO Gig auf der Wunschliste abhaken kann. Ich mein: Ceremony, Crystal, Out of control UND Temptation! Geht’s noch besser? Wohl kaum…

III. Pet Shop Boys

PSB-Live-09_11r: Wenn man die fulminante „Pandemonium“-Show des britischen Popduos bereits im Sommer gesehen hat, so wie wir zwei, dann ist die Wintertour natürlich erstaunlich überraschungsarm. Ich empfehle deshalb auch die Lektüre meiner Leipzig-Rezension im Juni. Die Show bleibt natürlich so toll, wie sie bereits beim ersten Mal war, mit dem schönen Unterschied, dass ich diesmal weiter vorn stand und das Ganze endlich auch mal wirklich sehen konnte. Ansonsten sind die Würfel immer noch das zentrale Element. Sie bauen sich auf, sie stürzen wieder ein, hängen an Schnüren oder werden von den Tänzern als Wurfgeschosse benutzt. Dazu gibt’s jede Menge Kostüme, Hintergrundvideos und Tanzeinlagen. Muss ja auch, da Tennant und Lowe das Gegenkonzept von Rampensäuen sind. Die geben sich weiterhin als gut gekleidete Gentleman des Elektropop und pfeffern fast die exakt gleiche Setlist aus dem Sommer um unsere Ohren, die sich aber nach wie vor sehr gut anhört. Natürlich sind da die Gassenhauer wie „Suburbia“, „It’s A Sin“ und „Always On My Mind“ dabei, die man schon nicht mehr hören kann, aber live durchaus Sinn machen. Auch „Go West“, welches glücklicherweise immer noch über die Beats von „Paninaro“ gelegt wird. Und dann sind da natürlich ein paar Mahsups, sowie das famose Oldschool-Special mit „Two Divided By Zero“ und „Why Don’t We Live Together?“ vom Debütalbum „Please“, welche beweisen, dass die Boys tatsächlich mal richtig cool klangen. Ansonsten gesellen sich das schnittige „New York City Boy“, sowie die Allzweckwaffe „What Have I Done To Deserve This?“ ins Programm. Nett, aber nicht weltbewegend. Glücklicherweise sorgen die Boys mit Musical Conductor Stuart Price immer wieder dafür, dass die Show nicht zu einer totalen Greatest-Hits-Revue verkommt. So gibt es die tolle 80er B-Seite „Do I Have To?“, welche nahtlos in das wunderbare „King’s Cross“ überläuft und zu Tränen rührt. Alles richtig gemacht. Ansonsten die üblichen Songs. Das „Viva La Vida“-Coldplay-Cover funktioniert natürlich in so einer Location außerordentlich gut. Und als kleines vorgezogenes Nikolausgeschenk gibt’s als Zugabe die neue Weihnachtssingle „It Doesn’t Often Snow At Christmas“. Inklusive tanzender Weihnachtsbäume. Mehr Kitsch geht nicht, oder?

d: Was konnte man erwarten im Gegensatz zur Sommer Tour? Neue Songs? Mehr Songs? Gar ein anderes Bühnenbild? Nun, die Veränderungen lagen im Detail. Im Intro „More than a dream (Dub)“ hörte man im Gegensatz zum Sommer nun schon Heart heraus, für „Love etc.“ wählte man ein alternatives Ende (ohne den Textzeilen „I believe / call me naive/ That we can achieve / A love that we need“) und hier und da änderte man eine Synthie Spur. Zu 90% passten diese Veränderungen gut, manchmal klang da aber auch einiges schief. „New York City boy“ beispielsweise wirkte deplatziert, da man „Always on my mind“ vermutete, was aber an der positiven Stimmung nichts änderte. „What habe I done to deserve t his?“ hätte man nicht haben müssen, aber in einer auf „Greatest Hits“ getrimmten Setlist natürlich kein falscher Beitrag. Dusty Springfiel erschien derweil wie in einer Andy Warhol Collage auf großer Leinwand. Absolutes Highlight natürlich der New York-Block und eben der ruhige Part mit den Balladen. Hier und da änderte man auch die Choreografie der Tänzer, doch die Veränderungen lagen insgesamt im Detail. Go West wird mittlerweile nicht mehr als Finale genutzt und kommt im Mittelteil dafür umso besser. Songs wie „Love etc.“ produzieren da mittlerweile mehr Stimmung. Und ja: natürlich sehr kitschiger, aber auch sehr PSB-typischer Abschluss mit dem Christmas Song. Kam sehr gut an und hat mich live ebenso überrascht. Schöne Setlist, überwiegend gute Neuerungen im Detail, die sicher nur dem Fan auffielen!


IV. Stimmung / Fazit

r: Ja, was bleibt am Ende nach diesem Gastspiel der beiden Legenden? Die Stimmung war eher bescheiden, als ob das Publikum mit Handbremse auftrat. Sicher, der Applaus war recht ordentlich und insofern ich das sehen konnte, stand man auf den lichten Rängen am Ende auch mehrheitlich. Während der Songs hätte ich, gerade weiter vorn einfach mehr erwartet. Ich meine, dass sich da kein Moshpit bildet ist klar, vielleicht fehlen den Boys dazu auch die Songs, aber teilweise war das einfach ein zu hoher Schunkelfaktor. Und Neil Tennant ist halt einfach nicht der Typ, der permanent das Publikum anfeuert. Wenn er es allerdings tat, dann ging ein kurzer Ruck durch die Lethargie. Das war’s dann aber auch. Positiv war hingegen die logistische Überschätzung der Location. Dadurch, dass die gerade mal zu 2/3 gefüllt war, gab es wenigstens mal für alle ausreichend Platz. Was man damit anstellt ist dann natürlich jedem selbst überlassen. Das Publikum der Pet Shop Boys ist, Spex-Verehrung hin oder her, einfach mal ein älteres Semester. Immerhin sind Tennant und Lowe ja auch nicht mehr die Jüngsten und das sieht man trotz Kostümen, Hüten und Sonnenbrillen langsam auch. Dennoch bleibt bei mir ständig das Gefühl, dass da stimmungstechnisch noch Platz nach oben ist. Aber da sollte man Realist bleiben. Der tollen Show der Jungs tut dies aber keinen Abbruch. Und gerade durch Bad Lieutenant hat die Show noch einiges dazu gewonnen. Allein dafür hat sich die Anreise gelohnt. Was bleibt also? Die Pet Shop Boys haben ein gutes Jahr und eine gute Live-Show gehabt und ich bin gespannt, was dann in 3 Jahren darauf folgt. Auf das Sommerkonzert hätte ich rückblickend also eher verzichten können. Und Bad Lieutenant? Ja, da muss nun bald mal ’ne Tour folgen. Da sind wir dabei. Herr doughnut, ich rechne mit ihnen.

d: Pandemonium Tour = solide PSB-Tour. Was wurde anders gemacht als 2007 zur Fundamental Tour? Größeres, aufwändigeres Bühnenbild, mehr Kostüme, mehr Songs. Insgesamt gab’s von allem ein wenig mehr. Und mit Price als Sound Director nicht nur mehr, sondern halt auch ein wenig besser. Man hat mehr aus den Songs gemacht und tolle Sachen aus dem Archiv geholt. Man hörte sogar Anleihen von „In the night“ – ob wir sowas nochmal erleben werden? Nun, Price sollte in jedem Fall in drei Jahren für das nächste Album verantwortlich sein, denn er hat aus den Jungs live nochmal einiges rausgeholt. Das Publikum ist sicher ein älteres Semester, aber es gab auch einige jüngere Leute darunter, die sicherlich mit dem musikalischen Trend und mit „Love etc.“ in die Halle gespült wurden. Hätte man „All over the world“ folgen lassen, wäre da eventuell sogar noch mehr Spielraum für eine neue „Fangeneration“. Davon abgesehen hast du natürlich Recht: Für eine Stimmung wie bei Coldplay und Co. fehlen denen halt einfach die Songs. Viele kommen halt dort hin, um in Ruhe die Hits ihrer Jugend Revue passieren zu lassen. Da rastet man halt maximal bei „Always on my mind aus“. Klar, dass dann die jüngeren Fans ein wenig mehr aktiv sind. Fazit: Man hat uns auf der Tour überrascht und es wurde einiges geboten. Alles war ein wenig mehr, ein wenig bunter als in den vergangenen zehn Jahren und wer hätte das schon erwartet. Die Stimmung war okay, die Halle gut gefüllt. Es gibt also nichts zu bemängeln, gerade bei so einen Support wie Bad Lieutenant. Ich meine klar: Den Electronic-Hit „Getting away with it“ hätten sie schon anstimmen können, aber das Leben ist eben kein Wunschkonzert. In diesem Sinne: bis in zwei oder drei Jahren!


Setlist:

01 More Than A Dream (Intro)
02 Heart
03 Did You See Me Coming?
04 Pandemonium / Can You Forgive Her?
05 Love Etc.
06 Integral/ Building A Wall
07 Go West
08 Two Divided By Zero
09 Why Don't We Live Together?
10 New York City Boy
11 Always On My Mind
12 Closer To Heaven / Left To My Own Devices
13 Do I Have To?
14 King’s Cross
15 The Way It Used To Be
16 Jealousy
17 Suburbia
18 What Have I Done To Deserve This?
19 All Over The World
20 Se A Vida È (That’s The Way Life Is)
20 Domino Dancing/ Viva La Vida
21 It's A Sin
22 Being Boring
23 West End Girls
24 It Doesn’t Often Snow At Christmas

PS: Die Bilder sind eine "Leihgabe" von intro.de...

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Rainbow Party - (8) Lychnis

Hi there, folks!
Verzeihung, dass mein dieswöchiger Fünfer erst heute und damit einen Tag verspätet erscheint.
Jedoch bin jetzt schon seit längerem von der Internetwelt abgeschnitten und musste erst einen unbescholtenen Passanten damit drohen ihn gemeinsam mit dem kompletten Wu-Tang Clan und The Polyphonic Spree in eine einsame Waldhütte zu sperren, händigte er mir nicht seinen WLAN-Zugang aus.
Hat funktioniert und so kann ich hiermit wieder fünf der schönsten Dreieinhalbminüter der U-Musik des letzten Dekats vorstellen.
Viel Vergnügen!

15.) Elysian Fields - Passing On The Stairs, 2004



Das Duo Elysian Fields wird wohl bis in alle Ewigkeiten einer dieser Dauer-Geheimtipps bleiben. Dabei kann man den beiden eigentlich nur Großes wünschen. Derart wunderbare, düstere, getragene, bestürzend ehrliche Musik hört man einerseits nicht aller Tage und wird wohl dennoch nie aus der Mode kommen. Sie reihen sich hervorragend in die musikalischen Reihe eines Leonard Cohen, eines Nick Drake, eines Elliot Smith, eines Jeff Buckley oder von Portishead ein. Und das alles allerdings kombiniert mit dem Habitus von solchen hervorragend funktionierenden und arbeitsgeteilten Duos wie beispielsweise Goldfrapp. Er macht die Musik, sie singt mit einer Stimme, die Orpheus ähnlich die Tiere zum Sammeln, Bäume zum Neigen und Steine zum Weinen bringt.
Der Höhepunkt ihres Schaffens ist meiner Meinung nach das famose Album "Dreams That Breathe Your Name". Nicht nur, aber vor allem wegen dem hier vorliegenden Titel. Passing On The Stairs ist ein sehr klassiches Duett. Die beiden Vokalisten beschreiben mit verteilten Rollen die Begegnung von zwei geschlechtsreifen Menschen, die beide zueinander wollen, es sich jedoch nicht zutrauen. Was für ein traumhafter Plot, den ich persönlich sehr gut nachvollziehen kann. Nicht nur das ja jeder verliebt war/ist/sein wird. Nein. Durch den Schwenk des Fokus auf den/die Angehimmelte(n), wird einem nochmal vor Augen geführt, dass der Gegenüber unter Umständen exakt die gleiche Gefühlswelt von einem selbst durchleben könnte. Für unsichere Menschen wie mich ein Lebenselixier, Hoffnungsschimmer, Realitätsbezug. Oder wie Señor Rhododendron es so gerne beschreibt: lebensrettend.
Der beste Text nützt natürlich nix ohne ohne die entsprechende Musik und die ist hier schlicht und ergreifend niederschmetternd. Schwer, traurig, getragen, moll-ig und von ausgesuchter Schönheit geprägt. Schwere, tiefe, langsame Klavierakkorde tragen das Lied, die später von einem fast schon kraftlos wirkenden Jazz-Schlagzeug und einem lahmen, erdrückenden Kontrabass und einem verloren wirkenden Cello begleitet werden und damit das Lied, die Stimmung und letztendlich auch den Hörer tief in den Keller hinab geleiten. Und damit einen perfekten Untergrund für diesen letztendlich doch sehr traurigen Gesang schaffen. Ein weiterer hervorragender, dunkel schimmernder Diamant der neueren Popmusik.


14.) Muse - Hysteria, 2003



Eines der energetischsten Lieder, die ich kenne. Eine wahre, alles verschlingende Walze von Basslauf, der mir als Basser den puren Neid ins Herz schießen lässt, treibt - und ich betone das Wort treibt - den Song voran, hetzt ihn, gibt ihm die Sporen, peitscht ihn durch die dreieinhalb Minuten. Die Gitarre stellt den Sturm dar, der das Song-Gespann noch massiver nach vorne bringt. Doch das Schlagzeug gibt dem ganzen Gebilde durch seinen relativ straighten Diskobeat einen wichtigen Teil Leichfüßigkeit und Nachvollziehbarkeit. Dass Matthew Bellamy durchweg hochemotional singt, braucht man nicht mehr zu betonen. Dass er leidenschaftlich und dennoch sauber und melodiös singt ist erstaunlich und Allgemeingut. Die Komposition an sich ist natürlich ein krasser Ohrwurm und dürfte auch in der Akustikversion keine Gefangenen nehmen. Das hier tobt, wütet und hetzt den Hörer von einem Höhepunkt zum nächsten. Dass es jedoch nicht bei einem gewöhnlichen Pop-Punk-Song verbleibt, was ja auf eine derartige Beschreibung auch vorstellbar wäre, liegt einfach daran, dass Muse diese unverschämte Genialität besitzen, einen Song immer bis zum letzten Jota auszureizen. So gibt es halt ein einfaches, aber spitzenmäßig funktionierendes Gitarrensolo. Diesen Moshpart nach dem Refrain und den sehr catchy und dennoch massiven Leit-Riff. Überhaupt fasst, glaube ich, das Wort massiv diesen gnadenlosen Hit am besten zusammen.


13.) The Cooper Temple Clause - Blind Pilots, 2003



Und noch ein brillanter Popsong, der ein ziemlich penetranter Ohrwurm ist und mich dennoch noch nie genervt hat.
Auch wenn ich den Opener des Opus Magnus Kick Up The Fire And Let The Flames Break Loose (Albumtitel des Jahrzehnts!) The Same Mistakes in den Jahren seit seiner Erscheinung wohl viel öfter gehört habe, packt mich dieses kleine Wunderwerk hier stets immer etwas unvermittelter. Denn auch wenn der andere eine grandios wachsendes - sich stets steigerndes - Songmonster darstellt, der mein Postrock-Herz höher schlagen lässt, haben wir hier einen Refrain vorliegen, der einer der besten - nicht nur des letzten Jahrzehnts - ist. Auch wenn die Strophe sehr gelungen ist und auch das psychedelische Interlude zu gefallen weiß, strahlt das Lied vor allem wegen dieses erhabenen Chorus, der Himmel und Erde zu vertauschen mag. Exzellent vorgetragen, überzeugend arrangiert packt er dich, wirft dich nieder, spaltet deinen Brustkorb, fetzt dein Herz raus, versieht es mit einem Paar Flügel und lässt es fliegen.


12.) Aqualung - Can't Get You Out My Mind, 2002



Was für ein schönes Liebeslied! Eine Ode an die Partnerin, die das lyrische Ich immer wollte. Gefühlvoll bis zum Geht-nicht-mehr. Süß und schnucklig mit seinem hohen Klaviergeklimper und der niedlichen hohen Stimme, die es gerade so schafft, diese Töne zu trällern. Und dennoch erhaben in seiner hohen Kompositionsschule und textlichen Einfacheit. Trotz oder gerade wegen seiner Simplizität würde sicher jeder sich wünschen, dieses Lied singen zu können. Denn wer möchte denn nicht gerne von sich behaupten können sagen zu können
And I'm petrified,
Hypnotized
Everytime you walk by
And I can't get you out of my mind

Und letztendlich feststellen zu dürfen:
I can't believe it's true
that you're here by my side
.
Würde jemand anderes diesen Text singen, würde man das so wahrscheinlich gar nicht wahrnehmen oder nicht ernst nehmen, egal ob es Jessica Simpson oder Maynard James Keenan von Tool wären. Doch da Herr Matt Hales sich dazu entschieden hat, auch die Produktion zu diesem Titel so authentisch wie möglich zu gestalten - keine großen Effekte, keine Verfremdungen, keine anderen Sänger, überhaupt auch keine gedoppelte Gesangsspur, kommt diese Wirkmacht der Aussage besser zur Geltung. Ja, man nimmt ihm das ab, was er da singt. Dadurch kommt es wahrscheinlich auch, dass man so einen starken persönlichen Bezug zu dem Gesagten aufbauen kann und seine persönliche Flamme darauf projezieren kann.
Ich bleibe bei meiner Feststellung:
Was für ein schönes Liebeslied.
Übrigens: Matt Haines hat seine Co-Songwriterin Kim Oliver zwischen dem ersten Album - dem dieses Lied entnommen ist - und dem zweiten zu seiner Gemahlin gemacht ...


11.) Depeche Mode - Freelove, 2001



Wo wir schon beim Thema Liebe sind: Einen etwas abstrakteren Zugang zu diesem großen Thema wählen die Herren Mode.
Zu sehr entspannender aber nie unspannender musikalischer Untermalung mit einer verschlafenen Gitarre und einer Vielzahl an Samples und Effekten, kann Mr. Gahan von seiner schönen Wahrheit der freien Liebe erzählen. Damit ist natürlich nicht die sexuelle Konnotation angestrebt, sondern eher der spirituelle, zwischenmenschliche Ansatz:
No hidden catch,
no strings attached
just free love.

Ist das nicht wunderschön? Ein Gegenpol zu der "What's in it for me?"-Mentalität, die unser Denken inzwischen fest im Griff hat, sagt das lyrische Ich einfach nur: "Ich weiß nicht was die Wahrheit ist, ich gebe einfach nur Liebe umsonst." Passend zum ausladendem Gestus mit dem sich Dave Gahan live präsentiert, wirkt das hier beinahe wie eine moderne Jesusfigur. Mag sein, dass das idiotisch ist. Mag sein, dass das sarkastisch gemeint ist. Mag sein, dass das pathetisch ist. Mich erwischt das mit voller Breitseite. Es treibt mir wirklich die Tränen in die Augen, wenn ich diese einfache und überwältigende Botschaft höre.
Allerdings muss ich beim Thema DM dazu erwähnen, dass ich mich sonst immer sehr schwer damit tue, diese heldenartige Verehrung, die ihnen seitens der Fans entgegen brandet, nachzuvollziehen. Diese Liebe zu diesem Lied ist definitiv nicht personengebunden. Den Text könnten Mayham singen und ich wäre genau so erschüttert und bewegt. Jedoch verstehen es Depeche Mode hier die Lyrics als Essenz des Songs wahrzunehmen und dementsprechend dem Gesang auch ausreichend Raum zu lassen. Gleichzeitig fungiert die sehr sehr chillige Musik als Unterfütterung. Nicht als Beiwerk sondern als tragendes Element, was sich jedoch nie in Vordergrund drängt.
Ich muss dazu erwähnen, dass als Besprechungsgrundlage, die auch im obigen Video zu hörende Single-Version Pate stand. Zwar ist auch die Album-Variante von ausgesuchter Schönheit, der Flood-Remix (was gleich bedeutend mit Single-Version ist) zeichnet sich jedoch dadurch aus, diesen sowieso schon reduzierten Song noch weiter von allem Effekt-Ballast zu entlasten, zu straffen und zu entschlacken, so dass dieses kompakte Stück Pop bei entsteht, was ich auch so zuerst kennen und lieben gelernt habe.

Meine 100 Alben 2000 - 2009 / Platz 01

01. Bloc Party “A Weekend In The City” (2007)

41Mr94F1SpL-_SL500_AA240_Also, wie wählt man die nun eigentlich die liebste aller Platten aus den vergangenen zehn Jahren? Wie geht man dabei vor? Vielleicht sollte man am Ende, das Album nehmen, welches den größten Eindruck bei einem hinterlassen hat, sowohl damals beim Release, als auch heute noch. Das Album, welches einen am meisten geprägt und bewegt hat, welches einen in den richtigen Momenten begleitet hat, an die man sich gern oder auch weniger gern zurückerinnert. Dabei kann man ja durchaus den Stellenwert in der Pophistorie außen vor lassen. Und während ich so beim Aufstellen der Top 100 immer wieder über so etwas nachdachte, kam mir am Ende immer wieder nur ein Titel in den Sinn: „A Weekend In The City“! Das zweite Bloc Party Album ist mein Meisterwerk dieser Dekade, ohne „Wenn“ und „Aber“… während die Welt in diesem Kontext immer gern auf das wegweisende Debüt „Silent Alarm“ schielt wird gern übersehen, welch Genialität der Nachfolger musikalisch und inhaltlich zu bieten hat. Und vielleicht ist es am Ende Schicksal, als ich damals alkoholtrunken kurz nach Mitternacht das Teil erstmals in meinen mp3-Player packte und aufdrehte. Dem frühen Internet-Leak sei dank! So hatte ich mir „Weekend“ für 2007 aufgespaart, vielleicht schon wissend, was es mir bedeuten würde. Na ja, war, glaub ich in jener Nacht ein unfreiwillig komisches Bild, dass ich auf den Elbwiesen abgab.

Was ich mit dieser Annekdote eigentlich nur verdeutlichen wollte… dies ist MEIN Album. Es hat mich geprägt, in seiner Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit, gleich eines Manifestes, gefüllt mir elf genialen Songs, von denen keiner auch nur annähernd schlecht ist, sondern einer besser als der nächste. Jedes Lied erzählt eine Geschichte, keiner klingt wie der andere und am Ende fügt sich doch alles zu diesem unglaublichen Konzeptalbum zusammen. Ein Album, welches davon handelt, was wir sind. Über das Leben als Twenty-Something in der Großstadt. Sänger Kele Okereke hat seiner Band dieses Album auf ihren Leib geschrieben, ohne dabei urbane Schönfärberei zu betreiben. Nach den kryptischen Texten von „Silent Alarm“ wir Okereke direkt und kreiert mit seinen Mitstreitern, sowie Produzent Jacknife Lee ein Album, welches so abgrundtief traurig, so wütend, so ehrlich und auch irgendwie so aufrüttelnd ist, wie kein anderes Album in dieser Dekade. Ein Armutszeugnis für die westliche Dekadenz wird ausgestellt. Eine Gesellschaft voller Angst, zerbrochener Träume, Gewalt, sinnlosem Konsum und falscher Liebe. „Uniform“ stellt die Eintönigkeit unserer Jugendkultur an den Pranger, in „Where Is Home?“ schreit Kele seine Wut über Rassismus aus dem Leib, während uns „Hunting for Witches“ die tägliche Angst vor Terrorismus, sowie die damit verbundene Medienpropaganda vor Augen führt. Und das ist nur der Anfang. Mehr gefällig? „On“ ist eine Liebeserklärung an Kokain, während „Kreuzberg“ den einsamen Protagonisten nach einem One-Night-Stand auf die Straßen des nächtlichen Berlins schickt, wo er sich fragt, warum er nicht richtig lieben kann. „I Still Remember“ spielt mit homoerotischen Versuchungen, „Waiting For The 7.18“ hingegen steckt knietief im Alltagstrott. Und immer wieder der Wunsch von Okereke auszubrechen. Bereits im wüsten Opener „Song For Clay“ stürzt sich der Protagonist ins korrupte und seelenlose Nachtleben einer Gesellschaft, die ihre Existenzberechtigung im Rausch sucht. „Because East London is a vampire, it sucks the joy right out of me. How we longed for corruption in these golden years” schreit Kele dem Hörer unverblümt entgegen. Gleichzeitig resigniert er... „Nothing ever really touches me“. Kein Koks, kein Sex, keine Party kann das Loch füllen. Selbst der „Prayer“ zur Freitag Nacht wirkt irgendwie wie ein verzweifelter Aufschrei nach Liebe und Erkenntnis. So geht das Konzept des Albums vom Freitag Abend bis hin zum Sonntag. Im gleichnamigen „Sunday“ taucht kurzzeitig Optimismus auf. Das einzig wirkliche Liebeslied des Albums. “Giant proclamations are all very well but our love is louder than words.” Ein treffendes Fazit. Doch die Stimmung bleibt nur kurzzeitig optimistisch, denn das Album endet mit “SRXT”, einen Song, der nach einem Antidepressiva benannt ist und einem Freund Okereke’s gewidmet ist, der scheinbar alles auf der Welt hatte, aber mit dem Alltagstrott und dem Durchhangeln von Wochenende zu Wochenende einfach nicht klar kam und sich das Leben nahm. Untermahlt von einer riesigen Wall of Sound erreicht die Verzweiflung ihren Höhepunkt. Nein, dies ist kein Partyalbum, dies ist keine lebensbejahende Platte. Bloc Party entwerfen einen düsteren Gegenentwurf zur Spaßgesellschaft, wenngleich sie unfreiwillig Teil eben dieser sind. Doch es ist nicht nur der Inhalt, welcher begeistert, sondern auch die Form. Sicher, Jacknife Lee glättet den elektrisierenden Sound des Debüts deutlich und verpasst dem Quartett ordentliche Soundflächen. Doch diese zusätzliche Atmosphäre brauchen die Songs auch, um sich zu entfalten und zu funktionieren. Ein großes Plus ist die Abwechslung im Klang… während die Opener noch klassische Gitarrenschrubber sind, versteckt sich „Waiting For The 7.18“ hinter einer dicken Soundwand. „The Prayer“ ist alles, nur nicht eindeutig. Ein wilder Mix aus Hip Hop, Electro und Rock. Ähnliches gilt für das zerhackte „Where Is Home?“. „On“ kommt so gut wie ohne Gitarren aus, während „Uniform“ nach dem ruhigen Start zum Ende hin richtig an Fahrt und Wut gewinnt. Die Liebe zur Elektronik und diversen Soundspielereien, die sich bereits auf „Silent Alarm“ angedeutet hatte, wird auf „Weekend“ richtig ausgelebt. Auch diese Vielfalt macht den Reiz des Albums aus und passt zu den unterschiedlichen Stimmungen der Songs.

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Für viele, die vordergründig gern immer wieder leichte Indierocksongs á la „Banquet“ hören möchten mag dies unverständlich klingen. Zu glatt und zu ruhig sei das Zweitwerk von Bloc Party, kritisierten viele. Doch das ist ja nicht der entscheidende Punkt. In diesem Album steckt mehr Wut, Gefühl und wenn ihr so wollt auch Punk, als in vielen anderen Platten, die sich so schimpfen. Der Clou besteht darin, dass Bloc Party dies anders vermitteln. Auf unterschiedlichen Ebenen. So funktioniert dieses Album. Die düstere Variante eines herkömmlichen Popalbums sozusagen, die aber abseits der Thematik alle Aspekte eines guten Popwerks vereinigt. Alles, was Bloc Party 2007 gemacht haben war von herausragender Qualität. Allein, wenn man sich die B-Seiten wie „England“ oder „The Once And Future King“ aus dieser Zeit zusammenstellt, hat man bereits das nächste tolle Album in der Hand. In diesen Monaten gelang ihnen alles und „A Weekend In The City“ ist der Grund, warum eine britische Newcomerband innerhalb kürzester Zeit aus dem Nichts zu meiner Lieblingsband wurde und hoffentlich auch im nächsten Jahrzehnt noch viel zu geben hat. Dieses Album ist in meinen Augen ein Meisterwerk und hat mich musikalisch und menschlich in den letzten Jahren mehr geprägt als jedes andere Stück Musik. Eine Songzusammenstellung, die nachdenklich macht und aufrüttelt. Ein Zeitdokument einer Dekade. Dass es ein düsteres Dokument geworden ist, spricht wieder mal für unsere Zeit. Na ja, oder halt dagegen. Vielleicht kann man darauf was Besseres für die nächsten zehn Jahre aufbauen. Auch wenn’s nur Musik ist. Aber so ist es am Ende mit allen Alben in diesem Ranking. Selbst alle die, welche die Top 100 verpasst haben, ja sogar all die, welche mir wichtig sind und in den Jahrzehnten davor erschienen sind. Am Ende zählt nur die Musik, die einen berührt und fasziniert. Das hat sie definitiv auf eine unnachahmliche Art und Weise in den vergangenen zehn Jahren und das wird sie auch sicher, wenn auch auf anderen Wegen, in den nächsten Jahren machen. Ich hoffe, ihr hattet viel Spaß beim Lesen und habt vielleicht das ein oder andere entdeckt, was ihr noch nicht kanntet. Dann hätte sich das Ganze ja schon mal gelohnt. Und wenn nicht, dann mußte ich das auf jeden Fall einfach mal loswerden. Alles Gute für die nächsten zehn Jahre!
Anhören: “Song For Clay (Disappear Here)”, “The Prayer”, “Uniform”, “Where Is Home?”, “Kreuzberg”, “SRXT”



PS: Auf einen Blick gibt’s das komplette Ranking nochmal hier zum Nachlesen.

Dienstag, 15. Dezember 2009

Meine 100 Alben 2000 - 2009 / Platz 02

02. The Stills “Logic Will Break Your Heart” (2003)

419AVGXFAFL-_SL500_AA240_Das schöne an dieser Top-100-Liste ist wohl am Ende, dass sie zwar trotzdem die üblichen Verdächtigen am Start hat, aber immer mal wieder zwischendrin Alben auftauchen, die der Außenstehende nicht so auf der Rechnung hatte. Denn am Ende ist es meine Liste und meine Favouriten. Und während sicher einige Musikkenner das 2003er Debütalbum der kanadischen Stills als ganz okayes Debüt mit der flotten Hitsingle „Still In Love Song“ abstempeln, geh ich einenn anderen Weg. Nicht nur ist besagter Hit in meinen Augen relativ überbewertet, nein, sondern „Logic Will Break Your Heart“ hat genau das Gegenteil von seinem Titel gemacht, nämlich mein Herz gewonnen. Und so ist es am Ende ganz selbstverständlich mein zweitliebstes Album der vergangenen Jahre. Und es ist wirklich meines, hab ich nach wie vor das Gefühl, eben deshalb, weil es kaum jemand kennt. Was spricht nun also für die Vizeposition der Stills? Nun, es ist exakt eben jener Mix aus tollen Songs und der Lebensphase, in welchem ich auf dieses Werk traf. Ich glaub, am Ende muss ich Chrischie danken, welcher das Album erst unserem „Fall On Deaf Ears“ gegeben hat, welcher es dann an mich weiter reichte. Doch es vergingen noch ein paar Monate, bis ich überhaupt reinhörte. Und ich weiß gar nicht mehr, was letztendlich den Anstoß gab und wann das Album letztendlich bei mir Klick machte. Es muss irgendwann im Sommer 2006 gewesen sein, wo mich dieses Album aus dem Nichts recht flott umgehauen hatte. Man benutzt ja gern mal so blöde Emo-Sätze wie „Dieses Album hat mein Leben gerettet“. Ist eigentlich schrecklich abgedroschen, aber in Anbetracht der Tatsache, dass ich ihn bisher noch nicht in den Top 100 angewendet hab und weil’s einfach wahr ist, drück ich mal auf die Emo-Tube. Ja, dieses Album war und ist mir extrem wichtig und einer der Gründe, warum Musik in meinen Augen unser kostbarstes Kulturgut ist. Und das seh vielleicht ich nur so, denn hier handelt es sich ja um kein symphonisches Großwerk, sondern um Indierock mit leichtem New-Wave-Einschlag. Warum funktioniert dieses Album bei mir? Vielleicht, weil es die Thematik ist… 12 Songs über gebrochene Herzen mit unterschiedlichsten textlichen Herangehensweisen. Der fulminante Opener „Lola Stars And Stripes“ mischt apokalyptische Ängste mit Zweisamkeit, während gleich im Anschluss im lyrisch prägnantesten Song des Albums, „Gender Bombs“ alles zusammengefasst wird… „The Girl will school you“. Und Logik zerbricht eben das Herz, genauso wie Veränderungen am Ende schlecht sind. Der gleichnamige dritte Song beendet den tollen Hit-Hattrick gleich zu Beginn der Platte. Hier bin ich schon hin und weg. Der Rest begeistert auch, seien es die etwas rockigen Nummern wie „Love and Death“ oder „Allison Krausse“ oder die ruhigen Momente, wie „Let’s Roll“ oder „Fevered“, welche wie eine warme Sommernacht für Seelenfrieden suchen. An den sehr seltsamen Wendungen, die hier fallen, wird klar, dass es mir recht schwer fällt den Wert und die Faszination von „Logic Will Break Your Heart“ in rationalen Beschreibungen festzuhalten. Vielleicht versuch ich’s noch mal. Wir haben 12 sehr gute bis geniale Indierock-Songs, die aber gern mal ein wenig Richtung Wave schielen, ohne aber dabei wie Interpol und Konsorten zu klingen. Was bleibt ist die melancholische Grundstimmung, die zwar gelegentlich Ausbrüche von Optimismus zulässt, aber damit nie übertreibt. Etwas Dunkles kann diese Musik nicht von der Hand weisen. Aber gerade die Tatsache, dass sich das insgesamt irgendwie mit den hellen Aspekten der Musik die Wage hält, macht dieses Album so hörenswert. Der Verlust der Liebe bleibt zentrales Thema dieses Albums. Und so stellt Sänger Tim Fletcher am Ende resigniert fest: “Some things last forever, why can't this last forever?”. Das der Abschlusssong “Yesterday, Never Tomorrow” am Ende doch irgendwie etwas fröhlich Leichtes an sich hat, kann gern als Ironie der Tatsache gesehen werden. Auf „Logic Will Break Your Heart“ wird im ganz großen Maßstab gelitten, auch wenn es sich das Album eben nicht anmerken lässt. Nachdem der Nachfolger ein ziemliches Desaster wurde und man die Stills eigentlich schon hätte abschreiben können, stimmte das 2008er Album „Oceans Will Rise“ wieder versöhnliche Töne an, so dass vielleicht auch in Zukunft noch mit den jungen Herren aus Kanada zu rechnen ist. Und selbst wenn nicht, dann bleibt am Ende dieser kleine, wunderbare Indierock-Schatz, der für immer einen großen Stellenwert in meinem Leben haben wird. Und vielleicht funktioniert das nur in bestimmten Situationen, in denen man selber das durchmacht, was diese Platte uns erzählt. Vielleicht funktioniert’s aber auch anders. Wer also bisher noch nichts von der Existenz dieses Albums mitbekommen hat, dem empfehle ich das Anhören hiermit uneingeschränkt. Danke, liebe Stills!
Anhören: “Lola Stars And Stripes”, “Gender Bombs”, “Changes Are No Good”, “Let’s Roll”, “Fevered”

Montag, 14. Dezember 2009

Meine 100 Alben 2000 - 2009 / Platz 03

03. Coldplay “A Rush Of Blood To The Head” (2002)

412nHlAWnpL-_SL500_AA240_Schluss mit Leise! Nach dem wunderbar ruhigen Debüt „Parachutes“ setzten die britischen Newcomer von Coldplay mit dem Nachfolger ein deutliches Ausrufezeichen und meldeten damit auch unfreiwillig den Anspruch an, für die ganze Welt zu spielen. Es dauerte zwar noch ein wenig bis es dann endgültig vorbei war mit dem Geheimtipp, aber so lange gehörte „A Rush Of Blood To The Head“ mit allein! Ja, a bin ich egoistisch und erinner mich gern an die Zeit zurück, als man Coldplay noch nicht mit diversen Hausfrauen, BWL-Studenten und Fußballstadien teilen musste. Auch nach sieben Jahren bleibt das Zweitwerk in Sachen Coldplay das Maß aller Dinge. Die eigene Messlatte sozusagen. Dafür reichen schon die fünf Minuten von „Politik“ zu Beginn. Die besten fünf Minuten, die diese Band bisher komponiert hat. Ein Meileinstein, der mir auch heute noch immer einen Schauer über den Rücken jagt. Besonders ab Minute Vier. Einfach mal selbst testen. Mit stampfendem Rhythmus erzählt uns Lockenkopf Chris Martin vom Chaos in der Welt, bevor er die Angebetete im befreienden Schlussteil anfleht „And give me love over this“. Auch bei Coldplay ist ja bekanntlich all you need love. Das kann man für naiv halten, aber mein Gott… seid doch auch mal ein wenig romantisch, liebe Zweifler. Natürlich sind auf diesem Album auch die großen Radiohits „In My Place“ und „Clocks“ dabei, die man vielleicht mittlerweile nicht mehr hören kann, wobei aber gerade Letzterer ein unbestreitbarer Superhit ist. Eine Pianomelodie für die Ewigkeit. Und natürlich das wundervolle „The Scientist“, welches sich in triefenden Entschuldigungs-Phrasen wälzt und somit Angriffsfläche für alle Hater gibt. So wie das ganze Album. Alles, was man an Coldplay lieben kann findet sich hier. Und eben alles, was man an dem Quartett hassen kann. Ist mir aber relativ schnuppe, muss ich sagen. Nachdem sich das Debüt ja, wie bereits erwähnt, eher akustisch gab, drehen Coldplay die Gitarren nun etwas auf und wagen auch mal ein paar Überraschungen, wie das wüst-chaotische „A Whisper“ oder das treibende „God Put A Smile Upon Your Fance“. Zwischendurch muss aber natürlich immer wieder Platz für die wunderbar melodischen Piano-Britpop-Nummern sein. „Warning Sign“ schrammt zwar ziemlich am Kitsch vorbei, aber irgendwie nimmt man Martin den reumütigen Liebhaber in jeder Sekunde ab. „When the truth is, I miss you so.“ Wie kann ich da nur wiederstehen? Auch der Titeltrack überzeugt mit starken Texten und einem tollen, großflächigen Soundgewand, bevor der Abschluss “Amsterdam” dann noch mal kurz ruhigere Töne anschlägt, nur um am Ende noch mal richtig auszubrechen. Man merkt einfach, wie viel die Band seit dem Debüt gelernt hat und wie viel sie bereit ist, zu riskieren und auszuprobieren. So halten sich die gefühlvollen, zerbrechlichen Momente mit dem großen Pathos erstaunlich gut die Wage. Im Prinzip ist „Rush of Blood“ ein typisches zweites Album, wie es hier im Countdown immer wieder aufgetaucht ist. Man nimmt die besten Elemente des Vorgängers und macht sie einfach, auch aufgrund der Erfahrung, etwas größer und ausgereifter. Der Erfolg kommt dann ja meist von allein und kam ja in dem Fall später auch. „A Rush Of Blood To The Head“ wird vermutlich für alle Zeit mein Lieblings Coldplay-Album bleiben. Allein aus nostalgischen und biographischen Gründen werden es alle späteren Alben schwer haben, da ran zu kommen. Mit diesem Album wurden Coldplay, zumindest für einen Zeitraum von 2 Jahren oder so, zu meiner Lieblingsband und sind auch heute noch ganz weit vorn in meiner Gunst, egal wie groß sie sind und wie groß sie noch werden. Ich hab das glaub ich, weiter hinten bei „Viva La Vida“ geschrieben… wenn eine Band weltweit so viel Anerkennung findet, dann hat das vielleicht auch manchmal was mit musikalischer Qualität zu tun. Und wer an dieser zweifelt, sollte sich doch bitte noch einmal dieses tolle Meisterwerk mit seinen wundervollen Popsongs anhören und überzeugt werden.
Anhören: “Politik”, “The Scientist”, “Clocks”, “Warning Sign”, “A Rush Of Blood To The Head”

Sonntag, 13. Dezember 2009

rhododendron's ranking ... 50/ 2009

Listen! Nichts als Listen! Während sich das Ende des Jahres nähert, häufen sich auch die statistischen Erhebungen auf Nobono. Während „The Fall On Deaf Ears“ mit seinen Lieblingssongs des Jahrzehnts noch voll dabei ist, nähern sich meine Lieblingsplatten der Dekade langsam dem Ende. Aber natürlich folgt anschließend gleich noch eine Auflistung der besten Alben des Jahres 2009. Ja, Tatsache! Und dann ist natürlich auch noch dieses Ranking hier, welches sich den aktuellen Highlights aus der Welt der Popmusik widmet. Auch in Woche 50 des ausklingenden Jahres. Die Pet Shop Boys behalten ihre Top-Position, bekommen aber mit der neuen Delphic Single „Doubt“ gleich astreine Konkurrenz auf Platz 2. Ein richtig feiner Popsong ist das, der Lust auf’s Debütalbum „Acolyte“ macht, welches im Januar erscheint. Auf Platz 5 findet sich ein ungewohnter Neuzugang, nämlich Jared Letos Hof-Emo-Kapelle 30 Seconds To Mars, welche ich sonst auch eher nicht mag. Die neue Single „Kings & Queens“ ist aber eine epische Stadionrock-Hymne, die so mit Pathos und Bombast zugestopft ist, dass ich sie einfach nur lieben kann. Ein Herz dafür! Auch für These New Puritans. Das Legomännchen hat ja bereits in dieser Woche die Single “We Want War” vorgestellt. Ungewöhnlich, aber durchaus reizvoll. Dafür gibt’s Platz 15, natürlich mit Potential nach oben. Ach, und ehe ich’s vergesse… natürlich wird es auch am Ende des Monats eine offizielle 2009-Liste meines Rankings geben. Alles andere wäre bei mir natürlich sehr verwunderlich.

01.( 01 / #2 ) Pet Shop Boys “All Over The World”
02.(NEW/ #1) Delphic “Doubt”
03.( 03 / #3 ) Vampire Weekend “Cousins”
04.( 02 / #6 ) Girls “Lust For Life”
05.(NEW/ #1) 30 Seconds To Mars “Kings And Queens”
06.( 04 / #4 ) The Drums “I Felt Stupid”
07.( 05 / #6 ) Muse “Undisclosed Desires”
08.( 08 / #3 ) Depeche Mode “Fragile Tension”
09.( 07 / #8 ) Florence And The Machine “You’ve Got The Love”
10.( 06 / #5 ) Yeasayer “Ambling Alp”
11.( 09 / #7 ) Ellie Goulding “Under The Sheets”
12.( 11 / #2 ) Le Corps Mince de Françoise ”Something Golden”
13.( 10 / #8 ) Arctic Monkeys “Cornerstone”
14.( 13 / #5 ) Jay-Z “Empire State Of Mind”
15.(NEW/ #1) These New Puritans “We Want War”
16.( 16 / #9 ) Julian Casablancas “11th Dimenson”
17.( 12 / #10) The Sound Of Arrows “Into The Clouds”
18.( 14 / #5 ) Athlete “Black Swan Song”
19.( 17 / #13) The xx “Basic Space”
20.( 18 / #6 ) Calvin Harris “Flashback”





Meine 100 Alben 2000 - 2009 / Platz 04

04. Editors “The Back Room” (2005)

41XZSN4CQVL-_SL500_AA240_Auf die Musikpresse sollte man sich sowieso nicht verlassen. Der Name „Editors“ tauchte natürlich im schicksalsträchtigen Jahr 2005 auch irgendwann unter all den vielen neuen Gitarrenbands auf. Und als mich Blogkollege „The Fall On Deaf Ears“ irgendwann im Sommer ’05 mal darauf ansprach, plapperte ich munter dem Schnabel der Presse nach… „Das is doch nur so’n billiger Interpol-Klon, oder?“ Ich Unwissender, ich! Es sollte noch ein halbes Jahr dauern, bis die Zeit reif für mich und die Editors war. So trat die Band während einer Phase in mein Leben, in dem ich sie wirklich brauchte. Mehr muss dazu auch nicht gesagt werden, das ist ja hier kein Kummerkasten. Dann auf einmal hörte ich „The Back Room“, welches ich auch noch einige Wochen lang versehentlich als „Black Room“ titulierte und irgendwann kam der Moment, wo es „Klick“ machte und an allen Vorurteilen vorbei direkt ins Herz ging. Mit Interpol hat das alles auch nicht wirklich was zu tun. Denn seit wann steht das Kriterium „Melancholischer Wave Rock mit tiefer Männerstimme“ denn für einen Vergleich? Nein, die Editors waren schon immer etwas dringlicher, konkreter. Während Interpol mit der Introspektive immer noch liebäugeln, wollen die Editors mit ihrer Trauer und Verzweiflung Außenwirkung erzeugen. Allein der Albumbeginn ist mit dem schnellen „Lights“, sowie den Hits „Munich“ und „Blood“ bereits unglaublich zackig, energiegeladen und tanzbar. Und so geht es auch weiter, wenngleich die Band natürlich zu den richtigen Momenten auf die Bremse tritt. Und immer wieder fleht die markante Stimme von Tom Smith in den Nachthimmel. „I wanted to see this for myself“ singt er im melancholischen „Fall“ vor sich hin. Inwieweit Smiths Stimme etwas mit Paul Banks zu tun haben soll, dass dürfen andere entscheiden. Sie ist makant, klar, kraftvoll und doch voller Schmerz. Live gibt Smith den unfreiwilligen Frontmann, der immer wieder im Kampf mit sich selbst zu sein scheint. Wenngleich sich das in den letzten Jahren deutlich gebessert hat. Seine Texte sind einfach gehalten, aber mehrdeutig interpretierbar. So haben die Songs die seltene Gabe, für jeden ihrer Hörer etwas anderes zu bedeuten. Wer oder was die „Disease“ ist, auf welche man im genialen „Bullets“ verzichten soll, muss jeder selbst entscheiden. Und auch die blutenden Hände aus den Fabriken oder die Arme, mit denen man Menschen in der eigenen Stadt Willkommen heißen soll sind Interpretationssache. Doch was am Ende bleibt ist ein Gefühl von Melancholie, Verzweiflung und sicher auch etwas innerer Zerrissenheit, welche die Songs, trotz ihrer poppigen Eingängigkeit durchweht. Für ein Debütalbum eine erstaunliche Leistung. Alle elf Tracks sind hervorragend und auch vielseitig. Für ein trauriges Balladenalbum ist „The Back Room“ zu schnell, für ein Tanzalbum aber auch zu ruhig. Für mich als Fan von düsterem New-Wave-Pop natürlich ideal. Das Debüt der Editors ist eines der besten der ausgehenden Dekade voller großer, wichtiger Songs, die mir sehr viel bedeuten. Und nicht nur die auf dem Album. All die B-Seiten, welche vor und während dieses Debüts entstanden, sind von ähnlicher Birllanz. Es seien nur mal Songs wie „Let Your Good Heart Lead Your Home“ oder “Come Share The View” ans Herz gelegt. Und all diese Songs habe ich damals so gern und intensiv gehört... und das über einen wirklich langen Zeitraum. Die trunkenen Momente, die ich zusammen mit den Editors verbracht hab lassen sich eh nicht mehr an zwei Händen abzählen. Aber es war gut so und ist es heute immer noch. Auch die beiden Nachfolger haben meine Vermutungen bestätigt, dass diese Band viel Potential nach oben hat. Dieses einmalige A-ha-Gefühl aber bleibt trotzdem für immer mit „The Back Room“ verbunden. Und dabei bealsse ich es auch. „I’ve got so much to tell you but so little time”.
Anhören: „Munich“, „Blood“, „Fall“, „Bullets“, „Open Your Arms“

Samstag, 12. Dezember 2009

Meine 100 Alben 2000 - 2009 / Platz 05

05. Doves “The Last Broadcast” (2002)

4101TW1AP3L-_SL500_AA240_Nach all der Dunkelheit und Trauer der letzten Alben ist es jetzt mal wieder Zeit, die Vorhänge zu öffnen und das Licht hinein zu lassen. Und wie es den Raum flutet. Am besten, in jenem Moment, als die Gitarren des schleppenden „Words“ beginnen zu spielen und es wirkt, als ob aller Balast dieser Welt von einem Abfällt. „There Goes The Fear“. Bereits der zweite Song dieses Albums ist eine überlebensgroße Hymne, die mich auch heute in richtigen Momenten noch zu tränen rühren kann. Ein Song, der weinend zurückblickt, aber auch voller Hoffnung den Blick Richtung Zukunft wendet. Wir reden hier natürlich die ganze Zeit vom famosen Zweitwerk der Doves aus Manchester. „The Last Broadcast“ ist ein Meisterwerk der Gattung Britpop, voller Größe, Gefühle und den genau richtigen Songs. Der pefekte Einstieg in meine fünf besten Alben des Jahrzehnts. Um die Genilität dieses Albums zu verstehen und zu spüren sollte man in erster Linie keine Angst vor großen Gesten und Breitwand Stadionrock haben, denn anders als noch beim sehr chilligen Debüt „Lost Souls“ geht es auf dem Nachfolger einfach eine Spur größer zur Sache. Mehr Musik, mehr Emotionen, mehr Sound. Doch an keiner Stelle wirkt das übertrieben. Dafür sorgt stets die wundervoll warme Stimme von Jimi Goodwin, die den Hörer am Boden hält und nach hause fühlt. Selbst wenn zwischendurch eben bei „There Goes The Fear“ oder „Satellites“ der Gospelchor gleich noch mit dabei ist. „Satellites ahead, so hold on!“ Nie klangen Durchhalteparolen so überzeugend, wie auf diesem Album. Zwar durchweht alle Songs auch gern mal etwas Melancholie, doch stets findet sich in den warmen Gesangsflächen und dem verspielten Britpop auch etwas Beruhigendes und Bewegendes. Die ruhigen Momente, wie „M62 Song“ oder „Last Broadcast“ überzeugen ebenfalls, dienen aber meist nur als kurze Pausen zwischen den fulminanten Hymnen. „Pounding“ ist neben „Fear“ das zweite große Ausrufezeichen auf der Platte! Ein Jahrhundertsong, der mit jedem stampfenden Takt „Ja“ zum Leben sagt. „We don't mind
If this don't last forever“ heißt es darin oder “Seize the time cause it's now or never baby”. Flucht, Ausbruch, Leben! Jetzt! Auch nach Jahren hat dieser Song nichts von der Magie verloren, die er beim ersten Hören hatte. Und es hört einfach nicht auf. Was für ein wundervolles orchestrales Intro „The Sulphur Man“ doch nachwievor hat. Und am Ende schreit uns die Band in der abschließenden Hymne „Caught By The River“ noch wehemend zu: „Give it all away“. Weg mit all dem, was uns quält und zurückhält. „The Last Broadcast“ ist ein großes Album, auch weil es sich nicht scheut, groß zu denken und den Fokus auf die schönen Seiten im Leben zu lenken. Ein Album, welches vielleicht sogar den härtesten Pessimisten davon überzeugen kann, einmal weiter zu denken. Ein Album so berauschend, wie die Liebe oder ein gutes Glas Wein an einem Sommerabend. Na ja, oder von mir aus Drogen. Wie man denn möchte. Ich kann einfach nicht anders, als bei diesem detailverliebten Machwerk ins Schwärmen zu geraten. Das dieses Album und diese Band immer noch so unterschätzt werden, ist ein sehr trauriger Zustand. Denn alle vier Alben des Trios sind sehr gute Platten, wenngleich man einen solchen Geniestreich wie „The Last Broadcast“ in all seiner Fülle an tollen Songs und Emotionen sicher nur einmal im Leben fabriziert. Aber das ist ja auch okay so. Dont’ look back when you’re leaving town.
Anhören: “Words”, “There Goes The Fear”, “Pounding”, “The Sulphur Man”, “Caught By The River”

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