Zwei Alben, die an sich relativ unterschiedlich sind, aber beide auf ihre eigene Art und Weise überraschen: Die neuen Platten von Bloc Party und den Stills sind da. Zumindest so halb
Bei
Bloc Party's neuem Album
"Intimacy" besteht die Überraschung ja quasi daraus, dass es dieses überhaupt gibt. Jetzt schon. Zumindest erstmal als Download, im Oktober als CD. Überraschend und viel diskutiert ist vor allem diese Form der Veröffentlichung. Aber das ist nicht mein Bier. Hier geht's um die Musik. Tja, und da ist es nun also: Das Album, das aus dem Nichts kam. Was taugt nun also das dritte Bloc Party Album, welches nur anderthalb Jahre nach dem genialen „A Weekend In The City“ so spontan, quasi über Nacht erschienen ist? Angesichts der beiden frischen Vorgänger, zu welchen ich in den letzten Jahren eine sehr innige Bindung aufgebaut habe, kann es eigentlich nur verlieren. Dennoch schlägt sich „Intimacy“ erstaunlich gut und ist einer der treffsichersten Beweise dafür, dass diese Band aus dem nicht enden wollenden Meer an britischen Gitarrenbands heraus sticht. Bloc Party sind in 3 Jahren von einer Hype-Band unter vielen zu einer herausragenden Eigenmarke hinaufgestiegen, die sich immer wieder bemüht, nicht so zu klingen, wie man es von ihr erwartet. Innovation und Intelligenz sind die Motoren, die diese Band antreiben. „Intimacy“ geht dabei die innovativen Schritte der Band weiter, besinnt sich aber, mehr als „Weekend“ auf alte Stärken, welche die Band bekannt machten. So gesehen ist das Album ein guter Mix aus den klassischen Bloc Party und frischen, neuen Ideen, die Hand in Hand miteinander gehen. Der Opener „Ares“ ist vermutlich das Verrückteste, was die Band bisher gemacht hat. Wild, ungestüm, verrückte Effekte und verzerrte Gitarren und Vocals sind da nur einige Schlagworte. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, der ist bestens aufgehoben bei dieser Band und dieser Platte. Quasi ein Prüfstein gleich zum Einstieg. Die Single „Mercury“ geht diesen experimentellen Weg dann auch konsequent weiter, bevor mit „Halo“ ein Stück folgt, welches auch aus den Anfangstagen der Band stammen könnte. Danach wechseln sich diese klassischen Rockstücke, wie „Trojan Horse“ oder das extrem eingängige „One Month Off“ mit wunderschönen, vorwiegend rein elektronischen Balladen, wie dem wunderschönen „Biko“ oder dem sehr traurigen „Signs“, dem vermutlich stärkstem Stück des Albums ab. Bloc Party gelingt der Spagat zwischen Alt und Neu. Neben diesen Momenten, wo man sich sagt „Ja, das sind die Bloc Party, die ich kenne“ gibt es Momente, wo man sich fragt „Das sind Bloc Party?“. Etwa beim Sigur-Rós-ähnlichen Glockenspiel von „Signs“ oder den verrückten Einsatz von Chören in „Zepherus“ oder dem sehr elektronischen „Better Than Heaven“. Wie schon die beiden ersten Alben, ist auch dieses einfach sehr abwechslungsreich. Nach dem konzeptionellen Nachtflug des Vorgängers dreht es sich auf „Intimacy“ mehr um persönliche Themen. Sänger Kele Okereke hat das Album nicht umsonst vor kurzem als sein „Schluss-Mach“-Album bezeichnet. Man hört viel Wut heraus, aber auch viel Trauer. Tod und Vergänglichkeit sind mal wieder zentrale Themen und geben auch dem experimentellsten Song eine emotionale Note. Sowieso die große Stärke von Bloc Party. Eine Band mit Inhalt und Intelligenz. Verpackt in wundervolle Rockmusik, die keine Angst hat, die eigenen Grenzen hinter sich zu lassen und Neues zu entdecken. Das macht die Musik von Bloc Party nach wie vor einfach zu einer der spannendsten in der aktuellen Popwelt. „Intimacy“ ist sicher nicht so prägnant und einschlagend, wie seine beiden Vorgänger und es fehlt dann auch das gewisse Etwas, was „Silent Alarm“ und „Weekend“ zu diesen genialen Alben machte. Aber das ist okay. Bloc Party müssen sich nicht am eigenen Maßstab messen. Beweisen müssen sie mir zumindest nichts mehr. Denn, nachdem einen der letzte Song „Ion Square“ mit all seinem Optimismus in den Tag entlässt, weiß man einfach, dass man gute Musik gehört hat. Mit ihren ersten drei Alben haben Bloc Party musikalisch mehr erreicht als manche Bands nach 10 Platten. „Intimacy“ knüpft ohne Komplikationen an die Qualität der letzten Jahre an. Alle Fans der Band, die halbwegs Ahnung von Musik haben, werden das Album auch lieben. Dem Rest ist, pardon, dann eh nicht mehr zu helfen. Der Weg dieser Band führt weiterhin konstant nach oben. Und ich kenne kaum eine Gruppe, die es sich so sehr verdient hätte.
Bloc Party @ MySpace
Gut, bei Bloc Party kann man geile Musik erwarten, aber eine noch größere Überraschung stellt dann wohl das neue Album von
The Stills da. Das gibt's zwar schon. Aber bisher nur als Import. Auch hier heißt es warten bis Oktober. Ist ja auch irgendwie schön, wenn man von vornherein geringe Ansprüche an ein Album hat, welche dann aber bei weitem übertroffen werden. Bei
„Oceans Will Rise“, dem dritten Album der Stills ist dies z.B. der Fall. Dabei haben sie mit „Logic Will Break Your Heart“ vor 5 Jahren aus meiner Sicht eines der besten Alben des Jahrzehnts herausgebracht. Wer mich auch nur ansatzweise kennt, weiß, wieviel mir dieses Album bedeutet. Herzensplatte eben und mein verstecktes, kleines Meisterwerk. Doch nur die Stills wissen, was denn dann genau beim Nachfolgewerk „Without Feathers“ vor 2 Jahren schief ging. Ein Totalreinfall, dem es an allem fehlte, was das Debüt so liebens- und lebenswert machte. Als ob man eine ganze Band ausgetauscht hätte. Nach diesem Fiasko (welches auch viele Fans des Debüts als solches empfunden hatten) waren die Erwartungen an Album Nr. 3 eher gering. Zu unrecht, denn „Oceans Will Rise“ zeigt die Stills wieder in Hochform. Dabei schreit fast jeder Ton dieses Album nach Wiedergutmachung. Bereits die tolle erste Single „Being Here“ machte Lust auf mehr und zeigte die Besinnung auf die alten Stärken von „Logic“. Und auch auf Albumlänge wird deutlich, dass die Band sich zu großen Teilen am Debüt orientiert, vor allem dessen düstere New-Wave-Einflüsse wieder aufspielen lässt. Natürlich kopiert die Band auch nicht das Debüt 1:1 … das hätte dann vermutlich den gegenteiligen Effekt gehabt. Es ist einfach alles besser, als auf dem Vorgänger. Die Songs sind besser, die Melodien gelungener. Die Produktion stimmt, die Atmosphäre, ja das Gefühl ist wieder dieses wunderschöne, welches ich auf dem Debüt verspürt habe. Songs, wie das traurige „Everything I Build“ sind bewegend und gefühlvoll. Mit den tollen Nummern „Snow in California“, „Hands On Fire“ oder “Dinosaurs” hat man potentielle Hits im Schlepptau, die sich vor den alten Glanztaten nicht verstecken brauchen. So funktioniert Schadensbegrenzung.
Was zur Perfektion dann am Ende fehlt, ist halt eine kontinuierliche Hitsammlung, wie das Debüt. Doch Songs, wie „Eastern Europe“ oder „I’m With You“ können die hohe Qualität vom Rest der Platte aus meiner Sicht nicht ganz halten. Aber schlecht sind die auch nicht und generell überwiegt am Ende einfach die hohe Qualität und das Gefühl ein richtig, richtig gutes Indierock-Album zu hören. Letztendlich haben die Stills 2008 das bessere Death Cab Album abgeliefert, würd ich so sagen. Ein kleines, feines Album mit richtig großen Momenten, viel Gefühl und all dem, was man so braucht. Und vor allem mit tollen Songs. Für alle, die auf melodischen Indierock stehen ist dieses Album Anhör- und Kaufpflicht. The Stills sind damit wieder im Rennen, würde ich mal sagen. Und wenn sie nicht gleich wieder in ein kreatives Loch fallen, dann kann man ihnen nur alles Gute für die nächsten Jahre wünschen. Eine Band, welcher ich mit Freuden eine größere Hörerschaft wünsche. I’m still in love.
The Stills @ MySpace
rhododendron - 1. Sep, 20:54
Einmal Himmel und Zurück.Sigur Rós begeistern in Dresden auf ganzer Linie... auch ohne Streicher und Bläser.
Heiß begehrt waren sie dann irgendwie doch, die Tickets für den Sigur Rós Gig in Dresden vergangenen Montag. Das merkt man besonders an den verzweifelten bis traurigen Gesichtern, denen man auf dem Weg zur Location in die Augen blickt. Sie sprechen einen entweder direkt an oder halten kleine Pappen mit draufgekritzelten Kartengesuchen in der Hand. Einer bot sogar Freibier und ein Kätzchen, wenn ich das richtig gelesen hab, als Gegenleistung an. Glücklich der, der sich, wie ich rechtzeitig ein Ticket gesichert hat. Aber an solchen Momenten merkt man, welchen Stellenwert das kautzige Quartett aus Island mittlerweile genießt. Ihr jahrelang aufgebauter Status als Geheimtipp und vor allem als umwerfende Live-Band hat sich mittlerweile über Musikkennerkreise hinaus herumgesprochen. Weltweit feiert die Band mit ihrem hymnischen Postrock seit Jahren große Erfolge und ernten stehts positivste Kritiken. Das kommt an bei den Leuten. Denn überall heißt es, die Musik von Sigur Rós bewegt, wie keine andere.
So ist denn der Alte Schlachthof in Dresden an diesem Abend auch üppig gefüllt mit allerhand Menschen unterschiedlichster Art und Weise. Das die universelle Musik von Sigur Rós auch ein breiteres Publikum anspricht, ist gleichwohl beeindruckend, wie auch logisch. Und ich kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass es kaum eine Band gibt, die es schafft die Menschen so mit ihrer Musik zu einen, wie die vier Isländer.
Nachdem Oláfur Arlands als kautziger Pianist mit Streichquintett ein perfekter, stimmungsvoller Einstieg war, kam die Band pünktlich halb 10 auf die Bühne. Allein wohlgemerkt! Entgegen dem Rest der Tour verzichtete die Band auf ihre Begleitmusikerinnen von Almiina. Warum auch immer? Vermutlich war die Bühne zu klein. Egal. Dem Sound tat das keinen Abbruch. Das Set wird mit „Svefn-G-Englar“, dem „Klassiker“ eröffnet. Ein Raunen geht durch die Menge, als Sänger Jónsi Birgisson erstmals den Mund aufmacht. Eine Stimme zerbrechlich wie Glas, aber doch Kraftvoll wie tausend Sirenen. Spätestens beim zweiten Song „Glósóli“ staunt man doch, welche Wall of Sound die Band nur mit Bass, Schlagzeug, Piano und natürlich Jónsi’s Gitarre erzeugen kann. Natürlich merkt man das bei ihm besonders wenn er sie mit dem Cello-Bogen spielt. Da entlockt er ihr Töne, die nicht von dieser Welt sind.
Ansonsten sind Sigur Rós mit ihrem neuen Album Með Suð í Eyrum Við Spilum Endalaust in der Realittät langsam angekommen. Das merkt man auch auf dieser Tour. Nichts mehr mit Spielen hinter der Schattenwand, wie früher. Keine introspektiven Videoprojektionen, wenig Tamm-Tamm. Die Band und ihre Musik steht erstmals für sich, die Band wirkt nahbar, der Sound trotz seiner Größe erstmals greifbar und intim. Es wird sogar auf der Bühne gelächelt. Die stimmungsvolle Lichtshow mit den Lampions, die über der Band schweben, tut ihr übriges.
Das Publikum haben sie vom ersten Ton an. Von da an ist pure Euphorie angesagt. Aber intelligente. Während der Songs verharrt das Publkium in andächtigem Schweigen, was man besonders bei den Momenten hört, wenn die Band für einige Sekunden stille in ihre Songs einbaut. Stille auch im Publikum! Doch sobald die Songs vorbei sind beginnt ein ohrenbetäubender Lärm, ein frenetischer Jubel, den ich so in der Form auf einem Konzert bisher selten gehört habe. Wenn es eine Möglichkeit gibt, ein Konzert noch bewegender zu machen, dann so. Ansonsten spielen sich Sigur Rós munter durch ihr bisheriges Repertoire. Die neuen, entschlackten und sehr eingängigen Nummer des aktuellen Albums wirken da etwas wie Fremdkörper. Die neue Single „Inní Mér Syngur Vitleysingur“ ist der beste Song, den Coldplay nie geschrieben haben und einen so hoffnungsvollen Song wie „Við Spilum Endalaust“ erwartet man gar nicht. Die neue Stärke der Band ist ihre entdeckte Leichtigkeit, ihre Hinwendung zum Pop. Das allerdings mit allerhöchster Klasse und Erhabenheit. Vermutlich sind es solche Songs, die der Band in Zukunft endlich das große Publikum beschaffen wird, auf das sie so lang hinarbeiten. Aber das ist okay und gut so. Sie haben es sich verdient. Richtig beeindruckend sind allerdings immer noch die lauten, brachialen Momente, wie das unglaubliche „Sæglópur“ oder das alte, aber immer noch gute „Hafsól“. Man ist beeindruckt, wird erschlagen von Eindrücken und Emotionen. Die Band ist, wiedermal, in Höchstform. Und als sie ihr „Disco-Lied“ „Gobbledigook“ anstimmen, färben sich die Lampions in allen Farben des Regenbogens, die Menschen klatschen mit und Konfetti regnet vom Himmel. Spätestens hier zeigt sich dem letzten Zweifler, dass Sigur Rós keine primär depressive suizidfördernde Kapelle ist, sondern ein breites Spektrum an Emotionen und Melodien. Ein wunderbarer Moment. Ein Strahlen auf den Gesichtern von Band und Publikum. Der Jubel danach ist noch größer. Für eine Zugabe kommt die Band noch auf die Bühne. „Popplagið“, der letzte Song ihres „( )“-Albums (leider auch der einzige an diesem Abend davon) ist ein episches Monster, durch alle Stimmungslagen. In weit über 10 Minuten feuert die Band alles ab, spielt sich in einen Rausch und hinterlässt das Publikum am Ende staunend und applaudierend. Das war’s! Danach kann nichts mehr kommen. Muss auch nicht. Die Masse hört nicht auf mit jublen, verlangt nach mehr, aber die Band gibt nichts. Sie kommt noch mehrmals raus und verbeugt sich. Aber ganz realistisch. Sie hätten eh noch Stunden weiterspielen können. Wenn’s am schönsten ist, soll man aufhören. Das trifft natürlich nicht auf ein Sigur Rós Konzert zu, denn diese Band macht durchgängig hochwertige Musik. Ich habe lange kein so wunderschönes Konzert mehr erleben dürfen. Da kommt einem all die Musik auf dem Highfield Festival, auf dem ich kurz zuvor noch war, auf einmal unglaublich minderwertig und schlecht vor. Sigur Rós kann man sich nicht immer geben, das ist klar, aber wenn man dies tut, dann öffnet einem die Band Augen und Ohren. Es war uns ist vermutlich die schönste Musik, die momentan von irgendeiner Band irgendwie und irgendwo auf dieser Welt gespielt wird. Musik ist eine universelle Sprache und keine Band, wie diese versteht es, diese Sprache so eingängig zu sprechen, dass sie auch wirklich jeder versteht. Der Triumphzug von Sigur Rós wird nach diesem Abend zweifelsohne anhalten und hoffentlich noch mehr Menschen erfassen. Das wäre sicher nicht das Schlechteste für die Welt.
Setlist: 01 Svefn-g-Englar 02 Glósóli 03 Fljótavik 04 Ny Batteri 05 Við Spilum Endalaust 06 Hoppípolla 07 Með Blóðnasir 08 Festival 09 Heysátan 10 Sæglópur 11 Inní Mér Syngur Vitleysingur 12 Hafsól 13 Gobbledigook 14 Popplagið
rhododendron - 20. Aug, 15:30
Wie ist eigentlich das Highfield Festival so? Laut, voll und irgendwie Rock’n Roll. Kann man sich geben, muss man nicht. Es folgen wiedermal detaillierte Eindrücke vom vergangenen Wochenende.
Es ist zwar das Uncoolste der Welt, bei der Rezension eines Rockfestivals mit einem Zitat von Neil Tennant, seines Zeichens eine singende Hälfte der extrem uncoolen Popband Pet Shop Boys, anzufangen, aber ich mach das jetzt mal einfach und kack auf die Coolness. Jener Herr Tennant hat vor Jahren nämlich mal einen Song geschrieben, welcher „How I Learned To Hate Rock’n Roll“ heiß. Eine etwas unscheinbare B-Seite mit etwas unscheinbarem 08/15 Disco-Beat. Aber darin besingt Mr. Tennant in wenigen Worten, weshalb er mit dem klassischen Rock’n Roll wenig bis nichts anfangen kann. „Everybody does what everybody does“ ist da ein Zitat. Daran musste ich auch irgendwie vergangenes Wochenende denken, denn normale Rockmusik tendiert, zumindest mich gelegentlich, zur Langenweile. Gut soweit. Warum also aufs Highfield fahren, wenn da mit den Beatsteaks, den omnipräsenten Die Ärzte (ja, das ist laut Band grammatikalisch richtig), den Hives und allerhand diversen klassischen Punk, US-Rock, Ska Geschichten massenweise Vertreter vorhanden sind? Nun, weil’s am Ende irgendwie doch Spass macht. So simpel ist die Antwort irgendwie. Und warum sollte man Rockmusik hassen, wenn sie doch eigentlich Spass macht? Aber fangen wir mal am Anfang an.
Nach der durchregneten ersten Hälfte des Freitags musste man sich ja bereits Sorgen um Glastonbury-ähnliche Zustände machen, doch ab 17 Uhr oder so ging es. Von da an sollte es keinen Regen auf dem diesjährigen Highfield geben. Die nächsten Tage folgte dann sogar noch ein anständiger Schwung Sonne und warme Temperaturen. In Sachen Wetter schon mal wenig Beschwerden. Die Organisation... na ja, was will man erwarten, wenn man 25.000 Leute auf ein Gelände loslässt, was bei Weitem nicht für diese Kapazitäten ausgerüstet ist? Da wird’s eng und da sind die Ordner nun mal überfordert. So wirken die Märsche von und zum Festivalgelände schon mal wie halbe Völkerwanderungen. Aber ma gut, wer auch so „clever“ ist, mit den Beatsteaks und den Ärzten aus Berliiiiiiiiiinnn die zwei massenkompatibelsten Rockbands Deutschlands auf ein Festival zu holen, der darf sich nicht über die Masse an Geistern beschwerren, die man rief. Oder über die Art der Geister. Das die Ärzte jede Bevölkerungs- und Bildungsschicht ansprechen ist sicher beeindruckend, führt aber auch dazu, dass das man sich das Festivalgelände nicht nur mit den klassischen Rockern und Indies teilen muss, sondern auch mit Dorfdeppen und Teenies, die gern mal rumpöbeln und sich freuen, dass einmal im Jahr was in der Provinz los ist. Die wird es immer geben und vermutlich gab’s die auch schon immer. Aber irgendwie hab ich noch nie ein Festival erlebt, wo so viel Leute anwesend waren, denen es nicht um die Musik geht, sondern um Bier, Party und postpubertäre Blödeleien. Ich meine, dafür bin ich auch zu haben, aber primär will ich die Musik und die Bands erleben und mich nicht auf’m Zeltplatz vollaufen lassen, um anschließend vielleicht, wenn man es noch schafft, wenigstens den letzten Act zu sehen. Na ja, aber im warsten Sinne des Wortes halt jedem sein Bier.
Den ersten Act, den ich sehen sollte, waren The Subways, die sowohl für mich als sicher auch für Mr. Tennant alle Klischees in Sachen Rockmusik verkörpern, die es so gibt. Die Texte sind einfach bis belanglos, die Musik war schon 1000mal da und vermutlich 600mal besser. Ja, macht Stimmung, ist aber irgendwie nach 3 Songs langweilig. Da hilft auch die gefühlte 20min Version von „Rock’n Roll Queen“ nicht weiter. Für viele sicher ein Highlight, für mich eher nichtssagend. Gefreut hätte ich mich auf die Black Kids, die leider abgesagt hatten, was sehr traurig ist. Gut, da hätte es jede Ersatzband halbwegs schwer gehabt. Aber Red Light Company haben ihren Job, trotz recht unattraktivem Frontmann, sehr gut gemacht. Irgendwo zwischen US-Collegerock und den Editors. Gefiel mir, hatte viele schöne Momente. Von denen gab es im Anschluss bei den wundervollen Yeasayer noch viel mehr. Was für eine Freude, dieser tollen, innovativen Kapelle zuzuhören, die keine Angst vor dem Pop, 80er Jahre Einflüssen, Weltmusik und diversen Frickelaktionen hat. Für mich der entspannte Beweis, dass auch musikalische Innovation durchaus noch einen Platz auf so nem Rockfestival hat. Eine positive Neuentdeckung, die ihr euch alle auf jeden Fall anhören solltet. Innovation ist doch was gutes. Leider gibt’s sowas meist nur auf kleinen Bühnen, wie hier dem Zelt, aber na gut. Das lange Warten auf We Are Scientists im Anschluss (es gab wohl technische Probleme) hatte sich dann auch nicht wirklich gelohnt. Die lockten zwar jede Menge Menschen ins Zelt (wer lässt die denn da auftreten?), haben mich aber wieder mal dran erinnert, warum sie wohl auch nur ein kleiner, unscheinbarer Klecks in der Indierock-Geschichte bleiben werden. 2,3 Hits, die alle wollen und mögen und die auch richtig gut sind, aber der Rest bietet nix, was irgendwie irgendwo hängen bleibt. Laaangweilig! Also raus aus’m Zelt, Luft schnappen und anschließend auf der Hauptbühne noch Teile der Sportfreunde Stiller mitnehmen. Man kann denen ja viel vorwerfen. Besonders, dass sie ihren Zenit vermutlich überschritten haben und die meisten ihrer Hits mittlerweile, zumindest mir, echt zum Hals rausrängen. Aber gut, das ist meine persönliche musikalische Geschmacksentwicklung. Aber, eins muss man denen lassen. Sie sind so unglaublich, nett, sympathisch und beherrschen die Publikumsunterhaltung so sehr, dass man sie am Ende doch irgendwie mögen muss. Diesen Ruf der netten Vollsympathen werden sie eh nicht mehr los, aus der Nummer kommen sie auch nicht mehr raus, also ziehen sie diese auf die netteste Art und Weise durch. Gut, Respekt dafür. Dennoch waren die Sportis mir zu diesem Zeitpunkt schon relativ egal. Denn für mich gab’s nur noch einen Gedanken: Bloc Party!
Ja, das wird niemanden überraschen: Bloc Party sind der Hauptgrund meines Besuches. Eine meiner liebsten Bands, bei welcher ich nie müde werde zu erwähnen, wie famos sie sind. Wenn es eine Band gibt, die ihren Blick immer nach vorn richtet, dann diese. Das hebt sie auch nachweislich deutlich von all den anderen gehypten Bands ab, die zum selben Zeitpunkt, wie Bloc Party aufkamen. Bester Beweis: das neue Album „Intimacy“, welches spontan mal in 3 Tagen veröffentlich wird. Und die erste Single „Mercury“, die auch die Performance eröffnet. Da staunt man nicht schlecht, als Sänger Kele seine Vocals sampelt, Matt Tong gewohnt abgehackt das Schlagzeug bedient und das ganze eher elektronisch wirkt. Die darauffolgende Stunde feuert die Band alle bekannten Hits ab. Die Euphorie bei „Banquet“, „The Prayer“ oder „Song For Clay“ ist groß, zumindest vorn in der 3. Reihe, wo ich mich herumquetschte. Kele war gut drauf, grinste wie ein Honigkuchenpferd und wirkte wieder mal herzallerliebst. Nen neuen Song gab’s auch und „Flux“ wird mal mit nem Prince-Cover eingeleitet. Am Ende dürfen alle bei „Helicopter“ ausflippen. Einmal mehr hat diese Band bewiesen, dass sich Intelligenz und Anspruch mit Energie live verknüpfen lässt. Da können sich alle Bands mal ne Scheibe von abschneiden. Die Killers, der Hauptact des ersten Abends, sowieso. Ob deren musikalisches Verfallsdatum schon abgelaufen ist, wird dann vermutlich erst das dritte Album zeigen, von dem die Band noch nicht viel gezeigt hab. Primär gab’s Hits der ersten zwei Alben. Mit „For Reasons Unknown“ geht’s los, „Somebody Told Me“ folgt kurze Zeit später. Der Song wirkt live überraschend dünn und verhindert somit kollektives Ausflippen. Generell springt der Funke am Abend maximal bei „When You Were Young“ und dem unvermeidlichen „Mr. Brightside“ über. Das kennt selbst der letzte Depp, da kann selbst der letzte mitmachen. Ansonsten merke ich mal wieder, wieviel besser die Songs des 2004er Debüts „Hot Fuss“ sind. Das sind auch die Songs, die besser ankommen. Zu dem miesen Joy Division Cover sag ich mal nix. Da nervt auf Platte und live möchte man am liebsten, das Peter Hook auf die Bühne kommt und die Band verhaut. Ansonsten gibt sich die Band wortkarg, posend, aalglatt und Brandon Flowers zeigt sein beeindruckendes Repertoire an Morrissey-Gedächtnis-Gesten. Schön, dass es zur Zugabe noch das wundervolle „Jenny Was a Friend of Mine“ gab. Bei ihrem letzten, und sowieso bestem Song, „All These Things That I’ve Done“ hätte man sich ein kollektives Ausflippen und Mitsingen gewünscht, aber irgendwie zog sich der durchwaschene Eindruck auch durch diesen Song durch. Den Killers und besonders deren Geldbeutel dürfte das egal gewesen sein. Mir auch. Schön, sie mal live gesehen zu haben. Mal sehen, was sie aus ihrem Stadionrockpotential so in Zukunft machen. Für mich persönlich hatte sich der erste Abend dennoch gelohnt. Der Rest wird dann als Bonus mitgenommen.
So auch am darauffolgenden Samstag. Da die Sonne schien und die nächsten 2 Tage dem klassischen Rock’n Roll gefrohnt werden sollte, hatte ich beschlossen, wie all die anderen Menschen mal um 9 Uhr morgens mit Trinken anzufangen. Und das hab ich sogar, soviel seit gesagt, bis um 10 abends durchgehalten. Vielleicht sind die folgenden Eindrücke deshalb verfälscht. Z.B. Gorgol Bordello, die mich wirklich sehr überrascht haben. Dabei kann ich mit dieser seltsamen Zigeunermusik eigentlich wenig anfangen. Lag’s also am Hochprozentigen in meinen Adern? Nicht unbedingt. Viel mehr spielte da eine bunte Truppe, denen man in jeder Minute ihre Spielfreude anmerkte. Gogol Bordello leben für die Musik. Egal, ob der durchgeknallte Frontmann Eugene Hütz, die verrückten Background-Asia-Tänzerinnen oder dieser steinalte Typ an der Geige... diese Menschen lieben und leben ihre Songs und sowas mag ich immer. Wirkte alles etwas, wie Beirut auf Speed, aber es war so lustig und so nett anzuschauen. Wer da still stehend bleibt, hat von Musik keine Ahnung. Positive Überraschung. Lustig anzuschauen waren dann auch The (International) Noise Conspiracy aus Schweden, deren 60er-Power-Gitarrenrock zwar sowas von gewöhnlich war, aber die mit Dennis Lyxzén eine unverschämt gute Frontsau haben. Generell beherrscht diese Band das Posen an den Instrumenten mindestens so gut, wie ihre Landsmänner von den Hives. Vorteil ist: sie nerven nicht so schnell und die haben was zu sagen. Dannach gings, nach einer kleinen Pause, Deutsch weiter mit Kettcar, die erwartungsgemäß mit Intelligenz protzen, was an diesem Wochenende wirklich immer angenhm war. Der Marcus Wiebusch ist aber auch eine nette Type. Und wenn man dann noch Bela B. für nen Song mit auf die Bühne holt, hat man so ein Publikum eh auf seiner Seite. Ich muss mich langsam echtmal mit deren Musik besser befassen.
Mit der Musik von The Hives die anschließend spielen will ich mich lieber nicht (mehr) befassen. Diese Band lässt sich in nur einem Wort zusammen fassen: Nervig! Sicher, die „Wir-sind-viel-besser-als-all-die-andere-Bands-und-posen-die-ganze-Zeit“-Nummer war anfangs lustig, die Selbstüberschätzung sicher voller Ironie und die Anzüge gut ausgewählt. Aber das war vor 7 Jahren oder so. Mitterweile machen die Hives immer noch den gleichen 08/15-Schrammelrock. Jedes Lied klingt, wie das vorgehende und Sänger Pelle Almquist nervt nach dem x-ten „Are you reeeeeeeeeeeeeeeady?“ einfach nur noch. Die Hives sind wie ein Witz, der immer unlustiger wird, desto öfter man ihn erzählt. Aber einfache Gemüter lachen natürlich immer mal wieder gern, besonders nach ein paar Bier über den gleichen Gag. So auch dieses Mal. Die Masse tobt, weil die Hives ihnen das gibt, was sie hören wollen. Vielleicht bin ich einfach nur Fehl am Platz. Ne sonderlich gute Live-Band sind die Hives nicht, aber sie werden die nächsten Jahre sicher noch zur Genüge über alle möglichen Festivals tingeln und zum Mitgröhlen animieren. Pfff, sollen sie doch.
Das man einen Witz immer und immer wieder erzählen kann, ohne das er langweilig wird und dass man sogar noch jede Menge neue Gags dazudichten kann, das beweisen im Anschluss die Headliner des Festivals. Die Ärzte! Die brauchen keine Ankündigung mehr, die brauchen vor allem keine Kritik mehr. Die erfolgreichste Band des Landes hat sich längst in eine kritiklose Grauzone bewegt. Man kann sie einfach nicht nicht mögen! Was leider auch der Grund ist, das mittlerweile wirklich jeder Mensch in Deutschland die Ärzte hört. Vom Intellektuellen, über den Dorf-Disco-Proll, über ganze Familien, Altrocker und Teenies... alle lieben die Ärzte und vor allem: wenn sie rufen, dann kommen auch alle. Dementsrpechend quoll das Gelände während ihres Auftritts auch leicht aus den Nähten. Na ja, was will man machen. Mitmachen, vielleicht? Geht auch nicht anders. Denn zum einen hat die Band nachüber einem Vierteljahrhundert eine beachtliche Anzahl an Hits vereint, die in den 2 Stunden nur angerissen wurde, und zum Anderen sind sie einfach großartige Entertainer. Da stehen diese drei lustige Herren Mitte 40 und schaukeln sich gegenseitig immer wieder zu neuen humoristischen Absurditäten hoch. Improvisationen zu den Themen Ficken und Bullensperma natürlich inklusive. Ihre Improvisation während „Deine Freundin“ mit dem Sprechchor „Pflegeleicht, Kuschelweich, und niedlich. Oooh!“ sollte zum geflügelten Wort des Festivals werden, genauso wie die Umbenennung der Band in „Hubschrauber“ (aus Berliiin). Der Small-Talk zwischen den Songs hat aus meiner Sicht eh fast mehr Unterhaltungswert als viele der abgedroschenen Hits, wie „Westerland“ oder „Zu Spät“. Aber egal, was will man machen. „Es sind die Ärzte!“ Das Argument zieht immer. Eine Band voller Spass und sogar Intelligenz. Vermutlich intelligenter als ein Großteil der Leute, die sie hören. Aber na gut, vermutlich haben sie das auch schon längst gerafft. Schön, sie mal wieder gesehen zu haben. Immer wieder ein kurzweiliges Vergnügen. Mein Dank gebührt Stephan von „Viva Con Aqua“, neben dessen Pfandtonne ich es mir dabei bequem machte und der mir große Teile seines Cola-Mixgetränks angeboten hat. Du bist mein Held!
Aufgrund kontinuierlichen Alkoholkonsums am Vortag, beschloss ich es am Sonntag etwas ruhiger angehen zu lassen. Man schlafft irgendwie ab nach ner Weile. Auch intellektuell passt man sich schnell an und ertappt sich auf einmal dabei, wie man laut pöbelt und Sprechchöre anstimmt. Solange es friedlich bleibt, macht das auch irgendwie Spass. Ich meine, man ist fernab der Zivilisation und ernährt sich hauptsächlich von Bier und Toast. Körperhygiene ist auch so ein Grenzthema. Da kehrt der Mensch gern mal zu den persönlichen Urinstinkten zurück. Ganz so schlimm, war’s bei mir nicht, aber immerhin machte sich ne gewisse Entspannung breit. Das geringe musikalische Niveau wurde dann nachmittags mit Less Than Jake erfüllt, die lustig auf der Bühne rumsprangen, aber ansonsten einfach langweiligen Ska-Punk machen, einem Genre, mit dem ich nie irgendwas anfangen werden kann. Die hätten auch die ganze Zeit ein Lied spielen können. Ich hätt’s eh nicht gemerkt. Hat irgendwie auch genervt, aber dem Publikum hat’s gefallen. Anschließend spielten Madsen und die nerven sowieso nicht. Maximal ihre Texte. Die haben den unglaublichen Vorteil, dass man sie mitsingen kann, auch wenn man sie nicht kennt. Dazu sind die Reime und Wendungen zu vorhersehbar. Doch, wirklich! Probiert das aus, Germanistik-Studenten! Klar, Madsen dreschen Floskeln ohne Ende und ihre Musik entspricht mal so ungefähr dem belanglosesten, was es in Sachen Rockmusik so gibt. Warum also anschauen? Weil der gute Spruch „Live sind die viel besser, als wie auf Platte“ bei kaum einer Band so passt, wie bei Madsen. Wirklich! Ich find die auf Platte auch nichtssagend, aber Live... meine Fresse. Jedes Mal auf’s Neue. Auf der Campus Invasion dieses Jahr wurde ich überzeugt und diesmal wurde ich darin bestätigt. Man macht mit, man schreit mit. Vielleicht mein überzeugenster Rock’n Roll Moment am ganzen Wochenende. Keine Ahnung, wie sie das machen und was sie da machen, aber die machen das gut. Kann man kritisieren, oder sich halt drauf einlassen. Allein, wenn sie am Ende in „Nachtbaden“ gegen den Frust ansingen, versteht man das vielleicht. Nachdem ich es am Samstag zeitlich einfach nicht ins Zelt geschafft hatte (Tur mir leid, I Am Kloot) verirrte ich mich gleich im Anschluss wieder hinein, wo gerade die feisten Blood Red Shoes aufspielten. Ein Duo, direkt wie aus dem Indie-Katalog. Mädchen mit Pony im Kleidchen an der Gitarre schreiend, während der Skinny Indie-Boy am Schlagzeug trommelt. Klingt ein wenig wie die Kills oder Gossip und hat durchaus ordentlich Schmackes. Viel mitbekommen hab ich davon aber nicht mehr. Lag auch nicht am Alkohol. Von Anfang an dabei war ich dann aber im Anschluss bei den famosen Slut aus Ingolstadt, vermutlich die beste Band die wir zur Zeit im Land haben. Das sie im Zelt spielen spricht für sie und gegen Deutschland. Mit „StillNo1“ hat man ein hervorragendes Album im Schlepptau und konnte so nun den letzten Termin der Festivalsommertour feiern. Und was für eine Feier, die das war. Der Applaus wurde von Song zu Song lauter, was sich sichtlich gut auf die Band auswirkte. Das Set begann zuerst mit ner gehörigen Stange Songs vom Album, bevor man all die kleinen Indie-Hits auspackte, welche sich über die Jahre so angesammelt haben. „Easy To Love“, „All We Need Is Silence“ und besonders „Why-Pourquoi?” sorgten für Stimmung und Action in den forderen Reihen. Sogar ihr Dreigroschenoperbeitrag über Mackie Messer passte da gut rein. Als man den Abend dann mit dem postrockigen „Failed On You“ beendete war der Jubel perfekt. Sänger Chris grinste wie ein Honigkuchenpferd und die kleine Masse im Zelt wollte die Zugabe, die leider nie kam. Schade eigentlich, aber das ist halt das Problem an so nem Festival. Eigentlich ein wirklich schöner Abschluss von allem, zumal meine Kraftreserven sich dann auch langsam dem Ende neigten. Na ja, wenn da nicht noch die Beatsteaks gewesen wären, die das Festival beenden sollten. Da habe ich mich allerdings mal bewusst gegen die Mittendrin-Situation und für eine Betrachtung von weiter hinten entschieden. Das war okay. Da hatte man wenigstens genug Platz zum Tanzen und Springen, was wohl weiter vorn nicht wirklich möglich gewesen ist. Das die Beatsteaks live ne Macht sind müssen wir eh nicht mehr erwähnen. Auch diesmal haben sie volle Register gezogen. Spass hatten sie auch und Grinsebacke Arnim peitschte als hervorragender Showmaster die Meute immer wieder aufs Neue an. Sprechchöre, Laola’s und all der Kram sind da nur die leichten Geschütze. Witzig wird’s immer, wenn Herr Teuteborg-Weiß zum DJ-Pult geht und dort alte Hip Hop Klassiker oder so was einlegt. Da vergisst dann auch der letzte so harte Rocker seine musikalischen Grenzen. Warum die Beatbulletten im Gegensatz zu den Ärzten jetzt nur knapp anderthalb Stunde (und da haben sie schon überzogen) spielen duften, versteht sowieso keiner. Sowohl Band, als auch Publikum sah man an, dass sie mehr wollten. So markierte eine sehr geile, weil sehr lange Version von „Let Me In“ den Endpunkt des Highfield-Festivals. Und wenn die Beatsteaks es schaffen alle Männer im vorderen Bereich zum Shirtausziehen und Hinhocken zu bewegen, dann macht man dem selbsternannten Titel der besten Band des Universums schon alle Ehre. Einmal mehr treten die Beatsteaks in die Fußstapfen ihrer Ziehväter, der Ärzte, und sind langsam auf dem Sprung, sie in Rente zu schicken. Das war schon heftig! Ein heftiges Ende! Danach war das Highfield 2008 vorbei. Also, musikalisch. Auf dem Zeltplatz gab’s dann leider noch die üblichen Krawalle und Zeltanzündereien von irgendwelchen Idioten. Wir hatten Glück, aber es gab sicher Leute, denen hat das den Gesamteindruck vermiest.
Was bleibt für ein Gesamteindruck? Rock’n Roll ist irgendwie immer noch der gleiche, wie vor 30 Jahren. Die Fans sind stellenweise etwas dümmer geworden, aber prinzipiell gibt es da sicher nicht viel Unterschied. Ein Rock Festival wird immer ein Rockfestival bleiben, d.h. musikalischen Anspruch findet man da sicher auch, aber primär ist das nicht das, worum es geht. Es geht darum, eine gute Zeit zu haben, Live-Musik zu erleben und naürlich dem Alltag zu entkommen. Für ein Wochenende entfliehen alle mal dem täglichen Fruuuuuuust von Schule, Familie und Beruf und sind Rockstars, bzw. wären gern welche. Und sowas ist auch vollkommen okay, weil es die menschliche Natur gibt. Genauso wie es die menschliche Natur ist, dass einige einfach nicht mehr klar denken können oder sich zu sehr von der Realität verabschieden. Und wenn andere mit reingezogen werden, wird’s dann halt nervig. Bei solchen Festivals geht’s nicht primär um die Musik, sondern um das Lebensgefühl und was weiß ich. Ihr kennt das ja. Rock’n Roll und so. Leute, wie meine Wenigkeit, die primär die Musik lieben, werden damit immer ein Problem haben und immer in der Außenseiterrolle sein. Was man dagegen machen kann? Entweder solche Festivals vermeiden oder versuchen das Beste draus zu machen, am besten mit netten Leuten und Freunden, mit denen man da ist und vor allem tolerant sein, auch wenns manchmal schwer fällt. Wenn das alle einhalten, dann kann es eine gute Zeit werden und im Prinzip war es das auch. Da hab ich schon Schlimmeres erlebt, aber vielleicht hatte ich auch Glück. Wenn man nicht viel erwartet, wird man auch nicht unbedingt enttäuscht. Das Highfield punktet mit einer guten Location und an sich ganz netter Atmo, sollte aber nächstes Jahr vielleicht trotz erstmaliger Ausverkauftheit versuchen, die Kapazitäten wieder etwas einzuschränken oder ggf. anzupassen bzw. vielleicht die Qualität etwas zu steigern. Dann komm ich vielleicht sogar nochmal wieder. Klingt doch nach einem fairen Deal, oder Highfield?
PS: Die Fotos sind von der Seite der TLZ. Ich sach jetzt mal Danke fürs Knipsen! Lest alle TLZ! Also, falls ihr könnt. ;-)
rhododendron - 19. Aug, 21:35