Dienstag, 13. April 2010

Optimism Begins At Home

CoverSeit dem 01.April ist die neue LP von New Young Pony Club erhältlich. The Optimist - so ihr Titel - ist jetzt nicht gerade ein Leuchtfeuer in der gegenwärtigen Poplandschaft. Zwei Perlen fallen aber doch ab

Das Londoner Quintett hat ja mal angegeben, dass es nicht ihr Ziel sei, die größte Band der Welt zu werden. Das ist in Anbetracht ihres bisherigen Erfolgs (etwas Radio-Airplay in Australien und eine Top 40-Single in UK) auch eine realistische Einschätzung ihrer Möglichkeiten. Im Bezug auf einer gewissen Großmäuligkeit zahlreicher aufstrebender Jungbands ein sehr hübscher Konterpunkt. Man gibt sich bescheiden, ist mit dem zufrieden, was man erreichen kann. Und sie werden es auch weiterhin seelenruhig sagen können, denn auch das neue Album ist nicht gerade eine Sensation.
Was ist zu hören? Im Wesentlichen Indierock, wie er bereits seit Jahren zahlreiche Studentendiscos in der ganzen westlichen Welt auditiv durchflutet. Sprich meist unverzerrte dünne Gitarrchen an dünnen, seitenbescheitelten Männchen und Frauchen, die mit flottem Rhythmus und graffitireifen Parolen ihre Unfähigkeit übertünchen schmissige Popsongs zu schreiben. Oder anständig zu rocken. Oder halbwegs zu singen.
Man nennt das ganze dann wohl New New Wave oder ähnlichem Mumpitz. Und einige mögen dazu auch bitte in schöner Regelmäßigkeit ausrasten, damit die ganzen netten jungen Menschen, die da so cool vom NME-Cover nicht-lächeln, wenigstens die Fahrtkosten und den Jahresbeitrag für die Internet-Domain wieder rein bekommen.
Der große Rest darf sich inzwischen diesbezüglich der neuen Etikette anpassen und einmal ganz beherzt gähnen. Ohne Hand vorm Mund und mit Spinatresten zwischen den Schneidezähnen. Denn mehr hat der Kram anscheinend inzwischen nicht mehr verdient. Die guten Bands sind inzwischen zu mehr Funk oder Electro umgeschwenkt oder haben sowieso nie so richtig gepasst. Diese, denen die Plattenfirmen vor 3-4 Jahren einen längerfristigen Plattenvertrag gegeben haben, dürfen - wenn ihnen auch noch musikalische Integrität gewährt wurde - weiter diesen Tinnef veröffentlichen.
Was uns zu New Young Pony Club bringt. Irgendwie bleibt unklar, wer das neue Album The Optimist eigentlich braucht. Denn natürlich hat man sich nicht nur an den furchtbaren Gang Of Four orientiert, sondern auch für die Urgroßeltern des Genres, nämlich The Velvet Underground, die Türen weit geöffnet. Nicht nur, dass die Sängerin Tahita Bulmer sehr ähnlich singt, wie Nico. Auch die Songstrukturen sind ähnlich zerschossen und verdrogt, wie man es Ende der Sechziger noch machen durfte.
Heute, erwartet der Hörer schon, dass man etwas schneller zum Punkt kommt und diesen auch noch mit Melodien pflastert, wie sie The Smiths, die Tränen in die Augen treiben würden. Die Ansprüche sind durch die jahrelange Musikerfahrung einfach gestiegen. Wer den alten Kram hören will, holt halt Papas Schallplatten aus der Mottenkiste. Wer keine Melodien hören will, lauscht seinem Staubsauger. Aktuelle Musik darf und sollte eingängig und kompakt sein, nicht zerfasert und zerfranst. Das wissen sogar die Kaputtnix von Yeasayer.
New Young Pony Club hingegen, haben das lediglich bei zweieinhalb ihrer neuen Songs beherzigt:
Das abschließende Architect Of Love kann mit einer feinen klaren Melodie und Instrumenten-Minimalismus à la The XX gefallen, der natürlich lediglich über den Anfang hält und im Verlauf - wie es sich für ein letztes Lied geziemt - zunehmend mit weiteren Spuren und Nebenschauplätzen vollgestopft wird.
Die Hauptattraktion ist allerdings das wunderschön schwebende Stone, welches mit herrlichen Appeggio-Trance-Synthies, dezent-verhuschtem Beat und wohlgeordnetem Gesang sehr gut gefallen kann. Wenn zum Schluss noch der sehr hübsche Chorgesang einsetzt, ist wirklich alles gerettet. Wahrlich eins der besten Lieder des bisherigen Frühlings. Futter für Nachtschwärmer.
Der latent vibrierende Albumopener Lost A Girl bekommt noch gerade so die Starterlaubnis, der Rest des Albums muss am Boden bleiben und braucht die geschätzten Gehörgänge der vereinten Leserschar nicht zu behelligen.

Hörbeispiele:
Stone (download)

Architect Of Love (YouTube)

England's bestgehütetes Geheimnis

Für alle die es bisher immer noch nicht eingesehen haben. Die Doves sind eine phänomenale Band! Word! Und für alle, die das bisher noch nicht gerafft haben, gibt es seit dieser Woche endlich eine Best-Of, welche diesen Namen auch zurecht trägt!

Normalerweise messe ich Best-Of-Alben ja keine allzu große Bedeutung bei. Oft genug wird ja damit versucht, den Leuten noch kurz vor den Festtagen das Geld aus den Taschen zu ziehen. Oder die Plattenfirma versucht noch bissel Kohle nach dem Ableben von Bands oder deren Verlassen des Labels zu machen. Das dürfte bspw. die neue Oasis-Best-Of im Juni erklären. Warum nun die Doves nach gut 13 Jahren Bandexistenz Bilanz ziehen weiß ich auch nicht genau, aber wenn man mit vier Studioalben in elf Jahren so unglaublich viel gutes Material produziert hat, wie das Trio aus Manchester, dann ist dies nicht nur eine Erwähnung werd, sondern gleich eine erneute Lobpreisung auf Großbritanniens bestgehütetes musikalisches Geheimnis der vergangenen zehn Jahre!

Kaum vorstellbar, dass die Wurzeln der Band in der englischen Dance-Szene der 90er liegen. Bereits Ende der 80er traf man sich erstmals in der legendären Hacienda und produzierte von da an erstmal ein paar Jahre unter dem Projektnamen „Sub Sub“ feinsten Madchester-House. Als da die Luft Ende der 90er raus war und man sich gern mal neu orientieren wollte, wurden die Doves aus der Taufe gehoben. Die Brüer Andy und Jez Williams wollten mithilfe von Jimi Goodwin die Energie der Dancefloors mit konventionellen Instrumenten im Britpop-Genre erzeugen. Eigentlich kaum vorstellbar. Dominieren doch die gefühlvollen Tracks der Band ihr bisheriges Schaffen. So bietet die Best-Of „The Places In Between“ einen reichhaltigen Einblick ins Repertoire des Trios. Allein die Eröffnung mit dem fundamentalen „There Goes The Fear“ legt in sieben Minuten alles emotional in Schutt in Asche. „Don’t look back when you’re leaving town“… nie klang die Sehnsucht nach Flucht und die Befreiung von aller Angst und allen Zweifeln schöner als in diesem Stück Musik. Besagte Stadt wird dann natürlich noch im Stampfer „Black & White Town“ geehrt. Es reiht sich tatsächlich Hit an Hit auf der ersten CD. Die sphärischen Songs des 2000er Debüts „Lost Souls“, wie „Here It Comes“ oder „Sea Song“ umgarnen den Hörern mit allerhand Spielereien und ziehen ihn hypnotisch in den Bann. Doch bereits das Zweitwerk „The Last Broadcast“ öffnet sich mit seinen Hymnen der Welt da draußen. Das stampfend epische „Pounding“, sowie das immer wieder gern gehörte „Caught By The River“ lädt zu großen Gesten ein. Das Drittwerk „Some Cities“ ist leider etwas unterrepräsentiert, hat aber immerhin „Snowden“ als Geheimwaffe in der Hand. Und auch vom letztjährigen „Kingdom Of Rust“ haben sich der traumhafte Titelsong, sowie das groovende „Jetstream“ in die Trackliste geschlichen. Generell ist es der Band ja hoch anzurechnen, dass man sich nicht strikt an den Single-Veröffentlichungsplan hält und so bspw. „Sky Starts Falling“ oder „Winter Hill“ auslässt, dafür aber einige Albumtracks, wie „Words“ oder „10.03“ auf die CD lässt. Geschadet hätte das allerdings nicht wirklich, denn am Ende bleiben die Doves eine Band mit unglaublich gutem Output. Solch wundervoll melodiöse Songs im klassischen Gewand des Britpop sind leider in den letzten Jahren eher selten geworden. Die Doves schaffen es trotz einer gewissen Melancholie immer viel Energie und Optimismus zu verbreiten. Sonnendurchflutete Stadionhymnen, zu der man auch durchaus die obligatorische neue Single „Andalucia“ zählen darf und muss. Hier zeigt die Band mal wieder, was sie drauf hat. Und immer wieder ist es die Stimme von Jimi Goodwin, die einen an die Hand nimmt und durch die Songs führt. Urig britisch, aber doch sehr heimelig. Ein wenig wie Guy Garvey von Elbow. Warum die Doves nicht den gleichen Status haben, wie ihre Kollegen aus Manchester wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben. Elbow haben vielleicht mehr Gefühl und Musikalität, dafür haben die Doves eindeutig die besseren Popsongs. „The Places Between“ beweist dies eindrucksvoll. Beeindruckend, wie die Discographie der Band diese Zwischenräume spielend leicht ausfüllt.


Und nicht nur auf der Haupt-CD. Die zweite CD versorgt den Hörer mit allerhand Raritäten und unveröffentlichtem Material, ohne dabei die Qualität abzusenken. Ein guter Mix aus seltenen, wenn auch unnützen Sachen („Almost Forgot Myself“ braucht keiner in der Demo), hervorragenden Albumtracks, sowie B-Seiten fügt sich zu einem stimmungsvollen Gesamtbild, so dass man schnell erkennt, dass hier die Tracks mit Sorgfalt und Konzept ausgesucht wurden. So Schmuckstücke wie das melancholische „Northenden“, das ungewohnt fröhliche „Your Shadow Lay Across My Life“, sowie das epische „The Sulphur Man“ sollte man ja auch unnötig unter den Tisch fallen lassen. Die zweite CD repräsentiert ein wenig die experimentellere Seite der Band und lässt sich wunderbar an einem Stück durchhören, besonders mit dem tollen Ausklang durch das ruhige „Ambition“, sowie die etwas bizarre, aber in diesem Kontext passende, „Noise Version“ von „Firesuite“. Und obendrein gibt es dann sogar noch eine DVD mit allen Videos der Band (außer dem neuen zu „Andalucia“), die sich ebenfalls sehen lassen kann, weil man sich visuell immer viel Mühe gegeben hat. Was für ein Gesamtpaket! Beide CDs randvoll gefüllt mit dem wirklich Besten, was diese Band zu bieten hat. Ich weiß, das sagt man ja gern mal im Kontext einer Best-Of-Platte, aber in diesem Fall muss ich das auch als Fan ganz objektiv gestehen… die Songauswahl ist hervorragend und der bestmögliche Einstieg in die wundervolle Welt des britischen Trios. Ich kann nur noch mal mein Unverständnis bezüglich des unzureichenden Bekanntheitsgrades der Doves äußern. Vielleicht sind sie mit ihrem Sound auch etwas zu spät dran gewesen und hätten besser direkt in die 90er gepasst. Aber gute Musik sollte auch abseits von Trends und Hypes existieren. Und genau diese machen die Doves. Wer also bis jetzt keinen Draht dazu gefunden hat, sollte sich einfach noch mal Mühe geben, dem verspielten, epischen Hymnenpop für sich zu erschließen. Schade, dass es jetzt erstmal wieder ein paar Jahre dauern wird, bis die Band einen erneuten Versuch unternehmen wird, die Welt auch abseits von Großbritannien von sich zu überzeugen. Immerhin bleibt uns das bisherige Schaffen ja zur Überbrückung dieser Wartezeit!







Doves - Homepage

Montag, 12. April 2010

I LOVE REMIXES / #07 - BLOC PARTY

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Nein, wir wechseln heute nicht die Seiten, auch wenn es so scheint. In erster Linie ist das Londoner Quartett Bloc Party natürlich dafür bekannt, eine der stilprägendsten und wichtigsten Bands der vergangenen Dekade zu sein. Und darüber hinaus noch meine persönliche Lieblingsband der letzten 5 Jahre. Die Urgewalt der ersten drei Alben steht sowieso außer Frage und ich reiß mich mal schnell zusammen, um nicht wieder ins Schwelgen zu geraten. Ja, diese Bloc Party halt.

Nach der Dauerbeschallung der letzten Jahre und auch weil, zugegebenermaßen, zuletzt kreativ ein wenig die Luft raus war, hat sich die Band 2010 endlich die wohlverdiente Zwangspause verordnet, die sie aber nicht wirklich nutzen. Bereits nächste Woche veröffentlicht Gitarrist Russell Lissack mit seinem Seiten-Dance-Projekt „Pin Me Down“ ein Debüt-Album, Bassist Gordon spielt momentan aushilfstechnisch bei der Band „Young Legionaire“ mit und Ende Juni folgt dann mit „The Boxer“ auch das eher elektronisch gehaltene Solodebüt von Frontmann Kele Okereke. Also genug zu tun haben alle, ob Bloc Party darüber hinaus eine Zukunft hat, steht gerade noch in den Sternen. Drücken wir mal die Daumen. Die Verschmelzung von Elektronik und Rock stand ja bei den vier Jungs vom Block seit jeher immer im Vordergrund. Deshalb haben sie sich auch von Anfang an, um ihre Remixe gesorgt und dabei ordentlich große Namen an Land gezogen. Egal ob Tiesto, Boys Noize, MSTRKRFT, Diplo oder Crystal Castles… die „Elektronisierung“ der Indie-Szene haben Bloc Party dabei stets mit vorangetrieben, da kann man ihnen einen gewissen Pionier-Status nicht absprechen. Doch nur wenige wissen, dass die Band auch selber in den letzten Jahren gern mal Hand an einige Fremdproduktionen angelegt hat. Dabei handelt es sich eher um befreundete Künstler, als die richtig großen Namen im Business, doch man hört dadurch eine erstaunliche Spannweite an Genres durch.


Deshalb widmen wir uns heute einmal den Remixen, welche Bloc Party selbst hergestellt haben. Dabei wird Arbeitsteilung bei den Jungs natürlich groß geschrieben. Manchmal ist es allerdings nicht wirklich erkennbar, wer denn jetzt genau für die Produktion verantwortlich ist. In der Regel ist allerdings Russell Lissack (der mit der Locke im Gesicht) der Mann fürs Remixen. Hier konnte sich Lissack in den letzten Jahren anständig ausprobieren. Den produktionstechnischen Qualitätsanstieg vom frühen Kate Nash-Remix (2007) bis hin zum aktuellen Tunng Remix (2010) merkt man dabei auch ordentlich. Hier probiert man sich auch mal an Drum’N Bass aus. Aber auch Breakbeats (Johnny Foreigner), ruhiges (iForward, Russia!) oder housiges (Battle, Turboweekend) gehören zum Repertoire von Russell. Und immer wieder baut er dieses signifikante Gitarrenspiel ein, das am Ende jeden Song irgendwie die gewisse Bloc Party-Note verpasst. Die zweite Hälfte des Placebo-Remixes könnte so bspw. 1:1 aus einer BP-Nummer stammen und auch die Gitarre über den smoothen Discobeats von Chromeo wirkt irgendwie seltsam vertraut. Und Russell lässt es sich natürlich auch nicht nehmen mit seinem Nebenprojekt „Pin Me Down“ die eigene Hauptband durch den Mixwolf zu drehen. Da hat der Rest nur das Nachsehen. Drummer Matt Tong probiert sich mal an einem Mix für Black Francis aus und auch Bassist Gordon darf sich mal an der eigenen Single „Talons“ austoben und verwandelt das Stück am Ende in ein ziemliches Rockbiest. Und was jetzt Kele’s Job bei all dem ist, weiß ich auch nicht, aber vielleicht hat er gelegentlich mal eine Idee beigesteuert. Ganz wie bei der Hauptband wird allerdings schnell deutlich, dass es hier keine einheitliche Einteilung in Genres gibt. So ist die Remixarbeit aus dem Bloc Party Camp vielmehr ein kleiner Exkurs in die produktionstechnischen Fähigkeiten der einzelnen Mitglieder. Also ist dieser gut 50minütige Minimix ihres bisherigen Mixschaffens auch kein durchgängiges Clubbrett, sondern ein buntes Sammelsurium verschiedenster Gattungen, Songs und Stimmungen. Und der Beweis dafür, was diese Band abseits ihrer eigenen Songs noch alles kann. 2010 wird wieder ein spannendes Bloc Party Jahr, auch wenn man die vier wohl eher selten an einem Ort gleichzeitig vorfinden wird.

01 The Maccabees – Love You Better (Russell Lissack Remix)
02 Bloc Party – Ares (Pin Me Down Remix)
03 Placebo - Because I Want You (Russell Lissack from Bloc Party Remix)
04 Does It Offend You, Yeah? – We Are Rockstars (Bloc Party Remix)
05 Turboweekend – Holiday (Russell Lissack Remix)
06 Battle - North Sea (Russell Bloc Party Mix)
07 Kate Nash – Pumpkin Soup (Russell Bloc Party's Team Tiger Edit)
08 Black Francis – The Seus (Matt Tong Bloc Party Remix)
09 Tunng – Hustle (Bloc Party Remix)
10 Johnny Foreigner – Salt, Peppa and Spinderella (Bloc Party Remix)
11 Bloc Party – Talons (Gordy Remix)
12 Ladyfuzz – Bouncy Ball (Sympathy Tranny Mix by Bloc Party)
13 Chromeo – Needy Girl (Bloc Party's High School Prom Remix)
14 iForward, Russia! – Breaking Standing (Russell Bloc Party Remix)

DOWNLOAD HERE:
http://uploaded.to/file/ad97fc

Laufzeit: 52:02min



Homepage: www.myspace.com/blocparty

Sonntag, 11. April 2010

rhododendron's ranking ... 14/ 2010

Keine Veränderung an der Spitze des Rankings in dieser Woche. Das wunderbare „Andalucia“ von den ebenfalls wunderbaren Doves ist nach wie vor mein Lieblingslied, dahinter platzieren sich immer noch Hot Chip und die Drums. Und dann folgt fast schon eine Art Novum. Weiß gar nicht, ob hier schon mal eine Band zwei Plätze direkt hintereinander eingenommen hat? In diesem Fall steigen die Foals mit der neuen Single „This Orient“ direkt auf Platz 4 ein, einen Platz vor der letzten, „Spanish Sahara“. Gut, die war im Nachhinein gar keine richtige Single, sondern lediglich eine Art Vorab-Promo-Song, HD-Video hin oder her. Eine Berechtigung, hier zu sein haben beide Songs aufgrund ihrer Qualität sowieso. Und auf Platz 8 gibt es bereits ein weiteres Novum. Die gute alte und in den letzten Jahren oft in Veruf gerattene Gattung „Deutsch-Rap“ hatte bisher kaum eine Chance hier in die Top 20 zu kommen. Aber jetzt sind die Anderen am Ende, Mann, denn hier kommt Dendemann! Das Rap-Uhrgestein meldet sich mit einer derart kultigen und schnittigen Single namens „Stumpf Ist Trumpf 3.0“ zurück, dass ich das gar nicht ignorieren kann. Retro-Pop-Power-Reibeisen-Rap. Was auch immer… allein die Frisur und das Video reichen als Bewerbungsunterlage aus! Abseits der Top 10 stürzt die ehemalige Nummer Eins von Vampire Weekend ganze sechs Plätze ab. Da hat es DFA-Gründungsmitglied James Murphy etwas besser… „Drunk Girls“, die Comeback-Single vom LCD Soundsystem klingt genauso, wie man es von einer LCD Single erwartet hat, was irgendwie nur teilweise gut ist. Hoffentlich bietet das noch namenlose neue Album etwas mehr. Platz 14 ist auf jeden Fall schon mal ein guter Einstieg und evtl. ist da ja noch Platz nach oben.

01.( 01 / #3 ) Doves “Andalucia”
02.( 02 / #4 ) Hot Chip “I Feel Better”
03.( 04 / #5 ) The Drums “Best Friend”
04.(NEW/ #1) Foals “This Orient”
05.( 03 / #5 ) Foals “Spanish Sahara”
06.( 06 / #4 ) Yeasayer “O.N.E.”
07.( 07 / #2 ) Trentemøller “Sycamore Feeling“
08.(NEW/ #1) Dendemann “Stumpf Ist Trumpf 3.0”
09.( 05 / #9 ) Jónsi “Go Do”
10.( 08 / #6 ) We Have Band “Divisive”
11.( 11 / #2 ) Kate Nash “Do Wah Doo”
12.( 10 / #8 ) Two Door Cinema Club “Undercover Martyn”
13.( 13 / #2 ) Delorean “Stay Close”
14.(NEW/ #1) LCD Soundsystem “Drunk Girls”
15.( 09 / #7 ) Vampire Weekend “Giving Up The Gun”
16.( 17 / #3 ) Late Of The Pier “Best In The Class”
17.( 15 / #4 ) MGMT “Flash Delirium”
18.( 14 / #4 ) Arctic Monkeys “My Propeller”
19.( 12 / #4 ) Jamie T “Emily’s Heart”
20.( 18 / #11) HURTS “Wonderful Life”





Samstag, 10. April 2010

Something To Do

So viel neue Platten. Man verliert leicht die Übersicht. Seit dieser Woche gibt es nämlich auch endlich das Debüt des Londoner Trios We Have Band! Für alle, die sich am momentan angesagten 80er-Retro-Sound nicht satt hören können...

51KNnAFKauL-_SL500_AA300_Endlich kann ich auch mal ein wenig Hipster-mäßig Sätze á la „Die Band kannte ich schon vor allen anderen“ und so raus hauen… Gut, den Zenit ihrer Popularität hat das Londoner Trio We Have Band noch nicht erreicht, dennoch kann die Band mittlerweile eine gewisse Aufmerksamkeit seitens der Musikpresse für sich verbuchen. Verdient haben sie sich diese durchaus. Es war irgendwann im Sommer 2008 als mir ein Kurztrip in Englands Hauptstadt den Erstkontakt mit dieser Band bescherte. Irgendeine hippe Londoner Bar/ Kneipe/ Club/ Szenetreff hatte zum Bandabend geladen. Und während sich die Foals und Does If Offend You, Yeah? im Publikum die Hände reichten, gab es Beschallung durch Nachwuchsbands, die ja bekanntermaßen die statt überwuchern, wie Asbest alte Plattenbauten. Da war einiges aus dem Bereich „nett“ dabei, doch erst als relativ spät We Have Band auf die winzige Bühne stiegen, ihre Synthies anwarfen und zum munteren Tanz einluden, kam Leben in die Bude. Schnell standen die Leute und machten mit zu den zackigen Beats, deren ungeheure Treffsicherheit und Melodieverliebtheit bereits damals bei mir hängen blieb.

Ein wenig dauerte es dann noch, doch Stück für Stück kam die Karriere ins Rollen. Erste Eigenveröffentlichungen bspw. beim Kitsuné Label folgten und schnell hatte man nicht nur die Band, sondern auch ein paar Fans. Nun hat man dann sogar endlich das Album, zu dem ich jetzt nach der langen Vorgeschichte eigentlich kommen wollte. Das Debüt heißt schlicht „WHB“ und repräsentiert die Band und ihren Sound außerordentlich gut. Der schwankt irgendwo zwischen Indie-Rock und -Pop mit ein paar dicken Elektronikanleihen aus den guten alten 80ern. Groovig, verspielt und gern mal hypnotisch hymnisch, stellenweise auch irgendwie bewusst unfertig, hab ich manchmal das Gefühl. Also schwer einzuordnen, aber im Allgemeinen sehr ansteckend und von Kultproduzent Gareth Jones (ja, DER Gareth Jones) astrein auf Clubtauglichkeit und „Retro“ produziert. Während der Beginn des Albums mit dem Intro „Piano“ und dem anschließenden „Buffet“ noch relativ verhalten ausfällt, drückt man den Hörer ab der schnittigen Single „Divisive“ relativ direkt Richtung Tanzfläche. Die wummernden 80er-Bassläufe treffen auf das interessante Gesangsspiel von Darren, Thomas und Dede und laden zum Tanz ein. Generell ist das Wechselspiel zwischen diesen drei unterschiedlichen Stimmen einer der Motoren des WHB-Sounds. Man beschreitet den Gesang unterschiedlich, wechselt sich dabei ständig ab und bereichert alles mit ordentlich Backingvocals, was dem ganzen einen gewissen Drive gibt. Auch live bleibt man nicht immer stur an den Instrumenten hängen. Und so geht es munter weiter, mit dem eingängigen „Love, What You’re Doing?“, sowie den sehr schmissigen Vorabsingles „Oh!“ oder „Honeytrap“. Und „Centerfolds & Empty Screens“ ist wirklich ein richtig amtlicher Hit, der mir, ohne Scherz, bereits 2008 im Ohr hängen geblieben ist. Zum Ende hin drosselt man mit dem hypnotischen „Hero Knows“ wieder ein wenig das Tempo ohne dabei an Qualität einzubüßen. Diese kann man „WHB“ nämlich durchaus zuschreiben. Sonderlich innovativ ist das Ganze dennoch nicht, wenngleich einige Aspekte, wie bspw. der Wechselgesang zwischen den Protagonisten durchaus eine interessante Bereicherung zum bisherigen Spektrum an Retro-80s-Whatever-Bands sind. Und gelegentlich merkt man der Band halt auch an, dass ihre Musik lediglich ein gut durchdachtes Puzzle aus bereits altbekannten Versatzstücken ist und einige Songs, wie „How To Make Friends“ oder „You Came Out“ eher gute Ideen, als gute Popsongs sind. Ein wenig ist man wohl noch auf der Suche nach dem eigenen Sound und gelegentlich auch einer konsequenten Struktur. So ist „WHB“ eher eine Art Sammelsurium der letzten beiden Bandjahre. Dieses wirft aber, und das ist der Grund, warum diese Platte am Ende doch von Interesse ist, einige ordentliche Pophits ab. Diese funktionieren ohne Wenn und Aber auf den Tanzflächen der Indieclubs genauso wie im Hausgebrauch. So ist das Debütalbum von We Have Band sicher kein Meisterwerk geworden, aber eine kurzweilige Ansammlung von Popsongs. Ob ihre Sterne darüber hinaus in Zukunft noch etwas heller am Pophimmel strahlen werden, wird sich aber noch zeigen. Ich bleibe vorsichtshalber einfach mal weiter am Ball, nur um am Ende halt sagen zu können, ich hätte es ja sowieso gewusst ;-)

Kompletter Album-Stream by MySpace:
myspace.com/wehaveband

Download: "Divisive" (Carl Craig Remix)

Dienstag, 6. April 2010

Hipster-Hippies

CoverAuf ihrer Internetseite kann man das aktuelle Album Congratulations von MGMT im Stream hören. Wer diese Chance wahr nimmt, erhält die Gelegenheit, in die aktuelle Entwicklung im NeoHippie-Lager reinzuhören. Denn was man zu Hören bekommt, klingt wirklich wie das Update des '68er San Francisco-Sound. Trippy, fröhlich, melodisch und voller erstaunlicher Textwelten.

Nach dem überwältigenden Erfolg ihres ersten Albums haben MGMT von ihrer Plattenfirma Sony/Columbia einen Vertrag vorgesetzt bekommen, der ihnen in der Gestaltung der nächsten fünf Alben komplette künstlerische Freiheit lässt. Ohne Ausnahme und mit allen Mitteln, die sie brauchen. Merke: MGMT sind die Königskinder der Record Label.
Wenn natürlich solche verqueren Köpfe, wie sie es sind, mit solchen Voraussetzungen sich daran setzen, das zweite Album nach dem Instant Hit-Erstling zusammen zu klöppeln, sollte einem schonmal Angst und Bange werden. Jetzt folgt der kreative Befreiungsschlag! Der Beweis kein One Hit Wonder zu sein! Die Muskelschau der Musikstile! Die Abkehr vom Pop!
Und? Stimmt's? Ja. Irgendwie schon.
Man hört sehr viel sperriges Zeug. Es gibt keine Singlehits mehr wie Kids oder Time To Pretend. Die Songs bleiben nicht sofort hängen. Oft sind sie sogar psychedelisch sehr entrückt. In der Tracklist befindet sich sogar ein verdammtes Zwölfminuten-Brett! Angst! Schrecken! Stampede!
Doch - und das ist der Grund, warum es wirklich ein Befreiungsschlag ist - sie haben ihre Popseelen nicht an den Integritäts-Teufel verkauft. Auch auf dem aktuellen Album gibt wunderbare Melodien, Refrains, Mitsingparts, Hooklines, Ohrwürmer. Die Songs verschrecken einen nicht, sondern laden weiterhin ein. Nur biedern sie sich nicht an, wie Huren im Schaufenster. Sie wirken eher dezent. Schleichen sich hinterrücks an. Und strecken einen früher oder später mit voller Kraft nieder. Irgendwie findet man an vielen Stellen einen Chor, eine Gitarrenlinie, eine Textzeile oder eine Harmonie, die einen absolut gefangen nimmt. So dass letztendlich sogar das schier unfassbare Siberian Breaks (der Zwölfminüter) absolut goutierbar bleibt, eben einfach durch die Tatsache, dass es ein derart aufgeblähter Popsong und eben keine überpomöse Exaltation. Trotz der schieren Größe nachvollziehbar, mitsingbar, begeisternd.
Doch auch die "normal" kurzen Werke können gefallen - der locker-leichte Song For Dan Treacy mit seinen sekündlich wechselnden Harmonien, der vorsichtig-hymnische Titelsong, das sehr stark an frühe Die Ärzte erinnernde, recht flott ins Bein gehende Brian Eno. Und der grandiose Opener It's Working, der mit seinem unsteten Rhythmus, dem leicht bekifften Duett-Gesang und dem Instrumentenoverkill von Oboe bis Spinett auf der rosaroten Wolke Nummer 7 hereingeschwebt kommt.
Die Single-Hitparaden werden und wollen sie damit nicht dominieren, aber sie haben sich definitiv als wirklich ernstzunehmende Teilnehmer im Popzirkus der nächsten Jahre empfohlen. Von der Warte her, ist Congratulations auf jeden Fall mit dem hervorragenden Favorite Worst Nightmare vergleichbar, was die ähnlich Hype-gejagten Jungspunde der Arctic Monkeys auch erstmal in die musikalische Sicherheitszone gerettet hat. Musikalisch liegen aber natürlich Welten dazwischen. MGMT haben es immer noch nicht so mit dem klassischen Rock - hier hören wir Pop, der viele Künstler der späten Sechziger und frühen Siebziger mit Stolz erfüllen würde und auch genau in die Zeit passen könnte. Inklusive der Beatles.
Congratulations erscheint am kommenden Freitag, dem 9.4.

Sonntag, 4. April 2010

rhododendron's ranking ... 13/ 2010

Wer irgendwo zwischen Sonntagsbraten und Familienbesuchen am Ostersonntag noch Zeit für etwas Pop hat, der wird hier fündig. Ja, auch an den Feiertagen erscheint das Ranking pünktlich, wenngleich auch meine Wenigkeit aufgrund besagter Aktivitäten etwas kurz angebunden ist. Also machen wir’s mal ganz schnell. Die Doves bleiben an der Spitze und auch das Verfolgerfeld kann sich behaupten. Höchster Neueinsteiger wird der dänische Erfolgsgarant Anders Trentemøller, dessen neue Single „Sycamore Feeling“ weniger auf den Dancefloor schielt, als vielmehr in die Tiefe der Seele. Tiefgründiger Pop statt Minimal lautet die Devise. Wir freuen uns aufs neue Album. Gleiches gillt für Kate Nash, wobei dieser bunte Farbklecks natürlich genau das Gegenteil produziert. Die neue Single „Do Wah Doo“ ist übertrieben gutgelaunter Girliepop, der sich Platz 11 angelt. Kann man schon mal hören, tut ja nicht weh. Und der dritte im Bunde ist die noch recht neue Formation Delorean mit ihrer aktuellen Single „Stay Close“. Breitflächiger und höchst atmosphärischer Pop. Behalten sie die bitte im Auge. Und jetzt entlasse ich auch schon alle wieder in den Feiertagstrubel...

01.( 01 / #2 ) Doves “Andalucia”
02.( 03 / #3 ) Hot Chip “I Feel Better”
03.( 02 / #4 ) Foals “Spanish Sahara”
04.( 05 / #4 ) The Drums “Best Friend”
05.( 04 / #8 ) Jónsi “Go Do”
06.( 08 / #3 ) Yeasayer “O.N.E.”
07.(NEW/ #1) Trentemøller “Sycamore Feeling“
08.( 06 / #5 ) We Have Band “Divisive”
09.( 07 / #6 ) Vampire Weekend “Giving Up The Gun”
10.( 09 / #7 ) Two Door Cinema Club “Undercover Martyn”
11.(NEW/ #1) Kate Nash “Do Wah Doo”
12.( 10 / #3 ) Jamie T “Emily’s Heart”
13.(NEW/ #1) Delorean “Stay Close”
14.( 12 / #3 ) Arctic Monkeys “My Propeller”
15.( 15 / #3 ) MGMT “Flash Delirium”
16.( 11 / #7 ) Delphic “Halcyon”
17.( 16 / #2 ) Late Of The Pier “Best In The Class”
18.( 14 / #10) HURTS “Wonderful Life”
19.( 13 / #10) Gorillaz ft. Mos-Def & Bobby Womack “Stylo”
20.( 17 / #12) Miike Snow “Silvia”





Mittwoch, 31. März 2010

Träumerei

CoverPostrock ist schon eine Sache für sich. Letztendlich ist es wie Krieg. Größtenteils Langeweile. Wenn es losgeht, dann ist es meist verheerend und traumatisch. Nicht, dass Alcest auf seinem neuen Album Écailles De Lune das Genre auf den Kopf stellt. Ein paar andere Ansätze kann der Knabe dem Genre allerdings schon entringen.



Allem voran steht natürlich, dass der Multiinstrumentalist Neige (frz.: Schnee) aus der Blackmetal-Szene kommt. So bricht er gegen Ende des wahnsinningen Openers Écailles De Lune (Part I) und am Anfang des Part II schon deshalb mit den Konventionen, da einfach mal ein astreiner Blastbeat durch die Landschaft krawallt und es aus dem Dickicht des Gitarrengestrüpps heiser krächzt. Keine Sorge, das ist nicht die Regel und doch wieder ein schöner Ansatz, um dem Zyklus aus zarten Gitarrenpickings und fetten Wall Of Sounds, noch etwas mehr zu entnehmen.
Die Regel ist allerdings, dass der Franzose durchaus schöne Songs schreiben kann, die sogar beinahe ins gängige Popschema passen. Jetzt nicht so ganz klassisch mit Strophe-Refrain-Bridge-Refrain, aber doch mit richtig gesungen Melodien, wiederkehrenden Strukturen, Hooklines, flottem Rhythmus. Und trotz allem weiterhin Epik, Flächen, Wände, ätherischer Gesang. Denn neben Black Metal ist für Neige auch Folk und andere naturnahe Musik ein wesentlicher Einfluss. So klingt die Musik oft wie ein entsprechendes Folkstück aber mit einer verzerrten E-, statt einer einfachen Westerngitarre vorgetragen.
Das Schöne ist, dass, obwohl man die Einflüsse Postrock, Black Metal, Folk kombiniert, keine brachiale Noisegewalttätigkeit entwächst, sondern ein sehr eigener Sound. Zwar laut und verzerrt, aber dennoch schwebend, nicht greifbar, undurchdringlich. Trotzdem kurzweilig. Und ... natürlich ... wunder-, wunderschön.
Zum Träumen.

Hörbeispiele: Percées De Lumière (download)

und
Solar Song:

Dienstag, 30. März 2010

|:Mottenkiste:| / Grand John

CoverDas vermutlich edelste Coveralbum, dass man sich vorstellen kann stammt von The Czars und hört auf den sehr schönen und passenden Namen Sorry I Made You Cry. Darauf eine pittoreske Rüstkammer voller Liebeslieder, die für den Krieg gegen die Dürre der Augen durchaus geeignet ist.

Edel ist das ganze Machwerk deshalb, weil es bestechend klar produziert ist. Jeder noch so kleine Akzent eines Schlitterns der Finger auf dem Griffbrett der Westerngitarre wird minutiös dokumentiert. Ohne dabei natürlich irgendwelche Grifffehler oder Ähnliches zu offenbaren. Jedem einzelnen Instrument, ach was, jedem verdammten Ton wird so viel Platz eingeräumt, dass er droht sich in der Weite zu verlieren. In Sekundenschnelle bannen die Geräusche, die die Stereoanlage emittiert, die Aufmerksamkeit des Hörers an das akustische Geschehen.
Das liegt allerdings auch im Wesentlichen an der sehr sehr großen und majestätischen Stimme des John Grant, die man gerne dafür missbrauchen möchte, dass er einmal die Anrufbeantworter-Ansage für einen besprechen möge. Voll, fest und doch voller Soul füllt er die großen Lücken, die die zurückhaltende Produktion lässt, komplett aus. Sehr beeindruckend ist dies am Beispiel der 9-minütigen Mammutinterpretation von Elvis Costellos My Funny Valentine festzustellen. Die flirrende E-Gitarre und das krass verhallte Piano sind erst die einzigen Instrumente, die zu vernehmen sind. Sie klingen dezent und weit. Darüber legt sich dann zentnerschwer und mit stolz erhobenem Haupt der warme Bariton von Mr. Grant. Mit der Insbrunst eines mittelalterlichen Minnesängers, der die holde prinzessine Jungfrau endlich in die Kiste bekommen möchte, drückt er Kraft seines ganzes Vokalorgans auf die Tränendrüse, dass einem Angst und Bange wird. Vor allem deshalb weil es wirkt.
Dieser Wahnsinnsstimme ist es auch zu verdanken, dass diese Kollektion an Coversongs nicht, wie es auf dem Papier erscheint - zurückhaltende Instrumentierung vor alten Jazz-Standards luftig vorgetragen, nicht zu Kaffeehaus-Musik verkommt. Denn wäre ein Kneipier so feist, diese Platte in seinem Etablissment im Hintergrund erschallen zu lassen, hätte er das Problem, dass vermutlich prompt alle Gespräche verstummten, die Leute nix mehr trinken wöllten und noch nicht mal mehr aufschauten, um sich nicht die Blöße zu geben, dass sie gerade von einer monumentalen Gänsehaut heimgesucht wurden. Denn diese Musik ist zwar offen und weit instrumentiert, aber am Ende des Tages doch vor allem zentnerschwer. Selbst ein so fröhlicher Song wie Angel Eyes von ABBA wirkt in der Interpretation der Czars niederdrückend, melancholisch. Getragen. Wunderschön.



PS: Inwiefern sich diese Art des Musizierens in das sonstige Œuvre der The Czars einordnet, kann ich jetzt noch nicht sagen, da ich mir die Band ansonsten nur namentlich ein Begriff war. Bin mehr über das sehr schicke Coverbild drüber gestoßen.
Wer zum Thema mehr weiß, kann ja gerne im Kommentar noch ein paar einordnende Sätze formulieren.

nobono

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