Plattenteller

Donnerstag, 13. März 2008

Abschied auf Raten

Am Montag erscheint das neue Elbow-Album. Einmal mehr besser als der Rest.

Was für ein Schock! Irgendwann kurz vor der Veröffentlichung von „The Seldom Seen Kid“ kündigten Elbow , dass dies ihr letztes reguläres Studioalbum werden sollte. Nicht, weil sie sich auflösen, sondern weil sie der Institution „Album“ in Zeiten von Downloads und Musikmassenware keine Zukunft mehr geben. So heftet Album Nr. 4 irgendwie ein gewisser Beigeschmack an. Und hohe Erwartungen. Doch dieser Schwanengesang Elbows auf die Albumkultur gerät einmal mehr zum vollkommenen Triumphzug, der endgültig keinen Zweifel daran lässt, dass Elbow eine der essentiellsten britischen Bands des langsam ausgehenden Jahrzehnts waren und sind. „The Seldom Seen Kid“ vereint einmal mehr alle Stärken dieser Band. Die gefühlvollen Kompositionen, gepaart mit Guy Garvey’s wundervoll rauer und gefühlvoller Stimme, sowie musikalische Verwirrtheit, welche immer die richtige Balance zwischen Epik und Verschrobenheit findet und dabei eine unglaubliche Atmosphäre aufbaut. Groß geändert hat sich der Sound von Elbow über die Jahre nicht. Wer Elbow bisher geliebt hat, wird auch das neue Album lieben und wer bisher nichts mit ihnen anfangen konnte, dem ist auch jetzt nicht mehr zu helfen. Doch Elbow müssen gar nicht anders klingen. Ihre hohe Musikalität und die Vielschichtigkeit ihres Sounds sorgt immer wieder für neue Überraschungen. Mit „Starlings“ gibt es erneut einen dieser typisch verschrobenen Openingtracks. Die Single „Grounds for Divorce“ schleppt sich durch einen hämmernden Blues, „Mirrorball“ und „Some Riot“ sind traumhafte Balladen, „The Fix“ (mit Richard Hawley) klingt als sei es in irgend ner düsteren, versifften Kneipe aufgenommen und „On A Day Like This“ strahlt eine Wärme und Breite aus, die ganz schnell jede andere zeitgenössische Musik für nichtig erklärt. Elbow’s Musik hat wirklich schon etwas klassisches, auch wenn man es nicht richtig beschreiben kann. Hier wird nicht versucht auf Disco, Hype und Jugendlichkeit zu machen. Elbow sind etwas strange, very british und klingen nach wie vor wie nichts anderes. „The Seldom Seen Kid“ ist noch ne Spur düsterer, als der Vorgänger „Leaders Of The Free World“, wirkt noch vielschichtiger, durchdachter und intensiver. Kurzum: Elbow ist ein weiterer Geniestreich gelungen, der einen erneut fragen lässt, warum diese Band nie den gleichen Status wie z.B. Coldplay erreicht hat. Vermutlich werden sie zu wenig verstanden bzw. wollen sie das vielleicht auch gar nicht. Wer Elbow noch nicht gerafft hat, sollte jetzt damit anfangen. Egal, ob noch ein Album kommt oder nur noch verstückelte Songs. Diese Band hat etwas, was wirklich selten geworden ist: Substanz, Konstanz und Eigenständigkeit. Das Album endet mit dem traurigen "Friend Of Ours". Wie ein Abschied. Abschied auf Raten? Hoffentlich nicht für immer. Darauf trink ich nen „Grounds for Divorce“!

Video "Grounds For Divorce"

MySpace Seite

Mittwoch, 27. Februar 2008

The Songs That Saved My Life - Teil Drei

Es ist mal wieder soweit. Songs, die ihr kennen solltet, weil ich es auch tu.



#11 / Depeche Mode “Enjoy The Silence”

Oh nein! „Wie abgedroschen“, wird sich der ein oder andere an dieser Stelle sagen. Wenn man sich schon nen Lieblingssong der ollen Synthie-Haudegen von Depeche Mode aussuchen sollte, dann doch bitte nicht den bekanntesten Mega-Hit der Band. Eine Nummer, die man in den letzten 18 Jahren zur Genüge gehört hat. Auf jeder 80er-Retro-Party wird der Refrain mitgegröhlt, auch bei RockAmRing und im Formatradio macht jeder mit. Und jetzt alle: „Alll ei äääwär wwaaaantäääd, orlll ei äääävääää niiiiehdät…“ Schlimm! Und gecovert hat es auch schon jede drittklassige Band. Eine leichte Übersättigung lässt sich nicht leugnen. Ein Weltklassesong ist es aber immer noch! Da kann man sagen, was man will. Ein Song, an dem alles stimmt. Ganz im Ernst… Nix gegen komplexe, verworrene Song-Monster, aber einen Song, so simpel und einfach zu kreieren, wie diesen ist auch ne Kunst für sich. Hier stimmt mal wirklich alles. Lyrics, Melodie, Instrumentierung… alles sitzt, wo es sitzen muss, mit wenigen Akkorden. So schreibt man vermutlich Hits. „Enjoy The Silence“ ist der beste Popsong aller Zeiten! Fakt! Und er hat meine Liebe zu dieser Band eröffnet, die für viele Jahre die einzig wahre und wichtige Band für mich war (bis dann all die anderen dazu kamen). Allein dafür gebührt im Respekt. Ansonsten verfolgt er mich seit frühester Kindheit, was auch nicht zu verachten ist. Er strahlt dieses Erhabene an, etwas uplifting, aber auch etwas melancholisch, gepackt in Pop. Mehr Pop, wohlgemerkt, als Depeche Mode sonst sind, aber das wissen all die 80er-Retro-Fans eh nicht. Ich hätte viele DM Songs auswählen können. Jetzt ist es der geworden. Warum auch nicht? Schreibt ihr so was erstmal!

Release: 1990 / Album: Violator, Video ansehen


#12 / Thirteen Senses “The Salt Wound Routine”

Ich geb’s zu. Ich hab nie verstanden, worum es in diesem Song geht. Die Lyrics von Will South sind dann doch etwas zu kryptisch. Irgendwas mit nem alten Haus, College-Abschlüssen und alten Wunden. Da steckt viel Eigeninterpretation dahinter. Wie vorher diverse andere Songs in der Auflistung (siehe die Elbow Nummer) steht dieser unscheinbare Song der Thirteen Senses für mich mehr für eine bestimmte Atmosphäre, die er ausstrahlt. Ein weicher, melancholischer Popsong, in Watte gebettet (die Watte dargestellt durch warme Streicher), der aus meiner Sicht einfach eine große Wärme ausstrahlt. Aus unerklärlichen Gründen ist dieser Song zu einem meiner absoluten Lieblingssongs geworden. Ein wunderbarer Song. Ich symbolisiere ihn aufgrund der Lyrics und der Atmosphäre irgendwie mit Abschied. Kein trauriger Abschied, wobei… schon. Aber mehr einer, den man akzeptiert, weil man weiß, dass es okay ist. Ein, kleines episches Wunderwerk, vermutlich deshalb so stark in seinem Wirken, weil er mich an eine bestimmte Zeit im Leben erinnert. Vermutlich das. Nostalgische Gründe. Aber durchaus verbunden mit einem extrem guten Song. Ich bin gespannt, ob man das unabhängig von meinem Leben auch so fühlen kann. Vermutlich ist der Song dafür zu nahe am Kitsch gebaut. Hmmm, versucht’s trotzdem. Ich mag ihn sowieso. Obwohl ich ihn nicht verstehe…

Release: 2005 / Album: The Invitation, Video ansehen


#13 / Coldplay “Politik”

Ja, die unvermeidlichen Coldplay. Im Ernst. Das verwundert doch jetzt keinen, dass die hier auftauchen? Gilt doch „A Rush of Blood to the Head“ immer noch als eines meiner Lieblingsalben. Unabhängig davon, was danach mit dieser Band geschehen ist. Darauf kommt es jetzt nicht ein. Und man muss sich objektiv eingestehen, dass Coldplay viele tolle Songs geschrieben haben. Der herausragende ist allerdings keiner ihrer Schmuseballaden, sondern der Opener von eben jenem zweiten Album, „Politik“. Ein hymnisch, symphonisches Monster von Eröffnungstrack, das in 5 Minuten alles abbrennt und keinen Zweifel an den Fähigkeiten dieser Band aufkommen lässt. Das schlagende Hämmern in der ersten Hälfte, unterbrochen von Chris Martin’s langsamen Strophen ist in seiner Dringlichkeit nicht zu toppen. Der Satz „Open Up Your Eyes“ ist so simpel, wie genial. Die erste Hälfte spiegelt die Hektik dieser Welt wieder, die „Politik“ unseres Daseins, in welchem die ruhigen Momente immer wieder versuchen über dieses vermeindliche Chaos zu gewinnen. Vergebens. Und dann, wenn der Song ab der zweiten Hälfte seinen Charakter komplett ändert, geht es einem (zumindest mir) auch beim 246sten Mal durch Mark und Bein. Der chaotische (aber dennoch ja doch sehr melancholische) Song schwenkt um in ein Bad aus Wärme, Größe, Harmonie und eine gewisse Zerbrechlichkeit. „But give me love over this“… mehr braucht es laut Herrn Martin nicht. Kein Wunder. Mit sowas kriegt man sogar die Palthrow rum. Diese Band kann machen, was sie will, aber so gut wie in diesen 5min wird sie nie wieder sein. Sie wird’s versuchen und nah dran sein (im Idealfall), aber so einen Song wie „Politik“ schreibt man, mit viel Glück, nur einmal im Leben. Ich kann’s nur immer wieder sagen… hätte ich ein Ranking gehabt… er wär vermutlich unter den ersten 3 Plätzen. Ein essentielles Meisterwerk!

Release: 2002 / Album: A Rush Of Blood To The Head, Video ansehen


#14 / Mew “She Came Home For Christmas”

Der Titel wirkt wie ein Weihnachtssong, doch glücklicherweise sind Mew mit diesem Song meilenweit von allen allen Whams und Chris Reas dieser Welt entfernt. Es geht vermutlich (auch hier die Gefahr von Kryptik) um die alte Liebe, die an Weihnachten wiederkommt. „Like you left us without notice“ singt Sänger Jonas Bjerre mit samtweicher Stimme, die sich im späteren Verlauf des Songs in Höhen wagt, für die selbst Chris Martin keine Luft mehr hätte. Schon auf ihrem Major-Debüt wurde der Hang von Mew zu großen Gesten, verpackt in noch größere Musik erkennbar. „She Came Home For Christmas“ zeigt das ebenfalls. Jede Menge Keyboard-, Gitarren und Vocalflächen (erst recht beim „Ausbruch“ am Ende) werden Schicht für Schicht aufgetragen und veredeln diesen Song noch ne ganze Spur mehr. Ich mag den Song vor allem wegen eben diesem musikalischen Gesamtpaket. Der Song strahlt bei aller melancholischer Grundstimmung eine extreme Harmonie aus, der vermutlich auch bedingt durch eben dieses perfekt funktionierende Zusammenspiel zwischen allen Komponenten. Der Song klingt einfach nach etwas. Hier klingt alles zusammen. Symphonie verpackt in einen kleinen Popsong. Der dann gar nicht so klein ist. Aber auch die Nummer ist nahe am Kitsch gebaut. Seien sie also gewarnt. Genießen kann man ihn aber trotzdem!

Release: 2003 / Album: Frengers, Video ansehen


#15 / Damien Rice “Delicate”

Ah, ich les gerade bei Indiepedia.de, dass die Nummer zusammen mit „Halleluja“ von Jeff Buckley eine der am meisten in TV-Shows genutzten ist. Da hab ich doch gleich ne super Überleidung zu meiner Geschichte, wie ich den Song kennen gelernt hab… Richtig: über das Fernsehen. Über eine dieser kitschigen TV-Show-Abschluss-Szenen. Allerdings war es in der besten TV-Serie überhaupt, nämlich LOST. Und da passten Bild und Ton mal super zusammen. Sonnenuntergang, Strand und dann die ruhigen Klänge des jungen Mr. Rice. Zumindest solang bis die Batterien von Hurley’s Discman alle waren. Unabhängig von diesem passenden Auftritt in dieser mehr als passenden Serie ist „Delicate“ ein wunderschönes Liebeslied, welches sich dann witzigerweise im Refrain auf Buckley’s anderen Werbehit, „Halleluja“ bezieht. Ansonsten sind’s die üblichen Themen… Küssen, Rummachen, Sex, schönes Gesicht, wahre Liebe… ihr wisst ja, wie’s ist. Mit dem Lied kriegt Damien Rice sicher jede rum. Und dann tut er noch so unschuldig sensibel. Ja, ja, alter Schlawiner. Man kann gegen den jungen Mann aus Irland sagen, was man will, aber Talent hat er alle mal. Und eine Stimme, die Gänsehaut verursacht, besonders wenn sie laut wird und verzweifelt. So auch hier. “And why do you sing Hallelujah, if it means nothing to you?” Sowas möchte ich auch mal all jenen ins Gesicht werfen, die solche großartigen Songs nicht verstehen. Was für eine Aussage. Dieses Flehen, diese Verzweiflung, all dieses Gefühl. Doch, das ist Mädchenmusik, die man als Junge auch hören kann. Solltet man es dann noch auf Gitarre an nem Strand spielen können, steigen die Chancen auf Intimität mit dem weiblichen Geschlecht sogar noch an. Man kann sie verstehen. Bei diesem Song darf man schwach werden.

Release: 2002 / Album: O, Video ansehen

Donnerstag, 21. Februar 2008

The Songs That Saved My Life - Teil Zwei

Und weiter geht's. 5 weitere, philosophisch-nerdige Abrisse!



#06 / Elbow “Not a Job”

Diesen Song mag ich vor allem wegen der Atmosphäre, die er ausstrahlt. Nicht unbedingt wegen den Lyrics, die zwar auch sehr poetisch sind, aber gleichzeitig auch relativ kryptisch. Egal, Mut zur Eigeninterpretation! Wenn ich die Augen schließe und „Not a Job“ von Elbow höre, jener fantastischen und leider vollkommen unterschätzten Band, dann sehe spühre ich da eine Art unglaubliche Harmonie. Jetzt wird’s gay, aber es fühlt sich an wie ein lauer Sommerabend. Die Nummer ist sehr chillig und luftig leicht, die Stimme vom Sänger (sein Name ist mir gerade mal entfallen) strahlt dieses sanfte, beruhigende aus, allerdings mit einer gewissen Kantigkeit. „Walking through the long grass on your hand“… da muss man doch zwangsläufig eine gewisse Sommermelancholie verspüren. Versucht das einfach mal. Besorgt euch diesen Song (und am besten noch ganze Alben der Band) und hört das mal abends, nachts im Sommer. Perfekte Sonnenuntergangsmusik. Unabhängig davon ein wundervoller Popsong mit toller Melodie, an dem es einfach nichts mehr zu verbessern gibt. Perfektion in Reinkultur.

Release: 2003 / Album: Cast Of Thousands, Video ansehen


#07 / The Smiths “There Is A Light That Never Goes Out”

So, jetzt muss ich aber aufpassen, dass ich nicht ausschweife... Also, Morrissey. Aaaargh, zu spät! Dieser Mann, diese Songs! Und vor allem diese Band! Machen wir uns nichts vor, die Smiths sind von essentieller Wichtigkeit für die Entwicklung britischer Gitarrenpopmusik. Und dieser Song taugt auch in jeder Liste der „lebensrettenden Songs“ jedes halbwegs bewanderten Indie-Nerds auf. Neulich wurde er mal wieder zum besten Smiths/ Morrissey Song aller Zeiten gewählt... Zurrecht! Stellvertretend für diese Band, die so wichtig war und in den 5 Jahren ihres Bestehens mehr gesagt und bewirkt hat, als manche Künstler in einem ganzen Leben... dieser Song fasst es zusammen. Der Song vom nie erlischenden Licht ist der ultimative Song für alle Missverstanden, für jede Teenage-Angst, für alle Chef-Melancholiker. Ein seltsamer Mix von Trauer, Romantik und Morrissey-typischen Humor trifft hier zusammen. Der Protagonist möchte raus, etwas erleben mit der Person, die er über alles liebt. Und er möchte es ihr sagen, doch dann kann er es nicht („a strange fear gripped me and I just coudn’t ask“)... so bleibt der ultimative Liebesbeweis übrig. Egal, ob man vom Doppeldecker bus oder einem 10t-Track überfahren wird... hauptsache neben dieser Person sterben. Dieser Song spiegelt alles wieder. Die Lust zu leben, sowie die Furcht davor. Hoffnungen, Träume, Ängste und auch Todessehnsucht. Und das alles in handlichen dreieinhalb Minuten. Es ist kaum beschreibbar, wieviel dieser Song wert ist. Und ich glaube, jeder der mal so gefühlt hat und diesen Song hört, wird verstehen, was so vielen Menschen so wichtig daran ist. Hätte ich ein Ranking, er wäre sehr, sehr weit vorn.

Release: 1985 / Album: The Queen Is Dead, Video ansehen


#08 / Sufjan Stevens “Chicago”

Nach der Melancholie ist wieder Euphorie angesagt. Zumindest versprüht dieses kleine fast 7minütige Epos von Sufjan Stevens eben diese. Ich glaube, mir fällt in der jüngeren Zukunft kein Song ein, der besser produziert wurde, der perfekter zusammengesetzt ist, als „Chicago“. Und das, obwohl ich, zu meiner Schande, nie ein großer Sufjan Fan war. Aber dieser Song haut einen aus den Socken. Die Streicher, das Piano, Gitarren, Chöre, Bläser... hier ist alles dabei. Das ist Bombast auf die angenehmste Art und Weise. Dazu erzählt Stevens die Geschichte eines vermeitlichen Roadtrips in eben jene Stadt. Letztendlich ist es eine Liebeserklärung an diese Stadt. Mit einer derartigen Inbrunst und Begeisterung vorgetragen, dass man Chicago in dem Moment für die beste Stadt auf Erden halten mag. Dabei war ich noch nie dort. Stevens versteht es wie momentan kein Zweiter den klassischen US-amerikanischen Singer/Songwriter-Folk um viele Facetten zu bereichern. Im Prinzip ist „Chicago“ ein klassischer Song, klassischer geht es gar nicht. Musik, die man auch im Sommer of Love hätte hören können. Also, jetzt mal überspitzt formuliert. Aber es funktioniert heut besser denn je, wenn man sich denn darauf einlässt. Auf all die Energie, Euphorie und das Lebensgefühl, welches dieser Song versprüht. Eine ähnliche Wirkung wie der Doves-Song, den ich im ersten Teil vorgestellt hab. Lesen sie da bitte nach! Danke!

Release: 2005 / Album: Illinoise, Video ansehen


#09 / Blur “Out Of Time”

Uuuund wir ändern wieder die Stimmung. „Out of Time“ von Blur kommt eigentlich recht unspektakulär darüber, als ich ihn damals das erste Mal hörte hat er mich aber tief bewegt. Und irgendwie auch im Zusammenhang mit dem sehr spartanischen Musikvideo, welches eine junge Jetpilotin auf nem amerikanischen Flugzeugträger zeigt. Das ganze erschien damals passenderweise genau vor dem Beginn des Irak-Krieges, als man sich tagtäglich im TV ansehen musste, wie die großen Politiker sich um Kopf und Kragen reden, während die Menschen zu tausenden auf den Straßen demonstrierten... ohne, dass es wen interessiert hat. Und dazu Damon Albarn’s feine, aber fast schon zerbrechlich wirkende Stimme, die davon singt, dass man wohl keine Zeit gehabt hat zu merken, wie die Welt langsam aus den Fugen geraten ist. Das hat mich als 17jährigen schon stark beeindruckt und bewegt. Leider hat der Song heute an Aktualität nicht verloren. Die Welt hat sich nicht verbessert, im Gegenteil. Tagtäglich wird es schlimmer. Du kannst den Fernseher nicht mehr einschalten ohne dich aufzuregen. Mag es über das Fernsehen als solches sein, als auch über die Gesellschaft, die Menschen, die Politiker und all den Kram. Blur zeichnen mit der ersten Single ihres letzten Albums eine traurige Zukunftsvision. „Are we out of time?“ fragt Albarn sich am Ende. Vielleicht ist es auch schon längst zu spät. Der Totengesang auf die westliche Zivilisation. Zumindest in meiner Interpretation. Ein beeindruckendes, kleines Lied, welches aber nicht komplett in der Depression versinkt. Das ist seine entscheidende Stärke.

Release: 2003 / Album: Think Tank, Video ansehen


#10 / Joy Division “Love Will Tear Us Apart”

So, und zu dem Lied muss ich ja irgendwie auch nichts mehr sagen. Das ist eindeutig. Und vor allem ist es bekannt, wie ein bunter Hund. „Love Will Tear Us Apart“ ist in Musikkreisen ein bunter Hund. Und dank „Control“ und Wombats-Hype ist der Song in den letzten Monaten präsenter als je zuvor. Überhört habe ich ihn trotzdem nicht. Schlecht macht ihn das ja auch noch lange nicht. An seiner Authenzität hat die Nummer auch nach fast 30 Jahren nichts verloren. Hier gebrauche ich gern mal den Begriff „zeitlos“. Und während coole Indie-People und die Wombats gern dazu abtanzen (gut, das mach ich auch. Da kann man ja nicht still sitzen bleiben), habe ich irgendwie das Gefühl, niemand hört auf diesen Text. Denn zu dem gibt es nichts zu sagen. Ian Curtis Worte sprechen für sich. Geschrieben, als seine Ehe auseinander brach und irgendwie auch sein Lebenswille versprüht dieser Song immer noch dieses unglaublich düstere, traurige, lebensmüde Gefühl des damaligen Lebensabschnitts von Curtis. Eine Liebe, die zerbricht an Routine, Kälte, falscher Kommunikation und dem Schatten des Alltags. Ich glaube, die meisten wissen, was gemeint ist. Dieser Song wird deshalb so oft zitiert, weil er so wahr ist. Hier kann man ohne Zweifel von einem Jahrhunderthit sprechen. Einer, den die Masse der Menschen allerdings nicht kennt und, was noch trauriger ist, vielleicht nie kennenlernen wird. Vermutlich würden sie ihn eh nicht verstehen. Schade für sie.

Release: 1980 / Album: Substance 1977-1980, Video ansehen

Mittwoch, 20. Februar 2008

The Songs That Saved My Life - Teil Eins

Lieder, die mir wirklich wichtig sind . . .

Nein, ich leide nicht an einer vorzeitigen Midlife-Crisis und ich hab auch keine neuartige, unbekannte Krankheit, die mich in naher Zukunft dahin rafft. Hab ich zu viel Freizeit? Hmmm, nein auch nicht. Ich nehme mir die Zeit. Und zwar, um wirklich mal zu resümieren. Morrissey hat diese Songs in der vergessenen Smiths-B-Seite „Rubber Ring“ mal als die „Songs that saved your life“ bezeichnet. Lebensrettende Musik. Und somit die meiner Meinung nach besten Songs aller Zeiten. In meinen Augen, aus meinen Augen. Songs, die bewiesen haben, das Musik mehr sein kann als nur Begleiterscheinungen des Formatradios oder tanzflächenfüllendes Disco-Gedöns. Musik kann viel mehr. Sie kann dir ein Ziel zeigen, einen Weg und auch eine Lebensphilosophie. Mir hat sie das in den letzten Jahren. Es wirkt wie ein Klischeesatz, aber ohne Musik wär ich vermutlich... na ja, ihr wisst schon. Anyway. Ich habe das alles in allem auf eine Top 30 der essentiellsten und besten Songs, die ich kenne reduziert. Ich verzichte dabei bewusst auf ein Ranking, weil sowas sinnlos ist und alle Songs gleichwertig gut sind. Mal mehr, mal weniger. Nehmt euch die Zeit und lest bzw. entdeckt vielleicht auch den ein oder anderen Song, den ihr noch nicht kanntet und hört diesen auf dem YouTube-Videolink an. Vielleicht retten sie auch euer Leben.

Hier nun der erste von sechs Blöcken á 5 Songs, die ich in den nächsten Tagen und Wochen hier präsentieren werde. Schaut einfach immer wieder vorbei. Viel Vergnügen, Welt!



#01 / Pet Shop Boys „Being Boring“

Die wahre Größe eines Songs erkennt man nicht in seiner Struktur oder der Aufwendigkeit seiner Produktion. Darauf sollte man auch nicht achten, wenn man sich diesen scheinbaren „cheesy“ Pop-Song von England’s alten Pop-Herren anhört. Denn, was in erster Linie wie ein simpler, netter Radiodudel-Song anhört, entpuppt sich bei genauem Betrachten als eine der meisterhaftesten Kompositionen der Gegenwart. Dabei sind es vor allem die Lyrics, die berühren. Ein Song, der über 3 Dekaden geht und Neil Tennant’s persönlichste Gedanken umfasst. Von der Vergangenheit einer wunderschönen Teenager-Zeit, über den Aufbruch in eine neue Zeit bis hin zur Gegenwart. „All the people I’ve been kissing. Some are here and some are missing” resümiert Tennant. Es ist die Geschichte eines Lebens. Rekapitulierend und ehrlich. Im Refrain wird es auf den Punkt gebracht... „We were never being boring“. Man blickt zuzrück, mit einem weinenden, aber einem auch lachenden Auge. Ein sehr trauriger Song, über die Vergänglichkeit unseres Daseins und die Sachen, auf die es im Leben ankommt. Und das verpackt in eine so anrührende Melodie. Wenn man die Pet Shop Boys nie verstanden hat. Vielleicht geht man bei diesem Song mal in sich und checkt es endlich. Hauptsache es wird nicht langweilig. Gell, Mr. Tennant?

Release: 1990 / Album: Behaviour, Video ansehen


#02 / The Stills “Gender Bombs”

An alle geschundenen Männerherzen. Hier kommt euer Refrain... „The girl will school you“. Vermutlich. “Gender Bombs” ist einer der schönsten Break-Up-Songs ever. Wobei das ganze Debütalbum der Stills voll war von Songs dieser Art. „Logic will break your Heart“ hieß es. Auch ein Zitat aus diesem Song, dem stärksten da drauf. Stellvertretend für ein geniales Pop-Album, welches mir damals vermutlich in ner schweren Zeit wirklich das Leben mit gerettet hat (schon wieder so ne abgedroschene Phrase). Der Song an sich eine melancholische düstere Mischung aus Indie-Rock mit leichten New-Wave anleihen. Und diese Grundstimmung des Verlassenseins, aber auch irgendwie mit der Kraft die daraus entsteht. Klar, die „massive suicide dreams“ gehören da natürlich dazu. Aber in erster Linie repräsentiert dieser Song das, was ich an all diesen Songs so mag... sie schürren Verständnis. Ha! Und das ist MEIN Album. Das kann mir keiner nehmen! Es sei denn, ihr kommt jetzt auf den Geschmack.

Release: 2002 / Album: Logic Will Break Your Heart, Live Video ansehen

#03 / Doves „There Goes The Fear“

Da benutze ich doch gern mal das ansonsten so inflationär gebrauchte Wort “Hymne”. Denn hier haben wir eine. Man sagt ja auch gern mal, das Musik „uplifting“ ist und einem Kraft gibt. Das sagen dann auch Leute bei Olli Geißen’s Chartshow über irgendwelche todgenudelten 80er Pop-Schnulzen von Celine Dion. Aber hier haben wir, unabhängig davon, einen dieser Songs, die den Begriff Hymne zurrecht tragen und tragen dürfen. „There Goes The Fear“ von den Doves ist eine über 6minütige Symphonie für die Sinne. Ein Song über den Neuanfang. Hinfort mit der Angst. Dazu Chöre, Gitarrenwände und eine samtweiche Stimme, die einen in all der Euphorie immer noch zu beruhigen versucht. „Close your brown Eyes and lay next to me“. Gut, also auch ein Song für Verliebte. Also multifunktionale Nummer. Dieses Lied kann wirklich Leben retten. Man legt es ein, schließt die Augen (oder öffnet sie, Ansichtssache) und spürt diese Wärme, die der Song verbreitet. Besonders im Sommer sehr gut nachvollziehbar. Klappt aber auch zu jeder Jahreszeit. Für die 6 Minuten fühlt man alles Schwere von einem fallen. Und am Ende lächelt man vielleicht sogar drüber. Und wenn man ganz viel Glück hat, hält das auch über den Song hinaus an.

Release: 2002 / Album: The Last Broadcast, Video ansehen


#04 / Interpol “Take You On A Cruise”

Okay, das ist jetzt etwas irrelevanter. Ich habe mir Tage und Wochen den Kopf zerbrochen, welcher Interpol Song der wichtigste für mich ist. Musik-Wissende antworten Sachen wie „Stella“ oder „Specialist“, Indie-Mädels lieben ja total „Evil“ und blabla. Fakt ist, ich kann mich nicht wirklich entscheiden. Es gibt de facto kein wirklich schlechtes Interpol Lied. Selbst mit „Roland“ und „PDA“ hab ich mich mittlerweile angefreundet. Warum dann am Ende „Take you on a cruise“? Hmm, keine Ahnung. Vermutlich wegen des kongenialen Einfalls „Time is like a broken watch and make money like Fred Astaire“ in den Song einzubauen. Wie lustig ist das denn? Der Song an sich ist nicht lustig, sondern typisch düster, melancholisches, wie es alle Interpol Songs sind. Diese Band spielt am Rande der Perfektion, mit einem ganz eigenen, spezifischen Sound (wehe, jetzt kommen Joy Division Vergleiche). Dieser Song ist systematisch dafür. Alles zieht einen in den Bahn. Bank’s Stimme, Kessler’s Gitarren und auch Dengler’s Bass. Dieser bekommt besonders im zweiten eine tragende Rolle, wenn sich das Thema des Songs vom melancholischen Trauerspiel zu leichter Tanzbarkeit ändert. Wobei die natürlich immer noch sehr traurig ist. Warum auch lachen? Gibt’s ja nichts. Dieser Song ist Hypnose. Wie die ganze Band. Nehmt jeden Song, von mir aus. Es zieht einen in seinen Bann, dank dieser genialen Chemie. Auf das sie noch viele Jahre anhalten wird.

Release: 2004 / Album: Antics, Fan Video ansehen


#05 / Massive Attack “Unfinished Sympathy”

Hier mal eine bekanntere Nummer, die eigentlich jeder kennen sollte, der sich halbwegs mit Musik beschäftigt. Ich weiß jetzt nicht, ob damit der Trip Hop erfunden wurde, zumindest wurde er der Öffentlichkeit präsentiert. Das berühmte One-Shot-Video dürfte ja auch jedem ein Begriff sein. Ich bin eigentlich nicht soooo into Trip Hop. Obwohl ich die Idee super finde, klassische Hip Hop Beats um ein extensives Klangspektrum zu erweitern. Auch wenn’s manchmal sehr langweilig sein kann. Aber nicht „Unfinished Sympathy“. Das ist einer der besten Popsongs aller Zeiten und ein Musterbeispiel dafür, wie gut etwas klingen kann, wenn alles zusammenklingt, wie es klingen soll. Hier passt alles. Der Beat, das wunderschöne Piano, die Streicher am Ende und natürlich diese tolle Soulstimme, welche dieses traurige Liebeslied intoniert. „I’m missing every part”… mehr muss man dazu auch nicht mehr sagen. Die Melancholie des Songs spricht Bände und schafft einen perfekten Spargat zwischen einem einfachen Song und einer großen Symphonie. Aber das wisst ihr vermutlich schon lange.

Release: 1991 / Album: Blue Lines, Video ansehen

Sonntag, 20. Januar 2008

Wahre Schönheit kommt beim Hören

Das Debüt von Get Well Soon entpuppt sich als das erste wichtige Album des neuen Jahres.

GetWellSoonEs passiert ja eher selten, dass bei den peniblen Musikkritikern mal ein Hype um ein Album aus Deutschland entsteht. Und noch seltener passiert es, dass dies auch berechtigt ist. Lassen wir da mal die Kilians außen vor. Doch hier ist es nun tatsächlich... Das Debüt von Konstantin Gropper, der um sich herum eine kleine Gruppe Mitmusiker versammelt hat und uns damit das erste richtig gute Album des noch jungen Jahres 2008 präsentiert. Und schon nach wenigen Minuten merkt man, wie Rest Now, Weary Head, You Will Get Well Soon die Lorbeeren verdient hat. Dieses Werk ist atmosphärisch unglaublich stimmig, erlaubt sich aber auch Abwechslung. Es ist fesselnde, sehr schöne Musik. Die Referenzen sind allseits bekannt. Vom deutschen Conor Oberst war schon die Rede. Anleihen bei Beirut, Sigur Rós oder den omnipräsenten Radiohead hört man an jeder Ecke heraus. Sogar Arcade Fire hab ich schon gelesen. Das ist ja mal ne große Nummer. Generell... Referenzen an wohin man schaut. Da kann man jetzt über mangelnde Eigenständigkeit klagen, aber irgendwie ist ja jeder Musiker von irgend einem anderen beeinflusst worden. Und was am Ende zählt ist nicht die Referenzliste, sondern die Songs. Und diese 16 haben es voll drauf. Keine Ausfälle, wunderschöne Melodien, viele Spielereien mit Bläsern, Piano, Geigen, Akkordeon und auch Chören. Ein Album, was trotz seiner Komplexität wie aus einem Gus wirkt. Alle Teile wirken stimmig, alles sitzt und passt, wo es zu passen hat. Für ein Debüt wirkt die Get Well Soon LP unglaublich professionell. Für ein deutsches sowieso. Das gibt einem sogar den Glauben zurück, dass es Musiker in Deutschland gibt, die ein Album aufnehmen können, welches mit internationalen Standards problemlos mithalten kann. Ein Highlight herauszupicken wird schwer. „If This Hat is Missing…” hat echte Hitqualitäten, das Underworld-Cover von “Born Slippy” lässt den Song in einem ganz neuen Licht erscheinen. „We are safe inside…” und “Witches! Witches!” sind weitere Hits. Ausfälle gibt es nicht. Ein Album, welches in seiner atmosphärischen Geschlossenheit ein echtes Hörerlebnis ist. Es ist einfach nur schön. Und damit mein ich nicht, dieses „nett“ oder „ja, ganz gut“... Nein, es ist einfach nur schön, sich diese Musik anzuhören. Also bitte alle mal ausnahmsweise wieder auf den Hype-Zug aufspringen und diesen Mann und seine Band supporten. Auf Konzerten oder mit dem Kauf dieses Albums. Für alle Freunde guter Musik ist das Album dieses Jahr unverzichtbar.

Das Album bei MySpace anhören

"If This Hat Is Missing (I Have Gone Hunting)" [mp3]

"Christmas In Adventure Parks" (Video @ YouTube)

Freitag, 11. Januar 2008

Nach Radiohead ist vor U2

Ein Ausblick auf 2008. Zumindest auf nen Bruchteil

Alles auf Anfang. Das Musikjahr 2007 lässt uns zurück mit vielen Erkenntnissen. Jeder Hype ist mal vorbei (Indie/UK/New Wave- Zeugs), manche bieten weniger Durchhaltevermögen als man gedacht hat (New Rave), Synthies rocken mehr als Gitarren, Downloads sowieso mehr als physische Tonträger. Die Industrie ist tot, lang lebe die Industrie. Das Jahrzehnt neigt sich dem Ende und wenn man wissen will, was popkulturell von Bedeutung war, dann muss man auch einen Blick auf 2008 werfen. Hinterher. Ich mach das mal vorher und zähle die wichtigsten Platten im Schnellverfahren auf, die uns dieses Jahr erwarten. Überraschungen selbstverständlich nicht eingeplant.

Die Bewährungsprobe

Nach den NME Lobhudeleien ist vor den Zerrissen in eben diesem (Gell, Morrissey?). Musikpresse und Fans können erbarmungslos sein. Zunächst jubeln sie, dann stecken sie dir wenig später das Messer in den Rücken und wenden sich von dir ab. In Zeiten wo den Plattenfirmen (kleineren sowieso) das Geld ausgeht, kann sich eine Band einen Flop eigentlich nicht mehr erlauben. Existenziell wichtig wird für viele Hype-Bands der letzten Jahre somit das schwere zweite Album das entscheidende. Kann man mehr, als nur für einen Festivalsommer aufspielen? Viele Bands haben letztes Jahr gezeigt, dass es gehen kann. Somit müssen sich The Rifles im Frühjahr bemühen, ihrem Hammer-Debüt „No Love Lost“ noch ein weiteres Britpop-Meisterwerk folgen zu lassen. Die Messlatte liegt hoch, aber um die mach ich mir wenig sorgen. Auch um die Indietronicer von Hot Chip nicht, die uns nächsten Monat mit „Made In The Dark“ beweisen werden, wie innovativ Popmusik klingen kann. Ob das beim Zweitwerk der Kooks klappt ist noch fraglich. Für die heimlichen Favouriten von mir, die Melodic-Popper Thirteen Senses wird’s nach dem Vorjahresflop von „Contact“ sowieso eng. Und wo wir gerade dabei sind. Auch bei Keane wird sich zeigen, ob der Ofen schon aus ist oder nicht. Später im Jahr dann. <Franz Ferdinand haben das zweite Album zwar schon hinter sich, aber als Wegbereiter einer ganzen Generation Bands sind die Augen der Welt natürlich auf ihren nächsten Schritt gerichtet. Man munkelt was von mehr Synthie’s. Apropros... sollten es Justice mit nem zweiten Album in 2008 schaffen, dann müssen sie zeigen, dass sie mehr können, als nur die Daft Punk’s für’s Jahrzehnt drauf zu sein. Und die Klaxons sowieso. Die haben zwar noch nie wirklich Rave gemacht, wollen sich aber auf dem bald erscheinenden Zweitwerk schnell davon losreißen. Ob noch was von den restlichen Hype-Bands kommt ist auch fraglich. Für Kasabian, die Dirty Pretty Things oder die in Ungnade gefallenen Killers wird’s schwer. Mehr sag ich dazu nicht.

Die Neuen

Debüts wird es 2008 sicher auch wieder in Massen geben. Und vorhersehen wird man sie auch nicht können. Kate Nash, Maps oder Jamie T. waren ja vor nem Jahr in der Form auch nicht unbedingt vorhersehbar. Oder The Boxer Rebellion, meine Entdeckung des vergangenen Jahres. Die haben zwar schon ein Debüt draußen (welches famos ist), aber das hat keiner mitbekommen. Also Neustart und diesmal bitte durch die Decke. Die Band hat die Songs und mittlerweile auch wieder nen Plattenvertrag. Da kommt bitte noch was! Im Frühjahr. Ebenfalls gespannt darf man auf die Debüts der Elektronik-Hype-Acts Uffie, Does It Offend You, Yeah? oder Crystal Castles sein, die zeigen müssen, ob sie mehr als nur ein paar flotte Club-Hitsingles drauf haben. Vor allem müssen sie sehen, inwieweit sich der Elektro-Hype ins neue Jahr retten lässt. Ich drück die Daumen. Auch für Soft Nerd, Deutschlands weitsichtigsten Nachwuchsmusiker. Gut, er weiß schon, was ich meine. Debüt-EP erscheint. Bald. Ich sag aber nicht wo. So, genug Werbung für ihn. Pretty Boy Makes Rave bringt auch ne EP raus. Sagt er zumindest. Es lässt sich halt nur erahnen, welche jungen Musiker uns dieses Jahr um die Ohren gehauen werden. In einem Jahr werden wir hoffentlich schlauer sein.

Die Beständigen

Manchmal weiß man, woran man ist. Bzw. brauch man sich keine Sorgen über eventuelle Überraschungen machen. Bands, die schon seit Jahren kontinuierlich starke Platten abliefern sind mir eh die liebsten. Ob sie überraschen oder nicht. Aber bei neuen Platten von Death Cab For Cutie (in ein paar Monaten) oder Nada Surf (in ein paar Wochen) muss man sich keine Sorgen machen. Diese Bands sind beständige Größen. Gute Freunde, die aller paar Jahre mal zu Besuch kommen und für ne gute Zeit sorgen. Lange nicht mehr zu Besuch waren die Doves, die eine meiner Lieblingsbands in den letzten Jahren geworden sind. Da wird sicht Album Nr. 4 hoffentlich mit einreihen. Gleiches gilt für Elbow, ebenfalls eine feste Macht im Britpop. Ich glaube nicht, das eine von beiden Bands schlechte Platten machen kann. Ansonsten würden ja die Naturgesetze außer Kraft treten. Gleiches gilt natürlich für Sigur Rós, aber ich glaube, darüber müssen wir nicht diskutieren. Auch nicht über Bloc Party. Sollten die dieses Jahr wirklich schon ein neues Album raushauen, dann wird das sicher wieder ganz anders und ganz speziell sein. Und zumindest nicht wie „Flux“. Wie hoch die Erwartungen an dieses Werk sind, kann ich mit Gesten gar nicht darstellen. Bei Tiger Lou’s neuem Werk bin ich auch beruhigt, muss ich sagen. Und wo wir grad in Schweden sind... Eskobar. Kann man nicht mögen, aber wenn man die Mucke mag, wird man auch irgendwie nicht enttäuscht, auch wenn’s einen nicht von den Socken reißt. Nein, eine sehr entspannte Kategorie. Aber wehe, ihr baut Mist, Freunde!

Die richtig Großen

Und damit meine ich nicht die wenigen verbliebenen Megaseller á la Madonna (na, an welche Jugendkultur schmeißen wir uns diesmal ran?) oder Robbie Williams. Was die und der Rest machen ist egal. Allerdings sind ja U2 auch darunter und da schau ich schon doof. Schön, das Bono mal wieder nach seinen Afrika-Expeditionen Zeit für nen Studioaufenthalt gefunden hat. Das letzte Album war überraschend gut. Ich hoffe, sie ziehen sich nicht schon aufs Altenteil zurück. Morrissey hat dies natürlich nicht vor. Der ist ein über alle anderen erhabener Gott und bringt im September 2008 ein neues Soloalbum heraus. Da bin ich natürlich extrem subjektiv. Mal sehen, ob er wie zuletzt, weiter so „optimistische“ Töne anspielt. Altersweisheit quasi! Davon sind Oasis natürlich weit entfernt. Die werden natürlich auch mit dem x-ten Album an der Erwartungshaltung ihrer ersten Werke, scheitern. Aber das gehört halt dazu. Oder sollten sie doch nochmal...? Hmmm, man weiß es nicht. Genauso wenig, wie man weiß, ob sich die alten Konkurrenten von Blur dieses Jahr nochmal zusammenfinden. Bei Damon Albarn weiß man nie. Immerhin kommen The Verve wieder. Aber brauch man die eigentlich? Vielleicht retten die ja die Britpopwelt. Kann mal jemand Pete Doherty die aktuelle Handy-Nr. von Carl Barat geben. Die Libertines retten die Welt! Ansonsten machen es Coldplay, die ich leider mittlerweile mit in diese Kategorie nehmen muss. Das 4. Album, für Frühsommer angekündigt, muss zeigen, ob die Band Mut zum Risiko hat oder endgültig die Nachfolge von Bono und Co. antritt. Im Idealfall lässt sich beides verknüpfen. Ansonsten hab ich ja noch The Boxer Rebellion. Oder Depeche Mode, die sowieso über jede Kritik erhaben sind. Sollten die Ende des Jahres wirklich ein neues Album releasen, wäre das für ihre Verhältnisse mal extrem schnell (nur 3 Jahre). Robert Smith und The Cure haben sich dagegen wieder mal Zeit gelassen. Aber die dürfen das. Dafür gibt’s im April gleich ein Doppelalbum. Im gleichen Monat soll’s auch neues von R.E.M. geben. Mit Jacknife Lee immerhin ein Produzent der Stunde an Bord. Diese Acts müssen sich keine Sorgen mehr um die Zukunft machen. Die können auch gern mal ein Album kostenlos als Download releasen, ohne dass sie gleich arbeitslos sind. Dafür überraschen sie vielleicht weniger. Und wenn ich etwas wirklich mag, dann wenn man mich überrascht. Und das Musikjahr 2008 wird dies hoffentlich so sehr machen, dass dieser ganze kleine Bericht in ein paar Monaten vollkommen überflüssig sein wird. Am Ende behalte ich hoffentlich bei einigen Sachen Recht und bei anderen nicht. So sollte das auch bitte schön sein. Und jetzt Klappe zu, Ohren auf. Here’s Your Future!

Samstag, 8. Dezember 2007

rhododendron's finest - teil vier

So, abschließend die besten der besten im Jahresranking. De Plätze 5 -1. Und vorher nochmal die kompletten Top 20!

20. Dave Gahan “Hourglass”
19. Sigur Rós “Hvarf / Heim”
18. Jamie T. “Panic Prevention”
17. Amy Winehouse “Back To Black”
16. The Enemy “We’ll Live And Die In These Towns”
15. Klaxons “Myths Of The Near Future”
14. Beirut “The Flying Club Cup”
13. Simian Mobile Disco “Attack Decay Sustain Release”
12. Thirteen Senses “Contact”
11. The Good, The Bad & The Queen “The Good, The Bad & The Queen”
10. Kent “Tillbaka Till Samtiden”
09. Arctic Monkeys “Favourite Worst Nightmare”
08. Maximo Park “Our Earthly Pleasures”
07. Maps “We Can Create”
06. Stars “In Out Bedroom After The War”

# 05 ... Athlete „Beyond The Neighbourhood“

Die Unterschätzten. So sehr es einen auch ankotzt, wenn Bands irgendwann durch die Decke gehen und man „seine“ Band nun mit der ganzen Welt teilen muss (Hallo, Snow Patrol Fans!), so sehr gönnt man es ihnen aber dann auch wieder auf der anderen Seite. Ein Teufelskreis! Bei Athlete aber eigentlich auch nicht. Denn denen würde ich das irgendwie auch gönnen. Im UK läuft’s ja seit 2005 dank dem Hit „Wires“ ganz gut. Hier hingegen... na ja. Ersparen wir uns eine weitere Diskussion über den musikalischen Geschmack Deutschlands und seine Langsamkeit. Halten wir fest: Das dritte Album der Band, „Beyond The Neighbourhood“ hat alle Erwartungen erfüllt und uns das schönste Gitarrenpop-Album des Jahres beschert. Den triefigen Bombast des Vorgängers „Tourist“ hat die Band dabei zugunsten einer neuen (alten) Leichtigkeit abgegeben. Dieses Album ist wie ein schöner Sommertag. Die Songs sind voller Melodien und voller Euphorie. „Hurricane“ ist einer der Pop-Songs des Jahres, mit „Second Hand Stores“ und „Airport Disco“ befinden sich weitere, anfangs unscheinbare, aber dann deutliche Pop-Meisterwerke auf diesem Album. Von den ruhigen Momenten, wie dem träumerischen „Flying Over Bus Stops“ und dem irgendwie doch sehr traurigen „This Is What I Sound Like“ mal ganz abgesehen. Athlete schaffen bei Album Nr. 3 den idealen Spagat zwischen dem quirligem Casio-Pop des Debüts und dem bedeutungsschweren Britpop des Zweitlings. Und dabei klingt das ganze doch irgendwie nach keinem von beiden Alben. Munter drauflos spielende Gitarren treffen auf diese von mir so geliebten 80er-Synthies und Joel Pott’s unnachahmbaren Gesang. Auf den ersten Blick mag diese Musik sehr einfach klingen, doch nach und nach erkennt man all die Facetten und Feinheiten. Da sitzt jeder Sound genau da, wo er zu sitzen hat. Ich kann es nicht mal richtig erklären. Ich mag diese Band und ich mag diesen Sound, den sie machen. Neben all dem bedeutungsschweren, melancholischen Kram, den ich sonst so das Jahr über gehört hab, ist dieses Album im wahrsten Sinne des Wortes eine Erleichterung. Ein Plädoyer für die schönen Momente im Leben. Selbst wenn die nicht immer heiter sind. Athlete werden immer besser und es wird nun Zeit, dass der Rest der Welt das auch erkennt. Und bitte auch ohne ne Ballade in der Abschlussszene von „Grey’s Anatomy“. Die tollen Songs sind auf jeden Fall da. Falls es nicht die Platte eures Sommers ’07 war, so merkt sie euch für den nächsten Sommer vor. Falls wir denn einen haben.
Bester Track: Second Hand Stores
Anhören: Airport Disco


# 04 ... Editors „An End Has A Start“

Der Größenwahn. Wie heißt eigentlich der Schlagzeuger der Editors? Hmmm, keine Ahnung. Muss man das wissen? Eine Band, deren Frontmann so markant ist, wie Tom Smith es für diese ist, muss sich eben solchen Tatsachen gegenüberstellen. Und ich kann die Faszination für diesen schlaksigen, dürren Mann mit der Wuschelfrisur auch schwer erklären. Man muss das mal live erlebt haben. Er springt, er schreit, er schlägt um sich, er wirkt wie eine tickende Zeitbombe. Aber auch wie die fleischgewordenen Visualisierung dieser Musik, seiner Band. Diese war schon auf dem Debüt in ihrer Dringlichkeit und Schönheit fast nicht mehr zu toppen. Doch nun kommt „An End Has A Start“ und der Sound bekommt endlich das, was er verdient. Die große Bühne, den breitflächigen Sound. All die Gesten, die uns Mr. Smith zeigt. Songs über das Leben und die Vergänglichkeit von eben diesen. Seit jeher bieten Smiths Lyrics die Möglichkeit zur intensiven Eigeninterpretation, so dass es nicht verwundert, dass jeder Song eine Art persönliches Manifest ist. Für mich und auch für viele andere Fans. Und wer noch einmal Scheiße im Sinn á la „Ausverkauf“ und „Die klingen wie U2“ schreibt, der hat noch nicht diese Musik intensiv erlebt. Die unglaubliche Dringlichkeit dieses Hammerriffs von „Escape The Nest“, die Macht von „The Weight Of The World“, ja sogar dieser unwiderstehliche Beat von „Bones“. Ein Song wie „Smokers Outside The Hospital Doors“ funktioniert nur mit Chören und Bombast. Rafft ihr’s denn nicht? Das ist keine Disco! Und wenn sie wie Coldplay klingen, dann von mir aus wie die düstere Version von Chris Martin und Co. Kann ich mit leben. Neben all dem Bombast und der zusätzlichen Ausgereiftheit des Sounds ist vor allem seine Dringlichkeit geblieben. Schlagzeug, Gitarre, Bass und Klavier drücken jeden Song in seinem Ausdruck nach vorn. Diese Musik ist größer und wichtiger als die Band, die sie spielt. Vermutlich rastet Smiths deshalb so aus. Diese dürre Mann mit dem Lockenkopf und dieser markanten Stimme. Er schreit es heraus. Seine Angst, seinen Frust, seine Zweifel! Unüberhörbar! Wie dieses Album, bei dem sicher an einigen Stellen Weniger auch gern mal Mehr gewesen wäre, das aber am Ende mehr als überzeugt. Die Songs sind klasse, die Texte sowieso. Diese Band muss Zukunft haben, wenn sie sich nicht verbiegt. Eine Platte, die mir sehr nahe ging. Es muss ja nicht immer einfach und simpel sein. Man kann ja auch gern mal im großen Stil leiden. Aber dann bitte auch mit den Original Gesten! Danke schön!
Bester Track: The Racing Rats
Ansehen: An End Has A Start


# 03 ... The Arcade Fire „Neon Bible“

Die Offenbarung. Über das kanadische Musikerkollektiv wurde schon alles geschrieben, was man über sie schreiben kann. Und eigentlich zu 98% positive Sachen. Alle sind sich einig. Von den Kritikern, über die Fans, bis hin zu anderen Musikern. Alle lieben Arcade Fire! Geht doch gar nicht! Da such ich doch mal spontan nach Fehlern. Und kann mich nach dem Hören von „Neon Bible“ nur noch in den Staub knien. Sämtliche andere aufgenommene Musik wirkt danach irgendwie nur zweitwertig. Die Band schafft das Unglaubliche. Das ohnehin schon geniale Debüt „Funeral“ wird mit „Neon Bible“ noch übertrumpft. Der Triumphzug geht weiter. Sobald das nervöse Brodeln des Openers „Black Mirror“ beginnt, ist man drin in dieser fantastischen Welt. Wobei es nicht mal ne Fantasiewelt ist, sondern unsere Welt. Veredelt durch die wunderbare Klänge der Band um Win Buttler und Régine Chassagne. Jeder Song eine Offenbarung für sich. Von den todtraurigen Balladen „Ocean of Noise“ oder „Windowsill“, bis hin zu diesen unglaublichen Hymnen wie „No Cars Go“ oder „Intervention“, die alles auffahren, was man auffahren kann. Orchester, Chöre und eine eigene Kirchenorgel. Alles andere wäre zu mickrig. Es ist der größte Verdienst von Arcade Fire, dass sie neben den Standard-Instrumentenrepertoire auch spielend leicht alles andere, von der Flöte, über Harfen, bis hin zu Cello und Drehorgel in ihrer Musik benutzen und damit ihren Songs die Größe verleihen, die ihnen auch zusteht. Überhaupt halten Arcade Fire nix von der Einfachheit anderer Künstler. Sie sind momentan der beste Beweis dafür, dass Popmusik und große Produktion auch abseits von Klischeés und Schwulst funktionieren kann ohne dabei etwas von seiner Intensität zu verlieren. Und weil all diese Elemente so gut passen, kann man als Freund guter Musik auch nicht anders, als diese Band zu lieben. Arcade Fire verpacken ihre Songs über die Probleme dieser Welt und die Probleme eines jeden einzelnen in große, verzweifelte, aber doch auch irgendwie trostspendende Momente. „Windowsill“ wünscht sich all den Mist, den man täglich sieht vom Fenstersims weg und „No Cars Go“ wünscht sich in eine mit Pauken und Chören durchsetzte Traumwelt. Vielleicht auch eine Form von Todessehnsucht angesichts der Unwelt, in der wir leben. Aber wenn’s so schön verpackt ist. „Set My Spirit Free“ fleht Buttler im famosen Abschlusssong „My Body Is A Cage“, begleitet von der ganzen Band und ihrer Orgel. Ein Flehen nach einer besseren Welt. Würde diese vielleicht mal mehr Arcade Fire hören, dann wär das ja schon mal ein Anfang. Keine Ahnung, wie die Band sich jetzt noch entwickelt oder das noch toppen kann. Muss sie vielleicht auch gar nicht mehr. Man versteht sie ja schon.
Bester Track: No Cars Go
Anhören: Black Mirror


# 02 ... Interpol „Our Love To Admire“

Die Erhabenen. Idealer Moment. Man erwartet ein Album einer Band, von der man weiß, dass es gut ist und welches einen einfach nicht enttäuschen kann. Wie bei Interpol halt. Und dann kommt diese Band mit „Our Love To Admire“ um die Ecke, diesem wirklich, wirklich großem Album. Das beste, was sie bisher aufgenommen haben. Das ausgereifteste sowieso. Interpol-Songs wirken seit jeher ja sowieso, wie aus einem Guss. Die Band selber überlässt keinen Akkord dem Zufall. Das merkt man diesen Songs auch an. Alles ist an seinem Platz, alles wirkt stimmig, atmosphärisch sowieso. Allein der Opener „Pioneer To The Falls“ ist von einer so erschreckend guten Qualität, dass es einem die edlen Schuhe auszieht. Daniel Kessler’s markante Gitarren, Paul Banks Stimme ... und von Carlos D.’s Bass fang ich mal gar nicht an. Die neuen Elemente, Keyboard, Bläser und Piano fügen sich nahtlos in das Gesamtkonzept Interpol ein. Und obwohl Songs wie „No I in Threesome“ oder das kongeniale „Pace Is The Trick“ irgendwie eingängiger als bisher wirken, haben sie dennoch nix von dieser Eigenheit verloren. Interpol besitzen diese eigenen, prägnanten Sound, denen ihnen keiner nachmacht. Sehr verhalten, sehr introvertiert auf der einen Seite, aber auch sehr druckvoll und spannungsgeladen auf der anderen. Wie eine innere Zerrissenheit. Auch wenn Songs wie „Mammoth“ und „Who Do You Think?” so direct nach vorn gehen, wie vorher selten Songs der Band, so bleiben auch sie in diesem seltsam, verhaltenen Rahmen. Spannung durchsetzt die Musik von Interpol. Auch auf „Our Love To Admire“. Alle Stärken der Band werden ausgespielt. Wiedereinmal lässt mich die Band staunend vor ihrer Faszination stehen. In 5 Jahren haben es Interpol geschafft vom vielumjubelten Joy-Division-Klon zu einer großen Band zu werden, die ihren ganz eigenen, unverwechselbaren Sound hat, den sie kontinuierlich verbessert und verfeinert. Der radikale Soundwechsel blieb diesmal aus, die düstere Magie der epischen Songs ist geblieben, auch wenn der Sound für viele Fans der frühen Werke vielleicht zu kompakt und auch glatt wirkt. Aber Meckern kann man ja bekanntlich immer. Interpol sind eine der besten Bands der Welt und eine der ganz wenigen, bei denen es mir persönlich nichts ausmacht, dass sie ihrem Stil treu bleiben. Es scheint so, als ob diese Band alles richtig macht, was man nur richtig machen kann. Und das, ohne großartig ins Rampenlicht der Weltöffentlichkeit zu schielen. Aber das wollen sie sicher auch nicht unbedingt. Im Dunkeln fühlen sie sich sowieso viel wohler. Ein großes Meisterwerk, was den Spitzenplatz sicher auch verdient hätte. Wie eigentlich auch der Rest der Top 5. Aber es kann halt nur einen geben!
Bester Track: Pace Is The Trick
Ansehen: No I In Threesome


# 01 ... Bloc Party „A Weekend In The City“

Das Meisterwerk. Im Laufe des Jahres kamen und gingen viele andere Platten und der Kampf um die Spitze war knapp. Doch am Ende war es eben doch jenes Überalbum, welches mich das ganze Jahr (Erstes Hören... Im Ernst... 01.01.07, 20min nach Mitternacht) über begleitet hat. Und noch viel mehr. Es hat mich geprägt, in seiner Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Man merkt, ich gerate ins heillose Schwärmen, aber ich kann nicht anders. „A Weekend In The City“ ist das beste Album 2007. Für mich persönlich. Ein Manifest für sich, gefüllt mir 11 genialen Songs, von denen keiner schlecht ist. Jeder erzählt für sich eine Geschichte, keiner klingt wie der andere und am Ende fügen sie sich zu diesem unglaublichen Konzeptalbum über das was wir sind. Über das Leben als Twenty-Something in der Großstadt. Sänger Kele Okereke hat seiner Band dieses Album auf ihren Leib geschrieben, die es zusammen mit Produzent Jacknife Lee zu einer waren Überraschungstüte gebastelt hat. Dieses Album ist so abgrundtief, traurig, so wütend, so ehrlich und auch irgendwie so aufrüttelnd. „Uniform“ stellt die Eintönigkeit unserer Jugendkultur an den Pranger, „Where Is Home?“ schreit nach dem „Warum?“ von Rassismus. „Hunting for Witches“ klagt den Umgang der Medien mit Terror und Angst an, „Kreuzberg“ thematisiert den Protagonisten, der nach einem weiteren One-Night-Stand auf der ewigen Suche nach Liebe durch die Straßen Berlins geistert. Und noch viel mehr. Alle Songs erzählen Geschichten. Chronisch hintereinander geordnet. „Song For Clay“ stürzt sich ins korrupte und leere Nachtleben einer Gesellschaft, die anscheinend willig ist, alles zu tun, um ihrer Existenz eine Daseinsberechtigung zu geben. Das ganze endet mit „SRXT“, einem Song über Selbstmord. Über einen Freund Kele’s der mit dem Prinzip „In der Woche arbeiten, am Wochenende zudröhnen“ nicht klar kam und aus diese Welt ging. Dazu diese Sounds. Von den bekannten wütenden Gitarren und treibenden Beats von „Hunting for Witches“ oder „Uniform“, bis hin zu ruhigen Klängen. „The Prayer“ ist alles, nur nicht eindeutig Hip Hop, Electro, Pop, Rock. Einen Beat wie den von „Where Is Home?“ hört man sonst nirgends. Jeder Song eine Welt für sich, zusammen unschlagbar. Die Ehrlichkeit von Kele’s Songs und diese innovative Musik, die schon meilenweit von all dem entfernt zu seinen scheint, was sich „Indie“ und „New Wave“ schimpft, diese Attitüde, dieser Band... all das hat mich regelrecht aufgerüttelt und ja, ich sag mal so, meinen ganzen Blickwinkel auf Musik und auch das Leben noch einmal verändert. Und es nicht nur dieses Album. Selbst sämtliche B-Seiten, die diese Band dieses Jahr veröffentlicht hat, fügen sich nahtlos in dieses Muster. Unglaubliche Songs, für die andere töten würden. Diese Band hat dieses Jahr nichts falsch gemacht, wie sie eigentlich noch nie irgendwas falsch gemacht hat. Deshalb ist sie meine momentane Lieblingsband und die Band der Stunde. In ihrer Art und Weise einzigartig und überlebenswichtig. Dieses Album hat in mir so viel ausgelöst. Wut, Verzweiflung, Angst, Freude und tiefe Trauer! Aber vor allem hat es mich nachdenken lassen und einfach begeistert. Und wenn irgendjemand da draußen noch irgendwie einen Grund braucht, warum ich moderne Popmusik so liebe, dann ist es dieses Album. Ein Paukenschlag, der immer und immer wieder ertönt und bei dem es jedes Album in Zukunft schwer haben wird, diesen zu übertönen. Und für alle die denken, das war jetzt zu viel des Guten... Mir doch egal! So bin ich halt. Guten Rutsch!
Bester Track: Uniform
Ansehen: I Still Remember

Sonntag, 25. November 2007

rhododendron's finest - teil drei

Mein kleiner, feiner Plattenrückblick über das ausgehende Jahr geht weiter. Diesmal die Plätze 10- 6.

#10 ... Kent „Tillbaka Till Samtiden“

Die Nordlichter. Beständig überraschen scheint auch eine der hervorragenden Eigenschaften der schwedischen Melodikrocker von Kent zu sein. Die Band, die in ihrer Heimat längst Superstarstatus erreicht hat und außerhalb Skandinaviens bestenfalls ein Insidertipp ist, macht auch auf dem diesjährigen Werk „Tillbaka Till Samtiden“ wieder einiges anders. Dabei machen sie zumindest schon mal nicht den kläglichen Versuch, ihr letztes Album „Du Och Jag Döden“ zu kopieren. Der organische, sehr düstere und melancholische Sound dieses, zugegebenermaßen besseren, weil tadellosen, Vorgängeralbums weicht anno 2007 einem breiteren Synthiepopflächensounds. Die Beats werden elektronischer, die Melodien sind kompakter. Kent gegehn zurück in die 80er. Das ist eigentlich generell kein leichtes Unterfangen und ist prädestiniert dafür, schief zu gehen. Doch die vier Schweden umschiffen diese Klippe zu großen Teilen gekonnt und liefern Edelpop erster Sahne ab. Die Melancholie schwebt dabei immer noch wie eine düstere Wolke über den Sound, auch wenn sie gern mal in tanzbare Stampefer, wie „Berlin“ oder „Ingenting“ verpackt wird. Dazwischen gibt es düstere Tracks wie „Columbus“ oder „Vid Din Sida“, deren Referenz an Depeche Mode oder New Order wirklich nicht mehr zu überhören ist. Das Problem an dieser Platte ist lediglich, dass die Band in der zweiten Hälfte etwas nachlässt und Songs wie „Generation Ex“ oder „Vy Från Ett Luftslott“ einfach in der Belanglosigkeit hängen bleiben. Dennoch wird der Gesamteindruck am Ende mit dem traurigen „Ensammast I Sverige“ hochgerissen. Am Ende bleibt ein überdurchschnittlich gutes Pop-Album übrig, das teilweise wieder an die Wurzeln dieser Band anknüpft, die es spielend schafft, Sprachbarrieren zu überspringen. Man muss es nur ohne Vorurteile hören. Hätte dieses Album durchgängig gute Songs, die Tiefe des Vorgängers und mehr Mut zu Kanten (wie ihn Kent schon des öfteren gezeigt haben), dann wäre diese Platte ganz weit vorn in der Liste. Aber vielleicht klappt das dann wieder mit dem nächsten überraschenden Werk. Solange bitte auf Deutschland-Tour gehen! Auf Schwedisch! Tack!
Bester Track: Columbus
Ansehen: Ingenting


#09 ... Arctic Monkeys „Favourite Worst Nightmare“

Der Erwartungsdruck. Wir haben es dieses Jahr ja bekanntlich mit nem ganzen Haufen von diesen „schweren zweiten Alben“ zu tun. Diese Alben, die nach dem Hype kommen, die versuchen müssen, diesen zu rechtfertigen und ggf. zu vergrößern. Geht man auf Nummer sicher? Oder geht man den Kritikern auf den Geist? Wer auch immer sagt, es gäbe keinen Erfolgsdruck dabei, der lügt. Am schlimmsten hatten sicher die Arctic Monkeys damit zu kämpfen, war doch ihr 2006er Debüt das erfolgreichste der britischen Musikgeschichte. Und sie haben nich mal ne große Pause eingelegt, sondern nur etwa ein Jahr später das nächste nachgeschoben. Quasi jetzt schon zum Scheitern verurteilt. Doch sollte es auf den ersten Blick so wirken, dann entpuppt sich der zweite, dritte und x-te Blick auf „Favourite Worst Nightmare“ als die reine Freude. Dieses Album ist dem Debüt ebenbürdig, zu großen Teilen auch besser! Gut, es fehlen offensichtliche Mitgröhl-Hymnen, wie es das Debüt ohne Pause lieferte, doch das braucht dieses Album gar nicht. Die Stärken liegen woanders. Versteckt. Der Sound ist vielschichtiger, komplexer, ohne aber dem „Jacknife-Lee-Syndrom“ Bombast zu verfallen. Die 4 Lads aus Sheffield bewahren sich ihre Leichtigkeit und Verspieltheit nicht nur, sondern bauen diese sogar noch aus. Die Dynamik ist hoch, die Spielfreude ungebremst. Der Sound? Erfreulich kompromißlos. Der Opener „Brianstorm“ erschlägt einen mit diesem feisten Monsterbeat, dieser Soundwand, diesem fast Rap-ähnlichen Gesang von Alex Turner. Zweieinhalb Minuten Brett! Ohne Refrain! So kann’s weiter gehen. Die Arctic Monkeys erbauen sich mit diesem Album ihren ganz eigenen Sound, abseits all der anderen Indie-Masse. Und so schwer es mir fällt, die passende Bezeichnung dafür zu finden, aber man hört dass dies irgendwie besondere Rock-Musik ist. Tempowechsel treffen auf enorme Lautstärkewechsel. Die leisen Töne wirken noch gefühlvolle, während die lauten Parts auf den Hörer noch intensiver einknüppeln. Dazu diese Songs, die von den Texten Turners und ihren Geschichten, weniger vom Mitsing-Effekt leben. Und dazu Songs wie „Do Me A Favour“ oder „If You Were There, Beware“, die charakteristisch für die Weiterentwicklung dieser Band sind. Komplexität und Rohheit können doch vereint werden. Und so hat man auch nicht so schnell die Nase voll von „Favourite Worst Nightmare“, wie von „Whatever People Say...“. Dazu entdeckt man immer wieder neue Nuancen im. Vermutlich von der Band unbeabsichtigt. Denn die spielen einfach. Ich mach mir keine Sorgen, dass die Herren in die Oasis-Falle treten. Die können ganz viel. Bitte lassen!
Bester Track: Do Me A Favour
Ansehen: Fluorescent Adolescent


#08 ... Maxïmo Park „Our Earthly Pleasures“

Die Intelligenten. Und noch ein zweites schweres Album. Da kann man sich die Vorworte dazu ja sparen und gleich zum Punkt kommen. So wie Maxïmo Park- Fronthingucker Paul Smith, den die meisten Indie-Girls nicht nur unglaublich süüüüüß finden, sondern der auch was in der Birne hat. Und was zu erzählen. Über das Leben z.B. Über Liebe und Verlust, Tod, menschliches Verlangen und Bücher... also ne ganze Menge Themen. Der dringliche, nervöse Sound des 2005er Debüts „A Certain Trigger“ ist auf „Our Earthly Pleasures“ einem etwas gesetzteren Pop-Outfitt mit mehr Piano gewichen. Das mag sicher Geschmackssache für viele Fans des Erstlings sein. I like it a lot. Geblieben sind aber auf jeden Fall die feinen Melodien, die nachwievor von Smith’s melodischem Gesang und seinen sophisticated lyrics getragen werden. Und diesem schicken Akzent aus Newcastle halt. Maxïmo Park sagen selber, dass sie Pop machen und das stimmt auch. Britpop in seiner reinsten Form halt. „Our Velocity“ ist nebenbei mal der offensichtlichste Hit des Jahres. Nimm das, „Ruby“! Dazu noch „Books From Boxes“, das schönste Lied, welches die Smiths nie geschrieben haben. Das melanchloische „Your Urge“ oder „By The Monument“, dieser Hit, dieser verdammte! Und dann noch „Sandblasted and set free“, dieser überraschend große (obwohl sie nicht soundtechnisch so klingt) Hymne. Da werden die wenigen Schwachstellen natürlich gern übersehen. Wer auf Melodien und so nen Kram steht, wie ich also, der ist damit bestens beraten. Auch hier hilft ein zweites Hören sicher weiter. Denn man sollte Maxïmo Park nicht als kleine, feine Tanzrock-Kapelle abstempeln, sondern spätestens nach diesem Werk als eine wichtige, durchaus auch mal tiefsinnige, aber dennoch nicht schwermütige, musikalische Fußnote der aktuellen Popmusik. Auch in diesem Fall kann man sich entspannt zurücklehnen und erwarten, was uns die Band noch in Zukunft bescherrt. Nein, ich mach mir da keine Sorgen. Ich hör grad „Sandblasted and set free“. Ein Song, der Leben rettet. I fell in love with flirtation. Danke, Paul. Du musst es ja wissen.
Bester Track: Our Velocity
Anhören: Your Urge


#07 ... Maps „We Can Create“

Das Wunderkind. Schön, wenn es am Ende des Jahres neben all der Flut von Releases von Bands, mit denen man am Ende sowieso gerechnet hat, auch noch die ein oder andere Überraschung gibt, die vor einem Jahr noch unverständliches Kopfschütteln hervorgerufen hat. Watt? Wie? Maps? Das von Google oder wie? Nee, nix da. Maps ist James Chapman und Maps ist / sind (wie sagt man da?) toll. Das hat der ein oder andere, der hier in diesem Blog mal ab und an vorbeischaut sicher schon mitbekommen. Frenetische Konzertberichte, Nähkästchen-Plauderei mit dem Man himself, sowie Abräumer bei unseren hauseigenen Awards (schaut dazu mal im Archiv). Und alles ist so gerechtfertigt. „We Can Create“ funktioniert so einfach und so gut, dass es einfach klappt. Maps machen (wir einigen uns auf Plural, gut) sphärischen Pop, sehr elektronisch, aber dennoch mit Gitarre. Sehr verspielt, aber doch irgendwie leicht bekömmlich. Dieses Album ist gut zum Entspannen. Aber so eine Formulierung klingt immer nach Oberflächlichkeit. Dabei ist „We Can Create“ keinesfalls simpel. Und wenn man bedenkt, dass Chapman das Werk allein in seinem Schlafzimmer aufgenommen hat, dann wirkt das ganze noch erstaunlicher. Zu perfekt aufeinander abgestimmt scheinen alle Komponenten. Die unzähligen Flächen von „We Can Create“ erzeugen eine innere Wärme beim hören. Sei es das nervöse „It will find you“ oder die wunderbar poppigen „To The Sky“ oder „You Don’t Know Her Name“. Geborgenheit im Popformat. Sowas sucht man als einsame Seele da draußen doch ständig. Und so funktioniert dieses Album. Wie ein lauer Sommerabend oder die Tasse Tee an nem kalten Wintertag (Ups, Sportfreunde Zitat)... alles Stimmungsabhängig. James ist ein Sympathieträger und was er mit diesem Album geschaffen hat, ist das überraschenste, irgendwie unscheinbarste, aber doch irgendwie offensichtlichste Album des Jahres. Wohlfühlmomente in jedem Takt. Dazu diese unverkennbare Genialität der Komposition. Einziges Problem daran ist vielleicht die Tatsache, das es zu ausgeglichen klingt. Aber James will auf dem nächsten Album ja etwas schneller werden. Er hat ja jetzt auch ne Band. Hat er mir gesagt. Hach, aber ich gerad ja schon wieder ins schwärmen. Einfach reinhören. Und (Achtung, schlimme Anglizisme) supporten!
Bester Track: Liquid Sugar
Anhören: To The Sky


#06 ... Stars „In Our Bedroom After The War“

Die Großen Gesten. Nachdem uns Großbritannien seit ca. 40 Jahren und auch Schweden in den letzten Jahren immer wieder gezeigt haben, wie man gute Musik machen sollte, hat auch Kanada vor langer Zeit an uns vorbeigezogen. Ganz vorn da natürlich dir Broken Social Scene aus Montreal, deren wichtigstes Erzeugnis neben Leslie Feist oder Final Fantasy wohl das großartige Sextett Stars darstellt. Und zum Glück vergrößert sich auch langsam die Zahl der Menschen außerhalb Kanadas, die diese Band zu schätzen lernen. Spätestens nach dem tollen letzten Album „Set Yourself On Fire“ und auch dem obligatorischen O.C. California Soundtrack-Auftritt. Darüber hinaus machen die Stars einfach wunderschönen Pop. So, wie er sein sollte und vielleicht auch mal vor Jahren war, aber der von all den Plastik Produkten der letzten Jahre im Formatradio todgespielt wurde. Doch die Stars trotzen diesem Trend und machen die Musik, die sie bitte machen sollen. So eröffnet „The Night Starts Here“ das Album. Der vermutlich schönste Popsong des Jahres. Unwiederstehlich! Zum Dahinschmelzen! Und dann kommen noch mehr. „Take Me To The Riot“, „Midnight Coward“, „Personal“ heißen diese kleinen Perlen. Sie erzählen Geschichten. Von Liebe, Sex, Hass, der Welt in der wir leben, von Fantasiewelten, seltsamen Begebenheiten, tiefer Trauer und den wunderschönen Seiten im Leben. „In Our Bedroom After The War“ ist wie das Leben. Oder besser, wie das Leben sein sollte. Nicht mit Zero Zucker, dafür mit großen Gesten, Streichern und Piano an den richtigen Stellen. „Life was supposed to be a Film“ singt Sänger Torquill Campell und das spiegelt eigentlich alles wieder, was die Stars ausmacht. Zusammen mit Amy Milan bildet er sowieso das sympathischste Frontgespannt der Indie-Szene. Spielend leicht schmeißen sie sich die lyrischen Bälle zu, erzählen Geschichten und vor allem Dialoge, so das es bei den Stars auch Spaß macht auf die Texte zu hören. Auf die Musik sowieso. Die hat zackige Smiths-Gitarren, Piano, Geigen, kecke, kleine Geräuschspielereien, Pauken, Trompeten und am Ende natürlich auch Chöre. Irgendwie auch eine Platte über das Leben. Für Menschen, die das Leben halt mal besonders erscheinen lassen wollen. Denn das wollen die Stars. Normal und einfach hat sicher auch seine schönen Seiten. Aber manchmal ist einem auch nicht danach. Denn „Normal“ ist ja langweilig und wer will schon auf Dauer so leben. Ein Album, dass die besonderen Momente im Leben feiert, egal wie schlimm und wie schön sie sind. Und ich glaub die Top 5 bestehen nur aus solchen Platten. Seid hiermit vorgewarndt.
Bester Track: Take Me To The Riot
Anhören: The Night Starts Here

Mittwoch, 21. November 2007

THE HIVES - THE BLACK AND WHITE ALBUM

...gar nicht so schwarz/weiss


Ganze 3 Jahre haben uns The Hives auf ihr neues Album warten lassen und im Vorfeld war von großen Veränderungen des Hives-Sounds die Rede. Umso gespannter war man natürlich auf das was die Herren jetzt mit ihrem „The Black And White Album“ fabriziert haben. Und man muss sagen das Album klingt erstaunlich experimentierfreudig, auch wenn die erste Single „Tick Tick Boom“ das jetzt nicht wirklich lauthals in die Welt hinaus geschrien hat. „Tick Tick Boom“ ist zwar nicht repräsentativ für das neue Hives Album, aber dennoch ein sehr kraftvoller und schön tanzbarer Beginn des Albums.
Der Folgetrack “Try it again” bringt da schon ein paar Neuartigkeiten ans Licht, wie beispielweise das Cheerleadermädchengeschreie das Howlin’ Pelle im Refrain („up from the floor on the count of ten, oh you get up, you get down and you try it again“) unterstützt.
Was man an diesem Album wirklich bemerken muss ist, dass die ungewöhnlichsten Tracks tatsächlich aus Eigenproduktion entstanden, wie beispielsweise „A stroll through hive manor corridors“, „Giddy up!“, „Puppet on a string“. So klingt „A stroll through hive manor corridors“ (ein Instrumental-Stück) und „Puppet on a string“ teilweise so als hätte Tim Burton vergessen ihn auf den „Corpse Bride“ Soundtrack zu packen. Der Gesang der Bandmitglieder und das Klavier färben den Track dunkel, oder besser gesagt schwarz/weiss. Man stellt sich Howlin’ Pelle Almqvist und den Rest der Band schon als Skelette um das Klavier herumstehend vor, wenn man sich diese Tracks anhört. Bekannt war auch, dass Pharell Williams am Album mitherum- fuhrwerken würde und so könnte man bei „Giddy up!“ alles darauf verwetten, dass dies einer der Tracks von Pharrell ist. Denn ein immerwiederkehrender Sound im Refrain klingt sehr artverwandt mit Sounds die die Neptunes bei alten Kelis Produktionen verwendeten. Doch ein Blick auf die Credits verrät, dass der Track tatsächlich nicht von Pharell produziert wurde, sondern von den Hives selbst.
Die beiden Tracks die Pharell Williams zum Album beigesteuert hat sind nicht anders als man es erwartet hätte, was besonders für den Track „T.H.E.H.I.V.E.S.“ gilt. Ein bisschen Rock’n Roll mit ein bisschen funky Beats, fertig ist das Aufeinandertreffen zweier Welten und die Hives klingen glücklicherweise immer noch nach Hives.
Die Songs der Hives wollen dir in den Arsch treten und dich nur so auf die Tanzfläche zerren, das ist ein Naturgesetz und das haben wir ja alle schon am eigenen Leib erfahren. Es mag vielleicht vor allem daran liegen, dass die Energie die The Hives in die Tracks stecken direkt beim ersten Hören spürbar wird. Beste Beispiele hierfür sind „Try it again“, „You got it all wrong“, “Hey little world”, “Won’t be long” und “Square one here I come”. Es ist unmöglich mit diesen Songs keinen Spaß zu haben.
Das Album solle auch mehr als ein Greatest Hits Album funktionieren, so die Band selbst. Was bedeuten soll, dass die Tracks sehr unterschiedlich, wie aus verschieden größeren Zeitabständen, klingen. ”The Black And White Album” ist das beste und zugleich abwechslungsreichste Album, dass die Herren bisher vorgelegt haben. Ihre Vorgängeralben waren bisher sehr gute Werke, doch „The Black and White Album“ überzeugt vor allem durch die neugewonnene Abwechslung. Habt ihr sehr gut gemacht, ihr lieben Hives!

Freitag, 2. November 2007

rhododendron's finest - teil zwei

Ich hatte Zeit. Es geht also weiter mit den Plätzen 15 - 11. Enjoy!

# 15 ... Klaxons „Myths Of The Near Future“

Der Hype. Kein Jahr ohne neue „Next-Best-Thing“-Bands aus dem UK. Meist bleibt es dann auch bei diesem einen Jahr. Aber das hat es dann halt auch in sich. 2007 war es der „New Rave“. Und auch wenn der nich so laut schreit, wie damals die Garagenrock-Welle, so sieht man ihn allerorts. Elektronische Musik (also die gute) hat wieder Hochkonjunktur und die Klamotten im H&M werden zunehmend bunter. Aber vermutlich bekommt das die Mehrheit hier eh erst nächstes Jahr mit. Dabei machen die Klaxons gar nicht mal so sehr Rave. Es ist eher sehr beatlastiger Britrock feinster Art. Zwischendurch gern mal wild und durchgeknallt, wie bei „Magick“ oder „Atlantis to Interzone“, den Durchdreh-Hit der Stunde. Ansonsten ist da drin aber auch viel Melodie, viel Keyboard-Momente und viel Science-Fiction. Dazu passt es, dass die drei Herren über kryptische Geschehnisse jenseits unserer Galaxie erzählen. Und bunt ist es sowieso! Und Neon! Und überhaupt. Was man den Klaxons bescheinigen kann ist die Tatsache, dass sie mal wieder neue Impulse gesetzt haben, auch wenn sie dafür gern mal in den 80er fischen, aber das muss ja nix schlechtes implizieren. Ein popkulturelles Werk zur Zeit. Inklusive Acid-Bässe. Eine Realitätsflucht sondergleichen und eine Energie, die hoffentlich für mehr als ein Jahr reicht. Wir werden sie im Auge behalten!
Bester Track: Atlantis To Interzone
Ansehen: It’s Not Over Yet


# 14 ... Beirut „The Flying Club Cup“

Der Kulturbotschafter. Bereits auf seinem Debüt „Gulag Orkester“ führte uns Zach Condon auf eine Reise. Neben all dem Britpop, Indie-Rock, New Wave und was weiß ich, ist dieses Album für mich vor allen eins: ein spannender Blick über den musikalischen Tellerrand. Neue Arten von Musik entdecken leicht gemacht, ohne in irgend einem Second Hand Shop die Weltmusik-Abteilung planlos zu durchwandern. Nach der Balkan-Reise seines Debüts nimmt uns „The Flying Club Cup“ mit auf eine Reise in die Welt des französischen Chansons. Nicht wirklich auf Französisch. Und nicht wirklich nur Chanson, aber diese Platte ist deutlich von der Landschaft Frankreichs inspiriert. Die traurige Trompete, die Condon so schön spielt, die zirpende Gitarre, die zarten Streicher und das scheinbar fröhlich herumspielende Klavier. Dieser Geist der Folk-Musik paart sich auf unnachahmliche Weise mit Pop und feinem Singer/Songwriter-tum. Ein Album, wie eine kleine, melancholische, aber doch freundliche Wundertüte verschiedenster musikalischer Stile, vereint zu einem einzigartigen Hörerlebnis, bei dem man, wie bei Arcade Fire z.B. auch einfach hört, dass es klingt. Das es gut klingt vor allem. Etwas anders, aber sehr zu empfehlen. Da hört man gern hin und vor allem genau hin. Vor allem wächst diese Platte mit jedem Hören und lädt so zum Entdecken ein. Und ich freu mich jetzt schon, wie ein kleines Kind, wo denn die Reise nächstes Mal hingeht.
Bester Track: In The Mausoleum
Anhören: A Sunday Smile


# 13 ... Simian Mobile Disco „Attack Decay Sustain Release“

Die Fitzler. Es blubbert, es vibriert, es peitscht das Acid. Kein Regler bleibt ungedreht, wenn sich James Ford und James Shaw an die Geräte wagen. Ob es nun am allgemeinen Interesse der Welt an guter elektronischer Musik liegt, am New Rave Hype oder weil Mr. Ford bereits die Klaxons oder Arctic Monkeys produziert hat... dieses Album hat Schmiss. Und neben all den heißen Rave-Electro-New-Dance-Whatever Scheiben von Justice, Digitalism oder Boys Noize dieses Jahr schneidet dieses einfach am besten ab. Lange hat mich kein reines elektronisches Dance-Album mehr so begeistert wie „Attack Decay Sustain Release“. Dieses Album ist Auslöser und Aushängeschild für meine wieder entdecke Liebe zu elektronischer Musik. Ja, alte Liebe rostet nicht. Und so was kann man gar nicht hoch genug bewerten. Wenn sich allein der Opener „Sleep Deprivation“ langsam aufbaut und dann mit diesem unvergleichlichen Beat um die Ecke kommt, dann ist einem jedes große Album der Rockgeschichte egal. SMD gehen auf die Zwölf. Die Beats schreien „Tanzt, ihr Fußvolk!“ und der Sound wirkt extrem fett und vielschichtig. Zwar mehr wie klassischer Rave, als das funkige Daft-Punk-Plagiat von Justice oder die rockige Platte von Digitalism, aber vielleicht ist es gerade das. Überall blubbert und fitzelt es. Unerwartete Soundwendungen kommen um die Ecke, die Sprachsamples werden passend eingebaut. Und vor allem ist das Teil abwechslungsreich. Neben Brettern wie „Hotdog“ oder „Tits & Acid“ gibt’s poppiges wie „Love“, sehr grooviges wie „I Believe“, experimentellen Kram á la „Scott“, sowie mit „Hustler“ den Disco-Hit des Jahres. Das gab es alles schon mal, das ist nicht neu. Weder innovativ, noch besonders tiefgründig. Aber wer auch nur halbwegs Ahnung von elektronischer Club-Musik hat, der muss dieses Retro-Rave-Hitsammelsorium einfach lieben. Ob mit oder ohne Neon ist auch egal!
Bester Track: Hustler
Anhören: Tits & Acid


# 12 ... Thirteen Senses „Contact“

Das Missverständnis. So ein Jahr hat ja rückblickend nicht nur Gewinner. Auch ne Menge Verlierer. Viele von denen haben es ja auch verdient. Andere nicht. Und das tut dann natürlich weh. Von der Trennung von Morning Runner oder den Cooper Temple Clause fang ich mal gar nicht an. Auch für die Thirteen Senses lief das alles nicht optimal. Erst leakt das Album zu zeitig im Netz, dann entscheidet man sich nochmal dran zu arbeiten und verschiebt den Release um einige Monate, dann kommt es raus... und floppt. Bei uns sowieso, aber selbst im UK hat das Teil mit Ach und Krach die Top 100 geschafft. Und das nachdem hochgelobten Debüt „The Invitation“, auch aus meiner Sicht eines der schönsten Alben der letzten Jahre. Und das obwohl „Contact“ ja nicht mal wirklich schlecht ist. Es hat sogar einige gute Momente, hauptsächlich die, in denen die Band nicht in den triefigen Kitsch abdriftet, was dann leider doch öfters passiert, als noch beim Debüt. Dennoch ist „Contact“ feinster Soft-Britpop/rock, das stellenweise einfach mehr bietet, als das letzte Keane oder Coldplay-Album. Besser als Snow Patrol sind sie auch allemal. Die Songs haben sie auch. Das wunderschöne „Talking To Sirens“, das meisterhafte „Ones and Zeroes“ oder das hymnische „Contact“. Die Band um Will South wagt auf ihrem Zweitwerk mehr, will auch mehr, wird aber nicht belohnt. Und das ist traurig. Vermutlich hat man versucht etwas zu sein, dass man nicht ist. Man muss keinen schnellen Indie-Rock machen, Boys, wenn man das nicht kann. In den Momenten, wo die Band sich auf das Gefühl, die Songs und deren Wirkung beschränken, haben sie immer noch die Fähigkeit, Leben zu retten. Aus meiner Sicht sind sie immer noch die einzig wirklichen Nachfolger, nachdem Coldplay sich von der Einfachheit verabschiedet haben. Jetzt arbeitet man bereits an Album 3 und die Plattenfirma sitzt im Nacken und will Erfolge. Ich ahne schlimmes, hoffe aber auf das beste. Wir sprechen uns nächstes Jahr nochmal!
Bester Track: Ones and Zeroes
Ansehen: All The Love In Your Hands


# 11 ... The Good, The Bad & The Queen „The Good, The Bad & The Queen“

Die Supergroup. Obwohl Damon Albarn diesen Begriff nachweislich hasst. Genützt hat ihm das nichts, weil alle Welt gespannt auf dieses Projekt mit ehemaligen Mitglieder von The Clash oder The Verve geschaut hat. Die Band, die sich und ihr Album nach einem Song von eben diesem benannt hat gehört ebenfalls zu den Überraschungen des ausgehenden Musikjahres. Albarn ist ohnehin eine der vielseitigsten Figuren im Musikgeschäft. Diese Vielseitigkeit zelebriert er auf jedem der 12 Songs dieses kleinen, feinen Pop-Meisterwerkes. Ein stimmiges, düsteres, in sich geschlossenes Album ist das. Mit Songs über ihre Lieblingsstadt London, über das Leben in dieser, in der Zeit in der wir leben. Es ist ein düsteres, sehr entspanntes Album. Dub und Reggae Elemente finden sich neben klassischem Pop hier ebenfalls spielend ein. Ein Album, welches trotz seiner thematischen Schwere eine gewisse Entspanntheit gepaart mit feinster Melancholie ausstrahlt. Ich glaub, es gibt kein besseres Album, um nachts durch die Strassen London’s zu wandeln. Immerhin wurde es ja auch dafür geschaffen. Albarn und seine Mitmusiker verzaubern einen und liefern irgendwie das ab, was ein gutes Popalbum abliefern sollte. Große Kunst, verpackt in eigentlich einfach wirkende Songs. Ein Album, wie aus einer anderen Zeit, als es der Musik irgendwie noch besser ging. Ach, und all das ohne dabei altbacken zu wirken. Was ich mit all dem Geschwafel eigentlich sagen wollte: Dieses Album ist hervorragend und gehört in die Plattensammlung. Danke!
Bester Track: Kingdom of Doom
Ansehen: Behind The Sun

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