Plattenteller

Dienstag, 2. März 2010

Pop auf die Zwölf

CoverJaguar Love bieten mit ihrem Album Hologram Jams feinste Popmusik für alle, die entweder extrem kurze Aufmerksamkeitsspannen aufweisen oder denen anderweitig leicht mal die Sicherungen durchbrennen.

Frage: Wer ist Hannah Blilie? Richtig! Die gute Frau, die auf dem Cover von Music For Men von The Gossip zu sehen ist. Außerdem ist sie die Schlagzeugerin derselben Band. Des Weiteren ist sie noch die Zwillingsschwester von Jordan Blilie. Den wiederum könnte man kennen, wenn man sich mal mit den Blood Brothers auseinandergesetzt hat. Denn da war er einer von den beiden Schreihälsen und hat zu unglaublich chaotischer, drängender, lauter, intensiver, hyperaktiver und schlichtweg schwer beeindruckender Musik im Wechsel mit Johnny Whitney unfassbar poetische, also wunderschöne bis schwer verstörende, Texte gesungen oder gekreischt.
So kam zum Beispiel von dieser Band der Refraintext des verblichenen Jahrzehnts:
Thanks for the survival rags!
Thanks for the soiled skies!
Thanks for the fucked up future!
We can learn to love misery!

(zu hören in Feed Me To The Forest auf dem 2004er Meisterwerk Crimes).
Um mal so langsam zum Kern des Pudels zu kommen: Johnny Whitney wiederum hat sich nach dem Ende der Blood Brothers 2007 gedacht: "Warum gegen Gitarrenwände ansingen, die klingen wie ein Eisenbahnunfall, wenn ich doch genau so gut mal ordentlich den Popkasper raushängen lassen kann?" Also entschied er sich, gemeinsam mit Mitstreitern von den Blood Brothers und den Pretty Girls Make Graves die Band Jaguar Love zu gründen und eben einfach mal richtigen Pop für die Disco zu intonieren. So richtig mit Synthies, Claps, Melodien, Verse-Chorus-Bridge-Strukturen und allem Pipapo, was noch dazugehört. Nach dem ersten Album sind nun für das zweite Album Hologram Jams nur noch er und der alte Blood Broothers-Gitarrist Cody Votolato übrig geblieben. Was der Sache aber keinen Abbruch tut - Ideen haben die Knaben für zehn.
Nun war es ja nicht so, dass Whitneys alte Band nur unhörbaren Krach fabriziert hat. Nein, immer wieder ließen sie eine gute Portion Pop durchblitzen, der durchaus auch die Fähigkeit hatte, sich im Ohr festzusetzen, wenn man denn offen genug war und sich von den 30 Stimmungs- und Rhythmuswechseln pro Song (!) nicht hat einschüchtern und ermüden lassen. Nur musste man halt schon etwas genauer hinhören.
Bei Jaguar Love besteht da aber überhaupt kein Zweifel mehr, wo das Ganze hin soll. Hier reiht sich eine catchy Hookline, an schmissigen Beat an Ohrwurmrefrain, dass man nur die weiße Bierfahne schwenken kann. So hauen sie erstmal mit dem Eröffnungsdrilling I Started A Fire, Polaroids And Red Wine und Cherry Soda solch unwiderstehliche Hits raus, dass einem schon Angst und Bange wird.
Womit man allerdings vorlieb nehmen muss, ist die sehr ... ähemm ... markante Stimme von Johnny Whitney. Klingt halt oftmals wie einer von den Chipmunks oder - um mal einen seriöseren Vergleich zu suchen - ein noch aufgedrehterer Cedric Bixler-Zavala (The Mars Volta, At The Drive-In). Allerdings ist auch diese unglaubliche Stimmlage und Gesangslage auch das, was der ganzen Musik ihren unglaublichen Drive verleiht. Natürlich ist auch die Musik uptempo und ständig passiert an allen Ecken und Enden etwas, jedoch erst durch die latent ungeduldige Gesangsart des Sängers, der mit seiner Stimme immer kurz vorm Überschnappen ist, wird eine unglaubliche Intensität erzeugt, die relativ schnell auch die Assoziation "ADHS" generiert.
Beim zweiten Hinhör stellt man dann aber fest, dass hier niemand komplett unstrukturiert zu Werke schreitet. Man stellt fest, dass halt nur Rhythmen ineinandergeschoben werden, dass die Stimme doch trotz der hohen Lage recht fest im Sattel sitzt und durchaus fähig ist, sicher schöne Melodien zu intonieren. Die Breaks passieren zwar dreimal so häufig wie bei anderen Kapellen, allerdings auch dreimal so sinnvoll.
Trotz gelegentlicher Durchhänger (Up All Night und A Prostitute, An Angel) muss man den beiden Buam letztendlich doch ein erstaunliches Geschick zugestehen, schlüssige und geschmackvolle Songs zu schreiben.
So zum Beispiel das vergleichsweise ruhige aber umso intensivere Evaline, der schon fast simple, aber sehr schmissige Abschluss Piece Of My Heart, mit dem man irgendwie assoziieren muss, dass AC/DC Neue Deutsche Welle spielen. Oder das sehr hübsche - im entspannten Offbeat gehaltene Don't Die Alone, dass durchaus die Sonne aufgehen lassen kann.
Ein kleines Manko ist, dass die Texte, die zu Blood Brothers-Zeiten haushoch metaphorisch verquickt waren, nun eine viel einfachere Sprache bedienen, die natürlich das plakative Popthema unterstützt, jedoch mitnichten mit den hohen Erwartungen mithalten kann.
Alles in allem also eine Platte, die eingängig und dennoch fordernd genug ist. Sie wird zwar nie in der Idiotendisco um die Ecke laufen, aber wahrscheinlich auch demnächst in Ihrer gut sortierten Studentendisse. Und alle schauen sich an und sagen: "Boah! Anstrengend!" und können sich trotzdem nicht anders helfen, als zu tanzen.
Hologram Jams ist seit heute als Import erhältlich und ab 02. April auch hierzulande.

Hörbeispiele:
I Started A Fire
Polaroids And Red Wine

Dienstag, 16. Februar 2010

Ein Traum in Weich

Funktioniert sowohl bei warmer Sommerbrise als auch kaltem Winterwind. Am Freitag erscheint "Teen Dream", das wundervolle neue Album von Beach House... und es lädt zum Träumen ein.


Als ich das erste Mal mit dem Bandnamen Beach House in Kontakt kam, nahm ich ganz assoziativ an, wir würden hier mit irgendwelcher Café del Mar-Lounge-Music beschallt werden. Weit gefehlt, wenngleich die wunderschöne Musik des amerikanischen Duos trotzdem zum Träumen und Entspannen einlädt. Per Zufall stieß ich auf die Gratis-Single „Norway“ und war sofort begeistert von der verträumten und gefühlvollen Atmosphäre, die dieses kleine Pop-Wunder ausstrahlte. Die weichen Soundflächen, die relaxte Melancholie und die wundervolle Stimme von Victoria Legrand, welche weit davon entfernt ist, wie die weibliche Konkurrenz zu klingen, sondern etwas sehr eigenes hat, vielleicht auch weil Legrand nicht versucht, wie ein süßes Zuckerpüppchen zu trällern, wenngleich es die Musik natürlich erlauben würde.

Das nunmehr dritte Album „Teen Dream“ schaffte es mich in seiner Gänze, genauso wie die Single zu fesseln. Lengrand und Bandkollege Alex Scally schaffen ein wunderbar stimmungsvolles Stück verträumten Indiepops. Verspieltes Piano, zirpende Gitarren und ein weicher Orgelklangteppich bilden zusammen mit Lengrands Stimme die Grundlage für zehn astreine Popsongs, die sich irgendwo zwischen klassischem Pop und Folklore bewegen und dabei eine ganz eigene Stimmung verbreiten. Das kann, um den Bogen zum Anfang spannen, auch gern genutzt werden, um den Sonnenuntergang am Strand zu genießen. Gleichzeitig kann diese Musik auch kalte Winterabende wärmen. Und zum Mitsingen lädt die Platte gelegentlich auch ein… Songs, wie „Zebra“ oder „Lover Of Mine“ sind bspw. so unscheinbare Hits, wogegen man sich in Songs wie „Walk In The Park“ einfach hineinfallen lassen möchte. Bewusste Drosselung des Tempos ist hier angesagt. Beach House verfolgen, insofern ich das als Quereinsteiger beurteilen kann, ihren bisherigen Stil weiter. Dadurch wird „Teen Dream“ natürlich etwas einseitig. Aus dem gewohnten Klangbild bricht nämlich keiner der Songs großartig heraus, alles wirkt wie ein melancholischer, aber schöner und in Watte verpackter Traum. Aber nur so funktioniert „Teen Dream“ am Ende auch, nämlich als in sich geschlossener, musikalischer Traum, den man nur hören und genießen sollte, wenn man bereit für diese Art von Musik ist. Darüber hinaus fehlt es dem Ganzen halt etwas an Abwechslung und neuen Impulsen, aber angesichts so schöner Musik frage ich mich einmal mehr, ob es so etwas überhaupt braucht. Für alle, die sich mal wieder für rund 48 Minuten in traumhafte, gut gemachte Musik fallen lassen wollen, ist „Teen Dream“ genau das Richtige. Und auch der Rest da draußen sollte reinhören und sich diesen kleinen akustischen Strandurlaub gönnen.

DOWNLOAD - "Norway" [mp3]

Freitag, 12. Februar 2010

My Heart Had A Wish That They Would Not Go

Die Auferstehung der Hälfte der Aereogramme unter dem neuen Namen The Unwinding Hours erfreut alle Anhänger des stilvollen und ehrlich empfundenen Kitsch mit maximaler Freude. Sie sind wieder da - die großen Streicher, die bombastischen Arrangements von Intimität bis Getöse, die ehrlichen einfachen Texte und die sanfteste Stimme der Welt.

CoverAls vor drei Jahren die Aereogramme bekanntgaben sich aufzulösen, half es wenig als Trost ihr letztes, großartiges Album, welches ganz wunderbar und programmatisch mit My Heart Has A Wish That You Would Not Go betitelt wurde, zu hören. Denn es war so groß, traurig und voller Schönheit, dass es einen nur die Augen tränen ließ, als schwömme man in einen Zwiebelsaftbad. Und glaubt es oder nicht, aber die beiden Schotten konnten das noch steigern.
Das wird bereits in dem absoluten famosen postrockenden Opener Knut, der bereits seit längerem via MySpace den Mund wässrig macht, deutlich. Craig B singt mit seiner herrlich hohen und unvergleichlich warmen Stimme mantrahaft We can, we will, we must get up!. Dazu bläst der Hintergrund vom leisen Säuseln bis zum veritablen Sturm. Jedoch nicht im klassischen Postrock-Sinne wändeeinreißend und unwetternd, sondern eher zum erfreuten Arme in die Luft reißen. Forttragend. Wie eine warme Woge. So orcherstert einem die feine Mixtur aus dicken Streichern, dezent polternden Drums und nicht zu heftigen Gitarren entgegen.
Mit fuchsiger Schläue gebenedeit, tappen die Herren Cook und B jedoch nie in die Falle, postrockend den immergleichen Aufbau in Dauerschleife zu bringen, sondern setzen auch schöne (sehr schöne) ruhige Kontrapunkte, wie der hervorragenden Gitarrenfingerübung Solstice oder dem schwebenden Minnesang Traces, welches ein so schönes positives Liebeslied an den Partner ist, an dessen Seite man des Morgens erwacht: I'm glad that you stayed haucht es aus dem waldschratigen Bart von Craig B.
Überhaupt, welch' Textpracht. Nie intellektuell überfrachtet, nie umständlich in komplizierte Metaphernlabyrinthe verwoben. Sondern klar, ehrlich und unumwunden zu Herzen gehend. Im Verbund mit der nicht genug zu lobenden weichen Stimme, werden die Mundwinkel des Öfteren mal eingenordet. Auch sollte man die Produktionsfähigkeiten der beiden an dieser Stelle lobend erwähnen: So schaffen sie es nicht nur, einen bei dem erwähnten Knut oder dem absolut überwältigenden Peaceful Liquid Shell komplett umzubügeln. Nein, so kann einen die unaufhaltsame Noise-Attacke am Ende des sonst auch sehr hübschen There Are Worse Things than Being Alone etwas unwohl werden lassen - und gibt damit dem Trennungslyrics eine beängstigende Intensität. Im Gegensatz dazu meint man, bei Little One würde einem direkt ins Ohr gesungen so nah und direkt klingt das. Und den Orchestereinsatz beim schließenden The Final Hour muss man einfach erlebt haben.
Insgesamt klingen The Unwinding Hours also wie etwas selbstsichere Sígur Rós, wie ein entspannter Morrissey circa Ringleader Of The Tormentors oder wie zärtliche Mogwai mit Gesang. Im Wesentlichen aber wie die logische Fortsetzung der Aereogramme. Und wer nicht weiß, wie die klangen, sollte mal diese Lücke schnellstmöglich schließen und sich zum Beispiel an dem überirdischen Trenches ergötzen.

Als Hörbeispiel möchte ich auf Peaceful Liquid Shell verweisen, dass ja wie bereits beschrieben einfach nur überwältigend ist. Achtet auf den zweiten Tutti-Einsatz nach dem Don't wanna know, don't wanna know .... Daft Punk haben es schon einmal treffend beschrieben: Put Your Hands Up In The Air!

Samstag, 6. Februar 2010

Zu sperrig, um es aus dem Ohr zu bekommen ...

Das zweite Album der Band Yeasayer, namens Odd Blood bietet erneut einen bunten Blumenstrauß an Stilen, dem aber ordentlich Dünger ins Wasser getan wurde. Zwar gedieh es und wurde ungesund viel. Sieht aber dafür hervorragend aus.

Cover

Ich hätte nie im Leben gedacht, dass diese Musik mir jemals gefallen könnte. Denn es ist wohl geeignet für Fans von Grizzly Bear und Animal Collective. Beides Kapellen die auf mich wirken, wie der Besuch vom Sandmann persönlich. Und so geschah es auch hier. Yeasayer konnten mich nicht lange bei der Stange halten. Bei dem Intro The Children dachte ich noch: "Ziemlich spooky, ziemlich cool. Toller Effekt auf der Stimme. Nettes Intro, jetzt geht es bestimmt los!"
Nun ja, dann kommt das allseits bekannte Ambling Alp. Das ist zwar ein verfluchter Ohrwurm, aber würde man es nicht schon kennen, auch nicht gerade ein Floorfiller oder klassischer Kopfnicker. Es zappelt, zuckt und blitzt zwar an allen Ecken und Enden, aber wirklich von der Stelle kommt es nicht. Denn das Tempo ist eher für die Invalidendisco gedacht, als für Beingesunde. Mit dem darauffolgenden Madder Red wird es sogar noch ruhiger. Und den anschließenden Titeln kann ich gar nicht mehr folgen. Lediglich das etwas flottere und funkige Rome reißt mich etwas aus dem Dämmerzustand, der aber durch die sehr monotone Struktur sofort wieder eintritt. Und so zieht es sich durch bis ich es schon verpasse, dass das schließende Grizelda vorbei ist und nur noch Stille herrscht.
Große Enttäuschung. Und große Verwunderung, warum die Burschen denn so viel Anerkennung finden.
"Gut", denke ich, "nächster Versuch!"
Was bin ich froh, dass ich die Sache nicht ad acta gelegt habe, sondern noch eine weitere und viel mehr Chancen gegeben habe. So schälten sich dann Stück für Stück geniale und bewegende Songs aus dem grauen Einerlei.
Denn zum Beispiel das sehr unflüssige ONE kann durch den schönen Refrain No! You don't move me anymore. And I'm glad that you don't, 'cause I could take it anymore. gefallen. Diese Zeile, oder auch das It's just a matter of it's just a matter of time aus Rome bekommt man den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf.
Das seltsame an Frozen von Madonna und Cry Me A River von Timbaland/Justin Timberlake zugleich erinnernde Love Me Girl, kickt einem bei entsprechend basslastiger Anlage die Kalotte vom Kopf. Das vorher als langweilig empfundene Madder Red scheint das traurigste und schönste Lied der Saison zu sein, bei dem Chris Keatings (bekannt aus Simian Mobile Discos Audacity Of Huge) warme bis schwule Stimme im voller Schönheit zum Tragen kommt.
Die vorher als sehr fragmentarisch und nervig empfundenen Samples und Synthie-Stückchen am äußeren Hörfeld fügen sich zu einem wohlschmeckenden Eintopf zusammen.
Und vor allem eröffnet sich irgendwann, wie heftig den Herren Yeasayer im Studio die Eier geschwollen sein müssen. Der Sex perlt hier aus jeder Pore, aus jedem knurrigen Basslauf, tropft aus allen Drum (-computer) - Parts, schwillt aus jedem kruden Gitarrensolo, schwitzt mit aus jeder gurrenden Orgel und erregt mit allen Bläserstellen.
Das alles findet sein Höhepunkt (!) in dem unvergleichlichen Mondegreen, dass mit einem extrem treibenden (!!) Beat und der sehr einprägsamen und einprägenden Textzeile Everybody is talking about me and my baby, making love 'til the morning light die Latte (!!!) für Beischlafmusik dieses Jahr schonmal sehr hoch legt.
Logischerweise ist auch bei diesem Album nicht alles soooo toll. Strange Reunions hätte man auch weglassen und Grizelda eine Minute kürzer machen können. Die beiden wirken wie Good Morning Good Morning und Within You, Without You auf der Sgt. Peppers: zu verdrogt, zu schrullig, zu nervig ... überflüssig und Füllmaterial.
Zusammenfassend kann man über das Album dennoch sagen, dass all das, was mir vorher anständig über den Zeiger flanierte - dieses Bee Gees-Hintergrund-Geplärre, das hyperaktive Ge-Orgele, der sehr repetitive Aufbau, das gebremste Tempo - sich wundersamer Weise doch noch in den Hörkanal einnisten konnte, um mich dort hin und wieder mit fiesen Ohrwürmern zu piesacken.
Odd Blood ist letztendlich doch das dichte, pulsierende, ganz und gar hervorragende Werk, wofür man die Band mögen muss.

P.S.: Vielleicht sollte ich es jetzt doch noch einmal mit Grizzly Bear und Animal Collective probieren ...

Mittwoch, 3. Februar 2010

Im eigenen Schatten

Unsicherheit macht sich breit. Das neue Hot Chip Album wirft die Frage auf, wieviel "Pop" einer Band überhaupt gut tut...

41EIQThw08L-_SL500_AA240_Schafft man es eigentlich, eine Hot-Chip Rezension zu schreiben, ohne dabei das N-Word in den Wund zu nehmen? Nein, nich dieses N-Wort… Ich meine natürlich „Nerd“. Hot Chip werden ja gern mal als solche bezeichnet und machen auch keine Anstalten, etwas dagegen zu unternehmen. Man frickelt stets an neuen Ideen, hat ein überdimensioniertes Wissen in Sachen Popmusik und Front-Softie Alexis Taylor pflegt sein Fabel für große Hornbrillen auch im Jahr 2010 immer noch einigermaßen. Die Frage ist natürlich, wo geht diese meist wegweisende Band in der neuen Dekade denn musikalisch hin? Die letzten Platten waren mit ihrem wilden Genre-Mix stets eine erfrischende Bereicherung in der bunten Musikwelt und zeigten, dass Experimentierfreudigkeit und eingängige Popsongs keinen Widerspruch darstellen müssen. Die Messlatte liegt nach dem 2008er „Made In The Dark“ jedenfalls hoch.

Und wieder schafft es die Band mit dem nun mehr vierten Album zu überraschen… wenngleich sie das auf andere Art und Weise tut, als man es erwartet. Denn stärker als je zuvor will das Kollektiv Hot Chip den Pop. Diese drei Buchstaben sind das Credo unter dem „One Life Stand“ steht. Der Lernprozess ist vorbei. Folgt also am Ende die Kür? Das neue Hot Chip Album ist das bisher eingängigste und melodieverliebteste Album der fünf Briten. Die Frage ist natürlich, inwieweit dies eine gute oder eher unvorteilhafte Entwicklung der Band ist. Auf der Haben-Seite stehen aber wieder einmal unverschämt eingängige Ordner. Der treibende Beginn mit „Thieves In The Night“ oder das Synthie-Streicher-verliebte „I Feel Better“. Diesen Songs kann man sich nicht widersetzen, hier spielt die Band ihre Trümpfe aus. Nach dem netten, aber irgendwie etwas belanglosen Titeltrack wird dann erstmal das Tempo gedrosselt und die Herren Taylor und Goddard können ihrer Vorliebe für schmalzigen Soul frönen, wie sie es schon auf dem Vorgänger bestens gemacht haben. Hier geht dem Album aber etwas die Luft aus… prinzipiell sind Songs wie „Brothers“ oder „Slush“ okaye Songs, aber gerade letzteres ist viel zu lang und schafft es nicht, die Spannung durchgängig zu halten. Ein kleines, feines Juwel, wie „Alley Cats“ hingegen zeigt, dass die Band es neben all dem nerdigen Elektrogefitzel auch schafft, einen einfach nur mit traumhaften Melodien zu bewegen. Am Ende reißt man dann das Ruder noch etwas rum und gerade der luftig leichte Schlusspunkt „Take It In“ verdient noch einmal vollste Hingabe. Soweit so handelsüblich.

Das eigentliche Problem an der ganzen Sache ist aber irgendwie nicht, dass die Songs nicht unbedingt ausreichen, sondern es ist der eigene Schatten, welcher über der Band liegt. Ich meine lassen wir mal das relativ uninspirierte 2004er Debüt „Coming On Strong“ außen vor… aber „The Warning“ und „Made In The Dark“ waren einfach in vielen Bereichen aufregender, überraschender und auf eine positive und spannende Art und Weise gewöhnungsbedürftiger. Es fehlt „One Life Stand“ trotz ausgeprägtem Retropop- und Melodiegespür ein wenig die besondere Note, die Hot Chip immer anhaftete. Selber Schuld, wenn man die Messlatte so hoch legt, ihr Nerds. „One Life Stand“ ist also kein schlechtes Album, sondern sogar ein überdurchschnittlich gutes Popalbum. Und das muss man ja, angesichts des vielen Einheitsbreis in der bunten Welt der Popmusik immer noch betonen… dennoch fehlt da diesmal ein wenig dieses gewisse Etwas, wo ich als Hörer spontan „Wow!“ aufschreien würde. Gerade in den ruhigen Momenten sülzt man unnötig herum. „One Life Stand“ ist also weder Fisch, noch Fleisch, sondern einfach nur Pop… dafür aber von hoher Qualität. Für die Verbreiterung der Fanbasis könnte das aber von Vorteil sein. Und die Welt soll ja auch langsam mal raffen, wie gut diese Band ist. Beim nächsten mal von mir aus auch wieder mit mehr Mut zum Wagnis. Vielleicht sind Kontaktlinsen ja schon mal der erste Schritt.

Hot Chip @ MySpace

Montag, 18. Januar 2010

Nobono Awards 2009 ///

Besser spät als nie! Wir schreiben zwar schon offiziell das Jahr 2010, aber natürlich gilt es noch ein musikalisches Großereignis aus dem Vorjahr nachzureichen: die offiziellen NOBONO Awards 2009!!!

Award-Logo-09
Bereits zum dritten Mal wählten wir unsere persönlichen musikalischen und auch popkulturellen Highlights des ausgehenden Jahres. Mit „wir“ sind natürlich doughnut, legomännchen und rhododendron gemeint. Neuzugang The Fall On Deaf Ears“ wurde mal eben ausgelassen, weil er noch in der Bewährungszeit ist und erst einen 5wöchigen Gang durch die Wüste nur ausgerüstet mit einem mp3-Player und einer David-Guetta-Platte durchstehen muss. Aufnahmerituale halt! Nein, er darf dann im nächsten Jahr mit ran. So sind wir drei es also wieder… 3 Meinungen, keine Stühle. Und ein ausgeklügeltes Bewertungssytem (deshalb auch erst jetzt), wo jeder seine Favoriten zum Voting beiträgt und somit ein schöner Mischmasch an Ideen zusammenkommt. Daraus haben wir in allerhand Kategorien, wir im Vorjahr jeweils eine Top 6 gewählt, welche wir nun an dieser Stelle posten. Dass es dabei natürlich zur Mehrfachbelegung einiger Plätze kommt ist selbst verständlich der Demokratie geschuldet. Und so hat diese Demokratie auch in diesem Jahr für einige Überraschungen gesorgt. Ich meine, wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass die Veranstaltung ein Triumphzug für die 80er Haudegen der Pet Shop Boys oder eine damals noch recht unbekannte Londoner Schülerband namens The XX werden würde? Oder für eine gewisse Lady Gaga, wenngleich dies ein eher ungewohnter Triumphzug ist. Darüber kann man natürlich herzlich streiten, aber dies ist letztendlich unser Voting für 2009! Das hat uns bewegt. Menschlich, emotional oder auf den Tanzflächen dieser Republik. Menschen, Tiere, Popmusik! Wir hoffen, ihr genießt diesen unglaublichen Sog an Informationen und bleibt uns auch im vierten Jahr unseres Bestehens gewogen. Wer auch immer ihr seid und wo auch immer ihr seid, ich hoffe, ihr hinterlasst uns eure Kommentare oder sagt uns, was euch 2009 so begeistert hat…

Herzlichst, euer Nobono-Team!

Band des Jahres

Vor einem Jahr hätten selbst Fans, wie doughnut und rhododendron drüber gelacht, aber es ist tatsächlich demokratisch entschieden worden: Nobono’s liebste Band 2009 sind die Pet Shop Boys, die damit ihr quasi-Comeback hier krönen. Und das ist in Sachen Preisen hier nur der Anfang. Die vielgehypten Newcomber The XX belegen Platz 2 und auch der Rest dürfte vielen bekannt sein. Letztes Jahr ging der Preis übrigens an Sigur Rós.

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1. Pet Shop Boys
2. The XX
3. Editors / Phoenix
5. Depeche Mode
6. Muse / The Rifles


Beste Solokünstler/-in

Nachdem sie letztes Jahr nur Platz 4 belegte konnte Natasha Khan aka Bat For Lashes im Jahr 2009 den imaginären Preis als beste Solokünstlerin mit nachhause nehmen. Ladyhawke schnappt sich Platz 3, bester Mann im Feld wird Jamie T, der damit die inoffizielle Nachfolge von Vorjahressieger Konstantin Gropper antritt.
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1. Bat For Lashes
2. Ladyhawke
3. Jamie T
4. Julian Plenti
5. Morrissey
6. Thom Yorke


Bester Rock Act

Aus dem Stand heraus Platz 1 machen und dabei noch so alte Haudegen, wie Muse oder die Yeah Yeah Yeahs abhängen: Respekt, liebe Whites Lies. Das Wave-Rock-Trio schnappt sich den Preis für die beste Rockband und beerbt damit die Kills, deren Frontfrau Alison Mosshart mit ihrer Zweitband The Dead Weather allerdings ebenfalls auf Platz 5 vertreten ist. Auch eine reife Leistung!
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1. White Lies
2. Muse / Yeah Yeah Yeahs
4. Arctic Monkeys
5. The Dead Weather / The Rifles



Bester Pop Act

Im Pop-Ranking zeichnet sich ein ähnliches Bild ab, wie bei den Bands... auch hier siegen die Pet Shop Boys gegenüber ihren Landsleuten von The XX. Und so zeigen die Top 6, dass Pop auch ein sehr vielseitiger Begriff sein kann… für Indie-Popper Jack Peñate ist genauso Platz, wie für die Kostümorgien von Empire Of The Sun. Letztes Jahr standen an dieser Stelle die Last Shadow Puppets an der Spitze, die sich diesmal allerdings aus dem Geschehen raus gehalten haben.
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1. Pet Shop Boys
2. The XX
3. Ladyhawke
4. Empire Of The Sun
5. Friendly Fires / Jack Peñate


Bester Electro Act

2007 haben sie bereits mal den zweiten Platz belegt, diesmal stehen James Ford und James Shaw oben auf dem Treppchen. Simian Mobile Disco sind unser liebster Elektro-Act des Jahres 2009. Der selbsterklärte Disco-Erfinder Calvin Harris und die Norweger von Röyksopp teilen sich Platz 2. Auf den hinteren Plätzen ist dann eher Platz für minimalistische Künstler. Kalkbrenner hält die Be-Pitch-Ehre hoch, nachdem Vorjahresssiegerin Miss Kitten diesmal nicht mit von der Party ist.
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1. Simian Mobile Disco
2. Calvin Harris / Röyksopp
4. Pantha Du Prince
5. Gui Boratto / Paul Kalkbrenner



Bester Act mit nicht eindeutig erkennbarem Genre

Welch schwachsinnige Kategorie? Na ja, vielleicht. Andererseits wollen wir es natürlich auch jeder Band recht machen, selbst denen, die sich konsequent jedem Genre verweigern. The XX können diese Runde für sich entscheiden und schlagen damit u.a. Delphic und Jamie T, die sich Platz 2 teilen. Inwieweit diese Einordnung Sinn macht, darf hier gern jeder für sich entscheiden.
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1. The XX
2. Delphic / Jamie T
4. Wild Beasts
5. Passion Pit
6. Mew


Coolste Sau auf Erden

Der Begriff „Coolness“ ist natürlich relativ dehnbar, muss man sagen. Immerhin hießen die Preisträger der Vergangenheit Patrick Wolf, Charlotte Roche oder auch Roboter Wall-E. Dieses Jahr kann den Preis die wunderbare, talentierte und musikalisch hochwertige Natasha Khan für sich mit nach hause nehmen. Da werden die restlichen männlichen Kollegen nur auf die Plätze verwiesen. Hier ist von Legende Bernie Sumner bis hin zu Whiskey-Junkie Mr. Oizo auch alles vertreten.
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1. Natasha Khan
2. Bernard Sumner
3. Mr. Oizo / Thees Uhlmann
5. Paul Kalkbrenner
6. Jack White


Schmutzigste Phantasie des Jahres

Sex sells! Auch hier! In diesem Jahr geht’s in Sachen Sexiness relativ ausgeglichen zu. Das schönste Pärchen des Jahres besteht aus Philipa Brown aka Ladyhawke, sowie Tom Smith von den Editors. Jamie Bell, ist wie im Vorjahr dabei und teilt sich den Platz mit Katrin Bauerfeind, dem einzig wirklichen Grund, sich noch die Harald Schmidt-Show anzuschauen. Von CSS-Frontluder Lovefoxxx, die in den letzten Jahren groß abgeräumt hat, ist hingegen keine Spur
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1. Philipa Brown / Tom Smith
3. Katrin Bauerfeind / Jamie Bell
5. Zooey Daschanel / Emily Haines




Bestes Musikvideo

Soviel tolle Videokunst, die es schon lange nicht mehr ins Musikfernsehen schafft. Ein Anschauen bei YouTube empfiehlt sich bei jedem einzelnen Clip. Gewonnen haben am Ende die Presets. In einem Anfall von englischsprachiger Interpretationslust schreibt Redakteur doughnut dazu: „Rarely had I seen such a video clip where pictures and sound brilliantly merge into each other. In “If I know you” we follow the dancing protagonist from Australia’s suburbia right into the city – from day to night. Throughout the video clip he is accompanied by other youths; together they make their way through vivid, colorful, and intensive shots that reveal the atmospheric character of the city.” Word!!!
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1. The Presets “If I Know You”
2. White Lies “To Lose My Life”
3. Coldplay “Strawberry Swing”
4. Bat For Lashes “Daniel” / Delphic “This Momentary”
6. Charlotte Gainsbourg ft. Beck “Heaven Can Wait”


Beste Single

Nachdem MGMT im Jahr 2008 relativ einstimmig an die Spitze gewählt wurden, gibt es dieses Jahr bei der besten Single einen Patt auf Nobono. Zum einen die herzerwärmende Ballade „Daniel“ von Bat For Lashes und zum anderen das große Comeback-Single-Wunder der Pet Shop Boys, „Love etc.“ Liebe also an allen Fronten. Es folgen die White Lies auf Platz 2 und die schöne Hippie-Hymne „We Are The People“ von Empire Of The Sun auf Platz 3.
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1. Bat For Lashes “Daniel” / Pet Shop Boys “Love etc.”
3. White Lies “To Lose My Life”
4. Empire Of The Sun “We Are The People”
5. Bloc Party “One More Chance”
6. Friendly Fires “Kiss Of Life” / Röyksopp “The Girl And The Robot”


Album des Jahres

Gut, spätestens jetzt dürfte es keinen mehr verwundern: Auch Nobono sagt: „Yes“ und macht den gleichnamigen Pet Shop Boys Wurf zur Platte des Jahres. Wer hätte das vor einem Jahr gedacht? Die anderen Gäste in den Top 6 sind ebenfalls der engere Favoritenkreis, doch am Ende müssen sich auch The XX oder Bat For Lashes geschlagen geben. Letztjähriger Sieger war das Debüt der Foals.
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1. Pet Shop Boys “Yes”
2. The XX “The XX”
3. Bat For Lashes “Two Suns”
4. Phoenix “Wolfgang Amadeus Phoenix”
5. Grizzly Bear “Veckatimest” / The Rifles “Great Esacpe”


Bester Remix

Nicht erst seit der neuen Kategorie „I Love Remixes“ hier auf Nobono steht fest, dass Neuinterpretationen großer Hits unser Ding sind. Den besten Remix des Jahres liefert der Franzose Fred Falke mit seiner housigen Neuinterpretation des Gossip-Songs „Heavy Cross“ ab. Und die allgemeinen diesjährigen Favoriten hier, die Pet Shop Boys und The XX schaffen es ebenfalls ihren Stempel in dieser Kategorie zu setzen. Respekt dafür. Ein paar der Remixe gibt es übrigens in einem Posting unter „Mixtape“ zum kostenlosen Download.
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1. The Gossip “Heavy Cross” (Fred Falke Remix)
2. MGMT “Kids” (Pet Shop Boys Abstrakt Mix)
3. Empire Of The Sun “Standing On The Shore” (Lifelike Remix) / Phoenix “Liszotmania” (Classixx Remix) /
5. Fever Ray “Seven” (The Twelves Remix)
6. Florence & The Machine “You Got The Love” (Remixed by The XX)


Peinlichster Lieblingssong 2009

Es stellt sich hierbei wirklich die Frage, ob es überhaupt noch peinlich ist, wenn eine Künstlerin es schafft, die Hälfte des Rankings mit Singles zu füllen. Ist Lady Gaga überhaupt noch peinlich oder letztendlich der Pop-Konsens auf den man sich einigen kann? Noch steht sie hier, aber was für ein unglaublicher Triumph. „Poker Face“ schlägt „Just Dance“… da können die anderen Pop-Ladies, wie Shakira oder… äh… Bill Kauliz nur abstinken.
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1. Lady Gaga „Poker Face“
2. Lady Gaga “Just Dance”
3. Shakira „She Wolf“
4. Lady Gaga ”Paparazzi” / Tokio Hotel “Automatic”
6. Beyonce “Sweet Dreams”


Bester Newcomer

Wenn ein Newcomer bereits nach einem Album hier in allen Kategorien mitmischt, wie The XX, dann dürfte der Gewinn in diesem Fall nicht wirklich überraschen. Die Londoner können sich gegen allerhand Konkurrenz, wie Delphic oder der New-Order-Nachfolgeband Bad Lieutenant durchsetzen. Und das Lady Gaga auch hier eine Rolle spielt, dürfte noch mal die Vermutungen der vorhergehenden Kategorie unterstreichen.
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1. The XX
2. Delphic
3. Bad Lieutenant / Lady Gaga
5. Empire Of The Sun
6. The Dead Weather


Bester Live Act

Egal, ob Q, Brit- oder NME-Award... wenn diese Kategorie anfällt steht meist eh eine Band an der Spitze… und so wundert es kaum, dass sich auch Nobono dem Tenor anschließt und Muse zur liebsten Live-Band erklärt. Nutzt also die Chance auf zukünftige Live-Konzerte. Beeindruckend an dieser Liste ist auch die Tatsache, dass sich die Rifles zum dritten Mal in Folge hier platzieren können. Beharrliches Touren zahlt sich also doch aus.
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1. Muse
2. Tiger Lou
3. Bat For Lashes
4. Editors / The Rifles
6. Coldplay / Delphic


Bester Deutscher Act

Deutschland, deine Künstler! Während sich etablierte Favoriten in diesem Jahr eher zurückheilten, war es wohl die Aufgabe des Berliners Peter Fox, die deutsche Popmusik fast im Alleingang spannend zu halten. Deshalb gibt’s dafür auch von uns Platz 1 in diesem Jahr vor ein paar alten Bekannten, wie Slut und Polarkreis 18, die bereits letztes Jahr hier zu finden waren. Schöner, kleiner Erfolg auch für Soft.Nerd an dieser Stelle!
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1. Peter Fox
2. Deichkind / Slut
4. Polarkreis 18
5. Clueso
6. Soft.Nerd


Die Beste Sache 2009

Natürlich sind solche Sachen im rein objektive Geschichten, welche die 3 Jungs von der Nobono-Tankstelle allein erlebt und anders empfunden haben. Umso logischer erscheint es aber, dass unser gemeinsames, viel zu kurzes Zusammentreffen in Börlin City unser Top Ereignis des Jahres ist. Da muss in Zukunft noch mehr kommen. Ansonsten auch viel Berlin im Ranking, u.a. die Live-Erlebnisse von Muse und Bad Lieutenant. Und auch hier: Neil Tennant und Chris Lowe. Krasses Pferd!
Nobono-Meeting
1. Das finale Treffen von ¾ Nobono in Berlin!
2. Erst keine Stehplatz-Karten für Muse-Herbsttour bekommen und auf einmal kommt diese exklusive Clubshow in Berlin um die Ecke! Tolle Sache!
3. Bad Lieutenant Live – Offenbarung und Rettung für alle, die Joy Division/ New Order zu ihren Lebzeiten verpasst haben
4. “The Fall On Deaf Ears“ tritt dem Blog bei und erweitert unser musikalisches Spektrum
5. Legomännchen darf zu den MTV Europe Music Awards
6. Spex sei Dank! Für kurze Zeit darf man wieder stolz sein, Pet Shop Boys-Fan zu sein!


Der größte Mist 2009

Da sag mal einer, unsere Generation wär’ unpolitisch. Mit den Reitern der neoliberalen Apokalypse, Angie und Guido, hat es nach der Finanzkrise 2008 wieder ein gesellschaftliches Thema auf Platz 1 geschafft. Irgendwie schade. Und auch der Rest ist breit gefächert. Wen hat das S-Bahn-Chaos in Berlin nicht schon angekotzt. Und als Nobono-Redaktion stellen wir uns geschlossen hinter die öffentliche Web-Masturbation von Twitter. Ich hab übrigens grad einen Kaffee getrunken. Schwarz!
AngelaGuido
1. Schwarz-Gelb für Deutschland und angeblich hat’s niemand gewählt. No Future!
2. Twitter. Man kann’s mit seinem Mitteilungsbedürfnis auch übertreiben
3. Atzenmusik… Deutschlands Unterschichten-Antwort auf Nu Rave!
4. Der verdammte Alltag – zu wenig Zeit für Nobono und Co.
5. Nix geht mehr – S-Bahn Chaos in Berlin
6. Warum hört jetzt eigentlich jeder Minimal-Techno?


Nervigster Song 2009

Sicher, es gibt auch die peinlichen Lieblingssongs, die nerven, welche man aber trotzdem mitsingt. Aber es gibt auch die Songs, die wirklich Brechreiz verursachen. Und da heißt der König der schlechten Musik dieses Jahr eindeutig David Guetta. Gleich zwei Songs bringt dieser Nervsack in den Top 6 unter. Da muss sogar Frauenarzt mit seiner Idiotie-Hymne „Das geht ab“ nur den zweiten Platz hinnehmen. Traurig: die einst okayen Sportis sind mittlerweile auch in solchen Regionen zu finden.
david-guetta-akon
1. David Guetta feat. Akon “Sexy Bitch”
2. Frauenarzt feat. Manny Marc “Das geht ab”
3. David Guetta “When Love Takes Over” / Black Eyed Peas “I Gotta Feeling”
5. Milow “Ayo Technology”
6. Sportfreunde Stiller “Ein Kompliment (Unplugged)“


Trottel des Jahres 2009

He’s our number one german outside minister! Guido, ein Lächeln wie ein Tsunami. Und dazu kommen auch noch Menschen wie Frauenarzt und Kollege Ackermann. Soll so Deutschland in der Welt präsentiert werden? Himmel hilf! Da wirkt ja Bushido noch harmlos. Auch fein: Peter Hook, der seinen Stammplatz in dieser Kategorie solange behalten wird, bis er bei Bernie Sumner anruft und sich entschuldigt! Wo bleibt denn das Freebass Debüt, Hooky?
guido
1. Guido Westerwelle
2. Frauenarzt
3. Josef Ackermann / Kanye West
5. Bushido
6. Peter Hook


Beschissenster Act 2009

Eindeutiger kann ein Votum nicht ausfallen. Erstmals wird das Monopol von Nickelback auf den Spitzenplatz gebrochen und der Preis geht dieses Jahr an den König des anspruchslosen Hausfrauen-Techno: David Guetta gewinnt mit überwältigender Mehrheit vor dem deutschen Atzenking Frauenarzt. Und die Black Eyed Peas stecken ja mit Guetta mittlerweile eh unter einer Decke. Ansonsten wären da natürlich noch künstlerisch uns vollkommen fremde Welten, wie der weibliche Jack Johnson Cobie Caillat oder Country-Blondchen Taylor Swift genannt. Wo ist eigentlich Kanye West und funkt mal eben dazwischen?
David-Guetta
1. David Guetta
2. Frauenarzt
3. Black Eyed Peas
4. Cobie Caillat
5. Taylor Swift
6. Culcha Candela


Enttäuschenstes Album des Jahres

Ja, manchmal erwartet man halt einfach mehr und wird dann enttäuscht. Am meisten wurden wir dieses Jahr von Athlete im Stich gelassen, dessen viertes Album „Black Swan“ ein ziemlicher Qualitätsabsturz war. Und von Little Boots hatte man nach den guten Singles auch mehr erwartet, als so belanglosen Elektropop. Wirklich schade: James Chapman aka Maps, der 2007 hier noch den Preis fürs beste Album gewinnen konnte. Für alle Künstler gilt in diesem Fall also: Nachsitzen!
athlete
1. Athlete “Black Swan”
2. Little Boots “Hands”
3. Maps “Turning the Mind”
4. Placebo “Battle For The Sun” / Mew “No More Stories...”
6. Morrissey “Years of Refusal”


Die besten Kinofilme 2009

Eindeutiges Votum für Qualität statt Quantität bei unserer Filmauslese. Sean Penn als schwuler Politiker Harvey Milk hat uns dieses Jahr am besten gefallen und schlägt damit die französische Überraschungskomödie der Sch’tis sowie den Spike Jonze-Kinderfilm mit den wilden Kerlen. Blockbuster wie Tarentino und Star Trek müssen sich da hinten anstellen. Und wo ist eigentlich James Cameron? ;-)
milk-sean-penn
1. Milk
2. Willkommen bei den Sch’tis
3. Wo die wilden Kerle wohnen
4. Der Vorleser/ Inglorious Basterds
6. District 9 / Star Trek


Die essentiellste Band 2000 – 2009

Natürlich kommen wir auch am Ende der 00er nicht umher, unsere Lieblingsbands aus dieser Dekade zu wählen. Bands, welche man unweigerlich mit dem Jahrzehnt verbindet, so wie die 80er mit den Smiths oder die 90er halt mit Oasis. Und so wird Nobono’s Band der Dekade das New Yorker Quartett von Interpol. Respekt an Paul Banks und seine Mannen. Und auch der Rest vom Schützenfest ist ein bunter Reigen an hochwertigen, alten Bekannten. Dann mal auf die nächsten zehn Jahre!
interpol1
1. Interpol
2. Sigur Rós
3. Coldplay
4. Bloc Party / Arcade Fire
6. Yeah Yeah Yeahs


Musikalische Hoffnung für 2010

Und besser kann man es als Band ja gar nicht haben. Wir halten auch im neuen Jahrzehnt große Stücke auf Interpol und freuen uns alle sehr auf das vierte Album, welches hoffentlich die Qualität der Vorgänger halten wird. Auch auf M.I.A. und die Klaxons sind wir gespannt… oder auf die Debüts von Delphic und Air France. Und ja: Nobono glaubt an die Libertines Reunion 2010! Die Welt ist wieder reif dafür! Ebenfalls beeindruckend: die Rifles finden sich zum dritten Mal in Folge in dieser Liste… mal sehen, ob sie mit dem Drittwerk wieder schneller sind.
interpol2
1. Interpol
2. M.I.A.
3. Klaxons / The Libertines
4. Air France / Delphic
6. The Rifles

Dienstag, 12. Januar 2010

Der Soundtrack zu Tief "Daisy"

Seit vergangener Woche gibt es zwei neue, langerwartete Debüt-Nachfolger auf dem Markt, die unterschiedlicher kaum sein könnten. So untermalen Get Well Soon und Vampire Weekend den kalten Winter auf ganz eigene Art und Weise.

Get Well Soon – Vexations

41jlq-2BQ8hUL-_SL500_AA240_Wenn sich diese beiden Alben wie Tag und Nacht verhalten, dann ist dieses hier eindeutig letzteres. Deutschlands Indieexportschlager ist zurück. Zwar hat uns China mittlerweile als Exportweltmeister endgültig überholt, aber ein paar Dinge gibt es dann dennoch, auf die Germany zurückgreifen kann. Die guten deutschen Autos zum Beispiel… auch das gute Bier natürlich. Musikalisch… na ja, da hätten wir Tokio Hotel für die Teenies dieser Welt und Rammstein für… ja, für wen eigentlich? Mir fallen dann noch Scooter ein und die guten alten Kraftwerk, aber dann war’s das auch. Der Indie-Rock-Sektor lässt zu wünschen übrig… nachdem The Notwist zusehens langweiliger werden, hält seit gut zwei Jahren ihr bayrischer Landmann Konstantin Gropper die nicht-unbedingt-schwarz/rot/goldene Fahne oben. Das Debüt „Rest Now, Weary Head, You Will Get Well Soon“ war ein anständiger Erfolg und eine der besten Platten, die dieses Land in den letzten Jahren hervorgebracht haben. Das hat dann auch das europäische Ausland mitbekommen. Und nachdem er mit Get Well Soon ausgiebig durch alle möglichen Lande tourte und mit dem Schreiben von Filmmusik beschäftigt war, hatte man gar nicht vermutet, das Gropper so fix den Nachfolger einspielt. Doch der Mann ist ein Arbeitstier, denn „Vexations“ wurde in Rekordzeit eingespielt und das Beste daran: man hört es dem Album nicht an!

Natürlich geht Gropper auf Nummer Sicher und lässt hier nichts anbrennen. „Vexations“ geht den Weg des Debüts weiter und folgt, getreu dem Intro „Nausea“ einem verwunschenen Pfad mitten hinein in eine kleine Fantasiewelt. In dieser entfaltet Gropper wieder einen hymnischen Indie-Pop, der voll Größe und Erhabenheit in der internationalen Liga spielt. Dabei schlägt er mit Get Well Soon deutlich düstere und melancholischere Klänge an, als noch auf Album Nummer Eins. Die Grundstimmung ist verzweifelter, in sich gekehrter und nachdenklicher. Sozusagen passt dieses Album noch besser als der Vorgänger in den verschneiten, düsteren Winter. Das Bild eines dunklen Waldes kommt einem in den Sinn, nicht nur wenn man das Video zur Single „Angry Young Man“ vor Augen hat. Dazu gibt es wie immer jede Menge Streicher, Bläser und bei „A Burial At Sea“ auch schon mal einen schicken Chor. Beerdigungspop mit hohem Unterhaltungswert. Dazu so unverschämt versteckte, aber doch offensichtliche Hits wie „We Are Free“ oder das bittersüße „Werner Herzog Get Shot“ (die Thematik „Tod eines Volksschauspielers“ wurde ja bisher auch eher ungenügend in der Popmusik verbraten)… und natürlich auch die tiefe Melancholie eines simplen Glanzlichtes wie „That Love“. Und selbst wenn da am Ende des Waldes ein Licht ist… Gropper dreht sich einfach um und rennt noch mal in die andere Richtung. Das schöne an der ganzen Geschichte ist aber, das „Vexations“ jetzt keine Suizidstimmung verbreitet, sondern in seiner Zelebrierung der Melancholie gerade zu etwas Erhebendes hat. Wie der Vorgänger schafft es auch dieses Album, Trost und Wärme zu schenken, die einem durch all die Dunkelheit und Verzweiflung dieser Welt helfen kann. So hinterlässt der Abschluss „We Are The Roman Empire“ auch ein Gefühl der Hoffnung und Zuversicht beim Hörer. Produktionstechnisch legt „Vexations“ noch mal einen Grad zu gegenüber dem Debüt. Man merkt, dass Gropper das Werk diesmal nicht in mühsamer Einzelarbeit zusammen gefrickelt hat, sondern dass da eine ganze Riege fähiger Musiker am Werk war. Und so hält „Vexations“ das hohe Niveau des Vorgängers problemlos und bezaubert erneut mit wundervoll schwermütigen Klängen. Vielleicht hat dies nicht mehr den A-ha-Effekt des Debüts, aber daran sollte man sich eh nicht messen. Zwei Produkte, zweimal hervorragende Leistung… da soll die Autoindustrie mal schauen, ob sie hier nachziehen kann.

Vampire Weekend – Contra

Nichts mit Winterdepression á la "Vexations" hingegen bei Vampire Weekend! Ein wenig blöd ist die Veröffentlichung des Zweitwerks „Contra“ zeitlich schon gelegen, zählte das frische Debüt doch zu meinen persönlichen Sommerhighlights des Jahres 2008. Ein wunderbar leichtes Indie-Pop-Album, das leider ohne den Hype-Stempel „Afro-Beat“ nicht wirklich auskam. Änderte aber bekanntlich nichts an der Qualität. Und die hat das Quartett aus New York City auch auf dem Nachfolger beibehalten, wenn nicht sogar verbessert. Sämtlichen Vorurteilen der kalten Jahreszeit wird gleich von Beginn an entgegen gewirkt… bereits in den ersten Textzeilen von „Horchata“ wird beim Genuss von Erfrischungsgetränken im Dezember nichts Widersprüchliches gesehen. Und gleich im dritten Song „Holiday“ wird auf wundersame Leichtigkeit die Flucht in den Sonnenschein angepriesen. Nein, es besteht kein Zweifel darin… Vampire Weekend haben das leichte Leben und den Ideenreichtum auch auf „Contra“ gepachtet. Auch diesmal ist nach gut 36min wieder Schluss und alles erzählt, was man wissen sollte. Wieder zaubert die Bands wunderbare kleine, schrullige Popsongs aus dem Hut, die vom verrückten, sich stets wechselnden Rhythmus vorangetrieben werden und mit allerhand klangtechnischer Spielereien versehen sind. Da gibt es natürlich die lustigen Keyboard-Elemente, viele Streicher, Bongos, Percussions und wild aufspielendes Gitarrengezirpe. Und die Mehrstimmigkeit nicht vergessen. Ansonsten haspelt sich Frontmann Ezra Koenig wieder gewohnt durch zehn kurzweilige Popsongs mit dem allerhand witzigen Alltagsgeschehnissen. Seine Stimme wirkt dabei vielseitiger, als auf dem Debüt. Von „ganz leise und sanft“ auf „Taxi Cab“, über „hoch und schrill“ auf „California English“ (Auto-Tune-Verfremdung inklusive) bis hin zum eunuchenartigen Abschluss bei „I Think U Are A Contra“… da hat jemand sein Handwerk perfektioniert. Gleiches gilt auch für Koenigs Bandkollegen.

Die selbst getroffene Aussage, dass „Contra“ wesentlich näher an dem sei, was Vampire Weekend eigentlich sind, wirkt nachvollziehbar. Denn anstatt hier nur eine Afro-Beat-Welle vorbeischwappen zu sehen, sollte man lieber eine Indie-Rock-Band erkennen, die sich nicht zu schade ist, die eigenen Grenzen des Genres zu sprengen. Und so können gradlinige Hits wie „Run“ oder „Giving Up The Gun“ hervorragend neben schrägen Ausbrüchen wie „Cousins“ bestehen, da die Band ihre verschiedenen Stilmittel stets wohl zu dosieren weiß. So wird „Contra“ zu keinem Zeitpunkt langweilig und schafft es am Ende mit „Diplomat’s Song“ sogar eine 6-Minuten-Nummer unterzubringen, wenngleich es sich die Band auch hier nicht verkneifen kann, die Grundstimmung innerhalb des Songs mal kurz über den Haufen zu werfen. Nein, Langeweile sieht anders aus. Mit ihrem abwechslungsreichen Rhythmuskonzept, dem sture Gradlinigkeit nicht zur Befriedigung ausreicht, schafft es die Band auch 2010 immer noch so frisch und unbeholfen, wie auf dem Debüt zu klingen. Und den Fehler, dass man sich beim zweiten Album als Band immer gleich maßlos übernimmt hat man schon mal nicht gemacht, was ihnen sehr hoch anzurechnen ist. Also gibt es natürlich von mir ein absolutes „Pro“ in Sachen „Contra“! Und jetzt Vorhänge zu, Heizung auf, Badeshorts an und dazu ein Schirmchengetränk im Wohnzimmer genießen! Man gönnt sich ja sonst nichts…

Download: Get Well Soon - "5 Steps/ 7 Swords"

Download: Vampire Weekend "Horchata"

Donnerstag, 7. Januar 2010

Hi-Energy!

Das Jahrzehnt geht gut los! Bereits 2009 überzeugten die Singles der Band Delphic, jetzt legt man ein mehr als ausreichendes Debütalbum vor. Ein erster Eindruck...

Mad-, Mad-, Madchester! In regelmäßigen Abständen wirft die ehemalige Industriestadt Manchester im Norden Englands tolle, neue Bands in die Musiklandschaft, die es schaffen, mich immer wieder mitzureißen. Das fängt bei Joy Division und den Smiths an, hört bei Elbow oder den Doves noch lang nicht auf. Und nun, 2010, macht sich eine neue Band auf, mein Herz im Sturm zu erobern, denen man die Wurzeln ihrer Heimat natürlich deutlich anhört. Aber das ist ja, wie wir wissen, durchaus ein Qualitätsmerkmal. Bereits seit meinem ersten Kontakt mit dem Quartett, vergangenes Frühjahr als Support von Bloc Party, warte ich gespannt auf das jetzt erscheinende Debütalbum. Doch kann diese tolle Live-Band, die im Laufe der letzten drei Monate mit den tollen Singles „Counterpoint“, „This Momentary“ und „Doubt“ bereits für Aufregung sorgte, nun auch auf Albumlänge begeistern? Aber natürlich kann sie das! Das Werk mit dem kryptischen Namen „Acolyte“ ist ein elektrisierendes Stück Indietronic-Pop geworden, irgendwo zwischen New Order und vielleicht auch Underworld, wenngleich Delphic natürlich alles in allem songorientierter wirken, ohne dabei aber den Dancefloor zu vernachlässigen, denn den beherrscht man automatisch. Hauptsache die Beats sind Four-To-The-Floor und die Synthieflächen helfen, den Trancezustand zu verstärken. Und so sind die Sequenzer, Basslinien und Synthie-Einsprengsel in ständiger Bewegung um den Zuschauer mitzureißen. Allein der über 8minütige Titeltrack sollte da schon Beispiel genug sein. Ansonsten vermeldet man keine Ausfälle. Die trancigen Poptracks wie „Red Light“ oder „Halcyon“ ziehen einen mit treibenden, aber nie zu harten Beats und weitläufigen Synthieflächen in den Bann, so dass einem die Länge gar nicht mehr stört, da die Zeit davonfliegt. Dennoch verlässt man sich nicht nur auf die Rave-Elemente, sondern lässt auch Gitarrensprechen. Im dringlichen Opener „Clarion Call“ bspw. oder im entspannt groovigen „Submission“, dass ein wenig das Tempo rausnimmt. Und ein so traumhafter Abschlusspopsong wie „Remain“ gelingt auch nicht jedem. Man kann Delphic natürlich mangelnde Abwechslung vorwerfen, aber ich will da nicht päpstlicher als der Papst sein, denn mit seinem entspannten, aber dennoch druckvollen 90er-Trance-Elementen zieht mich die Band einfach magisch in ihren Bann. Produzent Ewan Pearson hat natürlich drauf geachtet, dass hier alles schön clubtauglich bleibt, wenngleich Delphic durchblicken lassen, dass sie, eben wie New Order auch gute Songs schreiben können. Wohin sich die Band dann in Zukunft hin bewegen wird, muss sich zeigen.

Bis dahin bleibt „Acolyte“ eines der spannendsten Debüts des noch jungen Jahres, so viel steht bereits fest. Eine wunderbar eingängige Platte, die auf wunderbar klare und mitreißende Atmosphäre Indierock mit clubbigen Elektroelementen verbindet, ohne sich dabei allzu sehr an den vielen anderen neuen, viel gehypten Elektro/Rock-Bands anzulehnen. Gerade die Orientierung an Acts wie den Chemical Brothers bspw. hebt Delphic ein wenig von all den 80er-Retro-Sachen momentan etwas ab. Gut, man kann sich jetzt streiten, inwieweit man ein 90er-Revival bereits jetzt benötigt. Gute Popsongs, die trotzdem Hands-Up-Rave sein können! Wenn Tony Wilson das noch erleben könnte . . .

Delphic @ MySpace

DOWNLOAD: "Doubt" (Ramadanman Refix)

Dienstag, 29. Dezember 2009

Lieblingsalben 2009 / Platz 05 - 01



05. The Boxer Rebellion “Union”


Manche Dinge brauchen halt so ihre Zeit. Das Zweitwerk von der Londoner Formation The Boxer Rebellion zum Beispiel. Dabei ist „Union“ ja eine Art stilles Album der Rekorde. Das Album schaffte es als erstes Album in der Geschichte in die US-Charts ohne einen Plattenvertrag dahinter. Die Kritiker sind hin und weg und das Quartett hat sich in den letzten Jahren sprichwörtlich den Arsch abgespielt, um eine weltweit treue Fangemeinde aufzubauen. Und dies, wie gesagt, alles ohne Label, denn von diesem wurde die Band nach dem mangelnden Erfolg des 2005er Debüts „Exits“ ziemlich schnell fallen gelassen. Seitdem kämpft diese Band sicher öfters mal ums finanzielle Überleben, weshalb man die Arbeit, die The Boxer Rebellion in die Eigenverbreitung ihrer Musik steckt auch nicht hoch genug würdigen kann. Ein trauriger Zustand, welcher sicher auch symbolisch für dutzende Bands weltweit im Anbetracht der aktuellen Situation der Musikbranche steht. Das würde natürlich alles nur wie pathetisches Gewäsch klingen, wenn die Band nicht diesen wundervolle Argument, nämlich ihre herzerweichende Musik, in der Hinterhand hätte. Auf dem bereits Ende 2008 aufgenommenen „Union“ perfektioniert die Gruppe ihren melodischen Breitband-Rock noch einmal und schafft 11 kleine Meisterwerke. Darunter auch das traumhafte „Soviets“, eine wunderbare Hymne für die Ewigkeit. Großspurige Power-Songs, wie „Spitting Fire“ gelingen in dieser Perfektion selbst den Großen der Szene eher selten. Die Balladen „Misplaced“ oder „The Gospel Of Goro Adachi“ zeigen die Band vielseitig, feinfühlig und mit einem wahnsinnig guten Gespür für Melodien. Und zu „These Walls Are Thin“ kann man sogar ein wenig die Beine wackeln. Emotionale Hymnen, die in dieser Form momentan nur die wenigsten hinbekommen. Die Gitarrenwände sind kilometerhoch und die Stimme von Nathan Nicholson möchte die ganze Welt umfassen. Dies führt zu den bewegensten und ehrlichsten Momenten, welche ich dieses Jahr auf einem Album hören durfte. Es macht absolut keinen Sinn, dass diese Band nicht langsam in der Größenordnung von Snow Patrol oder den Editors spielt. Denn sie hat eigentlich alles, was man braucht. Nur noch keine Plattenfirma. Vielleicht brauchen sie die auch nicht und werden so zur Sperrspitze einer neuen Bewegung von Independentbands. Die Zukunft ist jedenfalls wieder offen für die jungen Musiker und ich hoffe doch, da kommt noch eine ganze Menge mehr auf uns zu.
Anhören: „Flashing Red Light Means Go“, „Soviets“, „Spitting Fire“, „These Walls Are Thin“

04. Pet Shop Boys “Yes”


Ein paar alten Haudegen halte ich ja gern die Treue, einfach, weil sie mich musikalisch schon seit Ewigkeiten begleichen, wenngleich ihre Karrieren ja alle vor meiner Geburt begannen. Und 2009 war eines dieser Super-Release-Jahre, wo alle mal wieder ein Album rausbrachten. Und während Depeche Mode, U2 und New Order (letztere unter anderem Namen) irgendwie leicht unter den Erwartungen blieben, erfüllten sie die von mir geliebten Pet Shop Boys am Ende nicht nur, sondern übertrafen sie noch. Nach 25 Jahren im Pop-Business, all den Ups-and-Downs und all der Skepsis, die ich im Vorfeld der Veröffentlichung von „Yes“ hatte (immerhin waren Xenomenia, die Produzenten der Sugababes am Start)... wer hätte gedacht, dass Neil Tennant und Chris Lowe noch einmal so ein Wurf gelingt? Alle Zweifel wurden mit dem phänomenalen „Love etc.“ weggewischt, der besten PSB-Single seit irgendwann in den 90ern. Darüber hinaus sorgten Musikpresse (Danke, liebe SPEX-Nerds), Feuilleton, Brit Awards, sowie alte und neue Fans dafür, dass man nach all den Jahren des peinlichen Verschweigens wieder mit erhobenen Haupt zu den Hohepriestern des Elektropop stehen konnte. Zum einen, weil die Zeit wieder reif war und musikalische Trendsetter wie La Roux, die Killers oder Lady Gaga sich offensichtlich am Edelpop der 80er orientierten und somit auch wieder Platz für die Originale war. Zum anderen, weil dieses Album am Ende genau das ist, was der Titel ankündigt. „Yes“ ist Euphorie-Plaste-Pop, hoffnungslos melodieverliebt, manchmal auch naiv und gerade dadurch in seiner Konsequenz, Schönheit und Eingängigkeit fast schon eine rebellische Ansage gegen die Musikwelt. Doch in Krisenzeiten flüchtet sich die Menschheit bekanntlich gern in den Schein. Dieser wird serviert als Kombination von Intelligenz und Tiefsinnigkeit auf den altbekannten Elektrobeats. Dennoch klingt dies alles eine Spur konsequenter, als in den letzten Jahren. Kein schwacher Song findet sich auf „Yes“, dafür jede Menge Hits. Neben der Single natürlich noch das famose „All Over The World“, ein wieder einmal verschenkter Hit des Duos. „Beautiful People“ spielt sich mit schönem Streicher-Arrangement durch die 60er, die romantische Ballade „King Of Rome“ erinnert an alte „Behaviour“-Zeiten, während „Pandemonium“ dann noch mal Gas gibt und das sich anschließende ruhige „The Way It Used To Be“ sicher einer der spannendsten und emotionalsten Pets-Songs der letzten Jahre ist. Neil Tennant und Chris Lowe zelebrieren einmal mehr die Unwiderstehlichkeit des Pops. Und das ist natürlich alles recht oberflächliche Musik, die in erster Linie unterhalten und im Kopf stecken bleiben will. Aber das tut sie leider auf unnachahmliche Art und Weise. „Yes“ ist natürlich auch kein Paradebeispiel dafür, wie Pop 2009 klingen sollte, denn da sind die beiden seit einigen Jahren schon nicht mehr der beste Ansprechpartner. Sie machen das, was sie machen... eine eher unscheinbare Alternative zum Mainstream-Pop, der sich diesem aber dennoch nicht vollständig verweigert. Irgendwie zwischen den Welten, wenn ihr mich fragt. Vielleicht wird dies kein Album für die Ewigkeit werden, aber der Haken auf dem Plattencover könnte halt genauso gut ein Ausrufezeichen sein. Die Pet Shop Boys sind zurück und bleiben sicher noch ein paar Jahre am Ball!
Anhören: „Love etc.“, „All Over The World“, „Pandemonium”, “The Way It Used To Be”

03. Bat For Lashes “Two Suns”


“I will rise above now and go about the city...” Diese Stimme, diese wunderbare Stimme! In dem Moment, als Natasha Khan beginnt die ersten Zeilen von „Glass“ zu singen, stellen sich mir stets die Nackenhaare auf. Der darauffolgende Trip ist eine Reise in die Nacht, voller Dunkelheit und Gefühl. Mit ihrem Zweitwerk „Two Suns“ wächst Khan mit ihrem Projekt Bat For Lashes noch einmal ein ganzes Stück. Ein intensives Hörerlebnis getragen von einer elfengleichen Stimme und einer geheimnisvollen und atmosphärischen musikalischen Untermalung. Egal, ob es das düstere Brodeln von „Glass“ oder „Siren Song“ ist oder der entspannte Groove der Singles „Sleep Alone“, „Pearl’s Dream“ oder halt „Daniel“... stets erzeugen die Songs eine ganze eigene düstere Atmosphäre getragen von Khan’s teils zerbrechlichen aber auch durchaus kraftvollen Vocals. Und in den intimen Momenten von Balladen wie „Moon and Moon“, dem wirren „Two Planets“, sowie dem wundervoll morbiden Ausklang „The Big Sleep“ erreicht diese Musik ungeahnte Kräfte. Als ob Khan nicht von dieser Welt wäre, sondern uns auf einen Trip durch das Weltall mitnimmt. Sagen ja auch schon die Songtitel. Das funktioniert auch deshalb so gut, weil Bat For Lashes stets die Balance zwischen Kunst und Pop meistert, wie es sonst nur wenigen Platten gelingt. Die Melodien sind teils offensichtlich, teils versteckt, manchmal muss man auch einfach das Gesamtbild auf sich wirken lassen. Anders als ihre isländische Kollegin Björk verrennt sich Natasha Khan dabei auch nicht allzu sehr in irgendwelchen Klangspielereien, sondern lässt stets Raum für die Songs an sich. Laute Momente wechseln sich mit zerbrechlichen Passagen ab. Das Chaos der Künstlerin wird in der Musik wiedergespiegelt. Es fallen mir eigentlich auch keine Worte mehr ein, um dieses Album besser zu beschreiben. „Two Suns“ ist ein ziemlicher Volltreffer, gleichermaßen geheimnisvoll, wie unglaublich eingängig und dabei voller düsterer Magie. Der Text zu diesem Album bleibt deshalb so kurz, weil ich einfach nicht mehr schreiben kann. Ich spreche eine uneingeschränkte Kaufempfehlung über dieses Werk aus und lege es jedem Menschen ans Herz, der auf gute, ehrliche und emotionale Musik steht. Wenn die Sirenen singen, kann man sich ihren Rufen halt nur schwer entziehen. Also einfach keine Furcht haben, sondern sich von der Sirene Khan einfach mit in die Tiefe ziehen lassen.
Anhören: “Sleep Alone”, “Moon And Moon”, “Daniel”, “Siren Song”, “Travelling Woman”

02. Editors “In This Light And On This Evening”


Ständig in Bewegung, ohne Rücksicht auf Verluste. Nach ihrer erfolgreichen Langzeittour zum Album „An End Has A Start“ hatten die Editors erst mal die Schnauze voll, die Editors zu sein. Im Studio suchte man nach neuen Impulsen und einem Sound abseits des zuletzt ausgetretenen Stadionrock-Pfades. Die neuen Ideen fand man schließlich im Synthesizersound der 80er-Jahre. Der Depeche Mode-Vergleich drängt sich also nicht nur auf, weil Produzent Flood schon mit besagter Band zusammenarbeitete. Ungewohnt ist das Ganze am Anfang jedoch schon. Eine treibende Sequenzer-Basslinie trifft auf Tom Smiths düstere Liebeserklärung an seine Heimatstadt London, sowie auf breite Synthieflächen, die uns direkt in die 80er mitnehmen. Bereits dieser erste Song kreiert eine bedrohliche, aber durchaus vertraute Atmosphäre, die bestimmend ist für den Rest des Albums. Die Dunkelheit ist nämlich nach wie vor der liebste Spielplatz der Band um Tom Smith und gibt dem Licht im Gegensatz zum Vorgänger wenig Charme. So umweht „In This Light...“ ein morbider, düsterer Geist. Die Bassläufe sind düster und treibend, die Drums mechanisch und die Synthies symbolisieren gleichzeitig Kälte, wie auch Wärme. Mit Präzision kreieren sich die Editors ein neues Bild und begeistern abermals. Die Grundprinzipien bleiben. Tom Smith fleht mit starke Stimme über das Übel der Welt. Verzweiflung, Zerrissenheit und andere Themen sind nach wie vor präsent. Die Songs sind ebenfalls schwer melodieverliebt. Da gibt es natürlich offensichtliche Hits, wie die Single „Papillon“, das melodieverliebte „Like Treasure“ oder der düstere Stampfer „Eat Raw Meat = Blood Drool“. Das sind die Melodien, die man von den Editors seit Jahren kennt. Große Songs, die nach außen wollen. Aber auch die introspektive Seite wird bspw. mit dem verschrobenen „The Bix Exit“ bedient. Statt aus Gitarren werden die Soundwände mittlerweile halt aus Analogsynthies gebaut. Dieser Schritt ist der beste, den die Editors in ihrer jetzigen Situation gehen können. Der radikale Soundwechsel muss geschehen, damit die Band interessant bleibt. Der ständige Entwicklungsprozess gehört zum Wesen der Band, fordert aber vom Hörer eine gewisse Bereitschaft, sich den dunklen Pfaden anzuschließen. Doch gleichzeitig spricht das Quartett aus London so auch eine ganze Menge neuer Fans an. Segen und Fluch gleichermaßen. Die Erfolgskurve zeigt weiterhin nach oben und das obwohl die Band den Pop nicht wirklich auf „In This Light And On This Evening“ erzwingt, sich aber ihm auch, wie gewohnt, nicht verstellt. Am Ende ist der Trip mit 9 Songs vielleicht ein wenig zu kurz, aber gelohnt hat sich die Reise in die Nacht dennoch. Das Drittwerk der Editors ist atmosphärisch sehr intensiv und weißt kaum merkliche Schwächen auf. Die Richtung, in die sich die von mir sehr geliebte Band entwickelt ist spannend und lässt für die Zukunft hoffen. Wenngleich man davon ausgehen kann, dass auch Album Nr. 4 wieder deutlich anders klingen wird. Nur eines wird wohl bleiben: Die Liebe zur Dunkelheit!
Anhören: “Papillon”, “The Boxer”, “Like Treasure”, “Eat Raw Meat = Blood Drool”

01. The XX “The XX”


Was soll ich eigentlich noch zu diesem Album schreiben, was nicht schon in zig Musikmagazinen und –Blogs auf der ganzen Welt geschrieben wurde? Post-Punk 2.0? Der Soundtrack zur Finanzkrise? R’n’B trifft New Wave? Irgendwie alles schon einmal gehört. Am Ende ist das selbstbetitelte Debüt von The XX das Album, auf das sich alle irgendwie einigen konnten. Der Geheimtipp, der mittlerweile kaum mehr einer ist. Ich schließ mich ja solchen Hypes eigentlich ungern an. Außer Schall, Rauch und ein paar seltsamen Frisuren ist da oft nichts dahinter. Und dennoch stehen The XX am Ende auch bei mir an der Spitze der Hitliste für dieses Jahr. Weil es musikalisch das Album ist, welches mich, wie kein zweites in diesem Jahr überrascht und gefesselt hat. Die Kunst der Reduktion schafft dabei eine unglaubliche Atmosphäre. Puristischer geht’s gar nicht. Kurzer Bandname, der gleichzeitig auch Albumname ist und natürlich ein Cover, welches lediglich von einem „X“ verziert wird. Das Quartett aus London entfaltet eine düstere Schönheit mit den einfachsten Mitteln. 2 Gitarren, ein Bass und getriggerte Beats aus’m Drum-Computer sowie ein paar leichte Elektroversatzstücke reichen aus, kombiniert natürlich mit unglaublichen Hits, die eigentlich alles sein wollen, nur nicht eben solche. Und obwohl die in Sachen Optik und Bühnenpräsenz nach wie vor auf Schülerbandniveau ist, bewegt sie musikalisch so viel. Es wirkt dabei fast so, als ob die düstere Verzweiflung und Grundstimmung der frühen Cure und Joy Division eine Art Frischzellen erlebt. Und der Vergleich zum R’n’B kommt nicht von ungefähr. Besonders wenn Romy Madley Croft mit ihrer wunderbaren Stimme das Mikro ergreift und damit einen fragilen und durchaus gelegentlich sinnlichen Soul und eine ehrliche Wärme in die Musik bringt, wie man sie auf den ersten Blick nicht erwarten würde. Dazu kommt noch Wechselgesang mit Bandkollege Oliver Sim, der einen ganzen eigenen Reiz ausübt. Sim stellt sozusagen das düstere Gegenstück zu seiner Mitstreiterin dar. Oft wirken die Songs dabei wie Dialoge. Es sind introvertierte Liebeslieder in düsteren Zeiten, welche mit den Thematiken Geborgenheit und Isolation spielen. Die Musik ist traurig und melancholisch, erlaubt sich aber immer wieder Momente der Hoffnung und Wärme. Diese Balance trägt das Album und rührt das ein oder andere Mal in den richtigen Momenten zu Tränen. Ich möchte gar nicht besondere Songs herausgreifen, denn alle sind für sich gesehen eine kleine Meisterleistung. Und natürlich kann man der Band ankreiden, dass sie mit der Reduktion auch Langeweile schafft bzw. aus einer guten Songidee ein ganzes Album zaubert... doch entweder stellt man diese Hauptargumente der Kritiker selber fest oder man sieht es halt anders und erkennt die Atmosphäre hinter dem Muster. Allen Kritikern und auch allen Fürsprechern zum Trotz hinterlässt „The XX“ bei mir ein so unglaublich gutes Gefühl nach dem Anhören, dass ich mich wirklich ärgere, dass es nach nicht mal 40 Minuten schon vorbei ist. Wer sich für diese urbane Pop-Romantik nicht begeistern kann, muss es auch nicht. Aber 2009 war für mich kein Album überraschender und berührender als dieses. Und deshalb steht es hier und sich seinen Platz in meinem Herzen längst erspielt. Mal sehen, wer dies im nächsten Jahr so schafft. Ich wünsche allen einen Rutsch, sowie einen hoffnungsvollen Start ins neue Jahrzehnt.
Anhören: “Crystalized”, „Islands“, „Shelter“, „Night Time“, „Stars“

PS: Und für alle, die das nochmal auf einem Blick haben wollen, gibt es die gesamten Top 50 nochmal hier zum Nachlesen.

Montag, 28. Dezember 2009

Lieblingsalben 2009 / Platz 10 - 06



10. The Rifles “Great Escape”


Manchmal kann man machen was man will, aber es läuft einfach (fast) alles schief. In den letzten 12 Monaten konnten die Rifles bezüglich der Beziehung zu ihrer Plattenfirma ein Liedchen davon singen. Immer wieder wurde das Zweitalbum verschoben, zwangsumbenannt und umstrukturiert. Geleakt ist es schon 2 Monate vor dem Release und diverse Singles wurden erst angekündigt und dann wieder kurzfristig gestrichen. Es wirkte man fast so, als wollte man das eigene Produkt am Ende sabotieren. Anfang 2009 ist das Album „Pavement Diaries“ dann endlich erschienen, nur dass es am Ende „Great Escape“ heißen sollte. Denkbar schlechte Vorraussetzungen, zumal sich die Rifles behaupten müssen um nicht als eine von vielen dieser UK-Hype-Bands der letzten Jahre in die Geschichte einzugehen. Da können zweieinhalb Jahre Wartezeit nach dem Debüt schon ’ne ziemliche Ewigkeit sein. Doch glücklicherweise kann man von musikalischer Seite Entwarnung geben: „Great Escape“ ist ein hervorragendes Album geworden, das zwar mit einigen Schwächen zu kämpfen hat, die der phänomenale Vorgänger „No Love Lost“ nicht hatte, aber hey… wir jammern hier auf sehr hohem Niveau. Bereits der Opener „Science In Violence“ macht mit aller Wucht deutlich, warum die Rifles auch 2009 zur vorderen Front britischer Gitarrenbands gehören. Das außerordentliche Gespür der Band für eingängige Melodien und Harmonien ist ihnen in all dem Trubel nicht abhanden gekommen. Doch nicht nur die Form dieser wunderbaren Popsongs gefällt, sondern auch ihr Inhalt. Die Rifles verstehen sich ganz in der Tradition von Bands wie The Jam und erzählen in ihren Songs Geschichten und Wahrheiten über das Leben. Egal, ob der Wunsch des Ausbrechens („The Great Escape“), die Tristesse des grauen Alltags („Toerag“), die Liebe („Winter Calls“) oder das Resümieren über die Vergangenheit („Out In The Past“)… die Texte von Sänger Joel Stoker sind wundervoll, gerade weil er sie in seiner selbstverständlichen Lässigkeit erzählt, aber dabei stets Gefühl in seiner Stimme hat. Die Songs an sich gehen einen Weg, den die meisten Bands mit ihrem zweiten Album einschlagen: Die Musik wirkt konsequenter, durchdachter und aufwendiger. Sprich: Auch auf „Great Escape“ erliegen die Rifles der Versuchung des leichten Überproduzierens. Dabei wirken Keyboards und Streicher bei „Great Escape“ genauso wenig störend, wie das Bläserensemble beim virtuosen „The General“. Aber teilweise wirkt es nach etwas zuviel des Guten, zumal Stoker’s Stimme gerade bei letzterem Song zu kämpfen hat. Ansonsten ist der Großteil der Songs aber wieder auf extremen Hit-Niveau. Egal ob zackig („Science In Violence“, „Fall To Sorrow“), melodiös („History“, „Winter Calls“) oder gar akustisch (“For The Meantime”)... die Rifles beherrschen ein breit gefächertes Britpop-Repertoire. Dennoch bleibt größte Problem dieses Albums und seiner Songs am Ende ironischerweise der Vorgänger „No Love Lost“. Dieses war schlichtweg zu perfekt (Platz 13 in meiner Jahrzehntliste). 12 Superhits, auf den Punkt gebracht, genau in der richtigen Balance zwischen Punk und Pop und zu einem Zeitpunkt, als das alles musikalisch noch richtig frisch war. Ob sie’s wollen oder nicht… daran wird die Band sicher immer messen lassen müssen und das wird sie vielleicht nie wieder erreichen. Wenn man das akzeptiert, kann mit „Great Escape“ jede Menge Spaß haben. Auch 2009 bleiben die Rifles ein großes Ausrufezeichen im Britpop! Songs voller Energie und Melodie mit wundervollen Texten, mitten aus dem Leben gegriffen. Eine Band, die es verdient, gehört zu werden. Sicher auch auf dem nächsten Album. Und bis dahin sollte man mal über das Wechseln der Plattenfirma nachdenken.
Anhören: „Science In Violence”, “The Great Esacpe”, “Out In The Past”, “The General”

09. Maxïmo Park „Quicken The Heart“


Was für eine Dekade für Maximo Park. 3 Alben, 3 Volltreffer. Ja, auch dieses ist einer! Und das, obwohl wir hier vom berühmten schweren dritten Album (welches auch nicht schwerer, als das zweite ist) sprechen. Da müssen sich solche gehypten Bands, wie die Jungs um Paul Smith ja bekanntlich beweisen. Brennt das Feuer noch oder kochen wir schon auf Sparflamme? Revolution oder Resignation? Fragen über Fragen. Und die Antworten? Die finden wir in der Musik und die sollten wir sprechen lassen. Im Gegensatz zu anderen Vertretern des selben UK-Jahrganges scheint das Motto der fünf Mannen aus Newcastle aber „Konstanz“ zu sein. Während sich die Kaiser Chiefs in die Belanglosigkeit und Bloc Party in die weiten Welten der elektronischen Experimentierfreudigkeit verabschiedet haben, bleiben Maximo Park bei dem, was sie am besten können: Zackiger Indie-Pop-Rock mit Hang zur Intelligenz und zur Tanzfläche. Diesen Spagat schafft die Band auch auf „Quicken The Heart“ spielend leicht, was ja auch keine Selbstverständlichkeit ist. Natürlich ist das nicht, wie beim Debüt wo sich einem die Megahits gleich aufdrängen. Eigentlich sind’s sogar recht wenige diesmal. So kann sich nach dem ersten Hören von „Quicken The Heart“ schon mal ein Gefühl von Gleichgültigkeit einstellen. „Ja nett, irgendwie. Aber auch nix Neues.“ Letzteres stimmt strenggenommen, aber das dritte Album der Band lebt auch davon, dass es seine Hits nicht sofort offenbart. Sicher, wir hätten da das famose „A Cloud Of Mystery“ und das zackige „Calm“, sowie das versteckte, aber glanzvolle „Questing, Not Coasting“, aber ansonsten? Ansonsten sagen die Songs erstmal nicht viel, doch wenn man ihnen Zeit gibt, ihren nicht so offensichtlicheren Melodien und Smiths’ eindringlichen Vocals mit den tollen Texten zuhört, dann entfalten sie ihre heimliche Schönheit. Der sperrige Opener „Wraithlike“ z.B., oder das schnittige „Let’s Get Clinical“. Und die Single „The Kids Are Sick Again“ ist sicher kein zweites „Apply Some Pressure“ oder „Our Velocity“, aber spätestens am Schluss erkennt man die bandtypische Hymne! Und natürlich gibt’s auch Ausfälle auf dem Album… gab’s auf den anderen beiden ja auch, selbst wenn das irgendwie nie einer sagt. Aber richtig schlecht sind auch Songs wie „Tanned“ oder „In Another World“ nicht. Austauschbar wirkt die Musik halt manchmal, denn da fehlt noch der letzte kleine Rest, der das ganze wirklich perfekt. Aber das ist ja auch nicht so leicht, besonders wenn man sich als junge Band in einer schnelllebigen Musikwelt immer an den Vorgängerwerken messen lassen muss. So gesehen ist „Quicken The Heart“ sicher das schwächste Album der Band, aber andererseits müssen wir uns dabei auch mal vor Augen führen, auf welchem Niveau wir hier den Qualitätsabsturz beklagen. Alles in Allem hat diese Band immer noch dieses gewisse Etwas, das sie sehr interessant macht. Das Charisma von Paul Smith spielt dabei eine genauso wichtige Rolle, wie die Fähigkeit Ohrwürmer zu produzieren und sich dabei auf das Wesentliche zu verlassen: Intelligente Popsongs, die Geschichten in weniger als vier Minuten erzählen können. Keine großen, experimentellen Epen, sondern reduziert auf das, was zählt. Ein wenig hat man dabei aber am Ende, dass da noch viel mehr gehen kann, spätestens auf Album Nr. 4 muss es das ja auch. Aber für 2009 haben Maximo Park ihre Schuldigkeit getan. Intelligenter Indierock, der immer noch funktioniert, selbst wenn die Welle mittlerweile längst abgeebbt ist.
Anhören: “The Penultimate Clinch”, “The Kids Are Sick Again”, “A Cloud Of Mystery”, “Questing, Not Coasting”

08. Jamie T “Kings & Queens”


Spätestens seit dem guten alten A-Team wissen wir, dass es unverzichtbar ist, auf Mr. T und seine Ratschläge zu hören. Statt denen eines muskelbepackten Afroamerikaners mit Irokesen-Schnitt und Geldkettchen bevorzuge ich aber lieber die Erzählungen eines jungen weißen Klappergestells aus England. Der Überraschungserfolg von Jamie T’s 2007er Debüt-Album “Panic Prevention” hat sicher einige Leute verblüfft, den Künstler selber vermutlich am meisten. Über Nacht wurde aus dem damals 21jährigen Jamie Alexander Treays die viel gehypte Rettung des britischen Pop. So wurde das Debüt ein wilder Genre-Mix irgendwo zwischen Punk, Pop und Hip Hop, welches seinen Wohnzimmer-Produktions-Charme nie versteckt hat und gerade deshalb in Sachen Authentizität punkten konnte. Jamie’s schroffe Art über die eigenen Worte zu stolpern tat sein übriges dazu. Zwei Jahre wurde die Erfolgswelle geritten und gleichzeitig ein Nachfolger gezaubert. Nun ist „Kings & Queens“ da und es ist ein echter Volltreffer geworden. Jamie spielt seine Stärken einmal mehr aus. Und das ist primär die Tatsache, dass er ein verdammt guter Songwriter ist mit dem richtigen Gespür für die richtigen Wörter, Reime und musikalischen Ideen. So perfektioniert der junge Lad seinen Sound auf „Kings & Queens“, denn man merkt hier deutlich, dass er einiges in Sachen Musik und Produktion dazu gelernt hat. Die Stimme klingt kräftiger und versucht sich mehr denn je an Melodien und richtigen Tönen, die immer noch recht prägnanten Samples werden von wesentlich mehr echten Instrumenten unterstützt und generell wirkt das alles viel ausgereifter und konkreter. Natürlich geht Jamie damit der Amateurcharme ein wenig verloren, aber darüber sollte man sich nicht wirklich wundern. Denn das Potential, welches schon beim ersten Album zu erkennen war, wird durch das Bekenntnis zu mehr „Pop“ letztendlich einfach entfesselt. So begeistern wahnsinnig schwungvolle Hits wie „Hocus Pocus“ oder „Castro Dies“ genauso wie die treffsicheren Singles „Sticks ’n’ Stones“ oder „Chaka Demus“. Und immer wieder ist man überrascht, wohin die Reise denn mit dem jeweils nächsten Song geht. So ist „Emily’s Heart“ eine traumhaft traurige Akustikballade und „Earth, Wind & Fire“ klingt am Ende fast so, als hätte selbige 70s-Band den Blues für sich entdeckt. Dabei scheint Jamie keine Grenzen zu kennen, was die Genres angeht. Pop, Rock, Hip Hop, Elektronik, Folk, Soul... hier findet sich alles quer durcheinander und absolut kurzweilig aufgearbeitet wieder. Eine bunte Pop-Wundertüte. In all dem Genremix bleibt Jamie T nach wie vor allem eines: originell und authentisch. Denn niemand singt so schön über die Reue nach dem Fremdgehen, Schlägereien in der Nachbarschaft und überschwänglichen Alkoholkonsum, wie der junge Mann aus Wimbledon. Eben gerade, weil er trotz Training nie der beste Sänger der Welt werden wird. Aber das muss er ja auch nicht. Die Musik von Jamie T gewinnt so schon auf ganzer Strecke. „Kings & Queens“ ist eines der spannendsten, kurzweiligsten und vor allem vielseitigsten Pop-Alben dieses Jahres und qualifiziert Herrn Treays endgültig für das A-Team der Popmusik.
Anhören: „Hocus Pocus“, „Sticks ’N’ Stones“, „Emily’s Heart“, “Chaka Demus”, “Earth, Wind & Fire”

07. Doves “Kingdom Of Rust”


Die Doves aus Manchester wurden ja gern mal im Atemzug mit ihren lokalen Kollegen und auch Freunden von Elbow genannt. Nachdem diese im letzten Jahr in der Heimat den endgültigen Durchbruch erlangten, dachte ich eigentlich das Trio könnte nachziehen und mit „Kingdom of Rust“ ein zweites „Seldom Seen Kid“ raushauen. Na ja, vielleicht etwas übertrieben. Einigermaßen sind die Doves ja, wenngleich sie außerhalb von England nach wie vor ein Geheimtipp bleiben. So hat man sich auch beim vierten Album in diesem Jahrzehnt wieder viel Zeit gelassen. Seit 2006 hat man sich ins Studio eingeschlossen und seitdem nichts mehr von sich hören lassen. Was sie denn da ausbrüteten blieb lange Zeit im Dunkeln. Am Ende ist „Kingdom Of Rust“ ein typisches Doves-Album geworden, was aber natürlich ein Qualitätskriterium darstellt. Auch 2009 bleiben die Doves immer noch eine Ausnahmeerscheinung in der Musiklandschaft. Ihre sphärischen, manchmal auch etwas abstrakten Breitwand-Britpop-Hymnen präsentieren sie seit einer Dekade auf konstant hohem Niveau und dabei irgendwie immer vertraut, wenngleich es immer auch irgendwie etwas anders klingt. Auch „Kingdom of Rust“ vermittelt von Beginn an dieses Gefühl, in der Musik und dem Sound zuhause zu sein, wenngleich Teile davon immer noch überraschen dürften. So gibt sich das Trio auf dem vierten Longplayer nach dem gradlinigen und reduzierten Vorgänger „Some Cities“ wieder etwas experimentierfreudiger. Bereits der Opener, das pulsierende „Jetstream“ nimmt einen mit auf eine spannende Reise und zeigt, dass die Band wieder mehr mit ihren Madchester-Rave-Wurzeln liebäugelt. Eine Discoplatte ist „Kingdom Of Rust“ selbstverständlich nicht geworden. Denn schon der Titeltrack an zweiter Stelle drosselt das Tempo und präsentiert sich als traumhafte, große Popballade mit Ohrwurmqualitäten und voller zerbrechlicher Schönheit. Auch der Rest des Albums bietet wieder ein breites Spektrum. Die 2. Single „Winter Hill“ ist ein qualitativ hochwertiger Formatradiosong im Stile von „Snowden“ oder „Catch the Sun“, während Hymnen wie „The Greates Denier“ oder „Spellbound“ ausladend sind und das elektrische „Compulsion“ eher experimentell groovend daher kommt. „The Outsider“ baut ordentlich Druck auf, während „Birds Flew Backwards“ hingegen ein wenig an seelige „Lost Souls“-Zeiten erinnert. Und immer wieder ist es die warme Stimme von Jimi Goodwin, welche einen vertraut durch die Songstrukturen führt. Wie immer gibt es ein stimmliches Wechselspiel mit Zweitstimme Andy Williams, der seinen Job auch wieder hervorragend macht. Das Zusammenspiel beider Vokalisten ist seit jeher ein Markenzeichen der Band und entfaltet seine Größe besonders bei sämtlichen mehrstimmigen Momenten. Das ist großes Pathos-Gestikulieren mit viel Gefühl und noch mehr Melodie. Ein Album alter Schule sozusagen. Und natürlich erreicht auch „Kingdom Of Rust“ nicht die Genialität des 2002er Meisterwerks „The Last Broadcast“, aber das stellt sich vermutlich eh als unlösbare Aufgabe dar. Das neue Doves-Album lässt viel Raum für Spannung und Experimentierfreude, lässt aber die klassischen Songstrukturen nicht außer Acht. Dazu gibt es jede Menge zu entdecken… elektronische Kleinigkeiten hier, verzerrte Gitarren da, spannende Effekte, Klänge und Gesänge, die sich einem halt nicht sofort erschließen. Es ist also wirklich irgendwie alles beim Alten bei den Doves. Arbeitsauftrag erfüllt! Aber mehr will ich auch gar nicht. Wenn mich ein Produkt über Jahre immer wieder so begeistert, dann muss es sich ja nicht zwangsläufig verändern. Und wenn mich die Band am Ende mit dem traumhaften „Lifelines“ aus diesem Album entlässt, dann weiß ich, dass ich wieder einmal wunderbare Musik anhören durfte. Ein Privileg, welches uns die Band hoffentlich auch noch lange weiter bescheren wird.
Anhören: “Jetstream”, “Kingdom Of Rust”, “The Greatest Denier”, “Spellbound”, “Lifelines”

06. Ladyhawke “Ladyhawke”


Ehe hier gleich wieder ein Statistikfreak dazwischenfunkt, wie der Absinhter oder so… Ja, mir ist vollkommen bewusst, dass das Album “Ladyhawke” von Ladyhawke” bereits Ende Semptember 2008 in ihrer neuseeländischen Heimat erschienen ist... und wenig später auch in England. In Deutschland ist das ganze Album aber erst im März 2009 offiziell erschienen. Ja und so was ist halt immer mein Kriterium. Nur die wenigsten werden vom dem Werk in den letzten drei Monaten des Jahres 2008 überhaupt Notiz genommen haben. Wenn nicht, dann verbessert mich gern, aber am Ende ist Ladyhawke mein Platz 6... für 2009, versteht sich. Und für alle, die es noch nicht mitbekommen haben: In diesem Jahr hat sich die zyklische Bewegung der Musikhypes von den Männern mit Schrammelgitarren endgültig wegbewegt und wir sind wieder mitten drin im 80er-Retro-Pop, an dessen Spitze ja jede Menge Frauen mit Keyboards stehen. Und mit einem „L“ beginnen... Lady Gaga, La Roux, Little Boots... nun also auch Phillipa Brown aka Ladyhawke. Die Welt ist wieder einmal bereit für Synthiespielereien, Saxophone, Chorgesang und Discobeats. Glücklichweise sind die Schulterpolster und schlechten Fönfrisuren diesmal nicht mehr dabei. Das hittauglichste Album dieser ganzen Retro-Bewegung ist das von Brown. Ladyhawke selbstbetiteltes Debütalbum ist eine massive Ansammlung genialer Retropopsongs mit geradezu kriminell hohem Eingängigkeitsfaktor. 13 astreine Popsongs auf einem Album, keine Ausfälle, dafür aber jede Menge Songs, die sich bei jedem Hörer, der eine halbwegs ausgebildete Popaffinität hat schon nach dem ersten Hören im Kopf festsetzen werden. Musik, die leider problemlos in Indie-Disco und Formatradio laufen können. Glücklicherweise hat es das Album hierzulande nicht in Letzteres geschaff. „My Delerium“ und „Better Than Sunday“ sind ausnahmslose Superhits, genauso wie das bereits bekannte „Paris Is Burning“, der pulsierende Opener „Magic“ oder das schöne „Crazy World“. Ach, und da gibt’s noch mehr... „Manipulating Woman“, „Dusk Till Dawn“... so viel einfach. Die Rezeptur ist bekannt… Drums mit Hall, extra breite Analog-Synthies, fette Disco-Bassläufe, Jingle-Jangle-Gitarren, die Johnny Marr nicht besser spielen könnte und eine Protagonistin, die ihre unwiderstehlichen Popmelodien mit voller Harmonie dahin schmettert. Wonach klingt das? Kim Wilde? Die 80er-Genesis? Na, oder die üblichen Verdächtigen, wie New Order? Auf jeden Fall nach dieser Art von Musik, die man von früher kennt, also, wenn man schon die 25 hinter sich gelassen hat, wie ich. Ist das nun alles gut oder schlecht? Kommt drauf an, von welchem Standpunkt man es betrachtet. Innovationstechnisch und musikalisch ist hier nichts neu, stellenweise ja sogar recht dreist abgekupfert. Aber allein die Detailverliebtheit, mit welcher Ladyhawke den Sound jener Ära für 2009 reproduziert verdient da Lob. Das hier ist Pop as Pop must be. Glücklicherweise beschränkt sich Ladyhawke nicht nur auf Synthies, wie bspw. La Roux, so dass dieser Sound organischer und druckvoller klingt, als jener der Konkurrenz. Das eigentlich Faszinierende an diesem Album ist die unglaubliche Hitdichte und Eingängigkeit der 13 Popsongs, die erstaunlicherweise auch nicht so schnell auf den Geist gehen, wie andere Popsongs. Wer auch nur halbwegs ein Gespür für Popmusik hat, der darf dieses Album nicht übersehen. Vielleicht interpretier ich da auch eine ganze Menge rein, aber zumindest meinen Popgeschmack trifft dieses Werk ausnahmslos.
Anhören: “Magic”, “My Delirium”, “Better Than Sunday”, “Back Of The Van”, “Paris Is Burning”

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