Montag, 1. September 2008

Gelungene Überraschungen

Zwei Alben, die an sich relativ unterschiedlich sind, aber beide auf ihre eigene Art und Weise überraschen: Die neuen Platten von Bloc Party und den Stills sind da. Zumindest so halb

Bei Bloc Party's neuem Album "Intimacy" besteht die Überraschung ja quasi daraus, dass es dieses überhaupt gibt. Jetzt schon. Zumindest erstmal als Download, im Oktober als CD. Überraschend und viel diskutiert ist vor allem diese Form der Veröffentlichung. Aber das ist nicht mein Bier. Hier geht's um die Musik. Tja, und da ist es nun also: Das Album, das aus dem Nichts kam. Was taugt nun also das dritte Bloc Party Album, welches nur anderthalb Jahre nach dem genialen „A Weekend In The City“ so spontan, quasi über Nacht erschienen ist? Angesichts der beiden frischen Vorgänger, zu welchen ich in den letzten Jahren eine sehr innige Bindung aufgebaut habe, kann es eigentlich nur verlieren. Dennoch schlägt sich „Intimacy“ erstaunlich gut und ist einer der treffsichersten Beweise dafür, dass diese Band aus dem nicht enden wollenden Meer an britischen Gitarrenbands heraus sticht. Bloc Party sind in 3 Jahren von einer Hype-Band unter vielen zu einer herausragenden Eigenmarke hinaufgestiegen, die sich immer wieder bemüht, nicht so zu klingen, wie man es von ihr erwartet. Innovation und Intelligenz sind die Motoren, die diese Band antreiben. „Intimacy“ geht dabei die innovativen Schritte der Band weiter, besinnt sich aber, mehr als „Weekend“ auf alte Stärken, welche die Band bekannt machten. So gesehen ist das Album ein guter Mix aus den klassischen Bloc Party und frischen, neuen Ideen, die Hand in Hand miteinander gehen. Der Opener „Ares“ ist vermutlich das Verrückteste, was die Band bisher gemacht hat. Wild, ungestüm, verrückte Effekte und verzerrte Gitarren und Vocals sind da nur einige Schlagworte. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, der ist bestens aufgehoben bei dieser Band und dieser Platte. Quasi ein Prüfstein gleich zum Einstieg. Die Single „Mercury“ geht diesen experimentellen Weg dann auch konsequent weiter, bevor mit „Halo“ ein Stück folgt, welches auch aus den Anfangstagen der Band stammen könnte. Danach wechseln sich diese klassischen Rockstücke, wie „Trojan Horse“ oder das extrem eingängige „One Month Off“ mit wunderschönen, vorwiegend rein elektronischen Balladen, wie dem wunderschönen „Biko“ oder dem sehr traurigen „Signs“, dem vermutlich stärkstem Stück des Albums ab. Bloc Party gelingt der Spagat zwischen Alt und Neu. Neben diesen Momenten, wo man sich sagt „Ja, das sind die Bloc Party, die ich kenne“ gibt es Momente, wo man sich fragt „Das sind Bloc Party?“. Etwa beim Sigur-Rós-ähnlichen Glockenspiel von „Signs“ oder den verrückten Einsatz von Chören in „Zepherus“ oder dem sehr elektronischen „Better Than Heaven“. Wie schon die beiden ersten Alben, ist auch dieses einfach sehr abwechslungsreich. Nach dem konzeptionellen Nachtflug des Vorgängers dreht es sich auf „Intimacy“ mehr um persönliche Themen. Sänger Kele Okereke hat das Album nicht umsonst vor kurzem als sein „Schluss-Mach“-Album bezeichnet. Man hört viel Wut heraus, aber auch viel Trauer. Tod und Vergänglichkeit sind mal wieder zentrale Themen und geben auch dem experimentellsten Song eine emotionale Note. Sowieso die große Stärke von Bloc Party. Eine Band mit Inhalt und Intelligenz. Verpackt in wundervolle Rockmusik, die keine Angst hat, die eigenen Grenzen hinter sich zu lassen und Neues zu entdecken. Das macht die Musik von Bloc Party nach wie vor einfach zu einer der spannendsten in der aktuellen Popwelt. „Intimacy“ ist sicher nicht so prägnant und einschlagend, wie seine beiden Vorgänger und es fehlt dann auch das gewisse Etwas, was „Silent Alarm“ und „Weekend“ zu diesen genialen Alben machte. Aber das ist okay. Bloc Party müssen sich nicht am eigenen Maßstab messen. Beweisen müssen sie mir zumindest nichts mehr. Denn, nachdem einen der letzte Song „Ion Square“ mit all seinem Optimismus in den Tag entlässt, weiß man einfach, dass man gute Musik gehört hat. Mit ihren ersten drei Alben haben Bloc Party musikalisch mehr erreicht als manche Bands nach 10 Platten. „Intimacy“ knüpft ohne Komplikationen an die Qualität der letzten Jahre an. Alle Fans der Band, die halbwegs Ahnung von Musik haben, werden das Album auch lieben. Dem Rest ist, pardon, dann eh nicht mehr zu helfen. Der Weg dieser Band führt weiterhin konstant nach oben. Und ich kenne kaum eine Gruppe, die es sich so sehr verdient hätte.

Bloc Party @ MySpace

Gut, bei Bloc Party kann man geile Musik erwarten, aber eine noch größere Überraschung stellt dann wohl das neue Album von The Stills da. Das gibt's zwar schon. Aber bisher nur als Import. Auch hier heißt es warten bis Oktober. Ist ja auch irgendwie schön, wenn man von vornherein geringe Ansprüche an ein Album hat, welche dann aber bei weitem übertroffen werden. Bei „Oceans Will Rise“, dem dritten Album der Stills ist dies z.B. der Fall. Dabei haben sie mit „Logic Will Break Your Heart“ vor 5 Jahren aus meiner Sicht eines der besten Alben des Jahrzehnts herausgebracht. Wer mich auch nur ansatzweise kennt, weiß, wieviel mir dieses Album bedeutet. Herzensplatte eben und mein verstecktes, kleines Meisterwerk. Doch nur die Stills wissen, was denn dann genau beim Nachfolgewerk „Without Feathers“ vor 2 Jahren schief ging. Ein Totalreinfall, dem es an allem fehlte, was das Debüt so liebens- und lebenswert machte. Als ob man eine ganze Band ausgetauscht hätte. Nach diesem Fiasko (welches auch viele Fans des Debüts als solches empfunden hatten) waren die Erwartungen an Album Nr. 3 eher gering. Zu unrecht, denn „Oceans Will Rise“ zeigt die Stills wieder in Hochform. Dabei schreit fast jeder Ton dieses Album nach Wiedergutmachung. Bereits die tolle erste Single „Being Here“ machte Lust auf mehr und zeigte die Besinnung auf die alten Stärken von „Logic“. Und auch auf Albumlänge wird deutlich, dass die Band sich zu großen Teilen am Debüt orientiert, vor allem dessen düstere New-Wave-Einflüsse wieder aufspielen lässt. Natürlich kopiert die Band auch nicht das Debüt 1:1 … das hätte dann vermutlich den gegenteiligen Effekt gehabt. Es ist einfach alles besser, als auf dem Vorgänger. Die Songs sind besser, die Melodien gelungener. Die Produktion stimmt, die Atmosphäre, ja das Gefühl ist wieder dieses wunderschöne, welches ich auf dem Debüt verspürt habe. Songs, wie das traurige „Everything I Build“ sind bewegend und gefühlvoll. Mit den tollen Nummern „Snow in California“, „Hands On Fire“ oder “Dinosaurs” hat man potentielle Hits im Schlepptau, die sich vor den alten Glanztaten nicht verstecken brauchen. So funktioniert Schadensbegrenzung.
Was zur Perfektion dann am Ende fehlt, ist halt eine kontinuierliche Hitsammlung, wie das Debüt. Doch Songs, wie „Eastern Europe“ oder „I’m With You“ können die hohe Qualität vom Rest der Platte aus meiner Sicht nicht ganz halten. Aber schlecht sind die auch nicht und generell überwiegt am Ende einfach die hohe Qualität und das Gefühl ein richtig, richtig gutes Indierock-Album zu hören. Letztendlich haben die Stills 2008 das bessere Death Cab Album abgeliefert, würd ich so sagen. Ein kleines, feines Album mit richtig großen Momenten, viel Gefühl und all dem, was man so braucht. Und vor allem mit tollen Songs. Für alle, die auf melodischen Indierock stehen ist dieses Album Anhör- und Kaufpflicht. The Stills sind damit wieder im Rennen, würde ich mal sagen. Und wenn sie nicht gleich wieder in ein kreatives Loch fallen, dann kann man ihnen nur alles Gute für die nächsten Jahre wünschen. Eine Band, welcher ich mit Freuden eine größere Hörerschaft wünsche. I’m still in love.

The Stills @ MySpace

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