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Samstag, 26. Dezember 2009

Lieblingsalben 2009 / Platz 15 - 11



15. Arctic Monkeys “Humbug”


Wenn gar nix mehr geht, geht immerhin noch die Wüste. Zumindest für manche Bands. Schon U2 haben sich damals da bei „Joshua Tree“ ein paar neue Ideen holen können. Nun also auch die Arctic Monkeys, die größte britische Musikentdeckung des Jahrzehnts. Na ja, wenn man der Presse halt glauben schenken darf. Auf dem sehnsüchtig erwarteten Drittwerk der britischen Senkrechtstarter wird die konsequente Entwicklung der vergangenen Jahre fortgesetzt. Leichte Mitsing-Songs, wie auf dem Debüt sucht man auf „Humbug“ vergebens. Die Dunkelheit und das geheimnisvolle, welche die Band bisher textlich öfters herüberbringen konnte, bekommt nun endlich das musikalische Gewand. So bietet „Humbug“ zehn schrullige Anti-Hits, sich mit allerhand Psychodelic-Anleihen tief in die 60er wagen und dennoch hochmodern klingen. Zwischendurch schaltet man gern auch mal einen Gang herunter, wie beim traurigen „Cornerstone“ oder dem düsteren „Dance Little Liar“, dem versteckten Highlight der Platte. Dann wird’s aber auch mal richtig laut, es gibt Gitarrensoli und Metal-Momente. Es wirkt so, als ob Produzent Josh Homme es endlich geschafft hat, den Sound der Monkeys nach außen zu kehren. Jener Sound, der schon immer irgendwie an bestimmten Stellen durchblitzte und nun endgültig nach vorn rückt. Ach, sie sind so schnell erwachsen geworden, unsere vier Monkeys. Mit dem locker-leichten Teenager-Debüt „Whatever People Say...“ hat das alles nichts mehr zu tun. Das wirkt mittlerweile eher wie der eigentlich Fremdkörper in der Discography. „Humbug“ ist nicht das Werk von vier jungen Lads, sondern von hochmusikalischen jungen Männern. Es klingt nach dem Sand der Wüste, dunklen Nächten und vernebelten Bars. Westernromantik, wo es eigentlich gar keine gibt. Melodien, die eigentlich gar keine sind und Refrains, die man halt immer erst suchen muss. Dafür spielt die Band hervorragend, stellenweise geradezu virtuos auf. Die haben was drauf und „Humbug“ ist der endgültige Beweis dafür. Vermutlich springen nun all die Fast-Food-Indie-Kids teilweise ab, aber das muss man in Kauf nehmen um nicht als Eintagsfliege zu gelten. Die Arctic Monkeys spielen schroff und kantig gegen ihre eigene Legendenbildung ab. Und während die oft zum Vergleich gezogenen Oasis damals bei Album Nr. 3 im Größenwahn und Drogenkonsum versanken, punkten die Herren um Alex Turner lieber musikalisch. Das schöne an „Humbug“ ist wirklich, dass man es sich immer wieder anhören kann, ohne dass es schnell nervt. Gelegentlich entdeckt man auch neue Facetten und Ideen, welche man in dieser Form noch nicht gehört hatte. Eine rundum gelungene Neudefinition. Mal schauen, was da die nächsten Jahre noch so um die Ecke kommt.
Anhören: “My Propeller”, “Crying Lightning”, “Cornerstone”, “Dance Little Liar”

14. White Lies „To Lose My Life“


Also um das gleich mal von Beginn an festzuhalten: das Debütalbum der White Lies ist weder eine Offenbarung noch eine musikalische Revolution. Im Gegenteil: hier werden uns diverse Versatzstücke aus bekannten musikalischen Anleihen der letzten Jahre präsentiert. Ein bisschen Editors hier, etwas Killers dort. Na ja, und da muss man natürlich Zwangsläufig die 80er mit dazunehmen. Klingt auch teilweise gern mal nach den Tears For Fears. Letztendlich sind die White Lies eine Art glattgebügelte Ausgabe des Post-Punkt-Wave-Revivals. Das ganze funktioniert aber dennoch sehr gut, weil es die zehn Songs auf „To Lose My Life“ halt faustdick hinter den Ohren haben. Tolle Songs, kaum Ausfälle. Die Band spielt mit dem düsteren Charme vom 80er-New-Wave und erzeugt so allerhand Popsongs zum Thema Tod, Verzweiflung, Abschied und so weiter. Immerhin heißt der Eröffnungstrack ja auch „Death“. Der Titeltrack, sowie „Farewell To The Fairground“ gehen ordentlich nach vorn, während sich andere Nummern wie „For The Stars“ oder „Nothing To Give“ eher einer ruhigen Atmosphäre bedienen. Aber ich mag ja so darken 80er-Kram. Die treibenden Drums, der vibrierende Bass und die zackigen Delay-Gitarren halt. Und dazu besitzt Sänger Harry McVeigh auch noch eine dieser flehenden Stimmen, die von „ganz tief düster“ bis „hoch flehend“ jede Menge Spektren abdecken können. Fans der oben genannten Bands können also Spaß an dem Trio aus London haben. Was letztendlich eine höhere Platzierung und einen Stellenwert wie bspw. den der Editors bei mir verhindert hat, ist die Tatsache, dass „To Lose My Life“ wirklich sehr stark auf Hochglanz poliert ist. Die fehlenden Ecken und Kanten nehmen natürlich etwas von der Atmosphäre weg, zumal McVeighs Texte teilweise wirklich etwas reißbrettartig daher kommen. Im Prinzip hätte etwas weniger von allem dem Album durchaus gut getan. Aber so ist es halt, was es ist und mir soll’s recht sein. Ein kurzweiliges, sehr eingängiges Poprock-Album mit einem schön düsteren 80er-Einschlag und einigen recht großen Hits. Wer also, wie ich ein Fabel für Musik in diese Richtung hat, dem sollte das Werk nicht entgangen sein. Ansonsten bitte mal nachholen.
Anhören: “To Lose My Life”, “E.S.T.”, “From The Stars”, “Farewell To The Fairground

13. Depeche Mode “Sounds Of The Universe”


Kultbandalarm! Mit regelmäßigen Abstand melden sich die alten 80er Hautdegen und persönlichen Favoriten von mir, Depeche Mode mit einem neuen Album zurück. Diesmal waren es „nur“ 3einhalb Jahre, die seit dem erfolgreichen „Playing The Angel“ ins Land gezogen sind. Was hat uns diese Band eigentlich nach fast 30 Jahren noch zu erzählen. Nun, nicht mehr sooo viel. Depeche Mode sind eine gut funktionierende Firma, die aber, und das muss man ihnen lassen, ihr Handwerk versteht. Und da die bekloppten Fans eh jeden Release dreimal kaufen, herrscht bei Dave Gahan, Martin Gore und Andy Fletcher längst kreative Narrenfreiheit, welche sie auch bei „Sounds Of The Universe“ wieder ausleben. „Universe“ ist eine konsequente Weiterentwicklung der letzten Alben und schließt sich nach dem durchwachsenen eher „Exciter“ von 2001 an. Der hier zelebrierte Retro-Klang beruht auf dem verstärkten Einsatz von alten Analog-Synthesizern, die sich zu einem großen Ganzen zusammenfügen und ein Klangbild erzeugen, welches immer wieder Akzente aus vergangenen DM Phasen aufweist. „In Sympathy“ klingt nach „Exciter“, während „Hole To Feed“ Ansätze von „Violator“ beinhaltet oder das Instrumental „Spacewalker“ direkt als Outtake aus dem Jahr 1982 durchgehen kann. Und obwohl wie beim Vorgänger wieder Ben Hilliar an den Reglern saß, klingt „Sounds Of The Universe“ wesentlich klarer, kompakter und vor allem besser. Der Retro-Sound wird hier nicht erzwungen, sondern wirkt ganz natürlich, als hätten Band und Produzent endlich verstanden, wie man miteinander umgehen muss. Die Songs ordnen sich stärker dem Gesamtklang unter, als bisher, was aber vollkommen okay ist. Denn die Songs sind zwar keine durchgängigen Meisterwerke, wie zur Hochphase der Band, aber dennoch durchgängig hochwertig, diesmal wieder mit stärkeren Gospel- und Blueseinflüssen. Der flehende Opener „In Chains“ regt einen zum Mitklatschen an, „Little Soul“ fleht noch im Dunkeln, während „In Sympathy“ anschließend das Licht rein lässt und dies schließlich in „Peace“, einem der bisher wohl optimistischsten Songs der Band und einem wunderbaren Zusammenspiel von Gahan und Gore mündet. Die Band hat ihren Frieden gefunden, auch mit sich. Und über was sollen sie auch noch schreiben, wenn sie eigentlich alle Laster, Drogenskandale und Streitigkeiten der letzten Jahre mittlerweile abgelegt haben? Die drei zufriedenen und millionenschweren Familienväter müssen der Welt nichts mehr beweisen. Also lautet die Motivation zum Weitermachen wohl nur nach Spaß und das entwickeln neuer Idee. Live vielleicht nicht mehr, da liefern Depeche Mode mittlerweile eine überraschungsarme Las-Vegas-Show ab. Aber im Studio sucht man noch nach neuen Impulsen. Ein Blick in die Studio-Making-Of’s bestätigt diesen Eindruck. Also arbeiten Depeche Mode weiterhin daran, ihre Musik weiterzuentwickeln, neue Elemente einzubauen und vor allem die Akzente etwas anders zu setzen. Natürlich wirkt die reduzierte Version von „Come Back“, welche man schon auf der Homepage anschauen konnte, eingängiger, aber die verzerrten Gitarrenwände auf dem Album untermauern die Verzweiflung in Gahan’s Flehen und bringen eine spannende Dissonanz ins Popgerüst. „Sounds Of The Universe“ ist vermutlich immer noch nicht das große Alterswerk der Band, aber sie kommen einem solchen Album wieder näher und es macht Hoffnung, dass diese Band auch jenseits der 50 noch eine großartige Musikmomente schaffen kann. Und wenn nicht, dann erwischen sie hoffentlich den richtigen Moment zum Abtreten. Verdient hätten sie es sich ja schon längst.
Anhören: „In Chaines“, „Wrong“, „In Sympathy“, „Come Back“, „Jezebel“,

12. Röyksopp “Junior”


Röyksopp wurden 2009 zehn! Auch nicht schlecht, denn mit nur 3 Alben in dieser Dekade hat das norwegische Elektroduo ordentlich Eindruck hinterlassen. Und als ideales Geburtstagsgeschenk gibt es gleich „Junior“ auf dem die Band ihren Stellenwert in Sachen Elektronische Musik noch mal ordentlich unterstreicht. Das Duo liefert uns hier echt tollen Elektropop ab, mit viel Atmosphäre und Melodien. Während der Opener, das lustige „Happy Up Here“ noch eher zum Schmunzeln einlädt, folgt gleich im Anschluss mit der Robyn-Kollaboration „The Girl And The Robot“ ein anständiger Elektro-Superhit, der ordentlich zum Tanzen einlädt! Und Robyn ist nicht der einzige weibliche Feature-Gast. Natürlich ist Karin Dreijer Andersson aka Fever Ray wieder dabei, welche uns durch das wunderbar tanzbare Pop-Märchen „This Must Be It“, sowie das wirre „Tricky Tricky“ leitet. Und Lykke Li ist auch dabei. Und die wundervolle Anneli Drecker, die auf der tollen Ballade „You Don’t Have A Clue“ ihr können unter Beweis stellt. Ja, Röyksopp wissen, wie man die skandinavischen Pop-Ladies anlockt. Wie immer durchzieht das ganze Album ein Hauch von Melancholie, mal mehr tanzbar, mal weniger. Der knarzende Groove von „Vision One“ ist typisch Röyksopp, während ruhigere Instrumental-Tracks wie „Röyksopp Forever“ oder „Silver Cruiser“ Röyksopp von der Seite präsentieren, die man auf den ersten Alben an ihnen schätzen gelernt hat. Hier wird mal wieder gezeigt zu welcher Musikalität elektronische Musik fähig sein kann. Mit dem ruhigen Lounge-Debüt „Melody A.M.“ hat das nicht mehr so viel zu tun, denn Röyksopp haben sich dem Pop zugewendet und wollen zeigen, was man alles feines damit anstellen kann. „Junior“ hat eine ganz eigene Atmosphäre und besonders das Zusammenspiel aus den elektronischen Spielereien und den sehr gut ausgewählten weiblichen Gastsängerinnen weiß hier zu gefallen. Außerdem passiert hier unentwegt an allen Ecken und Enden etwas. Nein, diese Jungs (mitsamt ihren Mädels) haben es echt drauf. Elektronische Musik kann so viel mehr sein, als nur Clubfutter und Bubblegumpop-Soundgewand. Röyksopp bleiben auch in diesem Jahr eine Ausnahmeerscheinung im Genre und begeistern mit Ideenreichtum und Abwechslung. Die Geburt von „Junior“ ist also bestens geglückt, nächstes Jahr soll das etwas düstere und ruhigere Gegenstück „Senior“ folgen. Ich bin sehr gespannt darauf und somit recht zuversichtlich, dass man auch noch ein 20jähriges Jubiläum feiern wird.
Anhören: “The Girl And The Robot”, “This Must Be It”, “Röyksopp Forever”, “You Don’t Have A Clue”, “True To Life”

11. Muse “The Resistance”


Getreu dem alten Leitspruch von Oliver Twist, haben es sich Muse zur Aufgabe gemacht, immer ein klein wenig mehr zu wollen. Der Drang der Band, immer neue Elemente ihrem seit jeher ausladenden Alternative Rock hinzuzufügen spornt sie seit nunmehr 10 Jahren zu immer neuen Höchstleistungen an. Der Erfolg hat sich mittlerweile auch eingestellt. Die größeren Hallen werden auch abseits der englischen Heimat voll, denn der Ruf, eine der besten Live Bands der Welt zu sein spricht sich langsam rum. Die richtigen Songs dafür haben sie eh schon immer gehabt. So geht auch das diesjährige fünfte Studioalbum „The Resistance“ den Weg kontinuierlich weiter, den zuletzt „Black Holes & Revelations“ eingeschlagen hatte. Die Band öffnet sich neuen Spielarten, die Produktion wird ausgereifter, der raue, wütende Zorn der Anfangstage weicht einer stärkeren Musikalität und Pop-Affinität. Das wird sicher vielen Fans der ersten Stunde nicht sonderlich gefallen, aber Muse haben sich halt weiter entwickelt, schließlich sind sie ja auch keine 20 mehr. So ist „The Resistance“ natürlich wieder ein gewohnt pompöses, ausladendes Album geworden, welches dem uneingeschränkt sympathischen Größenwahn frönt. Nach dem thematischen Ausflug in ferne Galaxien auf dem letzten Album, geht es diesmal etwas bodenständiger zu. Aber nur etwas, denn inhaltlich geht’s diesmal neben den üblichen Themen Liebe, Sex und Zärtlichkeit natürlich auch um revolutionäre und politische Umbrüche. Den gelebten Widerstand gegen was auch immer. Bereits die Single „Uprising“ kündet davon. Im Titeltrack fleht Matthew Bellamy anschließend die Angebetete an, dass ihre Liebe ihr Widerstand gegen all den Rest ist. Ach, wie kitschig. Der Rest überrascht dann immer mal wieder. Denn mit dem lässig groovenden „Undisclosed Desires“ präsentiert man sich erstmals vollkommen ohne Gitarren- oder Pianospiel. Herausgekommen ist ein Song, den Timbaland besser nicht hätte hinbekommen können. Urbaner Elektro-R’n’B inklusive sexy Text. Eine Art konsequente Weiterentwicklung von „Supermassive Black Hole.“ „United States of Eurasia“ gibt dann all den Leuten Recht, die Muse seit jeher als neue Queen ansehen, während sich das schwülstige „Guiding Light“ irgendwo zwischen U2 und fiesem 80er-Schwulst bewegt. Inklusive viel Hall auf den Drums. Und immer gibt’s noch eine Schippe mehr. So endet „The Resistance“ standesgemäß mit der dreiteiligen „Exogenesis“-Symphonie, welche noch einmal die klassisch-virtuose Seite der Band mit ihrem bekannten Gitarrensound verbindet. Gerade der finale Teil, „Redemption“ ist ein wundervoller Ausklang, der kaum hätte besser sein können. Was soll eigentlich nach so einem Ausstand noch kommen? Muse entwickeln ihren Kunstrock konsequent weiter und betonen diesmal, auch aufgrund der erstmaligen Verwendung eines echten Orchesters, ihre symphonische Seite viel stärker. Insgesamt ein sehr stimmungsvolles und abwechslungsreiches Album, das unglaublich dick aufträgt, aber die dürfen das halt. Vielleicht fehlt am Ende noch der letzte konsequente Schritt, um es perfekt zu machen, aber man braucht ja noch Stoff für die nächsten Alben, versteht sich.
Anhören: “Resistance”, “Undisclosed Desires”, “United States Of Eurasia”, “Exogenesis Symphony Pt. 3: Redemption”

Dienstag, 22. Dezember 2009

Lieblingsalben 2009 / Platz 20 - 16



20. Girls “Album”


Schon blöd, wenn das Release-Timing mancher Alben nicht stimmt. Im Prinzip hätte das einfallslos betitelte Debüt der Girls aus San Francisco, „Album“, mein kleines Sommeralbum für 2009 werden können. Erschienen ist es leider irgendwann Ende September, glaub ich, gehört hab ich’s dann Ende Oktober. Na ja, kann man nichts anderes machen, als beim Hören die Fantasie spielen lassen und sich an einen heißen Sommertag ins coole San Francisco träumen. Denn da kommt die Band her und so klingt auch die Musik. Eine Renaissance der Hippie-Musik ist ja schon eine ganze Weile angekündigt, aber die Girls ziehen die Nummer durch. Im Gegensatz zur Konkurrenz, wie bspw. MGMT verzichtet man auf unnötige Disco-Elemente und zelebriert den ehrlichen Indie-Folk. Herausgekommen ist keine innovative aber eine sehr stimmungsvolle, kurzweilige Sommerplatte, die man aber gern auch im Winter hören kann. Die Musik schwankt zwischen leichter Melancholie und Aufbruchsstimmung, vorgetragen von der leicht schrägen Stimme von Frontmann Christopher Owens. Der hat aber auch allen Grund, schräg zu sein. Kindheit und Jugend verbrachte er in einer Sekte, wo Musik, Alkohol, fesche Kleidung und diverse andere Teenager-Beschäftigungen untersagt waren. Irgendwann wurde es ihm da logischerweise zu langweilig und er holte alles in Rekordgeschwindigkeit nach und dieses Feeling gibt auch „Album“ wieder. Ein Übermaß an Energie und Emotionen. Der Opener „Lust For Life“ ist sowieso einer der tollsten, lebensbejahenden Songs des Jahres. Und diese Lust spürt man, gleichzeitig leidet Owens in Songs wie „Lauren Marie“ oder dem epische „Hellhole Ratrace“ so richtig schön. Großes Tennis. Und immer irgendwie alles ne Spur überdreht, manchmal auch bewusst schräg. „God Damned“ nimmt man sowieso ab, dass es einfach nur mit ’nem Diktiergerät in einem Zug aufgenommen wurde. Auf diesem Weg schafft es die Band aber eine gewisse Atmosphäre zu vermitteln. Fast schon etwas urwüchsiges neben all dem Hochglanz Pop und all den Disco-Sachen dieses Jahr. Vielleicht hat mich das deshalb auch so fasziniert, eben weil es schön war, auch mal etwas anderes zu hören. Und weil ich vielleicht am Ende doch ein verkappter Hippie bin. Das „Album“ der Girls zündet vielleicht nicht gleich zu Beginn und manchen mag der abgedroschene Retro-Flair schnell auf den Sack gehen, aber ich appelliere daran, dem Ganzen mal eine Chance zu geben. Ich probier’s auf jeden Fall noch mal im Sommer aus. Zur Sicherheit!
Anhören: “Lust For Life”, “Laura”, „Hellhole Ratrace“, “Headache”

19. Phoenix “Wolfgang Amadeus Phoenix”


Wir schreiben das Jahr 2000: Neuer, frischer Pop macht sich breit, unter anderem von einer Band aus Frankreich namens Phoenix, die mit ihrem Debüt „United“ Kritiker und Fans für sich gewinnt. Das Jahr 2009: Phoenix legen ihr viertes Album „Wolfgang Amadeus Phoenix“ und erreichen damit einen ganz neuen Level. Der Pop ist der gleiche, aber die Zeiten haben sich geändert. Denn zwischen 2000 und 2009 irrten Phoenix fast ein Jahrzehnt herum. Zum einen änderte sich die Musiklandschaft deutlich und kantiger Indie-Rock war gefragt, zum anderen liefen sie den Hits hinter. Etwas perspektivlos, so dass man schon fast von einem kleinen Comeback reden kann. „Wolfgang Amadeus Phoenix“ ist das beste Album der Band und hier stimmt alles. Zum einen haben sich die Zeiten geändert und die Masse ist endlich bereit für den französischen Edelpop und zum anderen schafft es die Band ein Album ausnahmslos mit Superhits vollzupacken, die dann glücklicherweise außerhalb der Indie-Clubs und Festivals keine geworden sind. 2009 war ihr ja. Und nächstes Jahr geht man sogar bei den Grammys ins Rennen. Es kann aber auch nicht schief gehen, allein dieser Hattrick zu Beginn... „Lisztomania“, „1901“, „Fences“. Die Songs sind sicher jedem noch halbwegs im Ohr. Damit ist man schon auf der Gewinnerspur und so geht das die ganze Zeit weiter. Das lange epische „Love Like Sunset“ lädt zur musikalisch entspannten Reise ein, während „Lasso“ im Anschluss gleich wieder nach vorn geht. Ein Album das Spaß macht, Gute-Laune-Pop, der handwerklich und songtechnisch super gemacht ist und alles nur nicht einfallslos ist. Fast hätt ich das unglaublich tolle „Rome“ vergessen, dass es immer noch schafft, mich mit einem tollen Aufbau und einem wundervollen Text zu Tränen zu rühren. Perfektion in Pop-Form. Ansonsten fällt das Album vielleicht eine Spur ab in der zweiten Hälfte, aber nur gaaaanz wenig. Und es ist viel zu kurz. Warum war da kein Platz mehr für noch 2,3 weitere Songs? Vielleicht hatten die Franzosen ihr Pulver schon verschossen. Glaubt man aber gar nicht, wenn man bedenkt, wie einfach ihnen der Rest von der Hand ging. Dabei klingt „Wolfgang Amadeus Phoenix“ überhaupt nicht neu oder innovativ, es klingt tatsächlich wie Phoenix die letzten 10 Jahre klangen. Nur sind die Songs besser und die Zeit eine andere. Beharrlichkeit zahlt sich halt am Ende doch aus. Und so bekommen sie halt zum einen all die alten Fans, wie mich zurück, die nach „United“ die Lust verloren hatten und gleichzeitig lernt sie eine ganz neue Generation kennen. Alles richtig gemacht. So leicht kann Pop im Jahr 2009 klingen. Und jetzt bitte alle noch mal zum Schluss: „Fallin’, Fallin’, Fallin’“!!!
Anhören: „Lisztomania“, „1901“, „Love Like Sunset“, „Lasso“, „Rome“

18. Paul Kalkbrenner “Berlin Calling - Original Soundtrack”


Auch so eine Form von Hype. Diesmal sogar aus Germany! Auf einmal hören alle Kalkbrenner! Der Techno-Mann aus Berlin ist das Maß aller Dinge, wenn man dem Fußvolk glauben darf. Kultstatus erlangt hat der gute Mann durch den Film „Berlin Calling“, wo er, welch Überraschung, nen Techno-DJ spielt, der zu viel feiert bzw. Drogen einschmeißt und dann irgendwie noch in die Klapse kommt. Der Film ist ganz solide, den Kultstatus verstehe ich dennoch nicht. Und vermutlich haben ihn mehr Leute im Internet auf kino.to, als auf DVD gesehen. Nur so eine Vermutung! Und alle finden den Film geil, weil er so schön das relativ kranke Nachtleben der Berliner Elektroszene zeigt (Ich sach nur „Afterhour morgens um Zehn“) und den DJ-Alltag ein wenig beleuchtet. Beneidenswert ist DJ Ickarus im Film aber nicht unbedingt. Aber warum quatschen wir über den Film, es geht ja um die Begleitmusik. Und der darf und muss hier Platz finden, denn wenn man mal von dem einen Sasha Funke Track absieht, handelt es sich ausschließlich um Musik aus Kalkbrenner’s Labtop. Eine Art persönliche Best of, mit ein paar neuen Sachen und jeder Menge Neuarrangements, damit die Tracks auch zum Film passen. Das tun sie natürlich auf hervorragende Art und Weise, wie man sieht. Aber das Tolle ist, dass dies auch abseits funktioniert, eben weil es Kalkbrenner schafft nicht nur auffe Zwölf zu hauen, sondern zwischen drin Atmosphäre zu erzeugen. So ist das Album eher zweigeteilt. Die erste Hälfte mit so tollen atmosphärischen Minimalstücken, wie „Azure“ ist entspannte Musik, die groovt. Und sie passt zur urbanen Umgebung des Films. Man kann das in der U-Bahn zum Feierabend hören, genauso wie zum Aufstehen. Man kann dazu in der Sonne liegen, Radfahren, von mir aus auch die Wohnung putzen. Qualitativ hochwertige Fahrstuhlmusik... und das soll jetzt nicht negativ klingen. Und natürlich gibt es da noch das wundervolle „Sky And Sand“, was dem ganzen die Krone aufsetzt. Der mittlerweile zur Hymne gewordene einzige Track auf der Platte mit Vocals ist ein wundervoll verträumtes Liebeslied, zu dem man trotzdem gern tanzen darf, aber genauso gut knutschen oder so. Auch der Text ist super. Es handelt sich wirklich um einen der besten Songs des Jahres. Macht daraus mal eine Akustikballade mit Gitarre und ihr werdet es merken. Mit der chilligen Sonnenuntergangsmusik verabschiedet sich das Album ab ca. „Altes Kamuffel“ langsam aber sich Richtung Nachtleben. Die Tracks danach sind mehr was für die Tanzfläche um 5 Uhr morgens, wenngleich Kalkbrenner auch da gute Akzente setzen kann und vor allem Spannung erzeugt. Gerade beim großen Finale „Gebrünn Gebrünn“ wird noch mal alles gegeben. Techno, Titten und Trompeten! Das dies mittlerweile von den übelsten Atzen bis hin zur Edeltussi jeder hat stört dann halt irgendwie, aber ein wenig kann man es schon verstehen. Gut produziert ist es schon. Und so ist es nicht nur der Soundtrack zum gleichnamigen Film, sondern er erzeugt einen ganz eigenen urbanen Rhythmus. Und entweder man sieht noch etwas mehr in der Musik oder man bleibt bei der einfachen Feststellung von DJ Ickarus in der Irrenanstalt: „Das rockt!“
Anhören: „Aaron“, “Azure”, „Sky And Sand“, „Altes Kamuffel“, „Gebrünn Gebrünn“

17. Empire Of The Sun “Walking On A Dream”


Mein lieber Herr Kostümverein! Also, dass muss man dem Seitenprojekt von Luke Steel (The Sleepy Jackson) und Nick Littlemore (Pnau) lassen... die ziehen die Nummer ohne Kompromisse durch. Steel war ja sowieso schon immer gern etwas stilsicherer unterwegs, aber mit Empire Of The Sun konnte man endlich alles ausleben, was man so unter Pomp-Pop versteht. Protzige Kostüme, Kunstvideos, seltsame Frisuren und unglaublich kitschige Plattencover, die an schöne alte 80er-Jahre-Filmplakate erinnern. Und dieses Jahrzehnt ist auch schon das passende Stichwort. Wenn eine Band dieses Jahr den ungebremsten 80er-Pop zelebriert hat, dann die beiden Australier. Und so waren Empire Of The Sun zur richtigen Zeit am richtigen Ort, nämlich als die Jugend dieser Welt bereit war für diese Musik. Die Kunde verbreitete sich wie im Lauffeuer und das ist erst der Anfang. The Empire marges on... Oh Yeah! Die erste Hälfte des Albums bis, sagen wir mal zum intsrumentalen Drogentrip „Country“ ist die beste Aneinanderreihung von Popsongs, die ich dieses Jahr gehört hab. Sorry, Phoenix. Aber hier serviert uns die Band wundervolle Melodien auf einem tollen Soundteppich aus Discobeats und Akustikgitarren. Aufbruchsstimmung im mitreißenden „Standing On The Shore“ und todsichere Pop-Hits wie „Walking On A Dream“ und „Half Mast“, die 1986 sicher weltweite Nummer Eins Hits gewesen wären. Und dann wär da natürlich noch „We Are The People“, der schönste und tollste Popsong dieses Jahres. Was für eine Hymne! Und es ist jetzt nicht so, dass ich auf einmal auf den Kitschtrip gekommen wäre, nein... bei weitem nicht. Aber es ist schön, dass es diese Band endlich wieder salonfähig macht, solche Musik zu hören ohne dafür gleich ausgelacht zu werden. Die Zeit ist reif für Empire Of The Sun. Einzig und allein die beiden etwas schwächeren Songs „The World“ und „Swordfisch Hotkiss Night“ verhindern wohl bei mir eine hohe Top-10-Platzierung und der Abschluss „Without You“ ist auch etwas sehr kitschig geraten (hier empfehle ich die viel bessere Single-Version), aber ansonsten ist „Walking On A Dream“ wirklich tadellos. Wie ein kleiner Traum, zusammen mit ihrem Image kreiert die Band eine musikalische Fantasiewelt, in der alles so Sinn macht, wie es auch besungen wird. Warum es dazu noch keinen entsprechenden Feature-Film gibt weiß ich auch nicht richtig. Diese knallbunter Ansammlung von Retro-Indie-Pop-Rock-Whatever ist eines der kurzweiligsten Pop-Alben des ausgehenden Jahres. Und ich hab den MGMT-Vergleich bisher noch nich mal gebracht. Gut, ich find Empire natürlich besser! Geilere Klamotten. Mittlerweile spielt man auch vereinzelt live auf Festivals... mit Kostümen, Tänzern und all der ganzen Fantasiewelt. Bitte auch bald hier! Hoffentlich widmen sich die beiden in Zukunft ihrem Zweitprojekt weiterhin mit so viel Liebe! Denn die Welt braucht eindeutig mal wieder mehr Glamour und Pomp!
Anhören: “Standing On The Shore“, „Half Mast“, „We Are The People“, „Country”

16. Morrissey “Years Of Refusal”


Manche Leute muss man echt zu ihrer Freizeit zwingen. Stephan Patrick Morrissey beispielsweise. Seit gefühlten drei Jahren ist der gute Mann nun schon mit mehr oder weniger kurzen Unterbrechungen auf Tour. Zwischendurch gibt’s dann halt mal ne neue Best Of oder B-Seiten-Kollektion oder halt, wie im Frühjahr 2009 auch ein neues Studioalbum, damit die Band auch ein paar neue Tracks spielen kann. Es war kein leichtes Jahr. Konzertabsagen, Zusammenbrüche, Release-Enttäuschungen („Years Of Refusal“ sollte eigentlich schon im Oktober 2008 erscheinen)... alles nicht leicht. Aber ich jammere ja schon mehr rum, als der Großmeister selber. Denn das tut er auf „Years Of Refusal“ tatsächlich weniger. Der Grundtenor lautet: „Keiner liebt mich, ich komm mit der Welt nicht klar und bin Außenseite for life... aber ich hab mich damit abgefunden.“ Fast so scheint es, als wird der ehemalige Smiths-Star mit 50 altersmilde. Das zeigt er glücklicherweise aber kaum. Denn wo Morrissey draufsteht, ist halt auch Morrissey drin. Musikalisch gibt sich der neue Longplayer relativ flott, ein direktes Resultat aus dem jahrelangen Live-Spielen. Die Band hat das Album größtenteils direkt live mit Moz im Studio eingespielt. So ist man diesmal direkter und rockiger. Der Beginn zieht mit „Something Is Squeezing My Skull“ und „Black Cloud“ gleich ordentlich an Tempo an, spätere Songs wie „All You Need Is Me“ oder „One Day Goodbye Will Be Farewell“ gehen auch nach vorn. Mit „Paris“ hat man dann noch die obligatorische Single-Hymne dabei. Balladen sind eher Mangelware, was dem Album aber mal ganz gut tut und sich schön ins Gesamtbild fügt. Große Gesten gibt’s aber trotzdem noch. Im epischen „It’s Not Your Birthday Anymore“ bspw., dem Highlight der Platte und musikalischer Beweis, dafür dass dieser Mann noch Sprit im Tank hat. Als ob er es sich selbst beweisen möchte. Am Ende stellt Morrissey dann im ultimativen Statement fest: „I’m OK By Myself“. Egal, was ihr sagt, ich find mich okay so. Das neue Selbstverständnis des Stephan M. Überzeugender als in diesem Abschlusssong kann man’s der Welt nicht verklickern. Nach dem poppigen Comeback-Werk „You Are The Quarry“ und dem opulenten Nachfolger „Ringleader Of The Torementors“ beendet Moz mit dem schnörkellosen “Years Of Refusal“ seine Comeback-Trilogie aus diesem Jahrzehnt auf beeindruckende Art und Weise. Es ist nicht sein bestes Werk und man vermisst manchmal die filigrane Zerbrechlichkeit früherer Werke und wünscht der Band, sie würde nicht ganz so ruppig aufspielen, aber es kann ja auch mal etwas anders zugehen. Ja, was soll jetzt noch folgen? Er gibt sich noch 5 Jahre auf der Bühne hat er dieses Jahr gesagt. Dann kann man nur auf eine wirkliche Pause hoffen, in der er sich erholt und dann in 2,3 Jahren auf ein weiteres, vermutlich letztes Comeback noch mal vorbeischaut und sich in Würde verabschiedet. Denn nichts anderes hätte dieser große Mann verdient. Also, genieß endlich deine Freizeit! Auch ohne Frau und Steak!
Anhören:”Something Is Squeezing My Skull”, “I’m Throwing My Arms Around Paris”, “That’s How People Grow Up”, “It’s Not Your Birthday Anymore”, “I’m OK By Myself”

Montag, 21. Dezember 2009

Lieblingsalben 2009 / Platz 30 - 21



30. Gui Boratto “Take My Breath Away”
Minimal-Techno ist ein sehr streitbares Thema. Für die einen stellt sie die Perfektion elektronischer Musik und Reduktion da und für die anderen ist sie nur spannungsarme Lounge-Musik, die man lediglich unter Einnahme von diversen Drogen ertragen kann. Jedenfalls ist Minimal ja seit einiger Zeit der große Scheiß vom Prollschuppen bis zur Edeldisco. Natürlich gibt’s da auch jede Menge Köche, die im Brei rumkneten und dabei kommt meist immer der gleiche langweilige Brei raus. Auf Dauer nerven sogar mich die ewig gleich strukturierten Club-Tracks. Ein Glück, dass es für alles auch immer eine Ausnahme gibt. Seit einiger Zeit macht sich der brasilianische Produzent Gui Boratto auf, den Horizont zu erweitern und Musik, sowohl für den Tanzboden, als auch für die Genusshörer zu machen. Bereits das Debüt „Chromophobia“ zeugte davon, nun geht der Nachfolger „Take My Breath Away“ diesen Schritt sogar noch eine Spur weiter. Neben großen Club-Momenten lässt sich Boratto Zeit für entspannte Interludes und virtuose Spielereien. Gitarre und Piano werden zu den Elektrotracks hinzugefügt und ergänzen den Sound auf wundersame Art und Weise. Herausgekommen ist ein instrumentales Minimal-Elektro-Album, welches es aber spielend leicht schafft Klangbilder zu erzeugen und jeden Fan gut produzierter elektronischer Musik in den Bann zu ziehen. Boratto’s Stärke liegt halt auch darin, dass seine Musik nicht nur auf die Zwölf geht und brettert, sondern sich oft genug zurücknimmt. Das alles macht „Take My Breath Away“ zu einem kleinen Gesamtkunstwerk, das ganz ungeniert mit dem Pop liebäugelt, ohne die Partycrowd aus den Augen zu lassen. Boratto ist vielseitig und talentiert. Das werden wir alle noch in den nächsten Jahren merken. Remember my words!
Anhören: “Atomic Soda”, “No Turning Back”, “Besides”

29. Filthy Dukes “Nonsense In The Dark”
Ähnlich wie Gui Boratto kommen die Filthy Dukes aus der Club-Szene. Und die Jungs haben dabei in den letzten Jahren eine erstaunliche Metamorphose hingelegt. Angefangen hat alles als DJ-Duo, bevor man zaghaft begann eigene Remixe und später auch Tracks zu produzieren. Produzent Mark Ralph stieß dann relativ schnell zu Tim Lawton und Olly Dixon hinzu und ruckzuck war aus den Filthy Dukes eine Band geworden, die sich mittlerweile vom reinen Club-Futter auch ganz offen zum Elektropop zu bekennen scheint. Das Debüt „Nonsense In The Dark“ zeigt diese verschiedenen musikalischen Aspekte deutlich. Da gibt es reines instrumentales Clubfutter, wie „Twenty Six Hundred“ oder „You Better Stop“ und ein paar poppigere Tanzflächenfüller, wie die Singles „This Rhythm“ oder „Messages“. Die gehen ordentlich nach vorn, keine Frage. Umso überraschender ist das Selbstverständnis des Trios zwischendurch das Tempo bewusst zu drosseln, wie beim atmosphärischen Titelsong oder beim traumhaften „Don’t Fall Softly“. Zum Ende hin werden die Songs dann sogar immer konventioneller. „Poison The Ivy“ ist ein wundervoller Song und beim melancholischen Schlussstück „Somewhere At Sea“ fährt die Band noch mal richtig groß auf. Gerade die Genialität dieses Songs lässt durchaus Spannendes für die Zukunft erwarten. Hier ist eine Band, die sowohl die Ravefloors der Welt zum rocken bringen kann, als auch gleichzeitig wunderbare Popsongs schreiben kann. „Nonsense In The Dark“ macht gerade wegen seiner Vielseitigkeit so viel Spaß. Die Filthy Dukes schaffen es, unterschiedliche Stile auf einem Album zu präsentieren. Wie gesagt, ich bin davon sehr angetan und freu mich auf die Zukunft, Lads!
Anhören: „This Rhythm“, „Nonsense In The Dark“, „Don’t Fall Softly“, „Somewhere At Sea“

28. Passion Pit “Manners”
Pop überall wo man hinsieht! 2009 hatte keine Angst mehr vor den 80ern, vor Synthiespielerien und all dem anderen Kram. So spannend wie dieses Jahr war Pop schon lange nicht mehr. Und hier ist wieder ein musikalischer Beweis dafür: Passion Pit kamen aus dem Nichts und eroberten mit ihren elektronisch angehauchten Hippie-Pop unser aller Herzen im Sturm. Wenn Sänger Michael Angelakos zum Falsetto ausholt und die ganze Band einsteigt möchte man am liebsten nur noch über grasgrüne Sommerwiesen springen. „Little Secrets“ ist so eine Hymne. Genauso wie das unkaputtbare „The Reeling“. Wir alle haben uns lieb, wir tanzen und singen! Gute Laune herrscht im Passion Pit. Casio-Pop mit dem Anspruch, alle in den Arm zu nehmen. Das funktioniert natürlich so gut, weil Songs wie „To Kingdom Come“ oder „Sleepyhead“ einfach auch sehr gut sind. Oder das nicht zu unterschätzende „Swimming In The Flood“, meinen heimlichen Favoriten des Albums. Und immer wieder „Na Na Na“ und ganz viel Mehrstimmigkeit. Das ist natürlich nicht für alle Lebensbereiche geeignet, aber wenn das Leben einem mal wieder böse mitspielt ist dieses Album sicher eine gute Ablenkung. Positive Energie halt! Vielleicht ist es am Ende eine Spur zu überladen, selbst für jemanden wie mich, der Pomp und Pop ja gerne Hand in Hand gehen sieht. Aber vermutlich bin ich da einfach nicht Hippie durch und durch. Zusammenfassend kann man sagen, das „Manners“ ein sehr vielseitiges und toll gemachtes Popalbum geworden ist, welches einige der schönsten Ohrwürmer dieses Jahr hervorgebracht hat. Und alle, die mal die Möglichkeit bekommen, die Kombo live zu sehen, denen empfehle ich dringend, dies zu tun. Das geht auch ohne bunte Blumenwiese oder bewusstseinserweiternde Mittelchen ziemlich ab bei den Jungs.
Anhören: “Little Secrets”, “The Reeling”, “Swimming In The Flood”

27. Mew “No More Stories Are Told Today...”
Okay, der Vollständigkeit halber gebe ich an dieser Stelle nochmal den kompletten Titel des dritten Mew-Albums an: “No More Stories/Are Told Today/I'm Sorry/They Washed Away//No More Stories/The World Is Grey/I'm Tired/Let's Wash Away”. Kapiert? Wer so einen Titel für ein Album wählt, der gibt sich nicht mit kleinen Brötchen zufrieden. Die Dänen von Mew waren ja noch nie eine solche Band. Da wollte man immer mehr und das hat meist auch ganz gut funktioniert. Der 2005er Vorgänger „And The Glass Handed Kites“ mit seiner konzeptuellen Geschlossenheit musste aber als Messlatte herhalten. Über große Strecken funktioniert „No More Stories…“ auch hervorragend. Gerade der Beginn mit so tollen Songs wie „Introducing Palace Players“, „Beach“ und „Repeaterbeater“ ist vollends gelungen. Danach verliert die Band mit ihrem üppigen Kunstpop allerdings ein wenig den Faden. Man verheddert sich in halbgaren Ideen und Konstrukten und die Interludes sind auch eher unnötig. Mit „Hawaii“, „Tricks“ und dem wundervollen Abschluss „Sometimes Life Isn’t Easy“ bekommt die Band am Ende, wohl auch dank tollem Kinderchor noch einmal die Kurve. Doch zwischendrin sind da ein paar Schwachstellen, die es auf den früheren Alben nicht unbedingt gab. Aber ich meine, wir jammern hier trotzdem auf sehr hohem Niveau, versteht sich. Mew sind nach wie vor eine kurzweilige Ausnahmeerscheinung und verstehen es den Hörer immer wieder mit neuen Ideen zu überraschen. Der Entdeckergeist der Band ist dabei gleichzeitig Segen, wie Fluch, denn so muss man sich halt immer wieder toppen und verändern, um den eigenen Ansprüchen und denen der Hörer zu genügen. „No More Stories…“ übertreibt’s einfach gelegentlich etwas und dabei hat die Band das doch gar nicht nötig. Also beim nächsten Album bitte wieder auf die Songs fokussieren und gern auch mal wieder einen kürzeren Albumtitel wählen. Dann ist auch im Jahresabschlussranking wieder Raum nach oben.
Anhören: “Beach”, “Repeaterbeater”, “Silas The Magic Car”, “Sometimes Life Isn’t Easy”

26. Kent “Röd”
Wo wir gerade schon mal in Skandinavien sind… weiter nördlich beheimatet sind Kent. Und fragt man die Menschen in Schweden und seinen Nachbarländern, dann muss man die Band niemanden mehr empfehlen. Seit Jahren sind Kent die größte Band des Landes. Die ganze Geschichte, warum es außerhalb von Skandinavien nie geklappt hat und die Band es auch nicht mehr versuchen will, ist ja mittlerweile bekannt und man kann die auch hier an zig Stellen auf Nobono nachlesen. Widmen wir uns also dem neuen Album „Röd“. Auf diesen macht die Band genau dort weiter, wo der 2007er Vorgänger „Tillbaka Till Samtiden“ aufgehört hatte. Melancholisch waren ihre Popsongs ja schon lange, aber seit einigen Jahren verschlägt es die Band stärker in elektronische Gefilde. Nach einem recht spooky Chor-Intro gibt „Taxmannen“ den Weg vor. Brummende Bässe, Disco-Beats und Synthie-Pop an allen Enden, wenngleich die Gitarren natürlich nach wie vor präsent sind. Genauso wie die unnachahmliche Stimme von Frontmann Joakim Berg. „Röd“ bietet wie der Vorgänger viel Licht und Schatten. Eine Songs sind wieder unglaublich verzichtbar, andere versprühen diesen Zauber, durch den ich Kent damals lieben gelernt habe. „Hjärta“ ist so einer. Und das unglaublich tolle Schlussstück „Det finns inga ord“. Ein richtig großer Moment ist das. Zwischendrin gibt’s dann auch mal interessante Songs wie „Ensamheten“, welches rein akustisch beginnt, nur um sich dann zu einer astreinen Clubhymne aufzutürmen. Das rockt schon. Kent machen keinen Hehl aus ihrer Vorliebe für Depeche Mode und Co. … Leider hat „Röd“ das gleiche Problem, wie der Vorgänger. Es hat zu viele Schwachstellen, die Songs dümpeln teils vor sich hin und verschenken Potential. So wundervoll der Refrain von „Hjärta“ auch ist, so nichtssagend sind die Strophen des Liedes. Ich möchte der Band auch nicht in ihre Ideen reinreden, aber gerade „Det finns inga ord“ beweist am Schluss, das Kent immer noch dann am besten sind, wenn sie sich auf den Song und die Emotionen konzentrieren und sich nicht hinter Disco-Beats und Sequenzern verstecken. Es bleibt zu hoffen, dass sie sich dies in der Zukunft mal wieder bewusst machen, um das nächste Album nicht wieder wie eine Kopie des Vorgängers klingen zu lassen. Eine Deutschland-Tour würde mich aber auch milde stimmen ;-)
Anhören: “Taxmannen”, “Hjärta”, “Ensamheten“, „Det finns inga ord“

25. Julian Plenti “Julian Plenti ... is Skyscraper”
Solo-Alben sind ja ein beliebter Zeitvertreib für Musiker, wenn die Hauptband gerade mal Pause macht. Joe Goddard von Hot Chip hat dieses Jahr bspw. eine gemacht, Jónsi von Sigur Rós hatten wir ja schon im Ranking und Kele Okereke von Bloc Party will uns nächstes Jahr allein etwas auf die Ohren geben. Und Paul Banks beantwortete uns dieses Jahr die Frage, was denn eigentlich von der kongenialen Band Interpol bleibt, wenn man seine Mitstreiter. Daniel Kessler, Carlos Dengler und Sam Fogorino wegnimmt? Richtig: Sein Alter Ego Julian Plenti! Und so vergleicht man das Debüt des Mannes mit Pornonamen natürlich automatisch mit dem bisherigen Schaffen der Band aus New York. So anders klingt es nämlich gar nicht. „Only If We Run“, „Fun That We Have“ und gerade „Games For Days“ könnten in der Form wirklich direkt von der Hauptband stammen. Wozu also dieses Album? Nun, Banks kann aber auch anders. Besonders die reduzierten, akustischen Momente, wie der Titeltrack oder das wundervolle „On The Esplanade“ zeigen die stärken, die er bei Interpol eigentlich nie ausspielen kann. Plenti und Gitarre reichen aus um eine Gänsehautstimmung zu erzeugen. Und auch andere Tracks, wie der „Madrid Song“ oder das verschwommene „Girl On The Sporting News“ sind durchzogen von jener berühmten melancholischen und düsteren Grundstimmung, welche man mit dieser unverwechselbaren Stimme halt in Verbindung bringt. Banks Soloalbum funktioniert gerade in den Momenten, wenn er versucht, nicht wie sein Hauptarbeitgeber zu klingen. Dann macht dieses ganze Werk besonders sinn. Eine düstere und traurige Spielwiese für einen kreativen Mann. Die musikalische und atmosphärische Dichte von Interpol wird dabei natürlich selten erreicht, aber das war ja auch nicht Sinn der Sache. Insgesamt eine sehr kurzweilige Platte, die hervorragende Einblicke in das Können von Banks gibt.
Anhören: “Only If We Run”, “Games For Days”, “On The Esplanade”

24. La Roux “La Roux“
Ich glaub, es ist eigentlich gar nicht möglich über das Pop-Jahr 2009 zu reden und dabei La Roux außen vor zu lassen. Ich meine, welche Musikzeitschrift und welcher Blog macht das schon? Sogar im Rolling Stone Magazine stand was drin. Hallo? Na jedenfalls ist Elly Jackson das Mädchen der Stunde. Synthiepop-Stilikone. Tonnen von Haarspray im roten Haar sei Dank. Und natürlich Produzent Ben Langmaid, der unsichtbaren Phantom-Hälfte des Duos. Mittlerweile haben die beiden auch hierzulande das Formatradio anvisiert. Das war aber auch abzusehen, immerhin ist das selbstbetitelte Debütalbum eines der kurzweiligsten Popwerke des ausgehenden Jahres. Vor allem, weil die Hits stimmen. Passenderweise sind die vier Singles „Quicksand“, „In For The Kill“, „Bulletproof“ und „I’m Not Your Toy“ die großen Überhits des Albums. Unwiderstehliche Ohrwürmer. Da hat jemand bei der Plattenfirma mal was richtig gemacht. Aber auch der Rest kann sich sehen lassen. Alles klingt sehr stimmig und passend, selbst ruhige Nummern wie „As If By Magic“ oder „Reflections Are Protections“. Das Problem, und das haben letztendlich die meisten Popplatten dieses Kalibers, ist natürlich die mangelnde Eckigkeit, mit welcher man den Hörer auf Dauer leicht nerven kann. Das ist natürlich keine besonders tiefgründige Musik, deren Halbwertszeit vermutlich in den nächsten Jahren ordentlich sinken wird. Oder vielleicht auch nicht. Was unterm Strich bleibt ist sehr eingängiger Hochglanz-Retro-Pop, den Erasure’s Vince Clarke nicht hätte besser produzieren können. Ein weiteres Plus ist auch Jackson’s Stimme, welche durch ihre markante Kraft aus dem Meer an Popstimmchen herausraget. Und so trägt diese Stimme die kleinen Popsongs auch über manche Ideenlosigkeit hinweg. Alles dabei, was ein Hitalbum also braucht: die richtigen Hits, gute Produktion und das formidable Charisma der eigenen Frontfrau. Ob da in Zukunft noch mehr drin ist, oder ob es sich hierbei nur um eine zufällig entstandene Zusammenkunft toller Popsongs handelt, wird man sehen.
Anhören: “In For The Kill”, “Tigerlilly”, “Bulletproof”, “I’m Not Your Toy”

23. Simian Mobile Disco “Temporary Pleasure”
Sozusagen der umgekehrte Weg. Als aus der Indierock-Band Simian nichts wurde machten sich James Ford und James Shaw als DJ-Duo selbstständig und wechselten vom Pop in die Clubs. Danach halt der übliche Weg, den wir schon weiter oben bei den Filthy Dukes gelesen haben. Von den Remixen zur Eigenproduktion und dann ab in den Rave-Himmel. Das 2007er Debüt „Attack Decay Sustain Release“ war hervorragend arrangierter Hands-Up-Elektro, der auch den Pop durchschimmern lies. Und dem wenden sich Simian Mobile Disco auf dem Zweitwerk nun wieder verstärkt zu. „Temporary Pleasure“ wendet sich stärker poppigen Melodien zu und ist kein reines Club-Album mehr. Dafür sorgen natürlich auch die unzähligen Gaststars auf dem Album. Chris Keating von Yeasayer vorne weg, der mit „Audacity Of Huge“ gleich mal einen der Club-Burner des Jahres intoniert. Aber auch der Rest kann sich sehen lassen. Jamie Lidell, Beth Ditto und Alexis Taylor von Hot Chip sind ja auch keine unbekannten Namen in Musikerkreisen. Tanzbar bleibt es aber trotzdem, wenngleich man bei Songs wie „Cruel Intentions“ und „Bad Blood“ halt merkt, dass sie nicht für die Tanzfläche konzipiert wurden. Bei den lediglich zwei Instrumentals „10.000 Horses Can’t Be Wrong“ und „Ambulance“ sieht das natürlich anders aus. Hier zeigen SMD, warum sie es live immer wieder schaffen, die Massen zu begeistern. Sounds, Produktion und dramaturgischer Aufbau: hier können sich alle Hobby-Techno-Produzenten mal ein Lehrstück anschauen. Da kommt noch der Flair des 2007er Albums auf, der Rest zeigt eher, dass die Band bereit ist, sich wieder dem Pop anzunähern. Daran muss man sich vermutlich gewöhnen. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Ganze in Zukunft entwickeln wird. Falls es ein drittes Album gibt und dieser Weg weiter geht, steht uns Interessantes bevor. Aber von mir aus kann’s auch gern wieder in die Clubs zurück gehen. Mit schön viel Disco-Nebel, Laser-Geblitze, Rave-Sirenen und gehobenen Händen!
Anhören: “Audacity Of Huge”, “10.000 Horses Can’t Be Wrong”, “Bad Blood”, “Ambulance”

22. U2 “No Line On The Horizon”
Schön, wenn sich ein Album auch entwickeln kann. Selbst bei mir. Und selbst bei so alten Hasen, wie den Stadionrockern von U2. Zum Release war ich von „No Line On The Horizon“ nicht sonderlich angetan. Vielleicht auch weil Labertasche Bono immer vorher etwas anderes verlauten ließ. Stichwort „Neudefinition von Rock’n Roll“. Ja, ja, is klar. Und die zackige Vorab-Single „Get On Your Boots“ hat auch einen falschen Eindruck vermittelt. Am Ende klingt ein neues U2-Album nämlich immer noch nach U2. Großartige Innovation sollte man von den Männern um die 50 auch nicht mehr erwarten. Muss man ja auch nicht. Dafür hatten sie die 90er. Im neuen Jahrtausend bleibt man sich so gut es gehend treu, was halt manchmal auch Belanglosigkeit bedeutet. Dennoch schafft es „No Line On The Horizon“ teilweise neue Akzente zu setzen und den Fokus bei U2 zu verschieben. Klar, wir haben mit „Magnificent“ und „I’ll Go Crazy...“ gleich zwei radio- und stadiontaugliche Ohrwürmer im Gepäck. Aber bekommt so was nach 30 Jahren mal bitte selber so hin? Doch zwischendurch entpuppt sich „Horizon“ auch als gefühlvolle Soulplatte. Das anfangs von mir als viel zu lange entfundene „Moment Of Surrender“ habe ich mittlerweile vollends kapiert und durchschaut. Siebeneinhalb Minuten in denen die Band mit Leichtigkeit das Loslassen zelebriert und ein Bono in Topform. Selbst wenn man seiner Stimme die Brüchigkeit gelegentlich anmerkt, so wirkt dies einfach viel authentischer als in den letzten Jahren. Er hat es selber als Soul-Gesang beschrieben. Auch das wunderbar sperrige „FEZ-Being Born“ verdeutlicht dies. Eine Art Wiedergeburt im bildlichen und musikalischen Sinn. Weniger ein Song. Auch Nummern wie „White As Snow“ oder das traurige „Cedars Of Lebanon“, welches sehr reduziert und mit Bonos Sprechgesang auskommt zeigen einen wiedererstarkten Mut der Band zu neuen Methoden. Man muss ja am Ball bleiben, wenn Coldplay oder die Kings Of Leon einen den Rang streitig machen. Komplett überzeugt das Album noch nicht, auch weil sich schon wieder so austauschbare 08/15-Songs wie „Stand Up Comedy“ und „Breathe“ darauf verirrt haben. Aber der Ansatz ist der richtige. Natürlich werden U2 kein sperriges Alterswerk mehr produzieren, dazu sind sie zu sehr Profis. Aber wenn man so weiter macht, kann da noch ein musikalisch interessantes viertes Jahrzehnt dazukommen. Insofern sie noch Lust darauf haben. Hinterm Horizont geht’s ja bekanntlich weiter. Anhören: “Magnificent”, “Moment Of Surrender”, “I’ll Go Crazy If I Don’t Go Crazy Tonight”, “FEZ-Being Born”

21. Yeah Yeah Yeahs “It’s Blitz”
Anfang der 80er gab’s ja mal die „Disco Sucks!“-Bewegung. Wer hatte die eigentlich ausgelöst? Metaler? Punks? Na ja, jedenfalls könnte man fast meinen, in diesem Jahr seine eine “Indie Rock Sucks!”-Bewegung gestartet. Die alten Helden haben die Schnauze voll von Gitarren. Julian Casablancas bedient sich an den 80ern und bei Gossip hat der Glamour nun endgültig Einzug gehalten. Und auch die Yeah Yeah Yeahs um die charismatische Karen O. fügen sich dem Zeitgeist, wenngleich das diesjährige „It’s Blitz“ glücklicherweise nicht wie ein neues Hercules & Love Affair Album klingt. Aber den Anspruch merkt man den Singles „Zero“ oder „Heads Will Roll“ schon an, während Songs wie „Dull Life“ natürlich klassische Garagen-Glam-Rocker sind. Doch insgesamt fällt halt auf, dass sich das New Yorker Trio diesmal stärker an Synthesizern bedient, ohne dabei etwas von ihrer markanten Art einzubüßen. Die schnellen Songs sind nach wie vor ordentliche Tanzflächenfüller, durch die sich Mrs. O kraftvoll durchschreit, während die wundervollen Balladen wie immer zu Herzen rühren. Besonders das wundervolle „Skeletons“. Als hier die Synthieflächen einsetzen könnte das fast Filmmusik sein, finde ich. Gänsehautmomente! Auch im tragischen „Runaway“ oder im wunderschönen Abschluss „Little Shadow“. Spielend leicht schafft es die Band nach wie vor zwischen der ganz großen Geste und dem einfachen Rock’n Roll hin und her zu schalten, ohne das es aufgezwungen wirkt. Vielleicht einfach, weil die Musik so gut gemacht ist. Oder vielleicht weil sie einen Pionierstatus haben, den andere Bands sich erst verdienen müssen. Bezähmt sind die Yeah Yeah Yeahs noch nicht, im Gegenteil... aber sie sind bereit den nächsten Schritt zu wagen. „It’s Blitz“ funkelt an allen Ecken und Enden und punktet mit wundervollen Songs, in jeglicher Hinsicht. Wieder mal ganz großes Rock’n Roll-Tennis der Dame mit ihren beiden Herren. Besser als Gossip und Casblancas sind sie ja allemal. Ob mit Disco oder ohne.
Anhören: “Zero”, “Heads Will Roll”, “Skeletons”, “Runaway”

Samstag, 19. Dezember 2009

Lieblingsalben 2009 / Platz 40 - 31

Hat der Typ eigentlich keine anderen Hobbys? Kein Sozialleben? Freunde? Geschlechtspartner oder so? Immerhin macht er einmal die Woche ja sein Ranking. Und nun hatte rhododendron auch noch das Mammutprojekt seiner 100 Alben der vergangenen 10 Jahre. Und nun noch ne Auflistung? Der Typ ist echt nicht ausgelastet.
Ich meine, ihr könnt ja gern Recht haben. Wenngleich ich natürlich gern in der realen Welt lebe. Gleichzeitig ist diese aber ständig von Musik durchflutet. In fast allen Bereichen. Und ich liebe es nach wie vor diese zu hören, zu erleben und meine bescheidene, oft unwichtige Meinung der Welt da draußen mitzuteilen. Und ich habe bisher jedes Jahr eine Liste meiner Lieblingsplatten herausgegeben, also warum sollte mich das jetzt davon abhalten. Deshalb gibt’s meine Lieblingsplatten 2009 nun, hoffentlich noch rechtzeitig vor Ende des Jahres, hier auf Nobono. Ganz so ausladend wie die Top 100 jüngst wird’s natürlich nicht. Dazu hab ich auch unmöglich alles gehört. Das, was ich aber in den vergangenen 12 Monaten gehört habe, habe ich in eine formschöne Top 40 gepresst, die ich nun präsentieren werde. Ich versuch’s außerdem leserfreundlich knapp zu halten. Also, nicht so aus- und abzuschweifen. Das Ergebnis… na ja… wird sich zeigen, inwieweit ich das schaffe ;-)

2009 war wieder mal ein recht spannendes und überraschendes Jahr. Viele meiner alten Lieblingsbands haben noch mal rechtzeitig vor Ende des Jahrzehnts ein Album auf den Markt gehauen. Das Ergebnis war teils erwartungsgemäß, oft auch überraschend. Wie es nun mal so ist. Und ob nun Indie-Rock tot ist und 80er Elektro-Scheiß das Ding der Stunde ist, soll jeder selber entscheiden. Hier geht’s also nicht darum, ob Lady Gaga Kunst oder Trash ist (sie hat die Top 40 tatsächlich knapp verpasst) oder über andere Modeschwankungen des Jahres. Bei mir geht’s wie immer um die Musik und meine Sicht auf sie. Und dies sind die 40 Alben, die ich aus diesem Jahr am ehesten empfehlen kann. Viel Spass damit… zum Kommentieren sind wie immer alle herzlichst eingeladen!



40. Maps “Turning The Mind”
Angesichts so vieler Veröffentlichungen in diesem Jahr ist ja ein Platz 40 nicht so verwerflich, wie man im Allgemeinen denken mag. Im Falle von James Chapman aka Maps ist dies aber schon eine kleine Niederlage. Vor 2 Jahren überraschte uns hier auf Nobono das tolle Debüt „We Can Create“, sammelte damals allerhand Lob ein und sorgte hier mit wundervollen Zuckerbäckerpop für viel Liebe. Ich glaube, bei der 2007er-Liste gab’s eine Platzierung in den vorderen Top 10. Dass es dieses Jahr nur für Platz 40 gereicht hat, liegt nur teilweise an der starken Konkurrenz. Dabei macht Chapman gar nichts großartig falsch. Im Prinzip macht er das gleiche, wie auf dem Vorgänger. Er singt butterweiche Elektropop-Balladen, die er mit massiven Synthiewänden umgibt. Viel Flächen, viel Hall, gern auch mal Chor und Glockenspiel. Von allem etwas zu viel. Und das ist vielleicht der Hauptgrund, warum „Turning The Mind“ trotz einiger okayer Songs, bei mir nie so zünden konnte. Chapman übertreibt seine Nummer diesmal ein wenig. Er lässt jeden Song so bedingungslos im Kitsch versinken, dass es wie bei zu viel gegessenem Kuchen ist. Zuviel Süßkram verdirbt einem auf Dauer den Magen. Es fehlen die Überraschungen. Die etwas tanzbareren Stücke, wie „Let Go Of The Fear“ sind aber irgendwie auch nicht groovig genug. Ein Album, welches sich nicht entscheiden kann, ob es tanzen oder kuscheln will. Natürlich kein Totalausfall, denn dafür gibt’s immer noch so schöne Popsongs, wie „Everything Is Shattering“. Mir persönlich sagt das romantische Gesäusel im Jahr 2009 weit weniger zu, als noch vor ein paar Jahren. Meine Geschmacksveränderung trägt vielleicht eine Teilschuld daran, aber da gehören ja auch immer zwei dazu. Gell, James?
Anhören: “Let Go Of The Fear”, “Valium In The Sunshine”, “Everything Is Shattering”

39. Soft.Nerd “Some Keys Are Brighter Than Others”
Hmm, was sagt man eigentlich zu nem Album, dessen aktiven Entstehungsprozess man in den letzten 3,4 Jahren aktiv mitbekommen hat? So ähnlich müssen sich wohl echte Künstler mit ihren eigenen Werken fühlen. „Some Keys Are Brighter Than Others“ ist nicht mein Debüt-Album, aber dass eines jungen Mannes aus München, von dem ich mir anmaße, ihn einigermaßen gut zu kennen. Soft.Nerd heißt er in bayrischen Kreisen und seit Mai gibt’s sein Album. Und die Spex hat’s noch nicht mal gemerkt. Natürlich ist man nie ganz objektiv, wenn der beste Freund ein Album aufnimmt, aber ich kann’s versuchen. Teilweise merkt man die Wohnzimmerproduktion natürlich, aber teilweise ist es auch erstaunlich, welch wundervolle Klänge diese kleine, schlecht beheizte Bude produziert. Herausgekommen ist Elektro-Pop, der seine Singer/Songwriter-Wurzeln genauso wie die Vorlieben zu Elektroclubs nie ganz verleugnet. Da ist natürlich noch viel Luft nach oben, aber wenn uns Kollege Nerd gleich zu Beginn so unwiderstehliche Hits wie „Furtive Streets“ und „Soft Colours“ um die Ohren haut, dann können sich manche Alteingesessenen schon mal was abschauen. Da wäre noch das schöne Instrumental „Guitar At Basement“ oder das geniale „Subito“, welches es verdient hat, von der Welt gehört zu werden. Ein Album zwischen Feierlaune und Trübseeligkeit. Und immer wird herumprobiert. Am Ende hat man die blinkenden Lichter schon genossen, Junge. Der Albumcloser gewinnt zum Ende ordentlich Fahrt und geht direkt raus aus der Einsamkeit in die Punte-Pillen-Fete. Das Leben hat halt immer zwei Seiten. Für den Anfang mehr als ordentlich und deshalb vollkommen zu Recht in dieser Liste. Bin gespannt, wie das alles auf das ungeübte Ohr wirken muss. Bitte also alle kaufen, downloaden und dann hier Bescheid geben.
Anhören: „Furtive Streets“, „Soft Colours“, „Subito“, „Flashing Lights, Boys“

38. Franz Ferdinand “Tonight”
Ach, ich werde schon wieder so ausladend. Dabei wollt ich mich doch auf den hinteren Plätzen kurz fassen. Verdammt. Bei Franz Ferdinands Drittwerk kann ich’s ja mal versuchen. Also, ich war nie ein großer Franz Ferdinand-Fan. Hat man ja vielleicht auch im Jahrzehnt Ranking gesehen. Da gab’s für ihr essentielles selbstbetiteltes Debüt lediglich Platz 40. Bei mir haben andere Bands halt den Vorzug, wenngleich ich mich halt immer wieder frage, warum eigentlich. Auch beim Anhören von „Tonight“ ist das so. Das Album ist richtig gut, und hat sogar ein paar erstaunlich einprägsame Disco-Hits am Start. „Ulysses“, „Can’t Stop Feeling“, „No You Girls“ usw. … das lockt die Leute doch sicher in Scharen auf die Indie-Tanzflächen. Aber irgendwie reicht das bei mir nie aus. Und das, obwohl die vier Schotten diesmal verstärkt Elektronik in ihren Songs benutzen. Das zieht natürlich bei mir. Ich meine, was für ein Monster ist „Lucid Dreams“ denn bitte schön? Das bratzt ja am Ende ordentlich. Alter Schotte! Nein, ihre Fähigkeit, eingängige und poppige Hits zu schreiben, haben die Franzens nicht eingebüßt. „Tonight“ klingt frisch wie eh und je. Da will jemand noch nicht in die Altersteilzeit gehen, sondern Party machen. Ein Album zum Thema Nachtleben ist dieses geworden. Und eigentlich mag ich so was. Trotzdem kann ich’s einfach nicht höher einstufen. Vielleicht brauch ich professionelle Hilfe. Vielleicht kapier ich’s auch erst in fünf Jahren. Na ja, wie’s halt so manchmal ist. Dennoch tolles Album. Franz Ferdinand bleiben erstmal auf der guten Seite!
Anhören: “Ulysses”, “What She Came For”, “Lucid Dreams”

37. Calvin Harris “Ready For The Weekend”
Calvin Harris hat mal in irgendeinem Interview neulich gesagt, er habe eigentlich keinen Bock im Rampenlicht zu stehen. Da hat er sich ein denkbar schlechtes Jahr ausgesucht, denn 2009 war definitiv seins. Nummer Eins Hits im UK gab’s gleich mehrfach und arbeiten wollen eh alle mit ihm. Kylie, Katy (Perry) und Dizzee mal als Beispiel. Seine Remixe haben sowieso schon länger den Ruf, das Original aufzuwerten. So langsam wirkt der Titel des Debüt-Albums, „I Created Disco“, also nicht mehr wie Selbstüberschätzung. Auch der Nachfolger „Ready For The Weekend“ groovt also ordentlich da weiter, wo der Vorgänger aufhörte. Harris scheut sich auch nicht vor Saxophonen („The Rain“), 90er-Jahre-House-Gesang (Titeltrack) oder ebenfalls billigen 90er-Jahre-Trance-Flächen („I’m Not Alone“). Ob das nun genial oder dämlich ist… er trifft den Geschmack der Massen da draußen. Und wirkt dabei sowohl in den Videos als auch in den Songs immer so, als fühle er sich gar nicht wohl da, wo er gerade steht. Irgendwie durchweht Harris’ Gesang immer eine Spur von Melancholie. Selbst eine Gute-Laune-Nummer wie „Flashback“ bekommt so einen ernsten Unterton. Ich meine, ein wenig verloren wirkt er schon zwischen all den Party-Bitches im Musikvideo. Oder zwischen all den schwarzen Homies von Dizzee Rascal bei „Dance Wiv Me“. Der Popstar wieder willen. Jammern auf hohem Niveau. „Ready For The Weekend“ ist ein astreines Gute-Laune-Party-Album, das genau für den Moment geeignet ist, den der Titel vorgibt. Und handwerklich gut gemacht ist es auch. „These are the good days of your live, so put on a smile“. Irgendwie hat er ja auch recht.
Anhören: „The Rain“, „Ready For The Weekend“, „Flashback“, „Dance Wiv Me“

36. Bad Lieutenant “Never Cry Another Tear”
Nach dem Bandende ist vor dem Neuanfang. Bernard Sumner hat das ja in seiner Biographie schon öfters durch. Als es Joy Division nicht mehr gab, gab’s halt New Order und nach deren kurzer Pause musizierte man einfach mit Johnny Marr und Electronic weiter. Dann gab’s zu Beginn der Dekade mal für 5 Jahre wieder New Order und nun halt Bad Lieutenant. Nachdem Peter Hook die Vorgängerband selbst auflöste und seitdem damit beschäftigt ist, ein Leben in der Vergangenheit zu führen und das New-Order-Vermächtnis zu verwalten, hat sich Sumner mit den New Order-Kollegen Phil Cunnigham und Stephan Morris längst der Zukunft zugewandt. „Never Cry Another Tear“ macht da weiter, wo das letzte New Order Album 2005 aufhörte. Es wird also wieder weniger elektronisch, sondern handgemachter. Melodieverliebte Popsongs mit Sumners unnachahmlicher Singstimme, die keine ist und nicht vorhandener Aufregung. Teilweise driftet das Ganze auch mal in die Belanglosigkeit ab und Sumner hat ja seit jeher textlich helle und dunkle Momente, die sich auch gern mal auf einem Album finden. Doch hier hält sich das alles in Grenzen. Und wenn Neuzugang Jack Evans auch mal zum Mikro greift tut dies Bernie’s Songs außerordentlich gut. Gerade „This Is Home“ oder „These Changes“ erreichen so ein Niveau, was man lange nicht mehr von diesen Herren gehört hat. Dennoch klingen viele der 12 melodischen Britpop-Songs zu ähnlich und zu uninspiriert. Es fehlt das gewisse Etwas und das muss nicht zwangsläufig Hookys Bassspiel sein. Alles in allem aber ein anständiges Debüt-Album. Mal sehen, wohin es Sumner als nächstes verschlägt. Johnny Marr ist ja leider grad recht busy.
Anhören: “Twist Of Fate”, “This is Home”, “These Changes”, “Shine Like The Sun”

35. Jónsi & Alex “Riceboy Sleeps”
Wenn sich hier nochmal einer beschwert, ich hätte zu viel Freizeit, der schaue sich bitte mal bitte Jónsi Birgisson an. Wenngleich er natürlich die schönere Auslastung hat. 2008 gab’s ein weiteres tolles Sigur Rós Album und 2010 wird es endlich sein Solo-Debüt geben, auf dem er zwaghaft mit dem Pop und etwas akzentfreierem Englisch liebäugeln wird. Und dazwischen? Da gab es ein kleines, feines Album mit dem Grund seines verbesserten Englisch, nämlich seinem Boyfriend Alex Somers. Mit diesem zusammen hat er das wundervoll geheimnisvolle „Riceboy Sleeps“ aufgenommen, welches sich musikalisch natürlich an der Hauptband orientiert. Alles andere will man ja auch nicht unbedingt hören. Dennoch reduziert das Paar seine Musik auf das Wesentliche. Der große Bombast von Sigur Rós fehlt hier. Es herrscht akustischer Minimalismus. Klavier und Violine stehen im Vordergrund. Selbst Jónsi’s Stimme hört man nur mal gelegentlich aus dem düsteren Nebel hervorwinseln. Die Klangwelt von Jónsi und Alex ist klarer und wendet sich gegen den Pomp und Pop, den die Hauptband zuletzt an den Tag legte. Natürlich sind die Songlängen wieder exorbitant. Aber da hat man ja, bitte schön, auch nichts anderes erwartet. Auch auf diesem Album gelingt es Jónsi wundervoll traurige und geheimnisvolle Klangwelten zu erzeugen, die zwar zu keinem Zeitpunkt die musikalische Gesamtbrillanz von Sigur Rós erreichen, aber dennoch ein traumhaftes Eigenleben führen. Ein kleines, unscheinbares Gesamtkunstwerk. Und ich freu mich schon auf den nächsten Streich. Egal, in welcher Form uns Mr. Birgisson überrascht.
Anhören: “Happiness”, “Indian Summer”, “Sleeping Giant”

34. FrankMusik “Complete Me”
Neue Männer braucht das Popland! Während Popfrauen, wie Little Boots, Elli Goulding oder Elly Jackson von La Roux dieses Jahr das 80er-Revival in England ausgerufen haben, bleiben die Männer dabei irgendwie auf der Strecke. Gäbe es da nicht Vincent Frank, der sich mit seltsamer Frisur und bunten Klamotten das Wort „Bubblegum-Pop“ auf die Stirn geschrieben hat, wie vor ihm schon lange keiner mehr. Mut zum Kitsch! Die männliche Ausgabe dieses ganzen Retro-Getues legte dieses Jahr ihr Debüt vor, welches Erfolgsproduzent Stuart Price natürlich auf Glatt getrimmt hat und mit dem er sich schon ins Vorprogramm der Pet Shop Boys oder Keane gespielt hat. Die schnellen Nummern sind astreiner Disco-Elektro-Pop. Songs wie „In Step“ oder „Better Off As Two“ gehen in Beine und Ohren. Und die Balladen, wie „Your Boy“ oder das sehr gute „Run Away From Trouble“ baden hingegen ordentlich im großen Kitsch. Große Gesten und funkelnde Disco-Nummern. Das ist natürlich furchtbar oberflächliche Musik und nach einiger Zeit gehen einem selbst die todsichersten Hits, wie „Confusion Girl“ auf den Geist, dennoch hat Mr. Frank hier ein paar sehr schmissige Popsongs zusammengetragen, mit denen er sich vor den Großen der Szene nicht verstecken muss. Zumal seine Stimme auch irgendwie trotz des Soundgewands auch jede Menge Soul erahnen lässt. Vielleicht versucht er diesen beim zweiten Album mal nicht hinter all dem Discoglanz zu verstecken, denn der gute Mann hat sicher einiges an Potential. Und irgendjemand muss den Job ja schließlich machen.
Anhören: „Better Off As Two“, „Done Done“, „Run Away From Trouble“

33. Florence And The Machine “Lungs”
Oh Gott, schon wieder ‘ne neue Singer/Songwriter-Tusse aus England, welcher bereits vor der Albumveröffentlichung von allen Seiten der wohlgeformte Hintern geküsst wird. Müsste man ja eigentlich nach all den Kate Nashes, Adeles und so schon relativ genervt sein. Aber Rotschopf Florence Welsh dürfte an dieser Stelle schon mal verziehen werden. Das Debüt-Album „Lungs“ präsentiert sich als sehr kurzweilige und handwerklich gut gemachte Ansammlung von schönen Popsongs, wie sie irgendwie nur das Vereinte Königreich abliefern kann. Piano-Pop, Streicher, Gitarren und vor allem eine sehr, sehr gute und starke Stimme. Und natürlich die obligatorischen Hits, die einem solchen vielbejubelten Debüt ja bekanntlich immer beiliegen. Dem Charme der Singles „Rabbit Heart“, „Drumming Song“ oder auch „You’ve Got The Love“ kann man sich nur schwer entziehen. Zu einprägsam sind die Melodien, zu wundervoll die Texte und zu elfengleich Welsh’s Gesang. Gut, es ist ein kraftvoller Engel, das gebe ich zu. Aber ihr Stimmvolumen spricht für ihre Authentizität und ihr Pianospiel ist wahrlich beeindruckend. Obwohl sie sich in ihren Musikvideos mittlerweile recht professionell räkelt und tanzt, wirkt Florence mit samt ihrer Maschine keinesfalls billig oder anspruchslos. Eine Frau, die weiß, was sie will und ein Album welches gleichermaßen eingängig, wie eigensinnig ist. In England der erwartungsgemäß große Wurf, bei uns noch unbekannt. Unverständlich, weil Florence augenscheinlich mehr kann, als viele, die in diesen Gewässern fischen. Aber vermutlich bedarf es noch einer strategischen Unterbringung in einem Werbeclip oder bei „Germany’s Next Topmodel“, bis es hier auf einmal auch alle gut finden. Genießen wir also noch die Ruhe, bis dieser schlimme Tag kommt.
Anhören: “Rabbit Heart (Raise It Up)”, “Hurricane Drunk”, “You’ve Got The Love”

32. Athlete “Black Swan”
In der Haut mancher Bands möchte ich nicht gern stecken... soviel ist klar. Es ist schon nicht leicht, wenn man als kleinere Band auf einmal einen mittelschweren Hit oder ein tolles Album hatte und dann irgendwie immer an dem gemessen wird. Athlete singen ein ganzes Album mit Liedern davon. Natürlich ist da der Schatten des locker-leichten 2003er Debüts „Vehicles & Animals“, welches seinerzeit mit einer Mercury-Prize-Nominierung für Furore sorgte. Und da ist natürlich auch „Wires“, der größte Hit vom 2005er Nr.-1-Nachfolgealbum „Tourist“. Seit damals ist allerdings der Wurm drin. Der Nachfolger „Beyond The Neighbourhood“ war zwar recht gut, aber ein ziemlicher Flop. Ohne Majorvertrag nahm man so das vierte Album „Black Swan“ auf, signte beim Indie-Label „Friction Records“ und wollte es nun allen zeigen. Doch nichts da. Der Negativtrend setzt sich fort. Sowohl in den Verkaufscharts, als auch bei mir. Platz 32 im Ranking ist für eine meiner Lieblingsbands der letzten Jahre eine ziemliche Niederlage. Es ist nicht richtig schlecht, aber auch weit davon entfernt gut zu sein. Irgendwie schrammt „Black Swan“ haarscharf an der Bedeutungslosigkeit vorbei. Hier ist eine Band am Werk, welche verkrampft versucht, irgendwie eine große Hymne oder irgendetwas Bedeutungsvolles abzuliefern. Aber es fehlt zu großen Teilen die Magie der Vorgänger. Und auch die Eigenständigkeit der Band. Sicher „The Getaway“ oder „Magical Mistakes“ sind gut, aber irgendwie gab’s solche Songs schon so oft. Die Band hat Angst, scheint auf Nummer Sicher zu gehen und fabriziert so zu viele mittelmäßige Songs und überraschungsarme Momente. Dabei müssen sie nicht wie Snow Patrol und Co. klinge, sie sind doch Athlete. „Black Swan“ bietet einfach zu wenig von Allem. Und das muss man sich halt angesichts der Vorgänger gefallen lassen. Doch natürlich ist da die Hoffnung. Repräsentiert durch den traumhaften Abschluss „Rubik’s Cube“, bei dem alles stimmt. Diese Band kann doch eigentlich mehr und sollte, allen kommerziellen Verpflichtungen zum Trotz, auch in Zukunft wieder mehr wagen. I know they can figure it out!
Anhören: “Don’t Hold Your Breath”, “Light The Way”, “Rubik’s Cube”

31. Metric “Fantasies”
Klamottentechnisch könnten Florence Welsh und Emily Haines von Metric sicher auch in ähnlichen Boutiquen anzutreffen sein, wenngleich Haines ihre Kleidchen gern kurz mag. Dieses Jahr auf dem Highfield gesehen. Beeindruckend, wie da nix durchblickte. Das mussten meine weiblichen Begleitungen neidlos anerkennen. Musikalisch verrutscht bei ihrer Band Metric schon lange nichts mehr. Mit dem diesjährigen Werk „Fantasies“ schafften die Kanadier aber noch mal einen ordentlichen Bekanntheitsschub. Kein Wunder, wenn man eine so wundervoll eingängige erste Single wie „Help I’m Alive“ vorlegt. Und von „Gimme Sympathy“ mal ganz zu schweigen. Verdammt, ist das ein Hit. Und falls mich wer fragt: Beatles! Metric präsentieren zehn wundervolle Indierock-Songs, die sehr melodieverliebt und mit allerhand elektronischen Spielereien gespickt sind. Und das alles trägt Emily Haines mit ihrer wundervollen Stimme, irgendwo zwischen Zerbrechlichkeit und energischem Trotzen. Die Elemente fügen sich perfekt zusammen und das Album bietet auch abseits der Singles ordentlich Hitpotential, tolle Melodien, gute Instrumentierung und schöne Texte. Mit „Fantasies“ gelingt Metric tatsächlich ein durchgängig gutes Album, ohne Aussetzer, das man trotz seiner Poppigkeit immer wieder hören kann, ohne dass es einem auf den Geist geht. Mehr fällt mir dazu auch nicht ein. Wenn Musik wirklich gut gemacht ist, muss man das neidlos anerkennen. Stilsicher in allen Bereichen!
Anhören: “Help I’m Alive”, “Satellite Mind”, “Gimme Sympathy”

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Meine 100 Alben 2000 - 2009 / Platz 01

01. Bloc Party “A Weekend In The City” (2007)

41Mr94F1SpL-_SL500_AA240_Also, wie wählt man die nun eigentlich die liebste aller Platten aus den vergangenen zehn Jahren? Wie geht man dabei vor? Vielleicht sollte man am Ende, das Album nehmen, welches den größten Eindruck bei einem hinterlassen hat, sowohl damals beim Release, als auch heute noch. Das Album, welches einen am meisten geprägt und bewegt hat, welches einen in den richtigen Momenten begleitet hat, an die man sich gern oder auch weniger gern zurückerinnert. Dabei kann man ja durchaus den Stellenwert in der Pophistorie außen vor lassen. Und während ich so beim Aufstellen der Top 100 immer wieder über so etwas nachdachte, kam mir am Ende immer wieder nur ein Titel in den Sinn: „A Weekend In The City“! Das zweite Bloc Party Album ist mein Meisterwerk dieser Dekade, ohne „Wenn“ und „Aber“… während die Welt in diesem Kontext immer gern auf das wegweisende Debüt „Silent Alarm“ schielt wird gern übersehen, welch Genialität der Nachfolger musikalisch und inhaltlich zu bieten hat. Und vielleicht ist es am Ende Schicksal, als ich damals alkoholtrunken kurz nach Mitternacht das Teil erstmals in meinen mp3-Player packte und aufdrehte. Dem frühen Internet-Leak sei dank! So hatte ich mir „Weekend“ für 2007 aufgespaart, vielleicht schon wissend, was es mir bedeuten würde. Na ja, war, glaub ich in jener Nacht ein unfreiwillig komisches Bild, dass ich auf den Elbwiesen abgab.

Was ich mit dieser Annekdote eigentlich nur verdeutlichen wollte… dies ist MEIN Album. Es hat mich geprägt, in seiner Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit, gleich eines Manifestes, gefüllt mir elf genialen Songs, von denen keiner auch nur annähernd schlecht ist, sondern einer besser als der nächste. Jedes Lied erzählt eine Geschichte, keiner klingt wie der andere und am Ende fügt sich doch alles zu diesem unglaublichen Konzeptalbum zusammen. Ein Album, welches davon handelt, was wir sind. Über das Leben als Twenty-Something in der Großstadt. Sänger Kele Okereke hat seiner Band dieses Album auf ihren Leib geschrieben, ohne dabei urbane Schönfärberei zu betreiben. Nach den kryptischen Texten von „Silent Alarm“ wir Okereke direkt und kreiert mit seinen Mitstreitern, sowie Produzent Jacknife Lee ein Album, welches so abgrundtief traurig, so wütend, so ehrlich und auch irgendwie so aufrüttelnd ist, wie kein anderes Album in dieser Dekade. Ein Armutszeugnis für die westliche Dekadenz wird ausgestellt. Eine Gesellschaft voller Angst, zerbrochener Träume, Gewalt, sinnlosem Konsum und falscher Liebe. „Uniform“ stellt die Eintönigkeit unserer Jugendkultur an den Pranger, in „Where Is Home?“ schreit Kele seine Wut über Rassismus aus dem Leib, während uns „Hunting for Witches“ die tägliche Angst vor Terrorismus, sowie die damit verbundene Medienpropaganda vor Augen führt. Und das ist nur der Anfang. Mehr gefällig? „On“ ist eine Liebeserklärung an Kokain, während „Kreuzberg“ den einsamen Protagonisten nach einem One-Night-Stand auf die Straßen des nächtlichen Berlins schickt, wo er sich fragt, warum er nicht richtig lieben kann. „I Still Remember“ spielt mit homoerotischen Versuchungen, „Waiting For The 7.18“ hingegen steckt knietief im Alltagstrott. Und immer wieder der Wunsch von Okereke auszubrechen. Bereits im wüsten Opener „Song For Clay“ stürzt sich der Protagonist ins korrupte und seelenlose Nachtleben einer Gesellschaft, die ihre Existenzberechtigung im Rausch sucht. „Because East London is a vampire, it sucks the joy right out of me. How we longed for corruption in these golden years” schreit Kele dem Hörer unverblümt entgegen. Gleichzeitig resigniert er... „Nothing ever really touches me“. Kein Koks, kein Sex, keine Party kann das Loch füllen. Selbst der „Prayer“ zur Freitag Nacht wirkt irgendwie wie ein verzweifelter Aufschrei nach Liebe und Erkenntnis. So geht das Konzept des Albums vom Freitag Abend bis hin zum Sonntag. Im gleichnamigen „Sunday“ taucht kurzzeitig Optimismus auf. Das einzig wirkliche Liebeslied des Albums. “Giant proclamations are all very well but our love is louder than words.” Ein treffendes Fazit. Doch die Stimmung bleibt nur kurzzeitig optimistisch, denn das Album endet mit “SRXT”, einen Song, der nach einem Antidepressiva benannt ist und einem Freund Okereke’s gewidmet ist, der scheinbar alles auf der Welt hatte, aber mit dem Alltagstrott und dem Durchhangeln von Wochenende zu Wochenende einfach nicht klar kam und sich das Leben nahm. Untermahlt von einer riesigen Wall of Sound erreicht die Verzweiflung ihren Höhepunkt. Nein, dies ist kein Partyalbum, dies ist keine lebensbejahende Platte. Bloc Party entwerfen einen düsteren Gegenentwurf zur Spaßgesellschaft, wenngleich sie unfreiwillig Teil eben dieser sind. Doch es ist nicht nur der Inhalt, welcher begeistert, sondern auch die Form. Sicher, Jacknife Lee glättet den elektrisierenden Sound des Debüts deutlich und verpasst dem Quartett ordentliche Soundflächen. Doch diese zusätzliche Atmosphäre brauchen die Songs auch, um sich zu entfalten und zu funktionieren. Ein großes Plus ist die Abwechslung im Klang… während die Opener noch klassische Gitarrenschrubber sind, versteckt sich „Waiting For The 7.18“ hinter einer dicken Soundwand. „The Prayer“ ist alles, nur nicht eindeutig. Ein wilder Mix aus Hip Hop, Electro und Rock. Ähnliches gilt für das zerhackte „Where Is Home?“. „On“ kommt so gut wie ohne Gitarren aus, während „Uniform“ nach dem ruhigen Start zum Ende hin richtig an Fahrt und Wut gewinnt. Die Liebe zur Elektronik und diversen Soundspielereien, die sich bereits auf „Silent Alarm“ angedeutet hatte, wird auf „Weekend“ richtig ausgelebt. Auch diese Vielfalt macht den Reiz des Albums aus und passt zu den unterschiedlichen Stimmungen der Songs.

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Für viele, die vordergründig gern immer wieder leichte Indierocksongs á la „Banquet“ hören möchten mag dies unverständlich klingen. Zu glatt und zu ruhig sei das Zweitwerk von Bloc Party, kritisierten viele. Doch das ist ja nicht der entscheidende Punkt. In diesem Album steckt mehr Wut, Gefühl und wenn ihr so wollt auch Punk, als in vielen anderen Platten, die sich so schimpfen. Der Clou besteht darin, dass Bloc Party dies anders vermitteln. Auf unterschiedlichen Ebenen. So funktioniert dieses Album. Die düstere Variante eines herkömmlichen Popalbums sozusagen, die aber abseits der Thematik alle Aspekte eines guten Popwerks vereinigt. Alles, was Bloc Party 2007 gemacht haben war von herausragender Qualität. Allein, wenn man sich die B-Seiten wie „England“ oder „The Once And Future King“ aus dieser Zeit zusammenstellt, hat man bereits das nächste tolle Album in der Hand. In diesen Monaten gelang ihnen alles und „A Weekend In The City“ ist der Grund, warum eine britische Newcomerband innerhalb kürzester Zeit aus dem Nichts zu meiner Lieblingsband wurde und hoffentlich auch im nächsten Jahrzehnt noch viel zu geben hat. Dieses Album ist in meinen Augen ein Meisterwerk und hat mich musikalisch und menschlich in den letzten Jahren mehr geprägt als jedes andere Stück Musik. Eine Songzusammenstellung, die nachdenklich macht und aufrüttelt. Ein Zeitdokument einer Dekade. Dass es ein düsteres Dokument geworden ist, spricht wieder mal für unsere Zeit. Na ja, oder halt dagegen. Vielleicht kann man darauf was Besseres für die nächsten zehn Jahre aufbauen. Auch wenn’s nur Musik ist. Aber so ist es am Ende mit allen Alben in diesem Ranking. Selbst alle die, welche die Top 100 verpasst haben, ja sogar all die, welche mir wichtig sind und in den Jahrzehnten davor erschienen sind. Am Ende zählt nur die Musik, die einen berührt und fasziniert. Das hat sie definitiv auf eine unnachahmliche Art und Weise in den vergangenen zehn Jahren und das wird sie auch sicher, wenn auch auf anderen Wegen, in den nächsten Jahren machen. Ich hoffe, ihr hattet viel Spaß beim Lesen und habt vielleicht das ein oder andere entdeckt, was ihr noch nicht kanntet. Dann hätte sich das Ganze ja schon mal gelohnt. Und wenn nicht, dann mußte ich das auf jeden Fall einfach mal loswerden. Alles Gute für die nächsten zehn Jahre!
Anhören: “Song For Clay (Disappear Here)”, “The Prayer”, “Uniform”, “Where Is Home?”, “Kreuzberg”, “SRXT”



PS: Auf einen Blick gibt’s das komplette Ranking nochmal hier zum Nachlesen.

Dienstag, 15. Dezember 2009

Meine 100 Alben 2000 - 2009 / Platz 02

02. The Stills “Logic Will Break Your Heart” (2003)

419AVGXFAFL-_SL500_AA240_Das schöne an dieser Top-100-Liste ist wohl am Ende, dass sie zwar trotzdem die üblichen Verdächtigen am Start hat, aber immer mal wieder zwischendrin Alben auftauchen, die der Außenstehende nicht so auf der Rechnung hatte. Denn am Ende ist es meine Liste und meine Favouriten. Und während sicher einige Musikkenner das 2003er Debütalbum der kanadischen Stills als ganz okayes Debüt mit der flotten Hitsingle „Still In Love Song“ abstempeln, geh ich einenn anderen Weg. Nicht nur ist besagter Hit in meinen Augen relativ überbewertet, nein, sondern „Logic Will Break Your Heart“ hat genau das Gegenteil von seinem Titel gemacht, nämlich mein Herz gewonnen. Und so ist es am Ende ganz selbstverständlich mein zweitliebstes Album der vergangenen Jahre. Und es ist wirklich meines, hab ich nach wie vor das Gefühl, eben deshalb, weil es kaum jemand kennt. Was spricht nun also für die Vizeposition der Stills? Nun, es ist exakt eben jener Mix aus tollen Songs und der Lebensphase, in welchem ich auf dieses Werk traf. Ich glaub, am Ende muss ich Chrischie danken, welcher das Album erst unserem „Fall On Deaf Ears“ gegeben hat, welcher es dann an mich weiter reichte. Doch es vergingen noch ein paar Monate, bis ich überhaupt reinhörte. Und ich weiß gar nicht mehr, was letztendlich den Anstoß gab und wann das Album letztendlich bei mir Klick machte. Es muss irgendwann im Sommer 2006 gewesen sein, wo mich dieses Album aus dem Nichts recht flott umgehauen hatte. Man benutzt ja gern mal so blöde Emo-Sätze wie „Dieses Album hat mein Leben gerettet“. Ist eigentlich schrecklich abgedroschen, aber in Anbetracht der Tatsache, dass ich ihn bisher noch nicht in den Top 100 angewendet hab und weil’s einfach wahr ist, drück ich mal auf die Emo-Tube. Ja, dieses Album war und ist mir extrem wichtig und einer der Gründe, warum Musik in meinen Augen unser kostbarstes Kulturgut ist. Und das seh vielleicht ich nur so, denn hier handelt es sich ja um kein symphonisches Großwerk, sondern um Indierock mit leichtem New-Wave-Einschlag. Warum funktioniert dieses Album bei mir? Vielleicht, weil es die Thematik ist… 12 Songs über gebrochene Herzen mit unterschiedlichsten textlichen Herangehensweisen. Der fulminante Opener „Lola Stars And Stripes“ mischt apokalyptische Ängste mit Zweisamkeit, während gleich im Anschluss im lyrisch prägnantesten Song des Albums, „Gender Bombs“ alles zusammengefasst wird… „The Girl will school you“. Und Logik zerbricht eben das Herz, genauso wie Veränderungen am Ende schlecht sind. Der gleichnamige dritte Song beendet den tollen Hit-Hattrick gleich zu Beginn der Platte. Hier bin ich schon hin und weg. Der Rest begeistert auch, seien es die etwas rockigen Nummern wie „Love and Death“ oder „Allison Krausse“ oder die ruhigen Momente, wie „Let’s Roll“ oder „Fevered“, welche wie eine warme Sommernacht für Seelenfrieden suchen. An den sehr seltsamen Wendungen, die hier fallen, wird klar, dass es mir recht schwer fällt den Wert und die Faszination von „Logic Will Break Your Heart“ in rationalen Beschreibungen festzuhalten. Vielleicht versuch ich’s noch mal. Wir haben 12 sehr gute bis geniale Indierock-Songs, die aber gern mal ein wenig Richtung Wave schielen, ohne aber dabei wie Interpol und Konsorten zu klingen. Was bleibt ist die melancholische Grundstimmung, die zwar gelegentlich Ausbrüche von Optimismus zulässt, aber damit nie übertreibt. Etwas Dunkles kann diese Musik nicht von der Hand weisen. Aber gerade die Tatsache, dass sich das insgesamt irgendwie mit den hellen Aspekten der Musik die Wage hält, macht dieses Album so hörenswert. Der Verlust der Liebe bleibt zentrales Thema dieses Albums. Und so stellt Sänger Tim Fletcher am Ende resigniert fest: “Some things last forever, why can't this last forever?”. Das der Abschlusssong “Yesterday, Never Tomorrow” am Ende doch irgendwie etwas fröhlich Leichtes an sich hat, kann gern als Ironie der Tatsache gesehen werden. Auf „Logic Will Break Your Heart“ wird im ganz großen Maßstab gelitten, auch wenn es sich das Album eben nicht anmerken lässt. Nachdem der Nachfolger ein ziemliches Desaster wurde und man die Stills eigentlich schon hätte abschreiben können, stimmte das 2008er Album „Oceans Will Rise“ wieder versöhnliche Töne an, so dass vielleicht auch in Zukunft noch mit den jungen Herren aus Kanada zu rechnen ist. Und selbst wenn nicht, dann bleibt am Ende dieser kleine, wunderbare Indierock-Schatz, der für immer einen großen Stellenwert in meinem Leben haben wird. Und vielleicht funktioniert das nur in bestimmten Situationen, in denen man selber das durchmacht, was diese Platte uns erzählt. Vielleicht funktioniert’s aber auch anders. Wer also bisher noch nichts von der Existenz dieses Albums mitbekommen hat, dem empfehle ich das Anhören hiermit uneingeschränkt. Danke, liebe Stills!
Anhören: “Lola Stars And Stripes”, “Gender Bombs”, “Changes Are No Good”, “Let’s Roll”, “Fevered”

Montag, 14. Dezember 2009

Meine 100 Alben 2000 - 2009 / Platz 03

03. Coldplay “A Rush Of Blood To The Head” (2002)

412nHlAWnpL-_SL500_AA240_Schluss mit Leise! Nach dem wunderbar ruhigen Debüt „Parachutes“ setzten die britischen Newcomer von Coldplay mit dem Nachfolger ein deutliches Ausrufezeichen und meldeten damit auch unfreiwillig den Anspruch an, für die ganze Welt zu spielen. Es dauerte zwar noch ein wenig bis es dann endgültig vorbei war mit dem Geheimtipp, aber so lange gehörte „A Rush Of Blood To The Head“ mit allein! Ja, a bin ich egoistisch und erinner mich gern an die Zeit zurück, als man Coldplay noch nicht mit diversen Hausfrauen, BWL-Studenten und Fußballstadien teilen musste. Auch nach sieben Jahren bleibt das Zweitwerk in Sachen Coldplay das Maß aller Dinge. Die eigene Messlatte sozusagen. Dafür reichen schon die fünf Minuten von „Politik“ zu Beginn. Die besten fünf Minuten, die diese Band bisher komponiert hat. Ein Meileinstein, der mir auch heute noch immer einen Schauer über den Rücken jagt. Besonders ab Minute Vier. Einfach mal selbst testen. Mit stampfendem Rhythmus erzählt uns Lockenkopf Chris Martin vom Chaos in der Welt, bevor er die Angebetete im befreienden Schlussteil anfleht „And give me love over this“. Auch bei Coldplay ist ja bekanntlich all you need love. Das kann man für naiv halten, aber mein Gott… seid doch auch mal ein wenig romantisch, liebe Zweifler. Natürlich sind auf diesem Album auch die großen Radiohits „In My Place“ und „Clocks“ dabei, die man vielleicht mittlerweile nicht mehr hören kann, wobei aber gerade Letzterer ein unbestreitbarer Superhit ist. Eine Pianomelodie für die Ewigkeit. Und natürlich das wundervolle „The Scientist“, welches sich in triefenden Entschuldigungs-Phrasen wälzt und somit Angriffsfläche für alle Hater gibt. So wie das ganze Album. Alles, was man an Coldplay lieben kann findet sich hier. Und eben alles, was man an dem Quartett hassen kann. Ist mir aber relativ schnuppe, muss ich sagen. Nachdem sich das Debüt ja, wie bereits erwähnt, eher akustisch gab, drehen Coldplay die Gitarren nun etwas auf und wagen auch mal ein paar Überraschungen, wie das wüst-chaotische „A Whisper“ oder das treibende „God Put A Smile Upon Your Fance“. Zwischendurch muss aber natürlich immer wieder Platz für die wunderbar melodischen Piano-Britpop-Nummern sein. „Warning Sign“ schrammt zwar ziemlich am Kitsch vorbei, aber irgendwie nimmt man Martin den reumütigen Liebhaber in jeder Sekunde ab. „When the truth is, I miss you so.“ Wie kann ich da nur wiederstehen? Auch der Titeltrack überzeugt mit starken Texten und einem tollen, großflächigen Soundgewand, bevor der Abschluss “Amsterdam” dann noch mal kurz ruhigere Töne anschlägt, nur um am Ende noch mal richtig auszubrechen. Man merkt einfach, wie viel die Band seit dem Debüt gelernt hat und wie viel sie bereit ist, zu riskieren und auszuprobieren. So halten sich die gefühlvollen, zerbrechlichen Momente mit dem großen Pathos erstaunlich gut die Wage. Im Prinzip ist „Rush of Blood“ ein typisches zweites Album, wie es hier im Countdown immer wieder aufgetaucht ist. Man nimmt die besten Elemente des Vorgängers und macht sie einfach, auch aufgrund der Erfahrung, etwas größer und ausgereifter. Der Erfolg kommt dann ja meist von allein und kam ja in dem Fall später auch. „A Rush Of Blood To The Head“ wird vermutlich für alle Zeit mein Lieblings Coldplay-Album bleiben. Allein aus nostalgischen und biographischen Gründen werden es alle späteren Alben schwer haben, da ran zu kommen. Mit diesem Album wurden Coldplay, zumindest für einen Zeitraum von 2 Jahren oder so, zu meiner Lieblingsband und sind auch heute noch ganz weit vorn in meiner Gunst, egal wie groß sie sind und wie groß sie noch werden. Ich hab das glaub ich, weiter hinten bei „Viva La Vida“ geschrieben… wenn eine Band weltweit so viel Anerkennung findet, dann hat das vielleicht auch manchmal was mit musikalischer Qualität zu tun. Und wer an dieser zweifelt, sollte sich doch bitte noch einmal dieses tolle Meisterwerk mit seinen wundervollen Popsongs anhören und überzeugt werden.
Anhören: “Politik”, “The Scientist”, “Clocks”, “Warning Sign”, “A Rush Of Blood To The Head”

Sonntag, 13. Dezember 2009

Meine 100 Alben 2000 - 2009 / Platz 04

04. Editors “The Back Room” (2005)

41XZSN4CQVL-_SL500_AA240_Auf die Musikpresse sollte man sich sowieso nicht verlassen. Der Name „Editors“ tauchte natürlich im schicksalsträchtigen Jahr 2005 auch irgendwann unter all den vielen neuen Gitarrenbands auf. Und als mich Blogkollege „The Fall On Deaf Ears“ irgendwann im Sommer ’05 mal darauf ansprach, plapperte ich munter dem Schnabel der Presse nach… „Das is doch nur so’n billiger Interpol-Klon, oder?“ Ich Unwissender, ich! Es sollte noch ein halbes Jahr dauern, bis die Zeit reif für mich und die Editors war. So trat die Band während einer Phase in mein Leben, in dem ich sie wirklich brauchte. Mehr muss dazu auch nicht gesagt werden, das ist ja hier kein Kummerkasten. Dann auf einmal hörte ich „The Back Room“, welches ich auch noch einige Wochen lang versehentlich als „Black Room“ titulierte und irgendwann kam der Moment, wo es „Klick“ machte und an allen Vorurteilen vorbei direkt ins Herz ging. Mit Interpol hat das alles auch nicht wirklich was zu tun. Denn seit wann steht das Kriterium „Melancholischer Wave Rock mit tiefer Männerstimme“ denn für einen Vergleich? Nein, die Editors waren schon immer etwas dringlicher, konkreter. Während Interpol mit der Introspektive immer noch liebäugeln, wollen die Editors mit ihrer Trauer und Verzweiflung Außenwirkung erzeugen. Allein der Albumbeginn ist mit dem schnellen „Lights“, sowie den Hits „Munich“ und „Blood“ bereits unglaublich zackig, energiegeladen und tanzbar. Und so geht es auch weiter, wenngleich die Band natürlich zu den richtigen Momenten auf die Bremse tritt. Und immer wieder fleht die markante Stimme von Tom Smith in den Nachthimmel. „I wanted to see this for myself“ singt er im melancholischen „Fall“ vor sich hin. Inwieweit Smiths Stimme etwas mit Paul Banks zu tun haben soll, dass dürfen andere entscheiden. Sie ist makant, klar, kraftvoll und doch voller Schmerz. Live gibt Smith den unfreiwilligen Frontmann, der immer wieder im Kampf mit sich selbst zu sein scheint. Wenngleich sich das in den letzten Jahren deutlich gebessert hat. Seine Texte sind einfach gehalten, aber mehrdeutig interpretierbar. So haben die Songs die seltene Gabe, für jeden ihrer Hörer etwas anderes zu bedeuten. Wer oder was die „Disease“ ist, auf welche man im genialen „Bullets“ verzichten soll, muss jeder selbst entscheiden. Und auch die blutenden Hände aus den Fabriken oder die Arme, mit denen man Menschen in der eigenen Stadt Willkommen heißen soll sind Interpretationssache. Doch was am Ende bleibt ist ein Gefühl von Melancholie, Verzweiflung und sicher auch etwas innerer Zerrissenheit, welche die Songs, trotz ihrer poppigen Eingängigkeit durchweht. Für ein Debütalbum eine erstaunliche Leistung. Alle elf Tracks sind hervorragend und auch vielseitig. Für ein trauriges Balladenalbum ist „The Back Room“ zu schnell, für ein Tanzalbum aber auch zu ruhig. Für mich als Fan von düsterem New-Wave-Pop natürlich ideal. Das Debüt der Editors ist eines der besten der ausgehenden Dekade voller großer, wichtiger Songs, die mir sehr viel bedeuten. Und nicht nur die auf dem Album. All die B-Seiten, welche vor und während dieses Debüts entstanden, sind von ähnlicher Birllanz. Es seien nur mal Songs wie „Let Your Good Heart Lead Your Home“ oder “Come Share The View” ans Herz gelegt. Und all diese Songs habe ich damals so gern und intensiv gehört... und das über einen wirklich langen Zeitraum. Die trunkenen Momente, die ich zusammen mit den Editors verbracht hab lassen sich eh nicht mehr an zwei Händen abzählen. Aber es war gut so und ist es heute immer noch. Auch die beiden Nachfolger haben meine Vermutungen bestätigt, dass diese Band viel Potential nach oben hat. Dieses einmalige A-ha-Gefühl aber bleibt trotzdem für immer mit „The Back Room“ verbunden. Und dabei bealsse ich es auch. „I’ve got so much to tell you but so little time”.
Anhören: „Munich“, „Blood“, „Fall“, „Bullets“, „Open Your Arms“

Samstag, 12. Dezember 2009

Meine 100 Alben 2000 - 2009 / Platz 05

05. Doves “The Last Broadcast” (2002)

4101TW1AP3L-_SL500_AA240_Nach all der Dunkelheit und Trauer der letzten Alben ist es jetzt mal wieder Zeit, die Vorhänge zu öffnen und das Licht hinein zu lassen. Und wie es den Raum flutet. Am besten, in jenem Moment, als die Gitarren des schleppenden „Words“ beginnen zu spielen und es wirkt, als ob aller Balast dieser Welt von einem Abfällt. „There Goes The Fear“. Bereits der zweite Song dieses Albums ist eine überlebensgroße Hymne, die mich auch heute in richtigen Momenten noch zu tränen rühren kann. Ein Song, der weinend zurückblickt, aber auch voller Hoffnung den Blick Richtung Zukunft wendet. Wir reden hier natürlich die ganze Zeit vom famosen Zweitwerk der Doves aus Manchester. „The Last Broadcast“ ist ein Meisterwerk der Gattung Britpop, voller Größe, Gefühle und den genau richtigen Songs. Der pefekte Einstieg in meine fünf besten Alben des Jahrzehnts. Um die Genilität dieses Albums zu verstehen und zu spüren sollte man in erster Linie keine Angst vor großen Gesten und Breitwand Stadionrock haben, denn anders als noch beim sehr chilligen Debüt „Lost Souls“ geht es auf dem Nachfolger einfach eine Spur größer zur Sache. Mehr Musik, mehr Emotionen, mehr Sound. Doch an keiner Stelle wirkt das übertrieben. Dafür sorgt stets die wundervoll warme Stimme von Jimi Goodwin, die den Hörer am Boden hält und nach hause fühlt. Selbst wenn zwischendurch eben bei „There Goes The Fear“ oder „Satellites“ der Gospelchor gleich noch mit dabei ist. „Satellites ahead, so hold on!“ Nie klangen Durchhalteparolen so überzeugend, wie auf diesem Album. Zwar durchweht alle Songs auch gern mal etwas Melancholie, doch stets findet sich in den warmen Gesangsflächen und dem verspielten Britpop auch etwas Beruhigendes und Bewegendes. Die ruhigen Momente, wie „M62 Song“ oder „Last Broadcast“ überzeugen ebenfalls, dienen aber meist nur als kurze Pausen zwischen den fulminanten Hymnen. „Pounding“ ist neben „Fear“ das zweite große Ausrufezeichen auf der Platte! Ein Jahrhundertsong, der mit jedem stampfenden Takt „Ja“ zum Leben sagt. „We don't mind
If this don't last forever“ heißt es darin oder “Seize the time cause it's now or never baby”. Flucht, Ausbruch, Leben! Jetzt! Auch nach Jahren hat dieser Song nichts von der Magie verloren, die er beim ersten Hören hatte. Und es hört einfach nicht auf. Was für ein wundervolles orchestrales Intro „The Sulphur Man“ doch nachwievor hat. Und am Ende schreit uns die Band in der abschließenden Hymne „Caught By The River“ noch wehemend zu: „Give it all away“. Weg mit all dem, was uns quält und zurückhält. „The Last Broadcast“ ist ein großes Album, auch weil es sich nicht scheut, groß zu denken und den Fokus auf die schönen Seiten im Leben zu lenken. Ein Album, welches vielleicht sogar den härtesten Pessimisten davon überzeugen kann, einmal weiter zu denken. Ein Album so berauschend, wie die Liebe oder ein gutes Glas Wein an einem Sommerabend. Na ja, oder von mir aus Drogen. Wie man denn möchte. Ich kann einfach nicht anders, als bei diesem detailverliebten Machwerk ins Schwärmen zu geraten. Das dieses Album und diese Band immer noch so unterschätzt werden, ist ein sehr trauriger Zustand. Denn alle vier Alben des Trios sind sehr gute Platten, wenngleich man einen solchen Geniestreich wie „The Last Broadcast“ in all seiner Fülle an tollen Songs und Emotionen sicher nur einmal im Leben fabriziert. Aber das ist ja auch okay so. Dont’ look back when you’re leaving town.
Anhören: “Words”, “There Goes The Fear”, “Pounding”, “The Sulphur Man”, “Caught By The River”

Freitag, 11. Dezember 2009

Meine 100 Alben 2000 - 2009 / Platz 06

06. Interpol “Antics” (2004)

216WD65PSNL-_SL500_AA240_Standortbestimmung gleich zu Beginn. “We ain’t going to the town, we’re going to the city!” Nur, damit jeder Bescheid weißt. Die große Stadt gilt ja seit jeher als beliebtes Motiv im Post Punk. Entweder als herbeigesehnter Zufluchtsort voll pusierendem Leben oder als urbane Personifizierung der Einsamkeit. Kann man bekanntlich halten wie man will. Interpol selber kommen ja aus New York, weshalb schon mal klar sein sollte, zu welcher Gruppierung sie gehören. Nachdem das 2002er Debüt „Turn On The Bright Lights“ noch etwas im New Yorker Großstadtnebel versank, wird die Band auf dem Nachfolger „Antics“ konkreter, direkter und stellenweise sogar erfreulich eingängig ohne ihren bekannten und beliebten Sound zu vernachlässigen. Es ist das übliche Phänomen des zweiten Albums. Man macht irgendwie alles ein wenig konkreter, besser und zielgerichteter. Ein warmer Orgelteppich empfängt uns auf „Next Exit“, bevor wir uns mit „Evil“ direkt rein wagen. Da schüttelt das Quartett aus NYC mal eben einfach so einen lässigen Hit aus dem Ärmel. Und es kommen noch ein paar mehr. Die Singles „Slow Hands“ und „C’Mere“ seien da sicher erwähnt. Der Sound sitzt... ohne Wenn und Aber. Carlos D’s groovige Bassläufe treffen auf die markanten Gitarren eines Daniel Kessler, welche bewusst in den Vordergrund rücken und trotz düsteren, sterilen Klanges viel Seele vermitteln. Es ist einfach dieser ganze Sound. Bspw. dieser treibende Schlagzeugbeat auf “Not Even Jail”, den Sam Fogorino fast sechs Minuten so konsequent durchzieht. Und dazu diese forschen Gitarren und der harte Bass, sowie das flehen von Paul Banks. „Remember take hold of your time here, give some meanings to the means” Es ist die Form von New-Wave-Whatever-Rock, die ich so liebe. Und Interpol spielen sie nahe an der Perfektion. Die raue Wut einiger Songs des Vorgängers weicht ein wenig der besseren Produktion, was aber keinen Widerspruch darstellt. Das tolle „Take You On A Cruise“ wechselt im Verlaufe sein Wesen dezent und „A Time To Be Small“ beschließt das Album mit melancholischer Schwere. Trotz all der Energie und Spannung innerhalb der Musik von Interpol durchweht sie auch stets eine düstere Melancholie. Auch eine Art Zerissenheit und Verzweiflung, welche gerade in den Texten und Gesangslinien von Frontmann Paul Banks immer wieder deutlich wird. Interpol sind die Summe ihrer Teile. Diese Summe hat es auf drei Alben geschafft, mich immer wieder zu fesseln. Die Tatsache, dass sie die einzige Band ist, die es geschafft hat, gleich drei Alben hier in den Top 30 zu platzieren spricht auch eine deutliche Sprache. Vielleicht ist der Nachfolger „Our Love To Admire“ etwas perfekter, aber „Antics“ war mein erstes Interpol-Album, jenes Werk, dass den Anfang machte mit zehn ausnahmslos wundervollen, düsteren New-Wave-Songs voller Kraft und Gefühl. Die wunderbaren Momente, welche mir die Band in den letzten Jahren live oder auf Platte verschafft hat, kann ich gar nicht mehr an zwei Händen abzählen. Ich verdanke dieser Band sehr viel und ziehe deshalb meinen Hut vor der Genialität, die sich hoffentlich auch wieder auf Album Nummer Vier im nächsten Jahr zeigen wird.
Anhören: “Evil”, “Take You On A Cruise”, “Slow Hands”, “Not Even Jail”

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