Sonntag, 22. August 2010

rhododendron's ranking ... 33/ 2010

Angesichts des kurzen aber schönen Comebacks des Sommers muss mal Platz im Ranking gemacht werden für einen meiner liebsten Sommertracks dieses Jahr. Denn jetzt hat „People Can Do The Most Amazing Things“ von den Newcomern Kisses auch endlich ein recht stimmiges Musikvideo serviert bekommen. Bereits an anderer Stelle vorgestellt, verdient das Retro-Pop-Duo eure ungeteilte Aufmerksamkeit. Und Platz 3 im Ranking. Herzlichen Glückwunsch! Gleiches gilt für Interpol, deren Video zu „Barricade“ sich noch in der Post-Produktion befindet. Seit dieser Woche haben sie sich aber zumindest schon mal offiziell den ersten Platz gesichert. Da müssen die Helden leider zurückweichen. Alles ist halt doch nicht alles. Der zweite Neueinstieg kommt von den Cribs, die aus dem Nichts eine neue Single aus dem Boden gestampft haben. „Housewife“ schnappt sich trotz Anti-Sommer-Videos Platz 15 in meiner Hitliste. So, und nun genug gelabert. Raus geht’s, Sonne genießen!

01.( 02 / #2 ) Interpol „Barricace“
02.( 03 / #4 ) Klaxons “Echoes”
03.(NEW/ #1) Kisses “People Can Do The Most Amazing Things”
04.( 01 / #3 ) Wir Sind Helden “Alles”
05.( 08 / #2 ) Robyn “Hang With Me”
06.( 05 / #5 ) Kele „Everything You Wanted“
07.( 04 / #6 ) The Pass „Treatment Of The Sun“
08.( 06 / #3 ) Metric “Eclipse (All Yours)”
09.( 07 / #9 ) The Coral “1000 Years”
10.( 10 / #10) Arcade Fire “The Suburbs”
11.( 09 / #3 ) Jónsi “Animal Arithmetic”
12.( 14 / #4 ) Ellie Goulding “The Writer”
13.( 11 / #3 ) Marina And The Diamonds “Oh No!”
14.( 12 / #10) Gorillaz “On Melancholy Hill”
15.(NEW/ #1) The Cribs “Housewife”
16.( 17 / #5 ) A-ha “Butterfly, Butterfly (The Last Hurrah)”
17.( 15 / #11) Foals “Miami”
18.( 13 / #4 ) Holy Ghost! “I Know, I Hear”
19.( 16 / #5 ) Brandon Flowers “Crossfire”
20.( 19 / #10) Kent “Gamla Ullevi”



Mittwoch, 18. August 2010

Sommerloch-Musik #6

Manchmal krakeelen einem schon die reinen Namen Sommer, Sonne, Strand und gute Laune entgegen. Wenn die Musik auch noch dazu passt ist das eine schöne Sache. In diesem Fall funktioniert es.

Cover

Surfer Blood - Swim

Ich war schon länger nicht mehr in einer richtigen Indie-Disco, deswegen kann es natürlich gut sein, dass man diesen Song schon um die Ohren gepfeffert bekommt bis diese bluten, ohne dass ich davon etwas mitbekomme. Das hieße also Sand an den Strand zu tragen.
Wem der Song allerdings nicht geläufig ist, der kann sich auch bei Gewittersturm und herbstlichen Temperaturen die Sonne aus dem Arsch scheinen lassen.
Zwar mutet die Stimme mit ihrem prolligen Charakter und dem wahnsinnig übertriebenen Hall-Effekt etwas befremdlich an. Die Melodie, die sie einem in die Gehörgänge ballert kommt einem dafür umso näher. Die Zeile "Swim to reach the e-end" bekommt man spätestens nach dem zweiten Hören dieses Titels nicht mehr aus dem Kopf. Den ganzen Tag kann man die dann vor sich hin pfeifen und freut sich, das Lied dann irgendwann endlich wieder hören zu können.
Der Rest ist natürlich auch hübsch: niedliche Gitarren, niedlicher Beat, niedliche Strophe. Alles einfach zum Knuddeln und/oder Wohlfühlen. Der Sommer ist gesichert.
Ab an den Strand!

Dienstag, 17. August 2010

Peinliche Popvorlieben / Teil 3

Tiësto ist so ziemlich der Inbegriff des peinlichen Künstlers. Dass er Holländer ist, dafür kann er nichts, dass er Trancemusik fabriziert, dafür schon eher. Und zwar nicht irgendwie cool und underground, sondern die cheesy Variante mit klebrigen Synths, Prollbeat und viel Bubblegum-Pop-Appeal. Schon allein dies ist natürlich kein Inbegriff des coolen Künstlers. Dass er dann noch für das Prinzip Ibiza steht, gibt seiner Musik nicht mehr Tiefe. Dass ihm seine Freundin weggelaufen ist, weil er zu "busy" zum Heiraten war, wertet seine Persönlichkeit nicht gerade auf.
Ungeachtet dieser Tatsachen, schafft er es dennoch immer wieder, Musiker, die sich mit wesentlich mehr Kredibilität bekleckert haben, um sich zu scharen. Auf dem beinahe durchgängig unterhaltsamen Album Kaleidoscope aus dem Jahre 2009 tummeln sich als Gastkünstler so erstaunliche Namen wie Emily Haines (Metric), Kele Obereke, Cary Brothers, Calvin Harris, Tegan And Sara, Jónsi (Sígur Rós) und in einem Bonussong Dizzee Rascal. Sowie Nelly Furtado auf dem Track, den ich nun hier vorstellen möchte.

Tiësto ft. Nelly Furtado - Who Wants To Be Alone

Wie vieles auf dem Album, hat auch Who Wants To Be Alone nur noch recht wenig mit bilderbüchigen Trance zu tun, sondern man kann es ruhigen Gewissens eher in die Electropop-Schiene eingleisen. Und zwar bitte in die Schublade "sehr gut".
Eine wunderbar melancholisch-sehnsüchtige Komposition, die natürlich mit ordentlich Kawumms auf das Aufnahmeband gefeuert wurde. Sprich: fetter Beat, fette Synths, anständig Bass. Und die Stimme der lieblichen Nelly F. wurde natürlich auch ganz nach vorn ins Klangraum-Spektrum gesetzt. Wichtig ist allerdings jetzt nicht die Produktion, sondern was die Hochglanz-Elemente zusammen spielen. Nämlich ein ganz und gar wunderbares kleines Liedchen, dass inhaltlich und harmonisch einfach ans Lagerfeuer gehört. Natürlich kann man sich dazu auch auf Ibiza die Seele aus dem Leib trancen. Muss man aber nicht, was dem Song seinen hohen Wert verleiht.
Mir zumindest. Ein oft und viel gehörtes Lied, dass keinem vorenthalten sein soll.


Tiësto feat. Nelly Furtado - Who Wants To Be Alone
(Was stellen wir durch dieses Video fest? A) Tiësto reißt die Glaubwürdigkeitserfolge des schönen Albums gerne mit dem Arsch seiner Musikvideo-Ideen ein. B) Nelly Furtado ist sich dafür zum Glück zu schade. C) Bentley baut schon lange keine schönen Autos mehr. )

Sonntag, 15. August 2010

rhododendron's ranking ... 32/ 2010

Knapp gescheitert, aber dennoch guter Einstieg, Interpol. Trotz eines Mannes weniger (aber dennoch irgendwie zweien mehr) landet die neue Single „Barricade“ direkt auf Platz 2 und muss sich nur dem deutschen Pop-Sternchen Wir sind Helden geschlagen geben, welche weiterhin die Nummer Eins verteidigen. Ansonsten lässt es das Ranking etwas ruhiger angehen. Die Top 10 bleiben zu großen Teilen identisch. Als zweiter Neueinsteiger gesellt sich die schwedische Popperin Robyn dazu, deren neue Single „Hang With Me“ der Vorbote des zweiten Teils der „Body Talk“-Albumreihe ist. Ein sehr eingängiger und flauschige Popsong, wie sie die gute Frau ja mittlerweile regelmäßig abliefert. Ansonsten wie gesagt, wenig Veränderungen. Eine ruhige Woche halt, aber die Hits bleiben ja erhalten. Ich hoffe, ich konnte wieder einige Empfehlungen in die Welt rausposaunen. Herzlichst, ihr rhododendron!

01.( 01 / #2 ) Wir Sind Helden “Alles”
02.(NEW/ #1) Interpol „Barricade“
03.( 03 / #3 ) Klaxons “Echoes”
04.( 02 / #5 ) The Pass „Treatment Of The Sun“
05.( 05 / #4 ) Kele „Everything You Wanted“
06.( 06 / #2 ) Metric “Eclipse (All Yours)”
07.( 04 / #8 ) The Coral “1000 Years”
08.(NEW/ #1) Robyn “Hang With Me”
09.( 08 / #2 ) Jónsi “Animal Arithmetic”
10.( 09 / #9 ) Arcade Fire “The Suburbs”
11.( 12 / #2 ) Marina And The Diamonds “Oh No!”
12.( 07 / #9 ) Gorillaz “On Melancholy Hill”
13.( 11 / #3 ) Holy Ghost! “I Know, I Hear”
14.( 14 / #3 ) Ellie Goulding “The Writer”
15.( 10 / #10) Foals “Miami”
16.( 13 / #4 ) Brandon Flowers “Crossfire”
17.( 16 / #4 ) A-ha “Butterfly, Butterfly (The Last Hurrah)”
18.( 15 / #5 ) Two Door Cinema Club „Come Back Home“
19.( 18 / #9 ) Kent “Gamla Ullevi”
20.( 19 / #8 ) MGMT “It’s Working”



Samstag, 14. August 2010

Such den Bono

Pro-Bono auf Nobono! Es muss an dieser Stelle auch endlich mal U2 etwas Platz eingeräumt werden. Deren aktuelles Showprogramm machte jetzt u.a. Halt in Hannover. Hier meine subjektiven Eindrücke...
PS: Die Fotos stammen allesamt von der Homepage von NDR2.

Seit nunmehr über dreieinhalb Jahren schreibe ich nun schon meine diversen Gedanken zu Musik aus den Bereichen Rock/ Pop, Indie und was weiß ich hier auf diesem kleinen Blog, welche „Nobono“ heißt. Ich hab nie ganz kapiert, warum der Blog so heißt, aber die ehemaligen Gründer haben sich eh längst in den Vorruhestand verabschiedet, weshalb man das als urbanes Mysterium in den Akten vermerken kann. Ungeachtet morphologischer Gesetzgebung muss es aber was mit deren Antipathie für Bono Vox, Frontprediger der irischen Stadionrocker von U2 zu tun haben. Und ebenso lange habe ich mich auf einen triumphalen Bericht zu dieser Band, welche ich ja eigentlich mag, hier gefreut, denn die Überschrift, „Yes! Bono!“ stand schon seit genauso langer Zeit fest und sollte nun angesichts meines Konzertbesuches bei den vier Herren endlich ihre Verwendung finden. Aber am Ende kommt ja bekanntlich immer alles anders. Aber fangen wir mal kurz am Anfang an.


Bono hatte Rücken. Kann man ja auch mal haben mit 50. Einem Bandscheibenvorfall war es zu verdanken, dass die aktuelle „360° Tour“ ein paar Wochen Pause machen musste. Finanzielle Verluste in dreistelliger Millionenhöhe inklusive. Und deshalb müssen U2 jetzt noch bis weit in 2011 rein weitertouren. Nicht nur wegen der schwarzen Zahlen. Man will ja auch. Das entsprechende Statussymbol hat man ja schon dabei: Die Kraaaalleeee! Nach Turin und Frankfurt war Hannover diesen Donnerstag erst die dritte Station nach dem Wiederanpfiff. Nachdem ich U2 vergangenen Sommer auf ihren beiden Daten verpasst hatte, nun also die Chance, fünf Jahre nach dem ersten und sehr gut in meiner Erinnerung gebliebenen Konzert in Berlin, die Band noch mal live zu erleben. Man weiß ja nie, wie viele Chancen man noch bekommt. Die AWD-Arena ist glücklicherweise nicht riesig und der Ansturm hielt sich in Grenzen, so dass es sich zum Glück nicht unbedingt rentierte, sich 11 Uhr schon anzustellen. Auch nach 17 Uhr kam man noch relativ gesittet in den vorderen Bereich der Bühne. Ja, die Bühne. Viel wurde schon über die Kralle geredet. Revolutionär, riesig, gigantisch, einmalig! Ja, schon irgendwie. Aber auch eine beängstigende Art und Weise. Ich meine, klar, wir reden hier von der Band, die 1997 auf der „PopMart“ Tour die größte Leinwand ever dabei hatte und dazu noch eine ebenfalls beachtlich große Zitrone, aus welcher sie emporstiegen. Aber der Overkill gehörte eh zum 90er-Jahre-Konzept der Band. Damals war das alles bewusst übertrieben, ironisch und konsequent live, sowie auf Platte, durchgezogen. Aber heute? Heute wirkt es nur wie eine groteske Spielerei, deren Mehrwert sich eigentlich auch in Grenzen hält, wie man live feststellen sollte. Na ja, eines nach dem anderen. Erstmal heißt es relativ lange im abgetrennten Raum vor bzw. rund um die Bühne warten. Unvermeidlicher Nebeneffekt von Konzerten in dieser Größenordnung. Irgendwann enterten dann Kasabian die Bühne und gaben einen ganz okayen Support Act ab. Da ich die an anderer Stelle schon mal live gesehen hatte, wusste ich von deren Live-Qualitäten. Gerade in der Heimat sind die diesbezüglich ja eine Macht, hier sind sie mehr ein (Achtung, Wortspiel mit Band-Song) „Underdog“. Aber man arbeitet dran, spielt ein solides Set an „Hits“ aus den ersten drei Alben und Frontmann Tom Meighan übt sich als Crowd-Anheizer mit dem gewissen Mix aus Lausbuben-Image und Arroganz. Nützt aber nix. Der Sound ist mies und das Publikum ist eher damit beschäftigt, den Bierpegel in die Höhe zu treiben. Neue Zielgruppen erschließt man hier sicher schwer. Aber solange sich unter den knapp 50.000 Leuten eine Handvoll Interessierter und potentieller Käufer findet, hat sich das Ganze ja schon gelohnt. Ein lukrativer Sommerjob halt für mittelgroße Bands. Und das hat sich ja rumgesprochen. Fragen sie mal Snow Patrol oder Interpol.

Dann heißt es wieder weiter warten. Und der Innenraum füllt sich dann doch langsam aber sicher. Leider mit dem Publikum, das man angesichts einer Band, die ihr Debütalbum vor dreißig Jahren veröffentlicht hat, durchaus erwarten kann. Aber ich meine, mit 26 bewege ich mich ja auch langsam in diese Bereiche vor. Leider trennt sich da einiges und meist hat man das Gefühl, die Spreu bleibt übrig. Und für die Damen und Herren ist ein U2-Konzert in erster Linie natürlich ein Event. Willkommene Abwechslung vom Alltag. Sicher, man mag auch die Band und die alten Platten und so, aber Hauptsache es ist mal wieder was los in der Stadt. Fehlt ja nur eine Plane und Kralle wäre ein tolles Zirkuszelt. Na ja, also werden viele T-Shirts gekauft oder selbergedruckt und sich vor allem reichlich mit Bier eingedeckt. Die ganze Zeit! Und in Massen. Der finanzielle Tourausfall-Verlust wird weg gesoffen! Und so sind alle lustig drauf, fotografieren sich immer wieder vor der Kralle oder einem Ordner oder und stimmen lustige „Wir wollen den Bono sehen“-Sprechchöre an. Die gelungene Abwechslung vom Büroalltag ist ja auch jedem zu gönnen. Festivals sind eh nicht mehr in deren Zielgruppenbereich und ja sowieso viel zu kompliziert, schmutzig und aufwendig. Also fokussiert sich dies gern mal auf einzelne Events alter Helden. Depeche Mode sind auch so Favoriten, das hab ich letztes Jahr gemerkt. Ironischerweise läuft auch „Enjoy The Silence“ in der Aufwärmphase. Ein Raunen geht durch die Menschen. Der Rest der Musik entpuppt sich als überraschend tagesaktueller Mix aus feinsten Indie-Perlen, aber da hat jemand eindeutig an der Zielgruppe vorbeioperiert. Aber zumindest hatte er gute Ambitionen. Na ja, erstmal ein Bier. Und noch eines. 5 Euro für nen halben Liter? O zapft is! Einige haben zu Konzertbeginn anscheinend schon genug. Die Fremdschämquote steigt ein wenig. Ein Hoch auf meine, ebenfalls anwesenden und anständigen Eltern! Ich bleibe bei einem „Ich kann mich auch ohne Alkohol amüsieren“ und komme dann mal zur Hauptband des Abends. Die gab’s ja auch noch.

U2-Live-BonoKurz vor 21 Uhr betraten die vier viel umjubelten Iren zu den Klängen von David Bowie’s „Space Oddity“ die Bühne und lassen sich erstmal ordentlich vom Hannover Publikum feiern. Als Intro fungiert ein neues Instrumental-Stück. Ja, The Edge war während Bonos Reha durchaus produktiv. Es folgt „Beautiful Day“, eine fast schon zu sichere Wahl für den ersten Song. Der Zirkus beginnt, Manege frei für die Megastars. Es folgt relativ wenig vom aktuellen Album „No Line On The Horizon“, weil… ja, warum eigentlich? U2 gehen auf Nummer sicher und liefern ein paar gute Evergreens. Und so hat man während Songs wie „New Years Day“, „Mysterious Ways“ oder „Elevation“ Zeit sich mit der Bühne und ihren positiven, wie negativen Eigenarten auseinanderzusetzen. Das Spiel „Such den Bono“ wird mal eben ruckzuck zum Publikumsrenner, denn die Möglichkeit, sich entweder auf der Bühne oder per Brückenüberquerung auch auf dem Außenkreis zu bewegen nutzen alle Bandmitglieder. Die Brücken bewegen sich übrigens auch noch. Das führt natürlich zu feinen Momenten, wenn Bono auf einmal in gerade mal zwei Meter Entfernung über einem steht und „Hallo“ sagt. Da wird selbst ein mittelmäßiger Song wie „City Of Blinding Lights“ zum Erlebnis. Das Publikum wendet seine Gesichter, egal, ob Bono, The Edge oder Adam Clayton, immer Richtung Rockstar. Und natürlich wird da alles an iPhones, Fotohandys und Digi-Cams gezückt, was das Inventar zu bieten hat. Also hält man permanent die Augen auf. Wie ein Paparazzi sucht man das beste Motiv und die Nähe zum Star. Das führt dann aber auch gern mal zu frustrierenden Momenten, wenn Bono zum Beispiel beim 84er Klassiker „The Unforgettable Fire“ gar nicht zu erspähen ist. Die Konzertsozialisierung der letzten Jahrzehnte nötig jeden, den Fixpunkt Bono zu suchen, aber er ist halt einfach nicht da. Dabei ist The Edge ja auch noch da. Und generell… sollte es nicht um die Musik gehen? Na ja, etwas Show muss auch sein. Und “etwas” ist in diesem Fall halt viiiiel Technik. Allein bei der Vorstellung darüber, wie teuer die ausklappbare LCD-Wand gekostet hat, wird mir schlecht. Ich versuche die existenten, gleichzeitg herum reisenden drei (!) Krallen, ihre Produktions- und Transportkosten auszurechen und das in Relation mit… sagen wir mal, humanitärer Hilfe für Afrika (Wunder Punkt, Herr Vox) zu setzen… aber beim Rechnen wird mir schlecht. Ich bleibe bei ungläubigem Kopfschütteln. Hätte etwas weniger nicht auch den gleichen Effekt gehabt? Das Herumlaufen der Protagonisten wirkt nicht nur extrem einstudiert, sondern entpuppt sich auch eher als Gimmick. Die Höhe der Bühne dürfte für Genickstarre der Personen vorne sorgen und generell… das Anliegen, das alle mehr sehen können ist eher eine Lüge. Vielmehr lassen sich dadurch noch ein paar billige Plätze hinter der Bühne verkaufen. Ein Schelm, der böses dabei denkt. Die Kartenkäufer dürften sich freuen, denn prinzipiell ist die Kralle immer noch eine klassische Bühne, halt mit offener Rückwand und nem etwas längeren Rundum-Steg. Die Band agiert aber einen Großteil des Konzertes nach vorn gewandt. Immerhin steht die Bühne ja auch nicht in der Mitte des Stadions. Der Effekt besteht in der Größe, die jeden Normalbürger erschlägt und im Showkonzept, bei dem die Band sich gern mal als Insassen ihres riesigen Raumschiffes präsentiert. Bonos Roboteransprache wirkt da sogar relativ witzig. Ansonsten liefert der gute Mann die Show, die man von ihm erwartet. Etwas schreien, etwas gestikulieren und vor allem viel trinken. Hat der Doktor wohl gesagt. Ansonsten animiert Bono halt auch viel zum mitsingen, was sich natürlich bei Stadion-Allzweckwaffen, wie „I Still Haven’t Found What I’m Looking For“ als todsicheres Mittel entpuppt, um zum einen Gänsehaut zu erzeugen und zum anderen, den letzten Stillsitzer zu motivieren. Bonos Stimme macht einen guten Eindruck. Sie klingt sowieso schon lange nicht mehr wie 1991 und die Tagesform spielt mittlerweile leider eine entscheidende Rolle (Negativ: siehe die letzten beiden Live-DVDs). U2-Live-EdgeAn diesem Abend klappt alles und das sorgt gelegentlich für tolle Momente, etwa wenn man mal kurz das Singles-Gerüst verlässt und einen ganz neuen Track, wie das krachige „Glastonbury“ spielt. Oder der zehn Jahre alte Album-Track „In A Little While“. Richtig schön wird es bei „Miss Sarajevo“, dem Song, der einst für das Seitenprojekt „Passangers“ mit Brian Eno, Mitte der 90er, entstand. Die traurige Ballade vom Schönheitswettbewerb im kriegsgebeutelten Sarajevo der 90er wird sehr reduziert vorgetragen. Die Stimme von Duettpartner Luciano Pavarotti ist mittlerweile leider für immer verstummt, aber Bono singt den Opern-Part auf magische Weise einfach selber und erzeugt phänomenalen Jubel. Ein großer Moment, auf den Punkt genau funktionierend. Vielleicht der schönste des ganzen Abends und das Argument, was für „Yes, Bono!“ als Überschrift spricht. Denn U2 haben in ihrer Karriere großartige Songs geschrieben. Sicher, die Hits wurden tot gespielt, wenngleich sie ja im Prinzip immer noch gute Songs sind. Aber auch abseits davon haben U2 Brillantes geschaffen. Deshalb halte ich ihnen auch die Treue, wenngleich die letzten zehn Jahre nicht mehr sooo viel von dieser Brillanz zeigen, wie frühere Taten. Aber nach drei Jahrzehnten noch auf diesem Level zu spielen und sich dabei musikalisch immer wieder selbst zu puschen… da gehört schon Einiges dazu. Und diese Band spielt immer noch im Original Line-Up. Da sind vier Freunde auf der Bühne, das merkt man. Selbst wenn sie an diesem Abend eher Pflichterfüllung betreiben und es Bono sichtlich schwer fällt, die Leute beim schnittigen, aber etwas fremdartig wirkenden, Dance-Teil zu „I’ll Go Crazy If I Don’t Go Crazy Tonight“ zum Ausflippen zu bringen. Wer wedelt mit den Armen, aber kommt nicht gegen den eigenen Schatten aus Hits und der Erwartungshaltung des Publikums an. Schade eigentlich.

U2-Live-BandSchade auch deshalb, weil die Band selber ja noch einigermaßen fit in der Birne ist und musikalisch noch vieles erreichen möchte. Immerhin sind laut Bono gerade drei Alben-Konzepte in der Entwicklung. Mal sehen, wieviel davon am Ende übrig bleibt. Aber aufs Altenteil kann und will man sich wohl noch nicht zurückziehen, was sehr vorbildlich ist. Live hinterlässt das Ganze dann doch irgendwie einen etwas uneuphorischen Beigeschmack. Je größer die Show und die Technik dahinter, desto durchgeplanter und auch irgendwie seelenloser wirkt das Ganze. Selbst Bono beschreibt das Ganze irgendwie passenderweise als ein Volksfest mit hoher Bierquote. Das Spektakel steht im Vorder-, die Musik im Hintergrund. Sicher, wenn dann bei „With Or Without You“ mal die Ehefrau kurz in den Arm genommen wird, ist das schon anrührend, bleibt aber nur eine Momentaufnahme. Showbiz pur, da wirken selbst die obligatorischen politischen Einsprenkler ein wenig fehl am Platz. Seit jeher ein Streitthema, anscheinend auch unter den Fans. Als zwischen den Zugaben eine Rede von Desmond Tutu über die Leinwand flimmert, in dem er die Leute weiterhin zum Kampf gegen die Armut in Afrika ermuntert, gibt es auch vereinzelte Pfiffe, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob die jetzt aus Begeisterung entstanden sind. Für das schlechte Gewissen ist kein Platz beim Volksfest. Gejubelt wird beim anschließenden "One" aber dennoch. Nett sind diese Momente aber trotzdem. Und wichtig! Was macht denn eigentlich die Revolutionsbewegung in Theheran? Hätte Bono ja mal besseres Update geben können. Das abschließende "Moment Of Surrender" dann noch Robert Enke zu widmen (inkl. Larry Mullen Jr. im "Hannover-96"-Trikot) ist ebenfalls höchst ehrbar und
scheint die Menschen eher zu bewegen, als Amnestys Alltagssorgen oder das Schicksal von Freiheitskämpferin Aung San Suu Kyi in Burma. Aber für seine politischen Botschaften bieten die Shows für Bono die gleiche lukrative Möglichkeit, wie der Sommerjob von Kasabian und Co. ... Wenn schon ein paar Dutzend Menschen sich Gedanken machen, ihre Unterschrift geben und Umdenken, dann ist das schon ein Erfolg. Da muss man sich kleine Maßstäbe setzen. Aber ich möchte hier nicht alles schlecht reden, denn diese Show bot auch sehr viel Gutes. Mehr gutes, als schlechtes. Die Schauwerte sind beeindruckend, besonders wenn man sie richtig einsetzt. So z.B. bei "Hold Me, Thrill Me, Kiss Me, Kill Me" aus dem Jahr 1995, bei dem die einstige "Coolness"
der Band nochmal durchblitzt. Düster, Experimentell und irgendwie mit subtiler Erotik untersetzt... dass diese Anti-Hymne damals das erste Stück Musik war, dass ich je von U2 gehört habe, hat bleibenden Eindruck hinterlassen. Irgendwo zwischen Zoo TV und PopMart entstanden, also zur Hochphase, als U2 ihr Gigantomanie-Konzept auch künstlerisch einfach mal auf die Spitze getrieben haben, inkl. Kostümen und Kunstfiguren. Von MacPhisto ist
mittlerweile nur noch ein bisschen reflektierendes Rotlicht in Bonos Spiegeljacke geblieben. Die wilden Zeiten sind vorbei. Irgendwie traurig, aber der Lauf des Lebens. Schätz ich mal.

Am Ende gehen die Lichter an, der Jubel ist groß und die Band verschwindet wieder in den Katakomben des Stadions. Wer noch kein Foto vor der Kralle gemacht hat, tut dies jetzt. Ein weiteres Bier wird angesichts des Andrangs schwer werden. Nach der Show ist vor der Show. U2 ziehen weiter durch die Welt, die nächste Bühne wird ja schon anderorts aufgebaut. Und das Fazit? Nein, das ist jetzt nicht total vernichtend, aber auch kein euphorisches "Yes, Bono!" U2 sind und bleiben eine großartige Band. Um sich das immer wieder zu bestätigen muss man nur mal deren musikalisches Schaffen in den letzten 30 Jahren betrachten und all die musikalischen Genres, die sie da abgegrast haben. Absolute Beständigkeit und Hitquote. Aber das bringt halt nach so langer
Zeit an der Weltspitze auch einige Schattenseiten mit sich. Sinkende Risikobereitschaft (Setlist) und akuter Größenwahn (Bühne) sowieso. Das raubt den eigentlich sehr tollen Songs ein wenig die Seele und das Gefühl, zumal diese Faktoren bei manchen auch gar nicht wichtig zu sein scheinen. Es war schön, die einstigen Helden nochmal live und vor allem relativ nahe gesehen zu haben. Und vermutlich sollte ich auch nicht so naiv sein und hier mehr erwarten, als dies der Fall ist. Konzerte in dieser Größenordnung sind Events mit zig anderen Faktoren und Nebenerscheinungen. Das ist schon in Ordnung so. Jeder nach seiner Farcon. Meine ist's auf Dauer jedenfalls nicht. Vielleicht denken ja dann selbst die irischen Volkshelden nochmal um, und versuchen sich nicht auf Teufel komm raus, immer wieder selbst zu toppen. Da ist die Obergrenzen nämlich irgendwie auch langsam
erreicht. Selbst beim Größenwahn gilt: weniger ist manchmal eben doch mehr. Dann wird das vielleicht nochmal was mit der Überschrift.

Setlist:

01 Return of the Stingray Guitar
02 Beautiful Day
03 New Year's Day
04 Get On Your Boots
05 Magnificent
06 Mysterious Ways
07 Elevation
08 I Still Haven't Found What I'm Looking For
09 Glastonbury
10 In A Little While
11 Miss Sarajevo
12 Until the End of the World
13 The Unforgettable Fire
14 City of Blinding Lights
15 Vertigo
16 I'll Go Crazy If I Don't Go Crazy Tonight (Remix)/ Discotheque
17 Sunday Bloody Sunday
18 MLK
19 Walk On

20 One
21 Where the Streets Have No Name

22 Hold Me Thrill Me Kiss Me Kill Me
23 With or Without You
24 Moment of Surrender

Sonntag, 8. August 2010

rhododendron's ranking ... 31/ 2010

Kredibilität wird bekanntermaßen überbewertet. Die Zeiten, wo man sich für das Gehörte und Geliebte rechtfertigen muss sind in einer Welt, wo eine Newcomber-Band wie die „Hurts“ sowohl alte Depeche-Mode-Fans, wie auch junge Indie-Teenager anspricht, wohl eh vorbei. Es gefällt, was gefällt. Und wenn mir persönlich die neue Nummer von Deutschlands Sympathie-Popband, Wir Sind Helden, so sehr gefällt, dass ich sie gleich zur Nummer Eins hier mache, dann ist da auch nichts Verwerfliches dabei. „Alles“ ist alles… en toller Pop-Song, mit etwas Pathos, aber vielen ehrlichen Worten von einer Band, die auch nach Jahren des Schulterklopfens und Herumdudelns im Formatradio immer noch erstaunlich bodenständig, intelligent und sympathisch wirkt. Vielleicht hatte ich sie schon zu früh abgeschrieben. Aber Respekt für so eine Nummer. Und wo die Pop-Tür schon mal auf ist, gleich der nächste Teilnehmer in der Diskussion. Metric beschallen uns auf Platz 6 mit dem Titelsong zum aktuellen „Twilight“-Film. Prinzipiell ja ein „No Go“, weil die Filme Müll sind und ganze Generationen von Teenagern mit prüden Pseudeo-Liebesgeschichten versauen… aber es sind halt immer noch Metric und die gehören eigentlich zu den Guten. Deshalb ist „Eclipse (All Yours)“ trotz des Paktes mit dem Teufel ein tolles Stück Musik. Jónsi folgt mit neuer Single auf der 8 und der hat mit solchen Wischiwaschi natürlich nichts am Hut. „Animal Arithmetic“ ist eine stilvolle, ja, irgendwie doch, Disco-Nummer mit extrems stilsicherem Video. Bei diesem Neueinsteigerchaos müssen natürlich einige Acts ordentlich Plätze einbüßen. Brandon Flowers, Two Door Cinema Club und M.I.A. trifft’s am meisten. Ellie Goulding entgegen der Befürchtung von FallOnDeafEars aber nicht. Immer noch ein ziemlicher Ohrwurm. Für Kollegen Marina Diamandis gilt das sowieso. Die aktuelle Single „Oh No!“ angelt sich auch gleich Platz 12. Und spätestens jetzt dürfte dem letzten Neuankömmling da draußen meine Popaffinitität aufgefallen sein. Schulding im Sinne der Anklage ;-)

01.(NEW/ #1) Wir Sind Helden “Alles”
02.( 01 / #4 ) The Pass „Treatment Of The Sun“
03.( 03 / #2 ) Klaxons “Echoes”
04.( 02 / #7 ) The Coral “1000 Years”
05.( 04 / #3 ) Kele „Everything You Wanted“
06.(NEW/ #1) Metric “Eclipse (All Yours)”
07.( 05 / #8 ) Gorillaz “On Melancholy Hill”
08.(NEW/ #1) Jónsi “Animal Arithmetic”
09.( 10 / #8 ) Arcade Fire “The Suburbs”
10.( 06 / #9 ) Foals “Miami”
11.( 11 / #2 ) Holy Ghost! “I Know, I Hear”
12.(NEW/ #1) Marina And The Diamonds “Oh No!”
13.( 08 / #3 ) Brandon Flowers “Crossfire”
14.( 16 / #2 ) Ellie Goulding “The Writer”
15.( 07 / #4 ) Two Door Cinema Club „Come Back Home“
16.( 13 / #3 ) A-ha “Butterfly, Butterfly (The Last Hurrah)”
17.( 09 / #6 ) M.I.A. “XXXO”
18.( 12 / #8 ) Kent “Gamla Ullevi”
19.( 14 / #7 ) MGMT “It’s Working”
20.( 15 / #7 ) Interpol “Lights”







Samstag, 7. August 2010

Sommerloch-Musik #5

Our Husband - Villages


Man stelle sich vor, man befände sich in einem sehr weiten Getreidefeld.
Die Oma oder die Tante, die noch in der ländlichen Gegend leben, sollte man doch mal besuchen. Na dann! Auf von dem lebendigen, pulsierenden Stadtleben in die einsamste und verlorendste Walachei. Schon die Fahrt dahin ist erdrückend, die immergleichen Ausblicke: Kühe vor leicht hügeliger Landschaft, unterbrochen von kurzen Wäldchen-Abschnitten.
Später dann noch weiter im Bus, der selbverständlich nur zweimal am Tag fährt. Alle fünf Minuten schleudert einem der strenge Geruch frisch gedüngter Felder in die Nase. Der Bus heizt sich durch die knallende Sonne immer weiter auf. Klimaanlage hat man hier natürlich nicht.
Endlich angekommen, begrüßen einem die Oma oder die Tante gemeinsam mit 14'583 Fliegen. In der Küche, die erstaunlich kühl ist, wird man zunächst mit Butterbrot und löchernden Fragen nach den Neuigkeiten von zu Hause ernährt.
Man gebe an, da es ja nur ein Kurzbesuch ist, die Zeit für einen kleinen Ausflug nutzen zu wollen. Also rauf auf Opas altes Fahrrad - "da fährst du wenigstens mit einem Herrenrad" - und auf geht die Fahrt ins Blaue. Richtung ist egal, nur erstmal weg. Man ärgert sich diesem Besuch zugestimmt zu haben. Wenigstens ist jetzt Zeit mal in Ruhe Musik zu hören. Shuffle-Modus an und weiter geht’s. Und wie man so zwischen den endlosen Feldern, die wie Flicken über die sanft gewellte Landschaft verteilt sind, entland fährt - sich schon groß machen muss, um ein Blick über die fast mannshohen Getreidepflanzen zu erhaschen, die da gerade liebevoll von der Brise gestreichelt werden -, da ertönt Villages und ein schon fast unwirklicher Frieden ereilt einen. Die Langeweile hier wird zur Entschleunigung, die immergleiche Landschaft zur Meditation, die Sonne nicht zur Heizspirale in den Häuserschluchten, sondern zum Lebensspender dieser knallgelb-leuchtendgrünen Landschaft hier. Ein Gefühl der Zufriedenheit beschleicht einen. Das Gefühl etwas erreicht zu haben, obwohl man eigentlich nichts gemacht hat. Das wärmende Gefühl hierhin zu gehören.
Heimat.

Download "Villages"

Run with the dogs tonight ...

Drittes Album, Dritter Geniestreich. Arcade Fire bleiben Meister im Höherlegen der eigenen Messlatte. Auch "The Suburbs" ist wieder uneingeschränkt zu empfehlen... Nobono schließt sich den Lobhudeleien an. Geht ja auch nicht anders...

61NJ89YXLWL-_SL500_AA300_Verkehrte Welt. Bands tendieren ja gern mal dazu sich mit zunehmender Albumzahl immer pompöser und durchdachter zu geben. Mögen es die neuen finanziellen Möglichkeiten sein oder das gewachsene Wissen in Sachen Produktion. Oder vielleicht gar die Tatsache, dass man sich auf einmal zu Höherem und Größerem berufen fühlt. Wie auch immer… Arcade Fire machen’s irgendwie anders herum. Müssen sie ja sozusagen auch, immerhin haben sie mit ihren ersten beiden Alben die komplette Anfangsphase übersprungen. „Funeral“ war 2004 für ein Debüt schon unglaublich ausgereift, episch und hat Fans in der ganzen Welt gefunden. Kritiker und Mitmusiker von Bono bis Bowie waren auf der Seite des kanadischen Künstlerkollektives. Der Nachfolger „Neon Bible“ machte dann alles noch größer und perfekter und die Jubelschreie wurden immer lauter. Live sind Arcade Fire sowieso eine Messe, gelten generell nach nur zwei Alben als eine der besten zeitgenössischen Bands der Welt. Was soll da noch kommen? Auflösung? Kompletter Größenwahn? Wilde Experimente? Fast… „Rückbesinnung“ heißt das Zauberwort.

Und genau die hatte die Band um das Ehepaar Win Butler und Régine Chassagne auch nach all dem Schulterklopfen und enlosen Touren nötig. Eine Pause, in der man sich fragt, wer man ist und was man musikalisch als nächstes kreieren möchte. Zuerst war das nicht wirklich klar. Der ideale Ort für die Rückbesinnung waren dann nämlich die eigenen Wurzeln. Und die liegen für Butler im Staate Texas. Er fuhr zusammen mit Frau Régine zurück zu den Orten seiner eigenen Vergangenheit, um sich zu erinnern und selbst zu finden. Das Ergebnis heißt nun „The Suburbs“ und widmet sich dieser fast vergessenen Kindheit in den Vorstädten. Es ist, um die Sache mal kurz und bündig zu machen, wieder ein Meisterwerk geworden! Fast schon beängstigend, wie die Band aus Montreal das Niveau auch auf dem dritten Album auf so hohem Niveau hält und es schafft bekannte Elemente mit neuen Ideen zu vermischen, dabei aber stets die Band zu sein, die man seit Jahren ins Herz geschlossen hat. Bzw. erinnert es einen daran, warum man Arcade Fire liebt. Es ist die musikalische Qualität, die auch hier Bestand hat. Dabei beinhaltet die Rückbesinnung auch etwas Reduktion. Ein Schritt, der unweigerlich nötig war, denn mal im Ernst: wie hätte man den Bombast auf „Neon Bible“ noch toppen sollen? Ein Folk-Album ist „The Suburbs“ dann aber auch nicht geworden. Irgendwo in der Mitte vielleicht. Etwas bodenständiger, etwas reifer, etwas ehrlicher und direkter. Arcade Fire müssen sich nicht mehr hinter riesigen Orgeln und Blechbläsern verstecken. Die Songs müssen das eh nicht. Deshalb erlaubt man sich so scheinbar einfache Songs, wie den Titeltrack, das wunderbare „Modern Man“ oder „Suburban War“. Den Pomp gibt es natürlich trotzdem, dafür stehen Songs wie „Rococo“ oder „Ready To Start“ Aber er hält sich etwas zurück, passt sich den Songs besser an. Dazwischen gibt es einige Tracks, wie das rockig simple „Month Of May“ oder das treibende 80er-Rip-Off „Empty Room“, bei dem die Band auch mal auf’s Gaspedal tritt. Und auch so schielen die 80er gern mal etwas deutlicher durch, denn Tracks wie „Half Light II (No Celebration)“ oder das große Finish „Sprawl II (Mountains Beyond Mountains)“ lassen die ein oder andere Keyboard-Frequenz zum Instrumentarium der Band hinzustoßen. Und selbst wenn Spötter nun behaupten können, die Damen und Herren würden nur auf einen Trendzug aufspringen, dem kontern sie gleich mit einer erstaunlichen Unpeinlichkeit dieser Aktion. Alles beim alten, aber irgendwie doch nicht. Es ist schwer zu beschreiben, aber es hört sich nachwievor gut an. Arcade Fire ebenen ihren opulenten Indie-Rock ein wenig und besinnen sich auf ihr musikalisches Können, ohne ihr Genie dabei zu unterdrücken.

So klingt halt eine raue Teenager-Platte, wenn man sie erst Jahre später aufnimmt. Die Wut und Verzweiflung der Kindheit und Jugend in der Vorstadt ist einer leichten Melancholie und Selbstreflexion gewichen. Eine Dankbarkeit für das Hier und Jetzt hat sich bei Butler entwickelt. Aber auch eine gewisse Wehmut, welche die Platte durchweht. Diese geschlossene Grundstimmung macht sich durchaus breit. Und während sich die ersten beiden Alben eher mit Themen wie dem, Tod, Veränglichkeit oder der Situation unserer Welt beschäftigten, ist „The Suburbs“ eher ein persönliches Werk geworden, dass von ersten Fahrversuchen in der Nachbarschaft oder Fernsehnachmittagen mit Freunen handelt. Diese Themen und Motive ziehen sich durch alle Songs. Jeder, der seine Kindheit und Jugend in ähnlichen Umständen verbracht hat und mit etwas Distanz und, na ja, sagen wir mal, Altersweisheit, auf diese Zeit zurückblickt, wird Butler und seinen Mannen bei jedem Ton und jeder Silbe zustimmen können. Und deshalb kann und will ich auch nichts anderes machen, als dieses Album über den großen Klee zu loben. Man könnte maximal noch bemängeln, dass 16 Songs vielleicht etwas zu viel des Guten sind, aber angesichts der Tatsache, dass diese Songs sich alle auch auf einem entsprechend hohem Niveau befinden, ist das wirklich ein irrelevantes Argument. Alle, die Arcade Fire bisher liebten, werden es weiterhin tun, alle Zweifler werden vermutlich auch bald Stück für Stück überzeugt. Ich weiß mittlerweile wirklich gar nicht mehr, wie die das noch toppen wollen. Geht eigentlich gar nicht. Aber ich lass mich sehr gern eines Besseren belehren.

Hier klicken für Album-Stream von "The Suburbs"

Mittwoch, 4. August 2010

Narcissism

Weil heute MEIN Geburtstag ist, da hab ich mir gedacht ...

In meiner egomanen Art und Weise kann ich mir mal ein Lied wünschen, dass diesen Tag beschallen soll. Und alle müssen zuhören. Ob es gefällt oder nicht, für mich ist es ein großer Hit. Viel und gern gehört: So here we go:

Ten Masked Men - Cry Me A River (Justin Timberlake-Cover)

nobono

currently resting in peace. 2007 - 2011

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelles ...

Protest!!
Oh, menno!wie schade.ich befürchte, eine n21-protestwelle...
stephox (Gast) - 29. Aug, 13:17
A Start Has An End
Unser Blog verzieht sich aus der Blogosphäre. Ein paar...
rhododendron - 22. Jul, 16:45
stimmt!
ich stimme dir zu 100% zu. langweilig war das gestern,...
Astrid (Gast) - 19. Jul, 17:19
Götterdämmerung
Für ein einzelnes Gastspiel beehrt der Altmeister der...
rhododendron - 19. Jul, 13:48
Chillaxing
PBMR präsentiert sein 'finales' Mixtape ... relaxte...
rhododendron - 16. Jul, 14:26
Danke
Hört man immer wieder gern. Besonders schön, wenn's...
rhododendron - 8. Jul, 13:49
blog
ich verfolge hin und wieder deinen Blog und wollte...
ZoneZero (Gast) - 6. Jul, 18:04
Kurz und Bündig - 07/2011
Once more with feeling... ein verliebter Traumtänzer,...
rhododendron - 1. Jul, 15:55

Durchforsten ...

 

Besucherzahl seit März 2010 ...

Status

Existent seit 6626 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 29. Aug, 13:17

Credits


Ausgehen
Diskurs
Listen
Mixtape
Mottenkiste
Plattenteller
Ranking
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren