Samstag, 13. März 2010

I LOVE REMIXES / #05 - Lifelike

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Manchmal kann man schon von der ersten selbst gekauften Platte auf die künstlerische Integrität schließen. Ich meine, ich kann mich da mit dem Eurotrash-Beispiel „Cotton Eye Joe“ von Rednex nicht wirklich mit Ruhm bekleckern. Da hat es Laurent Heinrich schon besser. Er erzählt immer noch mit Enthusiasmus, wie er damals in den 80ern sein ganzes Taschengeld zusammenkratzte um die 12inch Remix EP von „West End Girls“, jenem Überhit der Pet Shop Boys, zu kaufen. So etwas bleibt natürlich hängen und prägt. Seit einigen Jahren macht Heinrich nun schon seine elektronischen Manöver und produziert feinste elektronische Musik unter den Decknamen Lifelike.

Den 80ern fühlt sich Heinrich dabei nach wie vor unausweichlich verbunden, nicht nur weil sein Projekt-Name beim Versuch einen Depeche Mode Klassiker zu remixen („Master and Servant“ – mit der Zeile… „it’s a law, it’s a law – like life“) entstanden ist. Auch ansonsten kann man merken, dass Tracks wie der “Shep Pettibone Remix”, welcher sich auf jener legendären 12’’ befand, hängen geblieben sind und seien es nur die gesampelten Cowbells daraus. Zwar hat Lifelike in den letzten Jahren immer mal wieder eigene Tracks und Singles veröffentlicht, doch er selber sagt in Interviews häufig, dass er den meisten Spass beim Remixen hat. Bei soviel Liebe für diese Gattung muss der gute Mann natürlich selbstverständlich hier auftauchen. Anfangs noch im kleinen, meist französischen Namen, agiert Lifelike mittlerweile international und darf nun auch mal bei Schwergewichtern wie La Roux, Does It Offend You, Yeah?, Vitalic oder eben Moby heran. Der persönliche Knackpunkt in der Karriere war dann auch vermutlich der Remix für Chromeo’s „Needy Girl“, welches es unter anderen in die Playlisten von BBC Radio 1 geschafft hat und u.a. die Jungs von Kitsuné auf den guten Mann aufmerksam machten. Die Zukunft sieht also rosig aus. Die Rezeptur für den ansteckenden Discopop des Franzosen bleibt dabei meist relativ gleich und resultiert dabei auch oft aus seinen Einflüssen, zu denen er frühen 80er New-Wave-Pop zählt. Ein großer New Order Fan ist er auch noch… hach, ein Bruder im Geiste… durch und durch. So dominieren fette Bassläufe und weiche 80er Synthie’s seine Arbeiten, die im entspannten Tempo zum Tanzen, aber auch gern mal chillen einladen. Das beste Beispiel dafür ist vermutlich seine letztjährige Glanztat, der Empire Of The Sun Remix… ein 8minütiger Traum! Manchmal rummst es etwas mehr, manchmal hält man sich zurück, aber stets bleibt das ganze astrein auf Maximum produziert und hochgradig eingängig und voller Referenzen an die 80er Jahre. Ein fast schon ansteckender Groove, der allerdings zu großen Teilen klinisch rein und ohne schräge Boys-Noize-Spielereien bleibt. Wer aber mit packenden und tanzbaren French-House-Retro-Grooves kein Problem hat, der sollte sich ruhig mal diesen 55minütigen Ritt gönnen und vielleicht gleich im Anschluss versuchen, bei Ebay irgendeine schöne 12’’ aus den 80ern zu ersteigern. Selbst wenn es nicht eure erste Platte sein sollte … es ist ja bekanntlich nie zu spät zur Einsicht.

01 Nylon feat. Kate Smith - When You Love Somebody (Lifelike Remix)
02 Plastiscines - Barcelona (Lifelike Remix)
03 Dimitri from Paris pres. 'Electra 80' - Rock This Town (Lifelike Mix)
04 Ercola feat. Annie – Follow Me (Lifelike Remix)
05 The Presets – This Boy's In Love (Lifelike Remix)
06 Moby – Mistake (Lifelike Remix)
07 Vitalic – Second Lives (Lifelike Remix)
08 Chromeo – Needy Girl (Lifelike Remix)
09 Cazals – Somebody Somewhere (Lifelike Remix)
10 DK7 - Fashion Feeling (Lifelike Remix)
11 Sia – Day Too Soon (Lifelike Remix)
12 Relation – Your Tiny Mind (Lifelike Remix)
13 Empire Of The Sun – Standing On The Shore (Lifelike Remix)
14 Van She – Kelly (Lifelike Remix)

DOWNLOAD HERE:
http://uploaded.to/file/56yp2q

Laufzeit: 55:48min



Homepage: www.myspace.com/lifelikevulture

Weitere Teile von "I Love Remixes" ...

#01 – Pretty Boy Makes Rave Download Mixtape
/// incl. Bloc Party, Fleet Foxes, Delphic, Ladyhawke, Get Well Soon, The Whip u.a.
#02 – Fred Falke Download Mixtape
/// incl. The Gossip, Grizzly Bear, Miami Horror, Ke$ha, The Whitest boy Alive, Miike Snow u.a.
#03 – The Twelves Download Mixtape
/// incl. M.I.A., Fever Ray, Metric, A-ha, Pacific!, Noah And The Whale, Yuksek u.a.
#04 – Boys Noize Download Mixtape
/// incl. Tiga, Editors, Late Of The Pier, Apparat, Justice, Feist u.a.

Freitag, 12. März 2010

Watt-E

CoverMit ihrem neuen Album Beat The Devil's Tattoo lassen Black Rebel Motorcycle Club die Verstärker wieder glühend durch den Äther ziehen. Ein phonstarker Drogentripp, wie man es bereits von den ersten beiden Alben gewohnt ist.


Jeder anständige Indiehörer, der etwas auf sich hält, sollte bereits mindestens einmal mit dem Namen My Bloody Valentine in Berührung gekommen sein. Damit meine ich nach die tumbe Schlachteplatte aus dem Kino (weder 2- noch 3-D), sondern zwei Buben und zwei Mägdelein aus Großbritannien, die zwischen 1983 und '97 ihre sehr fluffig-brachiale Version von Pop in die alternative Musikwelt krawallten. Auf ihrem epochalen Album Loveless befindet sich neben vielen anderen erstklassischen Song der komplett aus dem Ruder laufende wabernde Terror von To Here Knows When. Jeder Ton entgleitet permanent, die Schichten und Wände dröhnen auf einen ein, aber gleichzeitig geistartig durch einen hindurch. Es zerfließt an allen Ecken und Enden und reißt dadurch ziemlich stark an den Nerven. Wenn nach den unglaublich anstrengenden fünfeinhalb Minuten der erlösende Brecher-Riff von When You Sleep einsteigt merkt man sehr deutlich, dass man aus einem seltsamen Zustand entrissen wird: geistige Leere, gepaart mit Müdigkeit beziehungsweise Erschöpfung und der beinahe körperlichen Entrückung aus dem präsenten Raum und der gegenwärtigen Zeit. Man nennt das auch manchmal auch landläufig ... Rausch. Man muss an der Stelle betonen, dass dies auch hervorragend ohne die Einnahme bewusstseinserweiternder Mittel möglich ist.
Black Rebel Motorcycle Club wiederum erreichen eine Wirkung, die stark in diese Richtung tendiert, auf ihrem aktuellen Album. Während das erste albumtitelgebende Stück mit seinen rauhen Westerngitarren noch stark an Howl erinnert und durchaus Raum zum Atmen lässt, sind ab dem folgenden Conscience Killer die bluesigen, mäandernden E-Gitarren König.
Ja, hier wird gerockt, was die siffige Garage hergibt. Wie gewohnt schälen sich dabei aber astreine Poptitel aus dem triefenden Fuzz-Gestank. Nur geschehen die halt in Zeitlupe. Das Tempo ist getragen wie es sich für Psychedelia gehört, die beiden Sänger singen, als würden sie dauerhaft dabei sein, in Narkose versetzt zu werden. Die Gitarren schrammeln Achtel, die Drums poltern im straighten Viervierteltakt, der Bass knarzt auch nicht aufregender darunter. Wie immer macht mehr das Zusammenspiel die Musik. Und so können sich durchaus schöne Sachen aus der Lärmwolke herauskrachen. Der hübsch furzende Bassriff bei War Machine beispielsweise, der das Lied immer wieder bremst und beschleunigt, als wäre es ein Karren mit ovalen Rädern. Das doch recht flott rockende Mama Taught Me Better. Das stadiongroße hymnische Aya, dass Oasis im Nachhinein noch blass werden lässt. Oder dass dick mit Streichersynthies unterfütterte Evol, dass dem eingangs beschriebenen Zustand mit seiner watteartigen Struktur (weich aber undurchdringlich) wohl am nächsten kommt.
Auch die ruhigen Stücke wie das fein unterorgelte Sweet Feeling mit seiner exaltierten Gesangsweise oder dass sehr gefühlvoll lagerfeuernde The Toll, bei dem erneut eine mopsfidele Mundharmonika ums Eck krächzt können gefallen. Nur - und hier kommt der Pferdefuß - wird man auf hier letztendlich über die gesamte Spielzeit von 65 Minuten durchweg wogend zugeknödelt. Es gibt - außer zwischen den Stücken - keinen Moment der Stille. Legato-artig, als ob man das rechte Pedal am Klavier durchweg drücken würde, rauschen die Songs über einen drüber beziehungsweise durch einen hindurch. Und irgendwie über die gesamte Länge an einem vorbei. Schade drum, denn schlecht ist keines der Lieder nur halt in seiner Gesamtheit viel zu lang. Viel zu anstrengend. Aber immerhin wird der erwähnte Rausch entwickelt und das letztendlich auch noch viel hörbarer und leichter verdaulich als To Here Knows When.
Beat The Devil's Tattoo ist seit heute, dem 12.03.2010 erhältlich.

Hörbeispiele:

Evol
Bad Blood

Mittwoch, 10. März 2010

Geschliffen, poliert und in Öl gebadet.

CoverSeit dem 01.03.2010 ist das Debütalbum Lights von Ellie Goulding per Import erhältlich. In Deutschland wird es dann am 23.04. erscheinen. Kaufen braucht man es allerdings nicht.









Denn wenn man mal dezent sucht, stellt man fest, dass man fast das ganze Album von allerlei Blogs bekommt:

01. Guns And Horses
02. Starry Eyed (noch besser ist der Russ Chimes-Remix)
03. This Love (mal nur als live-Version)
04. Under The Sheets
05. The Writer
06. Everytime You Go
07. Wish I Stayed (feat. FrankMusik)
08. Your Biggest Mistake
09. I'll Hold My Breath
10. Salt Skin

Sollte irgendwann nochmal der Titel This Love sich in der Originalversion breit machen, empfehle ich, sich diesen unbedingt reißerisch zu unternageln. Dann hat man wirklich alle relevanten Titel so bekommen. Den Rest kann man sich sparen.
Denn die anderen Songs unterscheiden sich nicht großartig von den erhältlichen. Man hört durchweg ganz nette Singerei von Songwriterei, die im Synthpop-Darm eingewurstet ist. Das klingt auch alles nicht schlecht und wenn man mit sehr viel Konzentration sich den einzelnen Songs widmet, stellt man auch fest, dass diese noch nicht mal wirklich schlecht sind - außer dem sehr einfältig nervenden Everytime You Go, das zu allem Überfluss auch noch mit einem jaulenden Gitarrensolo abgedroschen wurde. Allerdings ist die Gefahr riesig über die ganze Albumlänge schnell mal gedanklich abzudriften und die Musik beginnt am Trommelfell abzuperlen, als wäre das mit Teflon beschichtet. Auf der ganzen Kunststoffscheibe findet sich kein Widerhaken, Nix was aus dem Meer aus romantischer Schöngeistigkeit herausragt. Die Pianos klimpern, die Lagerfeuergitarren kullern, der Bass brummelt warm, die Beats tänzeln verspielt, die Synthies unterfüttern sanft und die Stimme haucht zurückhaltend (beziehungsweise versucht sie ihr dünnes Organ mit permanenter Dopplung und unendlichen eigenen Backingvocals künstlich zu verdicken. Meine liebe Frau Gesangsverein, so nicht!). Sicher auch alles in seinen Einzelteilen ganz erstaunlich, in seiner Summe, kommt allerdings ein derart glitschig-glattes Albummolluskel heraus, welches man einfach nicht greifen kann und je fester man drückt, desto schneller entgleitet alles.
Natürlich brauchte man nach den Vorabliedern Under The Sheets und Starry Eyed kein In Utero erwarten, schließlich haben wir es hier mit Popmusik der mainstreamigsten Sorte zu tun. Allerdings haben wir ja erst letzte Woche anhand von Two Door Cinema Club erfahren, wie man aalglatte Popmusik machen kann und dennoch sich im Kopf verankern kann.
Kleine Aufreger und Hängenbleiber können kleine Stilwechsel sein, eine nacktere Produktion, ein Ausbruch aus der Verse-Chorus-Bridge-Struktur und eine variablere Stimme. All das findet auf Lights nicht statt. Daran krankt dieses Machwerk.
Wenn man in der richtigen Stimmung ist, können solche Stücke wie Your Biggest Mistake oder Guns And Horses auch durchaus begeistern. In seiner Gesamtheit allerdings passiert hier nix von Substanz oder etwas, worüber man noch mehr Worte verlieren müsste.

Montag, 8. März 2010

rhododendron's ranking ... 09/ 2010

Ja, ist denn heut schon Sonntag? Oder erst? Nein, eure Zeitrechnung ist natürlich richtig, nur das Ranking gibt es heut ausnahmsweise mal erst Monntag Abend. Solche epochalen Verschiebungen gibt es natürlich nur mit zünftigen Erklärungen. In diesem Fall hab ich bspw. Mitschreiberling „The Fall On Deaf Ears“ im Hohen Norden besucht und da reicht ein gewöhnliches Wochenende natürlich nicht aus. Großartigen Einfluss hat das aber auf die musikalische Ausrichtung diese Woche nicht, wenngleich natürlich unsere Sympathie für „Plastic Beach“ das gute „Stylo“ der Gorillaz noch mal pusht. Jetzt auch mit Bruce-Willis-Video. Den können sich die Newcomer von We Have Band noch nicht leisten, aber ein kreatives Video zur schnittigen neuen Single „Divisive“ hat man trotzdem zusammengezaubert. Dafür gleich Platz 4 diese Woche. Außerhalb der Top 10 wenig Veränderungen. Der zweite Neueinstieg stammt vom Elektroduo Crookers und dessen neuer Single „Remedy“. Für Miike Snow der ideale Grund, noch ein zweites Mal in den Top 20 aufzutauchen. Das war’s dann auch schon für diese bzw. letzte Woche. Nächstes Mal sicher wieder sonntags. Und mit mehr Schlaf! Bronson!

01.( 01 / #2 ) Vampire Weekend “Giving Up The Gun”
02.( 02 / #4 ) Jónsi “Go Do”
03.( 04 / #3 ) Two Door Cinema Club “Undercover Martyn”
04.(NEW/ #1) We Have Band “Divisive”
05.( 03 / #6 ) HURTS “Wonderful Life”
06.( 06 / #3 ) Delphic “Halcyon”
07.( 09 / #6 ) Gorillaz ft. Mos-Def & Bobby Womack “Stylo”
08.( 05 / #8 ) Miike Snow “Silvia”
09.( 07 / #4 ) Burning Hearts “Night Animal”
10.( 11 / #2 ) Goldfrapp “Rocket”
11.( 08 / #9 ) Beach House “Norway”
12.( 10 / #7 ) Shout Out Louds “Fall Hard”
13.( 12 / #7 ) Muse “Resistance”
14.( 14 / #3 ) The Unwinding Hours “Solstice”
15.( 15 / #2 ) Kashmir “Mouthful Of Wasps”
16.( 13 / #9 ) Editors “You Don’t Know Love”
17.(NEW/ #1) Crookers feat. Miike Snow “Remedy”
18.( 19 / #2 ) Caribou “Odessa”
19.( 16 / #5 ) The Courteeners “You Overdid It Doll”
20.( 18 / #4 ) Plastiscines “Bitch”



Mittwoch, 3. März 2010

Verloren im Eismeer

Die angenehm epische Rückkehr der Foals . . .

Ein Mann stapft durch die klirrende Kälte einer kargen Gebirgslandschaft. Hiner sich her zieht er ein seltsames Paket, dass er erst vor kurzem aus dem langsam aufbrechenden und unrhigen Eismeer gezogen hat. Nein, der allgemeinen Frühlingsstimmung schließt sich dieses 7minütige Hochglanzvideo nicht an. Der Mann, der sich auf die Odyssee im Schnee begibt ist niemand anderes als Foals-Frontmann Yannis Philippakis, der jetzt auch über amtlichen Bartwuchs verfügt. Die neue Ernsthaftigkeit? Nicht unbedingt, denn die sensationelle Fiebertraum der neuen Single "Spanish Sahara" unterstreicht nur die Qualitäten der Foals, die bereits auf dem 2008er Debüt "Antidotes" zu hören waren. Der Ruf einer reinen bunten Mädchen-Tanzflächen-Indieband scheint damit hoffentlich ad acta gelegt, denn wenn der im April erscheinende Nachfolger "Total Life Forever" auch nur annähernd diesen Weg weitergeht, steht uns ohne Frage eines der spannendsten Alben dieses Jahres bevor. Die Foals erweitern ihr Klangspektrum und zeigen Mut zur dezenten Opulenz. Das hier ist groß, Freunde, also bitte die Zeit nehmen, um es anzuschauen.

Dienstag, 2. März 2010

Licht und Schatten

Der ultimative Mega-Tag der Kritiken zieht weitere Kreise. Die Gorillaz und Jaguar Love gab es schon und nun folgen noch jeweils einmal Licht und Schatten aktueller Hochglanz-Popmusik. Repräsentiert durch Two Door Cinema Club auf der guten und Owl City auf der dunklen Seite der Macht.

Two Door Cinema Club – Tourist History

41l5bANYDaL-_SL500_AA240_Drei junge Herren aus Großbritannien mit eingängigen und tanzbaren Indie-Poprock-Songs. Das ruft im Allgemeinen mittlerweile ja gern mal ein lautes Gähnen hervor, denn davon hatten wir ja bekanntermaßen in den letzten fünf Jahren mehr als genug. Gut, manchmal waren es auch vier Typen, selten fünf, aber die Röhrenhosen und Wuschelhaare gehörten dennoch zum Equipment dazu. Braucht man also im Jahr 2010 mehr davon? Eigentlich nicht mehr… und deshalb gingen mir auch Two Door Cinema Club ursprünglich mit ihrem locker-flockigen Melodie-Indie-Pop eigentlich ziemlich weit am Allerwertesten vorbei. „Sollen sich mal die jungen Mädchen damit befassen“ dacht ich mir so…

Das Ganze hat aber bekanntermaßen einen schönen Haken und das ist gleichzeitig das größte Kapital des Trios aus Nordirland: deren Debüt-Album „Tourist History“ ist leider eine fast schon zu perfekt funktionierende Hitmaschine, der man sich als halbwegs popinteressierter Mensch einfach schwer entziehen kann. Kaum eine Chance, dieses Album zu hassen. Zu viel Melodien, zu eingängig, zu schwungvoll. Das Urteil fällt eindeutig zugunsten der Angeklagten aus. Zehn Songs, zehn Volltreffer. Neben eingängigen Refrains, vielen „Ohhs“ und „Uuhs“ überzeugt auch die butterweiche Produktion, die wirklich jeden Ansatz von Ecken oder Kanten ausgemerzt hat. Dazu gibt’s schöne Synthieflächen, die ewig jinglenden Indiegitarren und auch gern mal ein paar Cowbells zu den stampfenden Disco-Beats. Die Rezeptur ist bekannt… etwas Phoenix hier, eine Prise Friendly Fires da: das Hauptgericht wird sehr hittig serviert. „Undercover Martyn“, „What You Want“, „Do You Want It All?“ oder „I Can Talk“ lass ich da gern mal als Tipps herausstechen. Letztendlich kann man aber eigentlich jeden Song nehmen. Wie ein lauer Sommerabend oder, um mal metrologisch näher am „jetzt“ zu bleiben, gern auch ein heller Frühlingstag. Lebensbejahende, junge, schwungvolle Indie-Pop-Songs, die eben jene Art Leichtigkeit und Unbekümmertheit ausstrahlen, die man daran schon seit Jahren schätzt oder ggf. auch hasst. Keine der beiden Seiten wird durch dieses Album vom Gegenteil überzeugt werden. Und obwohl das alles halt nicht neu oder sonderlich originell ist, so haben des die drei Herren vom zweitürigen Kinoclub geschafft, eine erstaunliche Anzahl munterer, und durchaus kurzweiliger Popsongs zusammenzustellen, welche es sicher schafft für viele junge und jung gebliebene Menschen der passende Soundtrack zum Frühling und auch Sommer 2010 zu werden. Alles darüber hinaus muss auch nicht interessieren. Hier und jetzt ist „Tourist History“ absolut ausreichend und zufrieden stellend, was man vom zweiten Kandidaten hier nicht behaupten kann.

Anschauen - "Do You Want It All?" (Video)

Owl City – Ocean Eyes

41GzUyv4a0L-_SL500_AA240_Adam Young ist vermutlich der netteste Mensch auf Erden. Er geht immer nur bei Grün über Ampeln, trinkt gern Brause, mag Käfer, rasiert sich jeden Tag und setzt sich gern mal auf den Balkon und entspannt bei einer schönen alten… sagen wir mal, Platte der Pet Shop Boys. Letzteres kann ich sogar gut nachvollziehen. Und er hat sicher ganz viele Freundinnen und so, aber in der Highschool war er stets der schüchterne, kleine Junge, der sich lieber zuhause vorm PC beschäftigt habt. Doch wie bereits Farin Urlaub es ankündigte, wollte sich auch Young eines Tages rächen und die Herzen aller Mädchen brechen. Vor meinem geistigen Auge spielt sich quasi der Film dazu ab. Jetzt ist Young Owl City und ein Popstar, den man einfach nur knuddeln möchte. So ist Amerika halt!

Nix da! Ich verweigere mich der plüschigen Kuschelrunde! Anfangs dachte ich ja auch noch, dieses „Fireflies“ ist ein ganz kurzweiliger Popsong. Irgendwie süß halt. Doch letztendlich ist es ja immer so, dass man sich bei übermäßigem Zuckerkonsum gern mal den Magen verdirbt. Und so fühlt es sich beim Anhören des Owl City Debüts „Ocean Eyes“ auch an… als ob man zuviel Zuckerwatte gegessen hat. Man wird einfach auf diesem Album von einer so überschwänglich harmoniesüchtigen Naivität erdrückt, dass einem fast schlecht wird. In welchem Land, hinter welchem Regenbogen ist denn so was hörenswert? Ich kann es Mr. Young ja nicht mal übel nehmen, dass er so locker flockige Songs über Würmer und Vögel, sonnige Strandspaziergänge oder gar Zahnarztbesuche schreibt. In seiner grenzenlosen Verweigerung gegen alles Schlechte dieser Welt ist das ja schon fast konsequent durchgehalten. Trotz nettem Songwritings und unabstreitbaren kompositorischen Grundfähigkeiten ist „Ocean Eyes“ von einer dermaßen unberührenden Oberflächlichkeit überzogen, dass es, zumindest mich, richtig sauer macht. Adam Young’s Bubblegumpop bewegt sich konsequent um den berühmten heißen Brei herum und weiß auch nicht richtig wohin er soll. Richtig schön, wenn eine Elektropop-Power-Nummer wie „Umbrella Beach“ mal ausbricht und Tanzstimmung verbreitet. Diese gewisse Energie hat auch der Two Door Cinema Club, aber bei Owl City bleibt der Rest aber irgendwo im Midtempo-Bereich hängen und die Songs fangen schnell an, zu langweilen und sich auf erschreckende Art und Weise zu ähneln. Von der unnötig exzessiven Autotune-Benutzung mal ganz abgesehen. Oh, und diese ganze Postal-Service-Problematik dürfte ja mittlerweile auch hinlänglich bekannt sein.

Es ist toll, dass dieser Mann sich das alles selbst im heimischen Hobbyraum zusammengebastelt hat und auch zu dem steht, was er tut. Aber am Ende des Tages ist „Ocean Eyes“ einfach nur eine belanglose, oberflächliche Ansammlung naiver Popsongs, die auf Dauer einfach zu wenig Abwechslung und Spannung bieten. Vielleicht ist das nett für Frischverliebte, die auf Wolke 7 schweben, Menschen, die noch eine unaufregende Untermalung beim Bügeln suchen und Teenager, die sich nach Miley Cyrus mal mit „echter“ Musik versuchen wollen. Hat vermutlich auch alles seine Berechtigung, aber mich persönlich beschleicht beim Hören das permanente Gefühl der Überflüssigkeit. Es gibt, wie ihr seht, immer zwei Seiten der Medallie. So nett der Adam auch sein mag . . .

Anschauen - "Dental Care" (Video)

Comic-Musik

Da ja derzeit das neue aktuelle Gorillaz-Werk an dieser Stelle in voller Länge zu hören ist, möchte ich mir es nicht entgehen lassen, das Werk Titel für Titel zu kommentieren:

Cover






1. "Orchestral Intro" (featuring sinfonia ViVA) 1:09

Beginnt mit sanftem Rauschen, wie es sich für ein Beach-Album gehört, wird dann von dramatischen Streichern fortgeführt. Klingt groß, klassisch-romantisch.

2. "Welcome to the World of the Plastic Beach" (featuring Snoop Dogg and Hypnotic Brass Ensemble) 3:35

Sehr entspannter G-Funk-Track, zu dem Mr Dogg im typischen Stil (zugekifft bis unter die Hutkrampe) seine schönen Rhymes droppen kann. Die Bläser und die Vocoderstimme im Hintergrund geben eine hübsch soulige Stimmung.

3. "White Flag" (featuring Kano, Bashy and The Lebanese National Orchestra for Oriental Arabic Music) 3:43

Sanfte Percussion, irgendeine Ethno-Flöte und eine sehr folkloristisches Orchester lassen anfänglich noch orientalisches Feeling, wie im Titel bereits angedeutet, aufkommen. Anschließend fällt es dann doch in einem relativ klassischen HipHop-Song zusammen. Der Beat stimmt aber, bringt den Song gut nach vorn. Erinnert ein wenig an The Streets.

4. "Rhinestone Eyes" 3:20

Erstmals kommt die Stimme Damon Albarns wieder zur Geltung. Allerdings melodiefrei. Im Hintergrund die nostalgisch sägende 80's-Synthies über langsamen, aber kickenden Beat. Kann trotz Cheeleader-artigen Shouts im Refrain nicht wirklich überzeugen.

5. "Stylo" (featuring Bobby Womack and Mos Def) 4:30

Ganz im Gegensatz zu dem hier. Altbekannt. Und immer noch grandios. Der Soulgesang Bobby Womacks kriegt mich jedes Mal wieder.

6. "Superfast Jellyfish" (featuring Gruff Rhys and De La Soul) 2:54

Gruff Rhys kennt man ja als Sänger der Super Furry Animals und Neon Neon. De La Soul hatten in den Neunzigern ihre Heydays mit HipHop, der nicht vom bösen Gangsta-Life erzählt, sondern von fröhlicheren Sachen. Der Song klingt auch prompt wie so eine Art Kindergeburtstag. Schließlich wird ja aus Kindersicht auch die Vorzüge unserer Plastikwelt erläutert und Gruff singt im Refrain auch eine simple, an Kinderlieder gemahnende Linie. Der Beat immer noch fett wie eine Friteuse, dazu verpielte Synthie-Weisen.

7. "Empire Ants" (featuring Little Dragon) 4:43

Wieder etwas entspannter. Selige akustische Strandgitarren, viel Delay. Man wird sofort unter einen Sternenhimmel gebeamt. Sehr harmonisch. Und wieder schön von Damon Albarn gesungen.
Ab der Häflte bricht dann doch wieder die Disco über einen rein. Klingt dann im Wesentlichen nach Goldfrapp. Also Musik wie Tangerine Dream mit etwas mehr Beat. Nur singt halt nicht Alison Goldfrapp, sondern Little Dragon. Kann auf jeden Fall jedem romantischen Geist gefallen. Wäre auch eine gute Single.

8. "Glitter Freeze" (featuring Mark E. Smith) 4:03

Mark E. Smith von The Fall darf dem Hörer wieder ungeniert mit seinen typischen Genöle ein Ohr abkauen. Das allerdings nur sehr kurz. Dazu kommt sonst im Wesentlich mal ordentliche Pornomusik from outer space. Geht zwar nicht ins Ohr, aber im besten Sinne in die Hose.

9. "Some Kind of Nature" (featuring Lou Reed) 2:59

Lou Reed spricht wie immer mehr, als er singt. In der Strophe. Im Refrain tritt dann wieder die gesangliche Rettung von Albarn in Erscheinung. Wird im Verlauf mit Zunahme der melodischen Elemente immer besser. Je weniger Lou Reed halt machen darf. Das ist aber auch sehr subjektiv. Manche mögen es ja, wenn einer komplett verdrogt und gelangweilt auf einen einlabert.

10. "On Melancholy Hill" 3:53

Och wie schön. Ein schöner einfacher Popsong, der zwar wieder aus dem Kinderzimmer entwichen klingt, mit Glockenspiel und verschämten Piccoloflöten-Elementen. Aber die Melodieführung ist halt sehr schön. Niedlich.

11. "Broken" 3:17

Klassischerer R'n'B-Song mit hübschen AutoTune-Refrain. Gefällt mir außerordentlich gut. Hat wieder diese Weltraumkomponente, die der Musik gut steht. Perfekte Länge, außerdem.

12. "Sweepstakes" (featuring Mos Def and Hypnotic Brass Ensemble) 5:20

Zeit, dass wieder die fetten Beats zum Zuge kommen, wer passt da besser als der erneute Mos Def-Einsatz? Doch anfänglich fragt man sich, wo bleibt denn nun der Beat ... zunächst klingt das noch sehr gebremst. Im Verlauf kommen, dann noch vorsichtige Sägeform-Synths dazu. Man erwartet jeden Moment, dass es gleich losbollert, aber es bleibt ruhig. Die Balkan-Bläser setzen ein. Der Song zieht weiter und weiter. Mos Def rappt. Und beinahe unmerklich ist die Klangkulisse randvoll. Das gesamte Ensemble für dieses Lied wirkt wie ein Treck, der immer mehr in Fahrt kommt, gemeinsam harmonische Schlängellinien fährt und letztendlich doch sehr gut mitreißen kann. Sehr cleverer Track. Ein weiteres Highlight.

13. "Plastic Beach" (featuring Mick Jones and Paul Simonon) 3:47

2/3 The Clash im Titelsong? Was wird denn das? Ein eigentlich klassischer Gorillaz-Song, der aber letztendlich durch seine ziellosen Samples und seine Melodieaskese bereits nach zwanzig Sekunden nervt. Da muss man wohl durch, wenn man Legenden ins Studio lässt.

14. "To Binge" (featuring Little Dragon) 3:55

Zum Glück gibt es ja Leute, die noch melodieverliebt sind. Little Dragon gehört offenbar dazu. Zu netten Kirmesorgeln, federleichtem Shufflerhythmus und im Zwiesang mit dem Hauptvokalisten kommt ein weiteres sehr niedliches Söngchen bei rum, den man im Prinzip ad hoc ins Herz schließen muss. Verliert sich dann doch irgendwie. Eine Minute kürzer wäre sinnvoller gewesen.

15. "Cloud of Unknowing" (featuring Bobby Womack and sinfonia ViVA) 3:06

Das Rauschen taucht wieder auf. Aus dem Meer entsteigt die mächtige Stimme des Bobby W., der mit seiner Stimmlage sofort an Louis Amstrong erinnert. Mit dem Einsatz des kleinen Sinfonieorchesters entfernen wir uns vom Strand und fliegen hinfort. Wunderschön. Viiieeel zu kurz. Könnte das nicht bitte so endlos sein wie der Titelsong? Gleich noch einmal hören.

16. "Pirate Jet" 2:32

Furchtbar billige Keyboardsounds geleiten den Hörer weg vom Plastic Beach hinein in eine Plastic World voller Kunststoffbecher die einhundert Jahre lang im Ozean schwimmen. Willkommen in der Realität.

Fazit: Hit reiht sich an Hit. Und wirkt dennoch als geschlossenes Ganzes. Mit durchgehender entspannter Strandatmosphäre, die dennoch permanent von einer Art Unheil überschattet ist, welches permanent vernehmlich ist. Also auch musikalisch hervorragende Umsetzung des titelgebenden Themas. Die Texte setzen sich wohl auch damit auseinander. Darf man ruhigen Gewissens gutfinden. Und am Freitag, den 5. März im Laden käuflich erwerben.


P.S.: Seit heute ist auch das vollständige Video zu Stylo verfügbar. Da das bei YouTube mal wieder Länder-geblockt ist, hier einfach ein internationaler Link:
Gorillaz - Stylo (feat Mos Def and Bobby Womack)

Pop auf die Zwölf

CoverJaguar Love bieten mit ihrem Album Hologram Jams feinste Popmusik für alle, die entweder extrem kurze Aufmerksamkeitsspannen aufweisen oder denen anderweitig leicht mal die Sicherungen durchbrennen.

Frage: Wer ist Hannah Blilie? Richtig! Die gute Frau, die auf dem Cover von Music For Men von The Gossip zu sehen ist. Außerdem ist sie die Schlagzeugerin derselben Band. Des Weiteren ist sie noch die Zwillingsschwester von Jordan Blilie. Den wiederum könnte man kennen, wenn man sich mal mit den Blood Brothers auseinandergesetzt hat. Denn da war er einer von den beiden Schreihälsen und hat zu unglaublich chaotischer, drängender, lauter, intensiver, hyperaktiver und schlichtweg schwer beeindruckender Musik im Wechsel mit Johnny Whitney unfassbar poetische, also wunderschöne bis schwer verstörende, Texte gesungen oder gekreischt.
So kam zum Beispiel von dieser Band der Refraintext des verblichenen Jahrzehnts:
Thanks for the survival rags!
Thanks for the soiled skies!
Thanks for the fucked up future!
We can learn to love misery!

(zu hören in Feed Me To The Forest auf dem 2004er Meisterwerk Crimes).
Um mal so langsam zum Kern des Pudels zu kommen: Johnny Whitney wiederum hat sich nach dem Ende der Blood Brothers 2007 gedacht: "Warum gegen Gitarrenwände ansingen, die klingen wie ein Eisenbahnunfall, wenn ich doch genau so gut mal ordentlich den Popkasper raushängen lassen kann?" Also entschied er sich, gemeinsam mit Mitstreitern von den Blood Brothers und den Pretty Girls Make Graves die Band Jaguar Love zu gründen und eben einfach mal richtigen Pop für die Disco zu intonieren. So richtig mit Synthies, Claps, Melodien, Verse-Chorus-Bridge-Strukturen und allem Pipapo, was noch dazugehört. Nach dem ersten Album sind nun für das zweite Album Hologram Jams nur noch er und der alte Blood Broothers-Gitarrist Cody Votolato übrig geblieben. Was der Sache aber keinen Abbruch tut - Ideen haben die Knaben für zehn.
Nun war es ja nicht so, dass Whitneys alte Band nur unhörbaren Krach fabriziert hat. Nein, immer wieder ließen sie eine gute Portion Pop durchblitzen, der durchaus auch die Fähigkeit hatte, sich im Ohr festzusetzen, wenn man denn offen genug war und sich von den 30 Stimmungs- und Rhythmuswechseln pro Song (!) nicht hat einschüchtern und ermüden lassen. Nur musste man halt schon etwas genauer hinhören.
Bei Jaguar Love besteht da aber überhaupt kein Zweifel mehr, wo das Ganze hin soll. Hier reiht sich eine catchy Hookline, an schmissigen Beat an Ohrwurmrefrain, dass man nur die weiße Bierfahne schwenken kann. So hauen sie erstmal mit dem Eröffnungsdrilling I Started A Fire, Polaroids And Red Wine und Cherry Soda solch unwiderstehliche Hits raus, dass einem schon Angst und Bange wird.
Womit man allerdings vorlieb nehmen muss, ist die sehr ... ähemm ... markante Stimme von Johnny Whitney. Klingt halt oftmals wie einer von den Chipmunks oder - um mal einen seriöseren Vergleich zu suchen - ein noch aufgedrehterer Cedric Bixler-Zavala (The Mars Volta, At The Drive-In). Allerdings ist auch diese unglaubliche Stimmlage und Gesangslage auch das, was der ganzen Musik ihren unglaublichen Drive verleiht. Natürlich ist auch die Musik uptempo und ständig passiert an allen Ecken und Enden etwas, jedoch erst durch die latent ungeduldige Gesangsart des Sängers, der mit seiner Stimme immer kurz vorm Überschnappen ist, wird eine unglaubliche Intensität erzeugt, die relativ schnell auch die Assoziation "ADHS" generiert.
Beim zweiten Hinhör stellt man dann aber fest, dass hier niemand komplett unstrukturiert zu Werke schreitet. Man stellt fest, dass halt nur Rhythmen ineinandergeschoben werden, dass die Stimme doch trotz der hohen Lage recht fest im Sattel sitzt und durchaus fähig ist, sicher schöne Melodien zu intonieren. Die Breaks passieren zwar dreimal so häufig wie bei anderen Kapellen, allerdings auch dreimal so sinnvoll.
Trotz gelegentlicher Durchhänger (Up All Night und A Prostitute, An Angel) muss man den beiden Buam letztendlich doch ein erstaunliches Geschick zugestehen, schlüssige und geschmackvolle Songs zu schreiben.
So zum Beispiel das vergleichsweise ruhige aber umso intensivere Evaline, der schon fast simple, aber sehr schmissige Abschluss Piece Of My Heart, mit dem man irgendwie assoziieren muss, dass AC/DC Neue Deutsche Welle spielen. Oder das sehr hübsche - im entspannten Offbeat gehaltene Don't Die Alone, dass durchaus die Sonne aufgehen lassen kann.
Ein kleines Manko ist, dass die Texte, die zu Blood Brothers-Zeiten haushoch metaphorisch verquickt waren, nun eine viel einfachere Sprache bedienen, die natürlich das plakative Popthema unterstützt, jedoch mitnichten mit den hohen Erwartungen mithalten kann.
Alles in allem also eine Platte, die eingängig und dennoch fordernd genug ist. Sie wird zwar nie in der Idiotendisco um die Ecke laufen, aber wahrscheinlich auch demnächst in Ihrer gut sortierten Studentendisse. Und alle schauen sich an und sagen: "Boah! Anstrengend!" und können sich trotzdem nicht anders helfen, als zu tanzen.
Hologram Jams ist seit heute als Import erhältlich und ab 02. April auch hierzulande.

Hörbeispiele:
I Started A Fire
Polaroids And Red Wine

Montag, 1. März 2010

I LOVE REMIXES / #04 - Boys Noize

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„Hello“ – Bam! Bam! Bam! … Gut, das lässt sich lautmalerisch jetzt schwer beschreiben, aber der Albumanfang des Boys Noize Debüts „Oi Oi Oi“ aus dem Jahr 2007 hat fast schon ikonische Wichtigkeit in der (Achtung, schon längst vergessenes Hype-Wort) „Nu-Rave“-Szene. Ein bratzendes Bollwerk, welches einem von der ersten Sekunde an direkt bei den sprichwörtlichen Eiern packt und headbangend auf den Tanzboden zwingt. We Are Rockstars Now! Kaum eine Person steht mehr für die Metamorphose elektronischer Musik in den letzten Jahren als der deutsche Produzent Alexander Ridha. Er macht elektronische Musik, die es schafft zu „rocken“, obwohl bekanntermaßen keine Gitarren oder andere althergebrachte Instrumente in den Tracks vorkommen. Techno im klassischen Sinne. Das heißt: pumpende Beats, harte Acid-Lines und Synthie-Bässe, die gern mal den Verzerrer oder Kompressor bis ans Limit treiben. Alles ist laut, haut auf die Zwölf und piept und zirpt an jeder Ecke. Hemmungsloser Hedonismus also? Na ja, ganz so simpel ist es nicht, aber mit seinem richtigen Riecher für die richtige Partymusik hat sich Ridha als Boys Noize schnell einen guten Namen erspielt. Mehr als mit dem Pop-Vorgängerprojekt „Kid Alex“ jedenfalls. Kennt noch einer „Young Love… Topless“? Gott, ist das lang her.

boys-noize1Obwohl sich die beiden Hipster-Label Kitsuné und Ed Banger beide um den guten Mann prügelten und er auch Kontakte zu ihnen pflegte entschied er sich für den Independent-Weg und machte kurzerhand sein eigenes Label „Boys Noize Records“ auf. Dort hat er in den letzten Jahren eine fleißige Anzahl feinster, extrem clubtauglicher Remixe veröffentlicht, die ein breites Spektrum abdecken. Bereits früh wurden angesagte Acts, wie Bloc Party, die Kaiser Chiefs oder auch Para One auf ihn aufmerksam. Als eine Art Durchbruch kann man dann den bereits jetzt in einfschlägigen Kreisen legendären Remixauftrag für die kanadische Songwriterin Leslie Feist bezeichnen. Ridha nahm den ohnehin schon sehr groovigen Rhythmus von „My Moon My Man“ und versah ihn mit typischen Clubflair ohne dabei das Gefühl des Originals zu vergessen. Mittlerweile ein Standard-Track im Repertoire des guten Mannes, und wenn es nur das berühmte, durch die Effektgeräte gejagte Vocal-Sample ist. Die Massen wissen, was damit gemeint ist. Doch warum schafft es Boys Noize gleichermaßen mit recht simplen, aber lauten Techno-Konstrukten Menschen auf der ganzen Welt zu begeistern und mittlerweile vor riesigen Menschenmengen (dieses Jahr u.a. auch auf dem Hurricane/ Southside) zu spielen. Man muss es erlebt haben und sich vor allem darauf einlassen, wenn Ridha Menschen unterschiedlichster Herkunft zum Rave einlädt. Legendär (ja, ich benutze das Wort heut gern einmal) auch der Auftritt beim MELT! 2007, dem ich glücklicherweise beiwohnen durfte. Ridha spielte ein Wahnsinns-Set, bis 7 Uhr in der Früh. Letztendlich musste man ihm den Strom abdrehen. Aber davor brachte er die Menschen auf den Holzdielen zum Toben. Und da lagen sich tatsächlich skinny Indie-Nerd und muskelbepackte Dorf-Discoprolls feiernd in den Armen, vereint durch diese Musik. Eines der surrealsten Bilder, welches ich je auf einem Musikfestival sah. Doch es funktionierte, weil Boys Noize (und sicher auch andere Gesellen des berühmten Nu-Rave-Jahrganges) der Elektronik das gaben, was dem Rock’n-Roll vor zu viel Bands, Hypes, Style und Plattenfirmen in den Jahren davor abhanden gekommen ist: der Mut zu Kantigkeit und zum Schmutz. Statt wilder Schreie sind es verzerrte Bässe, statt Gitarrenriffs haben wir Acid-Lines. Und klare Songstrukturen sind eh nicht vorhanden. Besonders bei seinen Live-Sets verwurschtelt Ridha das Ausgangsmaterial gerne einmal. Das alles entfaltet eine Kraft, wie sie nur Musik haben kann. Es hebt die Stimmung, es ist treibend und entfaltet eben auch bis zu einem gewissen Grad in seiner Härte den Geist des Rock’n Roll.

Aber natürlich ist es nicht nur die Musik, sondern es sind auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, welche dieses Phänomen erklären. Angesichts der krisengeschüttelten westlichen Gesellschaft und ihrer Reizüberflutung verlieren sich viele Kids immer mehr in einem hedonistischen Rauschzustand, bei dem das Nachtleben als Fluchtmöglichkeit eine immer stärkere und übertriebene Rolle einnimmt. Berlin Calling… weisse Bescheid! Und so wird sich diese Rave-Elektro-Blase immer mehr aufbauschen, immer greller, bunter und drogenverseuchter werden, bis sie irgendwann demnächst auch wieder Platzen wird. Noch ist die Party ja nicht vorbei, sondern es geht weiter. Aber nicht ewig. Ridha selber schaut sich bereits neu um. Nachdem die Großen, wie Depeche Mode oder Justice bedient wurden sind, sprangen zuletzt auch die Black Eyed Peas auf den Zug auf und ließen sich zu Teilen von Ridha produzieren. Dieser hat sich längst vom reinen Four-To-The-Floor-Musizieren verabschiedet. Bereits das zweite Studioalbum „Power“ ist experimentierfreudiger und spielt mit (Achtung, Hype again) Dubstep oder Hip Hop herum. Die Remixe der letzten Jahre schielen mehr auf den Pop oder klassischen Techno. Da scheint jemand die Zeichen der Zeit zu erkennen. Auf jeden Fall ist Boys Noize für die Zukunft gerüstet und scheint nicht am ewig gleichen Prinzip von „& Down“ und Co. festzuhalten. Was sollte eigentlich nun dieser kurze gesellschaftskritische Exkurs? Vielleicht um ein wenig Verständnis dafür zu erzeugen, dass Electro mittlerweile durchaus in Sachen Kraft dem Rock ebenbürtig sein kann. Oder um zu verdeutlichen, dass man kein druffer Partyjunkie sein muss, um das Wesen dieser Musikform zu verstehen. Wie man damit umgeht und inwieweit man damit lebt, bleibt am Ende jedem selbst überlassen. Und jetzt mal Klappe zu, Boxen aufgedreht, Datei herunter geladen und gut 60 Minuten lang ordentlich abtanzen bitte! Der Meister ist im Haus!

01 Sébastien Tellier - L'Amour Et Le Violence (Boys Noize Euro Remix)
02 Foreign Islands - Fine Dining With The Future (Boys Noize Remix)
03 The Living Things - Bom Bom Bom (Boys Noize Remix)
04 Shiny Toy Guns – Le Disko (Boys Noize Fire Remix)
05 Editors – You Don't Know Love (Boys Noize Classic Remix)
06 Housemeister – In Order To Dance (Boys Noize Remix)
07 Kaiser Chiefs – Everyday I Love You Less And Less (Boys Noize Remix)
08 Tiga – Move My Body (Boys Noize Remix)
09 Teenage Bad Girl – Cocotte (Boys Noize Rework)
10 Depeche Mode – Personal Jesus (Boys Noize Rework)
11 Justice – Phantom Pt. II (Boys Noize Unreleased Turbine Remix)
12 Late Of The Pier – Focker (Boys Noize Terror Remix)
13 Apparat – Aracadia (Boys Noize Remix)
14 Gonzales – Working Together (Boys Noize Vox Mix)
15 Feist – My Moon, My Man (Boys Noize Classic Remix)

DOWNLOAD HERE:
http://uploaded.to/file/vddsg5

Laufzeit: 59:20min

Homepage: www.myspace.com/boysnoize

Sonntag, 28. Februar 2010

rhododendron's ranking ... 08/ 2010

Durchmarsch für Vampire Weekend! Mit Hilfe der neuen tollen Single „Giving Up The Gun“ beenden die New Yorker die vierwöchige Regentschaft der HURTS. Respekt dafür. Einige Acts, wie Two Door Cinema Club, Delphic oder die Gorillaz können darüber honaus noch ein paar Plätze in den Top 10 gut machen. Außerhalb der Top 10 gibt es auf der 11 die schnittige neue Pop-Single von Goldfrapp, namens „Rocket“. Die dänischen Independent-Rocker von Kashmir melden sich ebenfalls mit neuer Single auf Platz 15 zurük. Ein schönes Stück Musik ist „Mouthful Of Wasps“ geworden. Über einen recht knappen Sprung in die Top 20 können sich Caribou freuen. Die neue Single „Odessa“ ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig, hat aber einen recht packenden Groove für den ich gern Platz 19 springen lasse. Tendenz versteht sich steigend. Dann hoffe ich mal, dass ich wieder einige Hörtipps für die kommende Woche geben konnte.

01.(NEW/ #1) Vampire Weekend “Giving Up The Gun”
02.( 02 / #3 ) Jónsi “Go Do”
03.( 01 / #5 ) HURTS “Wonderful Life”
04.( 05 / #2 ) Two Door Cinema Club “Undercover Martyn”
05.( 03 / #7 ) Miike Snow “Silvia”
06.( 07 / #2 ) Delphic “Halcyon”
07.( 04 / #3 ) Burning Hearts “Night Animal”
08.( 06 / #8 ) Beach House “Norway”
09.( 10 / #5 ) Gorillaz ft. Mos-Def & Bobby Womack “Stylo”
10.( 08 / #6 ) Shout Out Louds “Fall Hard”
11.(NEW/ #1) Goldfrapp “Rocket”
12.( 09 / #6 ) Muse “Resistance”
13.( 12 / #8 ) Editors “You Don’t Know Love”
14.( 15 / #2 ) The Unwinding Hours “Solstice”
15.(NEW/ #1) Kashmir “Mouthful Of Wasps”
16.( 11 / #4 ) The Courteeners “You Overdid It Doll”
17.( 13 / #5 ) Yeah Yeah Yeahs “Skeletons”
18.( 16 / #3 ) Plastiscines “Bitch”
19.(NEW/ #1) Caribou “Odessa”
20.( 14 / #7 ) The XX “VCR”





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rhododendron - 8. Jul, 13:49
blog
ich verfolge hin und wieder deinen Blog und wollte...
ZoneZero (Gast) - 6. Jul, 18:04
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Once more with feeling... ein verliebter Traumtänzer,...
rhododendron - 1. Jul, 15:55

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