Ausgehen

Donnerstag, 9. April 2009

Arbeitssieg

Neues aus der beliebten Serie: „Wir beobachten die Karriere von The Boxer Rebellion“. Wieder einmal bespielt die Londoner Band auf der Suche nach neuen Fans deutsche Konzertbühnen. Ein kurzer Lagebericht aus Dresden...


Zeit für ne Jahresbilanz in Sachen The Boxer Rebellion! Vor fast genau einem Jahr, nämlich am 30. April 2008, besuchte ich ein Konzert der Band in München und schrieb auch dazu, wie meistens, kurze Konzerteindrücke auf diesem Blog nieder. Wer will kann ja im Archiv suchen. Da hab ich neben der Schwärmerei für eine der spannendsten Bands des Vereinigten Königreichs auch über die Ungerechtigkeit der Welt geschrieben... dass bspw. die Schere zwischen Arm und Reich immer größer wird und die Mehrheit der Menschen schlechte Musik hören usw. Gut, ein Jahr später hat sich daran leider nichts grundsätzlich geändert. Hauptveränderung Nr. 1: Die Finanzkrise, Hauptveränderung Nr. 2: Autos-Verschrotten gibt Geld und Hauptveränderung Nr. 3: Mit The Boxer Rebellion geht’s bergauf. Herrschte bei den Tourplänen vor einem Jahr mit Ausnahme der 4 Deutschland-Gigs noch gähnende Leere, ist die Liste jetzt bedeutend länger und internationaler. Viel entscheidender außerdem: Nachdem es bereits lange aufgenommen war, aber keiner es veröffentlichen wollte, gibt es das zweite Album „Union“ nun endlich käuflich zu erwerben. Vorerst im großen Stil nur online, aber da sorgte die Band mit dieser „Do-It-Yourself“-Variante bereits für Aufsehen. Physisch gibt’s das Ganze vorerst nur im Anschluss an die Konzerte zu erwerben. Immerhin dass funktioniert, auch ohne vorherige Anmeldung auf der Homepage! Noch prangert von ihrer Seite aus Credo: „Unabhängig, ohne Label, ohne Airplay, ohne Support“... doch die Legende droht langsam zu bröckeln. Zurecht!


Überflüssig zu erwähnen, dass auch das gestrige Konzert in der Dresdner Scheune die Band wieder von ihrer besten Seite zeigte. Obwohl besagte Location nur (mit viel Augenzwinkern hochgerechnet) zu einem Drittel „gefüllt“ war und sicher auch der ein oder andere nur zwecks des Aufwärmacts Fink gekommen war, der als hervorragender Singer/Songwriter ja in jenen Kreisen bereits einen hervorragenden Ruf genießt. Den verteidigte er gestern auch. Schöne Songs, schöne Geschichten, tolles Gitarrenspiel. Lagefeueratmosphäre im Rahmen der Brandschutzbestimmungen!
Und dann das Quartett aus London. Obwohl’s erst das dritte Mal war, dass ich sie live erleben durfte, kommt da schon ne gewisse Routine durch. Der Anfang mit „Flashing Red Light Means Go“ und Gitarrist Todd Howe, der die Zweittrommel bedient ist vertraut und ein perfekter Einstieg. Die Single „Evacuate“ schiebt sich gleich dahinter. All die Songs von „Union“ wirken mittlerweile vertrauter, als noch vor nem Jahr... mp3-Qualität hat auch diverse Vorteile gegenüber den MySpace Rips. Die vom Debüt „Exits“ klappen auch noch. „We Have This Place Surrounded“ hat immer noch diese emotionale Wucht, die mich bereits beim ersten Hören umhaute. Der Rest der Setlist variiert gar nicht so sehr von jener aus München damals. Überraschung dürfte sicher „The Absentee“ gewesen sein. Der Album-Closer des 2005er Debüts „Exits“ wirkt zwar recht früh im Set etwas fehlplatziert, aber die Qualität mindert das noch lange nicht. Jammern auf hohem Niveau. Die Musik der Band ist nach wie vor eine Macht. Wuchtige Gitarrenwände (die dann leider akustisch häufig in die Schwammigkeit abdriften), treffen auf die sensible, aber kraftvolle Stimme von Frontmann Nathan Nicholson. Diese hat es aber ordentlich drauf. Allein das auf ganzer Länge bei „Lay Me Down“ durchzuhalten ist schon ne Leistung, von der sich viele Möchtegernsänger dieser Welt gern eine Scheibe von abschneiden können. Manchmal wird’s auch ruhiger, wie bei dem wunderbaren „Soviets“. „Ein so wunderschönes Stück Musik habe ich schon lange nicht mehr gehört“ schrieb ich 2008 und das kann ich heut immer noch untermauern. Die Band spielt ihr Set souverän. In Zeiten mangelnder Plattenverkäufe sind Live-Auftritte immer noch das Brot jedes Musikers und genau das macht die Band. So war das Konzert in Dresden sicher kein euphorisches Mega-Konzert, aber eine gute Arbeitsleistung einer Band, die ihre Musik bestmöglich präsentierte und es schaffte, ein zu Beginn recht stilles Publikum mit jedem Song ein kleines Stück mehr zu euphorisieren. Der Applaus wurde lauter, beim Disco-Song „These Walls Are Thin“, wie Nathan ihn nannte, wurde ordentlich mitgewippt. Das Set endete nach 2 Zugaben mit „Watermelon“, dem heimlichen Klassiker dieser Band. Danach war der Jubel dann doch, für die Personenzahl, recht groß, aber der Gig auch schon vorbei. Die Band konnte zufrieden sein, auch wenn am Merch-Stand anschließend noch ne Menge Exemplare von „Union“ da lagen. Aber an der Stelle bring ich gern noch ein Zitat aus der München-Kritik... „Und wenn auch nur eine Handvoll nach diesem Abend anfängt, die Band auch ins Herz zu schließen, wie ich das getan habe, dann haben sie ja ihr Ziel so halb erreicht.“ Nicht anders war es gestern. Bleibt zu hoffen, dass die Band den Schub, den sie momentan umsetzen kann auch für sich nutzen kann. Sie haben die Songs, sie haben auf „Union“ sogar die ansprechenden Hits (so etwas wie „Spitting Fire“ kriegen die Coldplays dieser Welt im Leben nicht hin!) und die hervorragenden Live-Qualitäten... jetzt muss nur noch die Mund-zu-Mund-Propaganda und der Plattenvertrag funktionieren, dann füllen sich die Spielorte beim nächsten Mal auch etwas mehr. Und NEIN, ich werde weder von Band noch Management dafür bezahlt, dass ich so was schreibe... das ist nur mein nerdiger Ehrgeiz, für gute Musik zu werben! Hab bei der Band nach wie vor ein gutes Gefühl, was den Erfolg angeht!

Setlist /// 01 Flashing Red Light Means Go 02 Evacuate 03 We Have This Place Surrounded 04 Lay Me Down 05 Semi-Automatic 06 Forces 07 The Absentee 08 Spitting Fire 09 All You Do Is Talk 10 Soviets 11 These Walls Are Thin 12 Silent Movie 13 Misplaced 14 Watermelon

The Boxer Rebellion @ MySpace

Dienstag, 17. Februar 2009

Der Sound der Sirenen

Eine Band spielt sich und ihr Publikum in einen Rausch! Gestern geschehen im Dresdner Schlachthof. Die Schuldigen heißen in dem Fall Bloc Party und Delphic. Herz, Hirn und Hedonismus im Komplettpaket!

Muss ja was dran sein am Dresdner Publikum. Immerhin spielten Bloc Party im „Slaugtherhouse“, wie Kele Okereke es gestern nannte, bereits zum 3. Mal innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre. Gut, die Tatsache, dass Kele es als ihre liebste Location in Deutschland bezeichnen, sei mal dahingestellt. Den Spruch hört man ja mysteriöserweise bei fast jedem Konzert, auf dem man ist. Damals, im November 2005 war die Halle nach dem Überraschungserfolg „Silent Alarm“ auch schon ganz gut gefüllt, im Mai 2007 dann noch ne Spur mehr und diesmal spielte die Band wieder vor vollem Haus. Im Gepäck nicht nur die geballte Ansammlung phänomenaler Superhits, sondern auch ein Glücksgriff in Sachen Support Act: Delphic!
Bitte dieses famose Quartett aus England vormerken, denn wo andere nur so tun, als würden sie irgendwie Indierock mit Elektronik verbinden, beweisen sie es einfach. Stampfende Beats, zirpende Gitarren und breitflächige Keyboards inklusive analogen Acid-Gebrabbel! Dazu profitierte man auch ordentlich von der Lichtanlage, welche Bloc Party gern zur Zweitnutzung zur Verfügung stellten. Das war Hands-Up-Rave, wie in zu den besten Zeiten von Underworld in den 90ern! Also, wer jetzt noch Klaxons und Justice hört ist nicht mehr auf dem Laufenden. Solchen Bands gehört die Zukunft. Der Sound klingt vermutlich live besser, als wie auf Platte, aber letztere haben sie ja noch gar nicht. Aus ihrer Homepage wird man auch nicht schlau. Immerhin gibt’s da mit den auf dem Gig ausgeteilten Gutschein-Codes gratis Downloads. Ich schau gleich mal. Jedenfalls hat diese Band mich persönlich mal so was von umgehauen. Und dem Publikum gefiel’s auch. Davon zeugte der Applaus.
Und als dann pünktlich gegen halb 10 Kele, Matt, Gordon und Russell die Bühne betraten (schon wieder zu dieser tollen Hymne „Hero“ von Kleerup!) wurde der Applaus noch lauter. Mit „One Month Off“ ging’s los und von da an zog die Band den gesamten Saal in ihren Bann… Insofern ich das von relativ weit vorn aus beurteilen kann. Die nächsten anderthalb Stunden kann man recht kurz zusammenfassen: Es war ein Freudenfest und ein einzige Triumphzug dieser formidablen Band. Stimmungstechnisch war dies mit Sicherheit der bisher beste Gig in Dresden. Heillose Euphorie und eine Band in Spiellaune! Und dann diese Songs! Ein ausgewogenes Gleichgewicht aus allen drei Alben, wenngleich ich persönlich mit einer „Intimacy“-Auslegung auch keine Probleme gehabt hätte. Aber so kamen alle auf ihre Kosten… die, ja, man muss sie schon so nennen, alten Hits aus „Silent Alarm“ haben ihre Wirkung immer noch nicht eingebüßt. Bei „Positive Tension“ schreit man immer noch „So fucking useless“ aus voller Kehle und selbst das schon ca. 8 Millionen Mal gehörte „Banquet“ geht irgendwie immer noch. Und dann sind da natürlich all die anderen famosen Songs. Ich hätte kein Problem mit mehr ruhigeren Momenten gehabt. Gerade die tolle Live-Umsetzung des wunderschönen „Biko“ vom neuen Album war wunderschön, auch wenn ich da auch schon den Eindruck hatte, dass das beim doch ehe Party- und Pogo-orientierten Publikum nicht unbedingt die gewünschte Marschrichtung sein sollte. War’s ja auch nicht. Gleich hinterher wurde „Song For Clay“ abgefeuert. Und ja, Ost-London ist immer noch ein Vampir, der dir die Freude aussaugt. Diese Musik wirkt immer wieder, nicht nur weil sie so voller Energie ist, voller Wut, aber auch voller Freude, sondern weil sie in ihren Aussagen auch intelligent und aufwühlend ist. Und gleichzeitig auch Spaß machen kann. Muss ja kein Widerspruch sein. Die paar Die-Hard-Fans im Publikum wurden dann auch noch mit „The Marshalls Are Dead“ (von der allerersten „She’s Hearing Voices“-EP aus dem jahr 2004!) bedacht… Schön, wenn sich Bands so was noch erlauben können.
Gerade das Duo Kele Okereke/ Matt Tong präsentierte sich redseliger als früher. Sänger Kele lamentierte über sein angeschlagenes Bein und war fast bereit, seine Hose auszuziehen, Drummer Matt wiederum (der sich ja schon beizeiten in sein „Turnhose-Only“-Outfit begab) erzählte aus dem Partyleben der Band und flippte zu Beginn von „The Prayer“ mal eben lustig aus und entfernte sich, dem Drumcomputer sei dank, mal eben von seinem Arbeitsplatz um die Masse anzufeuern und die ersten Zeilen des Songs ins Mikro zu gröhlen. Kele fand’s … na ja… witzig. Und als dann noch aus dem Publikum Kaffee gefordert wurde, lies sich die Band nicht lumpen, welchen aus dem Backstage-Bereich mitzubringen. Das nenn ich mal einen netten Service! Die gute Laune übertrug sich dann locker auf das Publikum, welches am Ende noch mal richtig auftrumpfte. Die „Wall-Of-Death“ hat es mittlerweile wohl vom Wacken direkt in alle möglichen normalen Konzerte gebracht und wurde ausführlich zelebriert. Besonders bei dem unerschütterlichen „Helicopter“. Vorteil daran… aufgrund eigenwilliger Gesetze der Physik hat man einfach viel mehr Platz im Saal. Das sollte man mal von Beginn an einführen.
Der letzte Zugabenblock der Party bestand dann aus dem „Stimmungshits“ „Ares“ und „Flux“. Und wenn die Band nicht sonst schon mit allen möglichen elektronischen Spielereien liebäugelte… hier kam der endgültige Beweis. „Ares“ ist live mehr denn je Prodigy und „Flux“ ist sowieso das songgewordene Disco-Inferno. Was in diesen 6,7 Minuten in den vorderen Reihen des Slaughterhouses abgegangen ist… Kinder, Kinder! Da muss man dabei gewesen sein um es zu glauben! Große Glücksmomente mit einer Band, die, so scheint es, einfach nicht langweilig werden kann! Im ständigen Fluss halt und den Blick nach vorn gewand. Warum diese Band auch immer so viele Menschen auf unterschiedliche Weise anspricht… es funktioniert und wer dafür noch irgendwelche Beweise braucht, der fordert am besten Augenzeugenberichte dieses Abends ein! Diese Band ist groß und wenn es nicht mit dem Teufel zugeht, wird sie das auch noch in den nächsten Jahren bleiben. Dann hoffentlich nicht zu groß, damit sie auch ein weiteres Mal die Messlatte ihrer eigenen Gigs im Slaughterhouse hochlegen können. Das Dresdner Publikum hat sich jedenfalls gestern wieder mal hervorragend für einen weiteren Gig beworben. Hoffentlich ruft die Band dann auch bald zurück.

Setlist: 01 One Month Off 02 Trojan Horse 03 Hunting For Witches 04 Positive Tension 05 Talons 06 Biko 07 Song For Clay (Disappear Here) 08 Banquet 09 Where Is Home? 10 The Marshalls Are Dead 11 Mercury 12 This Modern Love 13 Like Eating Glass 14 Sunday 15 Halo 16 The Prayer 17 Helicopter 18 Ares 19 Flux

Delphic @ MySpace

Bloc Party @ MySpace

Dienstag, 16. Dezember 2008

Formed A Band

Vorweihnachtliches Schwelgen im Studentenclub. Tiger Lou präsentieren ihr neues Album komplett vergangenen Samstag in Magdeburg.

Mein persönlicher Ersteindruck des vergangenen Samstags: Magdeburg ist eine hässliche Stadt! Alle lokalpatriotisch angehauchten Menschen mögen mir das harte Urteil verzeihen, aber na ja. Neben den Glanzstücken sozialistischer Architektur und zweifelhaften Gestalten auf den Straßen, bei denen ich teilweise Angst hatte, sie würden mich gleich vermöbeln, hinterließ vor allem der Nahverkehr einen schlechten Eindruck. Nach einem fast halbstündigen Warten auf die Straßenbahn, sah ich den Genuss von Tiger Lous einzigem ostdeutschen Konzert im Laufe der Tour zum Album “A Partial Print“ schon dahinschwinden. Aber nach viel Rennen und viel Schimpfen war man dann kurz nach 11 doch im P7. Und heilfroh, dass sich der Hauptakteur des Abends so viel Zeit gelassen hat. Schade natürlich, dass mir dadurch die bezaubernde Band seiner Frau, Firefox AK, durch die Lappen ging. Die Tatsache, dass man am Einlass nicht mal unsere Tickets sehen wollte war dann ein weiterer tragischkomischer Moment. Und das die Kapazitäten der Location dann auch ausgereizt waren… Geschenkt! Schon witzig, zumal ich schon Wohnzimmer gesehen hab, die größer waren als dieser „Konzertsaal“. Na ja, ich will ja hier nicht motzen. Denn was die anfänglichen Startschwierigkeiten dann doch noch wegmachte war, wie konnte es auch anders sein, die Musik!

Die ist ohne jeden Zweifel toll! Auch an diesem Abend. Tiger Lou aka Rasmus Kellermann präsentiert sich dabei schon längst nicht mehr als der schüchterne Songwriter, der er auf dem 2004er Debüt „Is My Head Still On?“ war. Er hat eine Entwicklung vom Solokünstler hin zum vollwertigen Bandmitglied durchgemacht. Tiger Lou ist 2008 somit eine Band, das Album ein Bandalbum. Diese Chemie spürt man auf „A Partial Print“ genauso, wie auf der Bühne. Da legt Rasmus’ Band nämlich ordentlich los. Die Tatsache, dass das ganze Album als Komplettes gespielt wird hat sich dann auch noch nicht bis in die letzten Reihen rumgesprochen. Die Reaktionen während der Songs verhalten, aber beim Applaus zumindest wesentlich dankbarer. Viel Momente zum Applaudieren gab’s dann aber doch nicht, da die Band ihr Ziel, die Platte möglichst lückenlos zu spielen, recht konsequent übergeht. Bei jedem Song merkt man, wie viel Herzblut Kellermann und seine Mannen in dieses Werk gesteckt haben, das sich thematisch düster und melancholisch gibt. Existenzängste und Pragmatismus inklusive. „Je mehr ich gebe, desto weniger muss ich tragen“ heißt eine der Kernthesen, die sich immer wieder in den Songs wieder finden lässt. Die Musik ist melancholisch aber trotzdem sehr kraftvoll. Besonders live entwickeln Tracks wie „An Atlas Of Those Our Own“ oder “The Less You Have To Carry” eine enorme Kraft. Stellenweise spielt sich die Band in einen Rausch. Das Publikum... nun ja, irgendwie nicht, aber damit muss man rechnen. Der Band ist es egal. Man merkt ihr die Freude an und immer wieder erinnern sie das Publikum an diesen historischen Moment, wo sie ein letztes Mal das ganze Album in voller Länge spielen. Bitte auch den Enkeln weiter erzählen. Nach 60min ist alles erzählt, was „A Partial Print“ zu erzählen hat. Keine letzten Worte für irgendwen, am Ende hinterlassen Tiger Lou nur ihre Musik. Und diese wirkt nach. Dieses Album wirkt spätestens nach diesem Abend als das, was es ursprünglich sein sollte: ein in sich geschlossenes Stück Musik, thematisch und musikalisch. Erneut untermauert Rasmus Kellermann sein einzigartiges Können.

Applaus gibt’s auch und die Band scheint sichtlich erleichtert, dass es vorbei ist. Für viele Lacher sorgte dann das Bühnenoutfit zu den Zugaben. Die komplette Band und Firefox AG kamen in bunten Weihnachtskostümen auf die Bühne, um das traditionelle schwedische Fest „Lucia“ zu begehen, welches immer am 13. Dezember stattfindet. Die Jungs verkleiden sich als Weihnachtsmänner oder tragen Nachthemden, genau wie die Frauen. Hier vertreten durch Rasmus’ hinreißende Frau, die dann quasi zur Lucia gewählt wurde. Inklusive traditioneller Lichterkrone! Und dann wurden munter schwedische Weihnachtslieder gesungen und Wunderkerzen entzündet. Das sorgte allgemein für strahlende Gesichter, vor allem, weil es im krassen Gegensatz zum vorherigen Programm stand. Schade, dass das Publikum die andächtige Stille schon nach ein, zwei Songs schon ablegte. In Schweden hätte man so was nicht gemacht. Um dann die wenigen zu versöhnen, die doch nur wegen dem alten Material gekommen waren, gab’s noch 4 Zugaben, jeweils zwei aus den Vorgängeralben. Stimmung kam dann am Ende sogar noch etwas bei „Nixon“ und „The Loyal“ auf. Danach war aber leider Schluss! Tiger Lou hinterlässt nicht nur nen einfachen Ab-, sondern nen hervorragenden Eindruck! In den letzten Jahren hat dieser Mann mitsamt seiner Band eine tolle Entwicklung durchgemacht und es war eine Freude, einmal ein so schönes Album, wie „A Partial Print“ komplett live erleben zu dürfen, noch dazu mit einer so spielfreudigen Band. Dem Publikum hätte ich mehr Euphorie gewünscht, aber na ja… bei vielen hatte ich eh den Eindruck, es müssen primär die neusten Röhrenhosen, Baumwollhemden und Nerd-Brillen präsentiert werden. Aber ich bin ja altmodisch, weil’s mir um die Musik geht. Warum über Städte, Menschen und Straßenbahnen aufregen, wenn es doch so schöne Musik gibt, wie diese. Zumindest von der Band werde ich noch meinen Kindern erzählen, die Rahmenbedingungen werde ich dann aber etwas beschönigen.

Setlist: 01 The More You Give 02 The Less You Have To Carry 03 So Demure 04 Trust Falls 05 An Atlas For Those Our Own 06 Odessa 07 Trails of Spit 08 Coalitions 09 Crushed By A Crowd 10 A Partial Print 11 The War Between Us 12 The Wake / Hooray Hooray 13 Nixon 14 The Loyal

Montag, 24. November 2008

Das Luxusproblem Sympathie

Keine Angst. Die tun niemandem weh, die wollen nur etwas Musik spielen. Death Cab For Cutie spielten vergangenen Freitag in der Münchner Muffathalle. Nicht mehr und nicht weniger.

„Nett“ ist ein oft rudimentär benutztes Wort. Das Essen war nett, Menschen sind nett, ein Buch ist nett... vieles ist einfach mal nett. Das „Nett“ dabei im Allgemeinen oft als kleine Schwester von „Scheiße“ bezeichnet wird ist vielleicht auch etwas hart. Auf jeden Fall haben nett Sachen die Tendenz zu gefallen, ohne zusätzlich zu belasten. Nett bedeutet „ganz gut“ zu sein, ohne dabei außergewöhnlich oder besonders zu sein. Warum diese lange Vorrede? Nun, weil Death Cab For Cutie im Allgemeinen als eine „nette“ Band gelten.
Death Cab machen netten, kleinen Indierock aus den USA und werden dabei häufig als Mädchenband verschrieen. Das ist nicht mal ein Vorurteil, sondern letztendlich ein Stück Realität. Davon konnte ich mich vergangenen Freitag beim ausverkauften Konzert in der Münchner Muffathalle vergewissern.
Das Erste, was dabei auffällt ist die Erkenntnis, wie groß und bekannt diese Band mittlerweile über die Indie-Kreise hinaus geworden ist. Das sie dank exzessiver Erwähnung in „O.C. California“ mittlerweile auch ein Massenpublikum ansprechen können, ist dabei ebenfalls kein Vorurteil, sondern die reinste Wahrheit. So war das Publikum gemischt, vom Indie-Nerds, über Schickeria-Bonzen, bis hin zu den kleinen, hysterisch kichernden Mädchen, die man halt bei einer Mädchenband erwartet. Nette Kombination, die allerdings häufig für eine gewisse Unruhe sorgte, die sich den ganzen Abend auch nicht wirklich legte.
Die Vorband Frightened Rabbit aus Schottland wurde dann schnell auch das Prädikat „nett“ aufgedrückt. Indie-Rock mit der starken Tendenz zum Stadionrock. Nicht wirklich neu, nicht wirklich berührend. Zieht aber bei vielen wohl immer noch. Bei mir nicht.

Dann kam der entscheidende Teil: Die Hauptband! Und die Erkenntnis, dass Ben Gibbard, wenn man ihn mal auf Diät setzt, nicht zum Friseur schickt und die Nerd-Brille abnimmt, sogar als Darsteller in O.C reinpassen würde. Kaum wiederzuerkennen. Das war dann aber auch schon die einzige Überraschung. Der Opener des Aktuellen Albums „Narrow Stairs“, „Bixby Canyon Bridge“ eröffnet auch die Setlist. Und auch live lässt mich dieser Song erschreckend kalt. Das merkt man besonders, wenn direkt im Anschluss „The New Year“, vom 2003er-Album „Transatlanticism“ gespielt wird. Das ist mal ein Opener! Danach folgt ein bunter Reigen an Songs, der genau den richtigen Mix zwischen den wichtigsten Klassikern der Band und neuem Material darstellt. Nachdem das Tempo anfangs angezogen wird, drosselt es die Band kurze Zeit später und macht Platz für die wunderschönen Balladen, die sie eh besser beherrscht. „Grapevine Fires“ ist der schönste Song des aktuellen Albums, welcher Gibbards großartiges Songwritingtalent einmal mehr beweist. Mit einem kurzen Block aus ihrem erfolgreichen Durchbruch-Album „Plans“ zeigt sich die Band im Anschluss treffsicher. Dennoch. So wunderschön „Soul Meets Body“ oder „I Will Follow You Into The Dark“ auf Platte sind, live lassen sie mich an diesem Abend irgendwie kalt. Woran auch immer das liegt. Am nervösen Publikum? Der schlecht-funktionierenden Lüftung bei ausverkauftem Haus? Der schwachen Akustik? Der unscheinbaren Band? Vielleicht ein Mix aus allem. Dabei bietet der Abend durchaus gute Momente. „I Will Possess Your Heart“ funktioniert live wesentlich besser, als auf Platte, wenngleich es immer noch ca. 2 Minuten zu lang ist. Und als die Band ganz am Ende das traumhafte „Transatlanticism“ anstimmt, kommt auf einmal das Gefühl auf, welches ich den ganzen Abend vermisst habe. Das Publikum verharrt in andächtiger Stille, Piano und Klavier von Gibbard nehmen auf einmal, scheinbar spielend, die ganze Halle für sich ein. Hier wird die Band der Größe des Bookings erstmals gerecht. Ansonsten hat sie einfach ein, na, sagen wir mal Luxusproblem. Diese Band ist an sich zu klein und zu unscheinbar, um so groß zu sein, wie sie mittlerweile ist.
Das Death Cab weder U2 noch Coldplay sein wollen ist der logischste Schritt überhaupt, denn noch so eine Band braucht es ja nicht wirklich. Aber sie wirken ein wenig überfordert mit dem, was sie darstellen sollen. Die Band ist einfach nett. Gibbard will einfach seine Songs schreiben und singen und das kann er auch. Aber das funktioniert auf Platte genauso gut. Vielleicht sogar besser. Weil Death Cab For Cutie eher eine Band für die intimen, ganz eigenen Momente ist, als für die Massen. Obwohl „I Will Follow You Into The Dark“ einer der schönsten Songs überhaupt ist, will man den nicht wirklich mit tausend anderen Menschen singen. Sicher, den gefühlten 8000 kuschelnden Pärchen in der Halle mag das Gefallen, aber da hätten viele vermutlich auch zu „Tiny Vessels“ (welches ich schmerzlich in der Setlist vermisste) gekuschelt ohne mal die Tetxe zu hinterfragen. Die waren und sind nachwievor genial. Das muss man ihnen lassen.
Death Cab hingegen stehen, wie schon vor „Narrow Stairs“ irgendwie zwischen den Stühlen, irgendwo zwischen Radiopop und Independent. Die Band will sich aber nicht entscheiden, sondern einfach nur ihre Songs und ihre Musik spielen. Kann man ihnen ja nicht verwehren. An diesem Freitagabend haben sich Death Cab For Cutie als nette, sympathische Indierockband präsentiert. Rocksongs, mehr oder weniger harmlos, aber dafür mit viel Inhalt und Gefühl. Sie sind halt einfach nett. Das ihre Nische, ihr Wesen. Und das geht von Zeit zu Zeit auch in Ordnung, aber irgendwann hat doch jeder Mal die Schnauze voll vom Nett-Sein. Wenn Death Cab diese Phase irgendwann mal erreichen sollten, dann geh ich gern wieder auf ein Konzert von ihnen. Ansonsten reichen mir da die Alben auch aus.

Setlist: 01 Bixby Canyon Bridge 02 The New Year 03 We Laugh Indoors 04 Photobooth 05 Crooked Teeth 06 Grapevine Fires 07 Summer Skin 08 Soul Meets Body 09 I Will Follow You Into The Dark 10 I Will Possess Your Heart
11 Cath ... 12 We Looked Like Giants 13 A Movie Script Ending 14 Long Division 15 No Sunlight 16 The Sound Of Settling 17 Title & Registration 18 405 19 Your Heart Is An Empty Room 20 Transatlanticism

Sonntag, 2. November 2008

Der Prophet im eigenen Land…

… ist bekanntlich wenig wert. Doch PeterLicht arbeitet mittlerweile dran. Jetzt muss man ihm nur noch zuhören. Gern auch auf dem eigenen Konzert. Wie gestern in Dresden.

Immer mal wieder bringt mich Deutschland dazu, sich über Selbiges mehr als zu wundern. Egal, ob’s das Nachmittagsprogramm von RTL ist, die Beliebtheit von Silbermond, das unnötige Comeback von Udo Lindenberg oder jetzt auch die Nr. 1 von Polarkreis 18. Dieses Land ist gleichermaßen unberechenbar, wie unverständlich. Fremdschämfaktor inklusive.
Ein weiteres herausragendes Beispiel ist die Tatsache, dass im ehemaligen Land der Dichter und Denker ein so feiner Mensch, wie PeterLicht einfach nur einer Minderheit von Menschen ein Begriff ist. Die, die von ihm schon mal flüchtig was gehört hatten, kennen sein „Sonnendeck“, den kleinen feinen Elektropopsommerhit mit sich bewegendem Bürostuhl aus dem Jahr 2001. In der Zwischenzeit hat sich aber einiges getan. Vier gute Alben hat der schlaksige Mann aus Köln mittlerweile veröffentlicht. Darunter das, aus meiner Sicht, geniale „Lieder vom Ende des Kapitalismus“ vor 3 Jahren. Jetzt ist er mit neuer Platte „Melancholie und Gesellschaft“ zurück. Die ist etwas ernster, etwas eindeutiger und reifer, als die letzte, was aber eine konsequente Entwicklung darstellt.
Diese vorzustellen galt es gestern Abend im Dresdner Beatpol, den ich immer noch lieber als StarClub bezeichnen möchte. Kurz vor 10 kam dann der gute Mann mitsamt 3-köpfoger Begleitband auf die Bühne. Fotografieren war, wie immer, unerwünscht. Man möchte die Maske noch etwas wahren. So wird der erste Song des neuen Albums und des Abends, „Räume räumen“, dann auch ohne Bühnenbeleuchtung gespielt. Ein erhabener Song, dessen Erhabenheit leider wenig zu Geltung kommt. Das liegt aber nicht an Peter, sondern an den Menschen, die ihm zuhören sollen, oder auch nicht. Da bin ich gern mal penibel. Stille wäre angebracht. Doch im ganzen Saal herrscht eine leichte Hibbeligkeit. Musik-Nerds unterhalten sich über die Entwicklung seiner Platten und die damit verbundene Live-Umsetzung, andere quatschen über das Studium, die Party gestern, die Parallelen zu Funny van Dannen oder was auch immer. Bierflaschen werden aneinander geschlagen, aber keine Räume geräumt. „Wer stört fliegt raus“ singt PeterLicht auf der Bühne. Deutlicher wird die Ironie nur bei den kuschelnden Pärchen während des „Trennungsliedes“. Der Prophet gilt im eigenen Land ja bekanntlich wenig. Aber auch auf seinen Konzerten? Der Anfang ist bewusst ruhig gewählt. Ein Schlagzeug verirrt sich erst dezent im dritten Song ins Instrumentarium. Sicher, so was ist gewagt, aber bei etwas intellektuellem Anspruch, wie ihn Herr Licht gern pflegt, hätte man da etwas mehr Verständnis erwartet. Na ja, bei den „Hits“ sieht das dann anders aus. Die flotten Elektrosongs des Debüts, wie „Siva“ oder „Die transsylvanische Verwandte ist da“ werden genauso gefeiert, wie der Gaga-Song „Fuzzipelz“. Und Songs wie „Wettentspannen“ oder „Gerader Weg“ entfalten gerade live deutlich mehr Druck, als auf Platte. Dazu darf dann auch gern mal gemosht werden. Wer’s braucht…
Die Unkonzentriertheit von Teilen des Publikums ist dann aber auch nur der einzige kleine Wehrmutstropfen Ansonsten hat der Mann eh nur Hits. „Hits“ im Sinne von tollen Songs. Denn PeterLicht ist ein toller Texter und Komponist. Vielleicht der beste, den wir in Deutschland haben. Wer braucht da noch Grönemeyer oder Thees Uhlmann? Oder Dirk von Lotzow? Lichts Lieder sind ehrlich, kunstvoll, politisch, gesellschaftskritisch und haben Witz und Wortakrobatik Dazu noch tolle Melodien und eine hohe Musikalität, was spätestens seit den letzten beiden Platten nicht mehr zu leugnen ist. PeterLicht bringt all das, was gute Popmusik braucht. Er erzählt Geschichten. Gern auch mal abseits des Songformates, wie er an diesem Abend mit zwei kurzen Lesungen auch bewies. Damit hatte er am Ende des Abends sicher auch den letzten Zweifler überzeugt. Seine Texte laden zum Schmunzeln ein, aber auch zum Nachdenken. Und auch mehrmals hören. Gerade die neue Langspielplatte lädt zum wiederholten Mehrfachhören ein. Das Konzert auch. Licht macht an diesem Abend alles richtig. Er lässt seine Songs sprechen. Keine große Show. „Bühnenpräsenz“ wäre sowieso das falsche Wort bei diesem dürren Männlein mit schütterem Haar und Brille. Die „Waffe“ von PeterLicht sind seine Worte. Die fügt er, wie kein Zweiter, zu tollen kleinen Hymnen zusammen. Die berühren und rütteln auf. Aber das wusste ich auch schon vor diesem Abend. Aber vielleicht hat er ja noch den ein oder anderen Unentschlossenen überzeugt und wachgerüttelt. Dann hat er seinen Auftrag erfüllt und wenn da so weiter geht, besteht vielleicht sogar noch Hoffnung für Deutschland.

Setlist: 01 Räume räumen 02 Heimkehrerlied 03 An meine Freunde vom leidenden Leben 04 Das absolute Glück 05 Marketing 06 "Viel hilft" (Text) 07 Benimmunterricht (Der Arbeigeberpräsident) 08 Shiva 09 Stratosphärenlieder 10 Stilberatung / Restsexualität 11 Dein Tag (Reise zurück an den Anfang) 12 Alles was du siehst gehört dir 13 Trennungslied 14 Beipflichtn 15 Die transsylvanische Verwandte 16 Fuzzipelz 17 Wir werden siegen 18 Safarinachmittag 19 Wettentspannen 20 Lied gegen die Schwerkraft 21 Sonnendeck 22 Gerader Weg 23 "Wettentspannen" (Text) 24 Lied vom Ende des Kapitalismus 25 Unsere Zeit 26 Zonen

PeterLicht @ MySpace

Samstag, 18. Oktober 2008

Klassisches Understatement

Ein Abend mit Stil. The Last Shadow Puppets zeigen sich im Berliner Tempodrom von ihrer besten Seite. Und laden ein zur Zeitreise in die 60s.

Das Indie-Volk lässt sich ja ungern seinen leicht uniformierten Modestil verbieten, aber manchmal wäre es doch angebracht. Nicht nur um unnötiges Konkurrenzdenken zu vermeiden, sondern auch um Angemessenheit zu symbolisieren. Am gestrigen Abend im Berliner Tempodrom wäre es die stilistische Vollendung gewesen, wenn das Publikum auf Lederjacken, Röhrenjeans und viel zu enge Strumpfhosen verzichtet hätte, sondern stattdessen auf Anzug und Kleidchen gesetzt hätte. Wenn schon Zeitreise, dann nämlich richtig. „Zeitreise“ ist genau das richtige Wort. Denn wenn die Last Shadow Puppets zum einzigen Deutschland-Gig bitten, dann wirkt das schon so, als ob einen der Delorean direkt isn Jahr 1964 geschickt hätte. Die Songs ihres genialen Debüts „The Age Of The Understatement“ scheinen sowieso aus einem anderen Zeitalter zu kommen. Direkt aus der Hochzeit des Gitarrenpop. Knappe, stilsichere Melodien eingebettet in ein Meer aus Streichern und Harmonien, sowie mit natürlichem Hang zu Größe und äußerer Schönheit. Die wird auch auf der Bühne gepflegt. Alex Turner und Miles Kane erscheinen stilsicher im Anzug, selbst Produzent James „Mobile Disco“ Ford, der an dem Abend an den Drums sitzt, hat das Sacko ausgepackt. Und kein Abend mit den Schattenpuppen wäre perfekt, wären da nicht die Streicher. In diesem Fall sind es die Dresdner Sinfoniker, die sich alle ebenfalls in edles Schwarz gehüllt haben. Das hat schon was. Immerhin hatte ich ne Krawatte dabei. Die imposante Zeltkonstruktion des Tempodrom passt dann auch gut zum Anlass. Zusätzlich wurde diesmal auch, vermutlich auf Wunsch der Band, alles bestuhlt. Ja, kein Wunder. Wenn schon „Party like it’s 1964“, dann aber richtig. Immerhin erhoffte ich mir dadurch wildes Aufspringen des Publikums. Dazu animierten Ipso Facto, die weibliche Vorband nicht wirklich. Deren new-waviger Düsterrock erinnerte mich an die leider viel zu früh von uns gegangenen The Organ und war dem Abend sicher angemessen. Zumindest Frisurentechnisch machten sie der Zeit alle Ehre. Betonfester Halt!

Da orientieren sich die Last Shadow Puppets frisurentechnisch anschließend doch eher an McCartney und Co. Kurz vor 22.00 Uhr betritt die Band die Bühne des Tempodroms und entführt dessen Insassen in den nächsten gut 60 Minuten in eine wunderbare Welt aus Melodie und Musikalität. Jeder einzelne Song ihres Debüts ist dabei fast wie ein Lehrstück über einen guten Popsong. Songs, wie „The Age Of The Understatement“, „Separate And Ever Deadly“ oder “My Mistakes Were Made For You” sind wunderschöne Songs, die live, dank des echten Orchesters noch schöner klingen, als auf Platte. So wird denn auch an diesem Abend das ganze Album gespielt, was ja an sich gerade mal etwas mehr als die Hälfte der Spielzeit ausmacht. Also wird der Rest mit einer ebenfalls netten Anzahl an B-Seiten gefüllt. Darunter das energische „Hang The Cyst“, das romantische „Paris Summer“, welches live als Duett zwischen Miles und der Ipso Facto-Frontfrau aufgeführt wird (man verzeihe mir die Unwissenheit ihres Namens), sowie das flotte David Bowie-Cover „In The Heat Of The Morning“. Die schönsten Momente des Konzertes sind die, wenn das Orchester allein spielt. Denn mal im Ernst… es gibt zu wenig echte Streicher bei Rock- und Popkonzerten. Sowas sollte man ändern! Das Outro von „The Meeting Place“, dem vielleicht besten Song des Albums, ist, wie auf eben diesem, einfach wunderschön und herzerweichend, genau wie der anschließende Album-Closer „Time Has Come Again“ als akustisches Zuckerstückchen. Die Band ist gut drauf. Wohl auch bedingt durch das ein oder andere Bier, das sich vor und während des Konzertes genehmigt wird. Am Ende sind’s halt doch nur die Lads aus dem UK.

Für die Streicher gibt’s Applaus. Für den Gig sowieso. Der Zugabenteil besteht aus dem „Doo-Wap“-Song (O-Ton Miles) „Memories“, einem Leonard Cohen-Cover, der einen dann irgendwie, passend zum Zeitreise-Thema auch irgendwie an die Prom-NightAbschlussszene aus „Zurück In Die Zukunft“ erinnert. Euphorie ist da, Ansätze von Tumult gibt’s dann aber erst am Ende bei „Standing Next To Me“. Ein Teil der Masse stürmt Richtung Bühne, einige sogar drauf. Die Ordner (die tragen wenigstens Anzüge) bekommen auch noch was zu tun und die Band freut sich sichtlich über die kleinen Auswüchse der Puppets-Mania. So ähnlich könnte es in den 60ern gewesen sein. Nichts Genaues weiß man. Aber so ähnlich war’s gestern Abend im Berliner Tempodrom. Es hätte noch locker ne Stunde so weitergehen können, aber zufrieden war trotzdem fast jeder. Immerhin bekommt man hier noch was für sein Geld geboten. Eine Stunde, in der die Zeit stillstand. Das einstige Nebenprojekt „The Last Shadow Puppets“ hat endgültig die Reife bestanden und macht den Hauptacts Konkurrenz. Wer weiß, ob sich die zwei noch mal in dieser Form zusammentun. Alex Turner ist seines Zeichens ja eh ein Arbeitstier (die neue Arctic Monkeys Platte ist schon in der Mache)… Vielleicht bleiben die Last Shadow Puppets am Ende auch nur eine kleine, aber irgendwie gewaltig große Besonderheit des Musikjahres 2008. Sie kamen aus dem Nichts und gehen vielleicht auch wieder dahin zurück. Sie hinterlassen ein tolles Album und dieses vielleicht einmalige Konzerterlebnis. Das kann man dann, wenn man will, seinen Enkeln erzählen. Wer will, kann auch noch dazudichten, dass die Leute feinsten Zwirn trugen oder das Tempodrom anschließend von einer ekstatischen Menge zerlegt wurde… Zeitreisen haben ja auch immer was mit Phantasie zu tun ;-)

Setlist:
01 In My Room 02 The Age Of The Understatement 03 Black Plant 04 Separate and Ever Deadly 05 Gas Dance 06 Calm Like You 07 Paris Summer 08 Hang The Cyst 09 The Chamber 10 My Mistakes Were Made For You 11 I Don't Like You Anymore 12 In The Heat Of The Morning 13 The Meeting Place 14 Time Has Come Again 15 Only The Truth 16 Memories 17 Standing Next To Me


"In My Room" (Live @ Tempodrom)

"The Age Of The Understament" (Live @ Tempodrom)

Dienstag, 16. September 2008

Alte Liebe rostet nicht

Massenentertainment kann auch Spass machen. Coldplay bewiesen dies am gestrigen Abend in Berlin wieder einmal mehr auf eindrucksvolle Art und Weise.

Einen der schlimmsten Sprüche, den man hören kann, wenn man nach Konzerteindrücken fragt ist sicher „Ach, das muss man erlebt haben, um es beschreiben zu können“. Furchtbare Phrase, die aber wie die meisten ein Fünkchen Wahrheit beinhaltet. Mit Superlativen um sich werfen ist immer eine ziemlich riskante Angelegenheit. Der NME kann ein Lied davon singen. Aber sagen wir’s mal so. Das gestrige Konzert von Coldplay, welches sie im Rahmen ihrer „Viva La Vida“ Tour in Berlin gespielt haben war schon etwas sehr, sehr besonderes. So sehr, dass ich es zum bisher besten Konzert des Jahres kühren möchte. Das ist doch ein verträglicher Superlativ.
Die taufrische o2 World machte noch einen extrem aus dem Ei gepellten Eindruck, trotz Metallica einige Tage vorher. Schicker Protzbau, voll mit Werbung und sicher bei den Berlinern extrem unbeliebt. Nachvollziehbar, aber mir relativ schnuppe. Ist ja nicht meine Stadt und außerdem passt so ein Arena-Bau im US-amerikanischen Stil durchaus zu einer Band wie Coldplay. Sind ja jetzt Stadionrock. Albert Hammond Jr. ist nachweislich ja kein Stadionrock, sondern bevorzugt nachwievor sicher Papa’s Garage. Dennoch ein netter Einstieg. Nachdem die Halle 2h mit lethargischer Ambient-Musik beschallt wurde waren E-Gitarren in diesem Moment mehr als überlebenswichtig. Hammond Jr. war deutlich lauter als der Hauptact, wirkte etwas motzig, hatte aber nen todschicken Zuhälteranzug an. Da ist mir mal wieder aufgefallen, was für feine Popsongs der Mann im Gepäck hat. Kriegt er bei den Strokes wahrscheinlich nicht durch. Am Ende bekommt er Applaus und wirft die E-Gitarre hin. Ob Agression oder Attitüde sei mal dahingestellt.
Der Hauptact ist da das ganze Gegenteil. Coldplay sind vermutlich die netteste Band des Planeten, spätestens nach diesem Abend wird das wieder klar. Und wer als Musik vorm Konzert Jay-Z in die Stadionboxen haut bekommt gleich nochmal Coolness-Punkte. Genauso wie den klassischen Wiener Walzer vorher, der sogar einige Leute zum Spontantanz trotz Enge einlud. Die Stimmung war gut. Der Band angemessen. Bei Metallica wär das sicher anders gewesen. Als die Band dann kurz vor halb 10 die Bühne betritt und noch hinter dem Vorhang das Albumintro „Life in Technicolour“ anstimmt, geht ein Jubel durch die große Halle. Na ja, zumindest hab ich’s so vernommen. In der vierten Reihe zwischen all den anderen großen Fans kommt das schon mal falsch rüber. Danach gibt’s „Violet Hill“, der Vorhang öffnet sich und anschließend spielt die Band strategisch gut platziert gleich „Clocks“ und „In My Place“ hinterher. Da ist schon ein anderes Kaliber. Ich möchte ja nicht, wie einer dieser verbitterten alten Klugscheißer-Fans wirken, die so Sprüche wie „Ach, früher waren die noch viel besser“ raushauen, aber irgendwie merkt man den unterschied zwischen den alten und neuen Songs schon auf ne gewisse Weise. Die neuen sind natürlich nicht schlecht. „Viva La Vida“ ist ein tolles Album, viel besser als das letzte und das an diesem Abend mit Ausnahme von „Reign of Love“ jeder(!) Song der Platte gespielt und bejubelt wird spricht für dieses Album. Aber gerade wenn die Band zu den alten Songs greift ist da noch eine speziellere Magie im Spiel. Die Acoustic-Versionen von „Trouble“ und „The Scientist“ bewegen zu tiefst. Eine Mischung aus Nostalgie und irgendwie tiefer Bewegtheit. Und als dann zur Zugabe noch „Politik“, ihr meiner Meinung nach, bester Song, gespielt wird, wird dies endgültig klar. Und nun bin ich doch einer von den Klugscheißern. Coldplay sind immer noch super, waren aber mal ne Zeitlang perfekt. Schon blöd, wenn eine Band qualitätsmäßig so gut ist. Das sie gut sind wird an diesem Abend mehr als deutlich. Vor allem wird einen permanent vor Augen geführt, welch hohen Grad an Hits diese Band in den letzten 8 Jahren angesammelt hat. Noch ne Phrase. „Jeder Song ein Hit“. Stimmt aber. Zwischendurch wechselt die Band immer wieder ihren Standpunkt und hält die so so interessant. Auf einem kleinen Seitensteg werden neue Versionen von „God Put A Smile Upon Your Face“ (besser als das Original) und „Talk“ (zu kurz leider) angestimmt, bei denen Will Champion den Drumcomputer übernimmt. Bitte in Zukunft mehr Elektronik, Coldplay. Das könnt ihr auch. Anschließend macht Chris Martin allein am Piano einen auf Alleinunterhalter, indem er „Trouble“, „The Hardest Part“ und ein Instrumentalstück von der im Dezember erscheinenden EP anstimmt. Das ist dann der kleine feine Unterschied bei Coldplay. Musikalität irgendwie. Das ist schon hochwertig. Dann kündigt Martin aber im gleichen Atemzug an, dass wir alle gleich ausflippen würden. Gesagt getan, mit „Viva La Vida“, dem omnipräsenten Konsenshit dieser Band wird dann vermutlich auch der letzte wachgerüttelt. Den Song, den die Band vermutlich von jetzt bis zur Rockerrente spielen muss. „Go West“ kann einpacken. Wird wohl nicht lang dauern, bis das auch die Fußballstadien dieser Welt erkennen. Sicher ein Highlight! Auch weil mich dieser Song immer noch mehr bewegt, als nervt. Und das bei dem Airplay. Nachdem ebenfalls sehr feinen „Lost!“ verschwindet die Band kurz, nur um anschließend auf der anderen Seite der Arena im Publikum ein kleines Acousticset zu spielen. Das freut besonders die Leute dahinten. „Da dachtet ihr, ihr hättet scheiß viel Geld für blöde Plätze bezahlt und nun schwitzen wir euch sogar voll“ lautete in etwa der Kommentar von Chris Martin. Neben der bereits erwähnten Version von „The Scientists“ durfte Drummer Will auch wieder „Death Will Never Conquer“ spielen. Das macht er immer noch besser als Chris Martin bei der Studioversion. Ich hoffe doch, er bekommt noch nen Gesangspart auf der nächsten Platte. Die Band hatte ihren Spass. Das sah man, wenn auch nur über Videoleinwände. Das ist ebenfalls ein unheimliches Plus dieses Quartetts. Man merkt ihnen die Spielfreude an. Wenn selbst Bassist Guy Berryman (ansonsten meist mit eiserner Miene) während des Konzertes das ein oder andere Mal lachen muss, dann kommt das echt rüber. Die Band hat ihren Spass, wirkt natürlich, nicht abgehoben und versucht das auch permanent, eben durch dieses Spielen auf den Rängen, zu beweisen. Das zieht. Nachher ist das auch kalkulierte Berechnung, aber so wirkte es nicht.
ColdplayLive-1Die Freude überträgt sich dann auch auf’s Publikum, zumindest im vorderen Bereich. Obwohl dann weiterhinten auch auf den Rängen gegen Ende alle Standen. Höhepunkt dieser Freude ist sicher das hymnische „Lovers In Japan“, welches einmal mehr das Highlight der diesjährigen Tour darstellt. Nicht nur weil der Song super ist, sondern auch weil während diesem, strategisch gut platziert, tausende kleiner Papierschmetterlinge in allen Farben von der Decke regnen. Das sieht von hinten sicher super aus, aber, fuck, wenn man da drin steht, diesen Song hört und von oben dieser bunte Regen langsam auf einen hinab fällt... wer braucht denn da noch bitte schön bewusstseinserweiternde Mittelchen? Besser als in diesem Moment kann dieser Abend nicht mehr werden. Nennt mich kitschig, aber das war perfektes Kino. Anschließend beendet die Band den Abend scheinbar mit dem wundervollen „Death And All Of His Friends“, nur um aber anschließend noch einmal unter großem Jubel ihr unverzichtbares „Yellow“ hinterherzuschicken. Dann ist Schluss. Alle die, die sich beschweren, das Coldplay Gigs zu kurz seien, die müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, nie richtig mitgemacht zu haben. Ich war durchgeschwitzt (ja, das geht) und fertig. Mehr hätte nicht sein müssen. Am Ende sind die meisten der Leute glücklich, stapfen durch das Meer aus bunten Schmetterlingen, werfen sie in die Lust und stimmen das ein oder andere Mal noch die Chöre aus „Viva La Vida“ an. Es lebe das Leben! Ein einprägsames Plädoyer für Lebensfreude trotz all dem Negativen ist nicht nur das neue Album, sondern auch dieser Abend.
Es bleibt die Erkenntnis, das Coldplay nun endgültig an der Weltspitze angekommen sind und das ich es persönlich dieser Band von ganzem Herzen gönne, solang sie so bleiben, wie sie sind. Live sind sie seit jeher ne Macht und werde da, ganz wie ein guter Wein, mit den Jahren immer besser. Das wird sich in den nächsten Jahren auch sicher noch rumsprechen. Dann bleibt zu hoffen, dass sich dann auch noch der ein oder andere ältere Song, gern auch abseits der Singles in die Setlist verirrt. Denn das sind die Songs, die meine Liebe zur Band begründet haben. Und alte Liebe rostet irgendwie nicht, trotz Massenpublikum und allgemeinem Bekanntheitsgrad. Und spätestens gestern war wieder viel von dieser alten Liebe zu spürren. Zusammen mit den tollen neuen Songs und der Tatsache, dass Massengeschmack und musikalische Qualität doch noch ab und an zusammenpassen hinterlässt dies einfach einen wunderschönen Eindruck. Vermutlich kommen sie nächstes Jahr wieder auf Tour. Geht da hin! Lasst euch nicht von den Ticketpreisen abschrecken, die sind es wert. Und stellt auch nach vorn, dort wo die Schmetterlinge fliegen und die Menschen Freude haben. Dann kann das nämlich ein sehr feiner Abend werden.

Setlist: 01 Life In Technicolor 02 Violet Hill 03 Clocks 04 In My Place 05 Speed Of Sound 06 Cemeteries Of London 07 Chinese Sleep Chant 08 42 09 Fix You 10 Strawberry Swing 11 God Put A Smile Upon Your Face 12 Talk 13 Trouble / The Hardest Part / Postcards From Far Away (Medley) 14 Viva La Vida 15 Lost! 16 The Scientist 17 Death Will Never Conquer 18 Politik 19 Yes (Snippet) 20 Lovers In Japan 21 Death And All His Friends 22 Yellow 25 The Escapist (Outro)

Mittwoch, 20. August 2008

Ein Sommernachtstraum

Einmal Himmel und Zurück.Sigur Rós begeistern in Dresden auf ganzer Linie... auch ohne Streicher und Bläser.

Heiß begehrt waren sie dann irgendwie doch, die Tickets für den Sigur Rós Gig in Dresden vergangenen Montag. Das merkt man besonders an den verzweifelten bis traurigen Gesichtern, denen man auf dem Weg zur Location in die Augen blickt. Sie sprechen einen entweder direkt an oder halten kleine Pappen mit draufgekritzelten Kartengesuchen in der Hand. Einer bot sogar Freibier und ein Kätzchen, wenn ich das richtig gelesen hab, als Gegenleistung an. Glücklich der, der sich, wie ich rechtzeitig ein Ticket gesichert hat. Aber an solchen Momenten merkt man, welchen Stellenwert das kautzige Quartett aus Island mittlerweile genießt. Ihr jahrelang aufgebauter Status als Geheimtipp und vor allem als umwerfende Live-Band hat sich mittlerweile über Musikkennerkreise hinaus herumgesprochen. Weltweit feiert die Band mit ihrem hymnischen Postrock seit Jahren große Erfolge und ernten stehts positivste Kritiken. Das kommt an bei den Leuten. Denn überall heißt es, die Musik von Sigur Rós bewegt, wie keine andere.
So ist denn der Alte Schlachthof in Dresden an diesem Abend auch üppig gefüllt mit allerhand Menschen unterschiedlichster Art und Weise. Das die universelle Musik von Sigur Rós auch ein breiteres Publikum anspricht, ist gleichwohl beeindruckend, wie auch logisch. Und ich kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass es kaum eine Band gibt, die es schafft die Menschen so mit ihrer Musik zu einen, wie die vier Isländer.
Nachdem Oláfur Arlands als kautziger Pianist mit Streichquintett ein perfekter, stimmungsvoller Einstieg war, kam die Band pünktlich halb 10 auf die Bühne. Allein wohlgemerkt! Entgegen dem Rest der Tour verzichtete die Band auf ihre Begleitmusikerinnen von Almiina. Warum auch immer? Vermutlich war die Bühne zu klein. Egal. Dem Sound tat das keinen Abbruch. Das Set wird mit „Svefn-G-Englar“, dem „Klassiker“ eröffnet. Ein Raunen geht durch die Menge, als Sänger Jónsi Birgisson erstmals den Mund aufmacht. Eine Stimme zerbrechlich wie Glas, aber doch Kraftvoll wie tausend Sirenen. Spätestens beim zweiten Song „Glósóli“ staunt man doch, welche Wall of Sound die Band nur mit Bass, Schlagzeug, Piano und natürlich Jónsi’s Gitarre erzeugen kann. Natürlich merkt man das bei ihm besonders wenn er sie mit dem Cello-Bogen spielt. Da entlockt er ihr Töne, die nicht von dieser Welt sind.
Ansonsten sind Sigur Rós mit ihrem neuen Album Með Suð í Eyrum Við Spilum Endalaust in der Realittät langsam angekommen. Das merkt man auch auf dieser Tour. Nichts mehr mit Spielen hinter der Schattenwand, wie früher. Keine introspektiven Videoprojektionen, wenig Tamm-Tamm. Die Band und ihre Musik steht erstmals für sich, die Band wirkt nahbar, der Sound trotz seiner Größe erstmals greifbar und intim. Es wird sogar auf der Bühne gelächelt. Die stimmungsvolle Lichtshow mit den Lampions, die über der Band schweben, tut ihr übriges.
Das Publikum haben sie vom ersten Ton an. Von da an ist pure Euphorie angesagt. Aber intelligente. Während der Songs verharrt das Publkium in andächtigem Schweigen, was man besonders bei den Momenten hört, wenn die Band für einige Sekunden stille in ihre Songs einbaut. Stille auch im Publikum! Doch sobald die Songs vorbei sind beginnt ein ohrenbetäubender Lärm, ein frenetischer Jubel, den ich so in der Form auf einem Konzert bisher selten gehört habe. Wenn es eine Möglichkeit gibt, ein Konzert noch bewegender zu machen, dann so. Ansonsten spielen sich Sigur Rós munter durch ihr bisheriges Repertoire. Die neuen, entschlackten und sehr eingängigen Nummer des aktuellen Albums wirken da etwas wie Fremdkörper. Die neue Single „Inní Mér Syngur Vitleysingur“ ist der beste Song, den Coldplay nie geschrieben haben und einen so hoffnungsvollen Song wie „Við Spilum Endalaust“ erwartet man gar nicht. Die neue Stärke der Band ist ihre entdeckte Leichtigkeit, ihre Hinwendung zum Pop. Das allerdings mit allerhöchster Klasse und Erhabenheit. Vermutlich sind es solche Songs, die der Band in Zukunft endlich das große Publikum beschaffen wird, auf das sie so lang hinarbeiten. Aber das ist okay und gut so. Sie haben es sich verdient. Richtig beeindruckend sind allerdings immer noch die lauten, brachialen Momente, wie das unglaubliche „Sæglópur“ oder das alte, aber immer noch gute „Hafsól“. Man ist beeindruckt, wird erschlagen von Eindrücken und Emotionen. Die Band ist, wiedermal, in Höchstform. Und als sie ihr „Disco-Lied“ „Gobbledigook“ anstimmen, färben sich die Lampions in allen Farben des Regenbogens, die Menschen klatschen mit und Konfetti regnet vom Himmel. Spätestens hier zeigt sich dem letzten Zweifler, dass Sigur Rós keine primär depressive suizidfördernde Kapelle ist, sondern ein breites Spektrum an Emotionen und Melodien. Ein wunderbarer Moment. Ein Strahlen auf den Gesichtern von Band und Publikum. Der Jubel danach ist noch größer. Für eine Zugabe kommt die Band noch auf die Bühne. „Popplagið“, der letzte Song ihres „( )“-Albums (leider auch der einzige an diesem Abend davon) ist ein episches Monster, durch alle Stimmungslagen. In weit über 10 Minuten feuert die Band alles ab, spielt sich in einen Rausch und hinterlässt das Publikum am Ende staunend und applaudierend. Das war’s! Danach kann nichts mehr kommen. Muss auch nicht. Die Masse hört nicht auf mit jublen, verlangt nach mehr, aber die Band gibt nichts. Sie kommt noch mehrmals raus und verbeugt sich. Aber ganz realistisch. Sie hätten eh noch Stunden weiterspielen können. Wenn’s am schönsten ist, soll man aufhören. Das trifft natürlich nicht auf ein Sigur Rós Konzert zu, denn diese Band macht durchgängig hochwertige Musik. Ich habe lange kein so wunderschönes Konzert mehr erleben dürfen. Da kommt einem all die Musik auf dem Highfield Festival, auf dem ich kurz zuvor noch war, auf einmal unglaublich minderwertig und schlecht vor. Sigur Rós kann man sich nicht immer geben, das ist klar, aber wenn man dies tut, dann öffnet einem die Band Augen und Ohren. Es war uns ist vermutlich die schönste Musik, die momentan von irgendeiner Band irgendwie und irgendwo auf dieser Welt gespielt wird. Musik ist eine universelle Sprache und keine Band, wie diese versteht es, diese Sprache so eingängig zu sprechen, dass sie auch wirklich jeder versteht. Der Triumphzug von Sigur Rós wird nach diesem Abend zweifelsohne anhalten und hoffentlich noch mehr Menschen erfassen. Das wäre sicher nicht das Schlechteste für die Welt.

Setlist: 01 Svefn-g-Englar 02 Glósóli 03 Fljótavik 04 Ny Batteri 05 Við Spilum Endalaust 06 Hoppípolla 07 Með Blóðnasir 08 Festival 09 Heysátan 10 Sæglópur 11 Inní Mér Syngur Vitleysingur 12 Hafsól 13 Gobbledigook 14 Popplagið

Dienstag, 19. August 2008

Gegen den Fruuuuuuust . . .

Wie ist eigentlich das Highfield Festival so? Laut, voll und irgendwie Rock’n Roll. Kann man sich geben, muss man nicht. Es folgen wiedermal detaillierte Eindrücke vom vergangenen Wochenende.

Es ist zwar das Uncoolste der Welt, bei der Rezension eines Rockfestivals mit einem Zitat von Neil Tennant, seines Zeichens eine singende Hälfte der extrem uncoolen Popband Pet Shop Boys, anzufangen, aber ich mach das jetzt mal einfach und kack auf die Coolness. Jener Herr Tennant hat vor Jahren nämlich mal einen Song geschrieben, welcher „How I Learned To Hate Rock’n Roll“ heiß. Eine etwas unscheinbare B-Seite mit etwas unscheinbarem 08/15 Disco-Beat. Aber darin besingt Mr. Tennant in wenigen Worten, weshalb er mit dem klassischen Rock’n Roll wenig bis nichts anfangen kann. „Everybody does what everybody does“ ist da ein Zitat. Daran musste ich auch irgendwie vergangenes Wochenende denken, denn normale Rockmusik tendiert, zumindest mich gelegentlich, zur Langenweile. Gut soweit. Warum also aufs Highfield fahren, wenn da mit den Beatsteaks, den omnipräsenten Die Ärzte (ja, das ist laut Band grammatikalisch richtig), den Hives und allerhand diversen klassischen Punk, US-Rock, Ska Geschichten massenweise Vertreter vorhanden sind? Nun, weil’s am Ende irgendwie doch Spass macht. So simpel ist die Antwort irgendwie. Und warum sollte man Rockmusik hassen, wenn sie doch eigentlich Spass macht? Aber fangen wir mal am Anfang an.

Nach der durchregneten ersten Hälfte des Freitags musste man sich ja bereits Sorgen um Glastonbury-ähnliche Zustände machen, doch ab 17 Uhr oder so ging es. Von da an sollte es keinen Regen auf dem diesjährigen Highfield geben. Die nächsten Tage folgte dann sogar noch ein anständiger Schwung Sonne und warme Temperaturen. In Sachen Wetter schon mal wenig Beschwerden. Die Organisation... na ja, was will man erwarten, wenn man 25.000 Leute auf ein Gelände loslässt, was bei Weitem nicht für diese Kapazitäten ausgerüstet ist? Da wird’s eng und da sind die Ordner nun mal überfordert. So wirken die Märsche von und zum Festivalgelände schon mal wie halbe Völkerwanderungen. Aber ma gut, wer auch so „clever“ ist, mit den Beatsteaks und den Ärzten aus Berliiiiiiiiiinnn die zwei massenkompatibelsten Rockbands Deutschlands auf ein Festival zu holen, der darf sich nicht über die Masse an Geistern beschwerren, die man rief. Oder über die Art der Geister. Das die Ärzte jede Bevölkerungs- und Bildungsschicht ansprechen ist sicher beeindruckend, führt aber auch dazu, dass das man sich das Festivalgelände nicht nur mit den klassischen Rockern und Indies teilen muss, sondern auch mit Dorfdeppen und Teenies, die gern mal rumpöbeln und sich freuen, dass einmal im Jahr was in der Provinz los ist. Die wird es immer geben und vermutlich gab’s die auch schon immer. Aber irgendwie hab ich noch nie ein Festival erlebt, wo so viel Leute anwesend waren, denen es nicht um die Musik geht, sondern um Bier, Party und postpubertäre Blödeleien. Ich meine, dafür bin ich auch zu haben, aber primär will ich die Musik und die Bands erleben und mich nicht auf’m Zeltplatz vollaufen lassen, um anschließend vielleicht, wenn man es noch schafft, wenigstens den letzten Act zu sehen. Na ja, aber im warsten Sinne des Wortes halt jedem sein Bier.

Den ersten Act, den ich sehen sollte, waren The Subways, die sowohl für mich als sicher auch für Mr. Tennant alle Klischees in Sachen Rockmusik verkörpern, die es so gibt. Die Texte sind einfach bis belanglos, die Musik war schon 1000mal da und vermutlich 600mal besser. Ja, macht Stimmung, ist aber irgendwie nach 3 Songs langweilig. Da hilft auch die gefühlte 20min Version von „Rock’n Roll Queen“ nicht weiter. Für viele sicher ein Highlight, für mich eher nichtssagend. Gefreut hätte ich mich auf die Black Kids, die leider abgesagt hatten, was sehr traurig ist. Gut, da hätte es jede Ersatzband halbwegs schwer gehabt. Aber Red Light Company haben ihren Job, trotz recht unattraktivem Frontmann, sehr gut gemacht. Irgendwo zwischen US-Collegerock und den Editors. Gefiel mir, hatte viele schöne Momente. Von denen gab es im Anschluss bei den wundervollen Yeasayer noch viel mehr. Was für eine Freude, dieser tollen, innovativen Kapelle zuzuhören, die keine Angst vor dem Pop, 80er Jahre Einflüssen, Weltmusik und diversen Frickelaktionen hat. Für mich der entspannte Beweis, dass auch musikalische Innovation durchaus noch einen Platz auf so nem Rockfestival hat. Eine positive Neuentdeckung, die ihr euch alle auf jeden Fall anhören solltet. Innovation ist doch was gutes. Leider gibt’s sowas meist nur auf kleinen Bühnen, wie hier dem Zelt, aber na gut. Das lange Warten auf We Are Scientists im Anschluss (es gab wohl technische Probleme) hatte sich dann auch nicht wirklich gelohnt. Die lockten zwar jede Menge Menschen ins Zelt (wer lässt die denn da auftreten?), haben mich aber wieder mal dran erinnert, warum sie wohl auch nur ein kleiner, unscheinbarer Klecks in der Indierock-Geschichte bleiben werden. 2,3 Hits, die alle wollen und mögen und die auch richtig gut sind, aber der Rest bietet nix, was irgendwie irgendwo hängen bleibt. Laaangweilig! Also raus aus’m Zelt, Luft schnappen und anschließend auf der Hauptbühne noch Teile der Sportfreunde Stiller mitnehmen. Man kann denen ja viel vorwerfen. Besonders, dass sie ihren Zenit vermutlich überschritten haben und die meisten ihrer Hits mittlerweile, zumindest mir, echt zum Hals rausrängen. Aber gut, das ist meine persönliche musikalische Geschmacksentwicklung. Aber, eins muss man denen lassen. Sie sind so unglaublich, nett, sympathisch und beherrschen die Publikumsunterhaltung so sehr, dass man sie am Ende doch irgendwie mögen muss. Diesen Ruf der netten Vollsympathen werden sie eh nicht mehr los, aus der Nummer kommen sie auch nicht mehr raus, also ziehen sie diese auf die netteste Art und Weise durch. Gut, Respekt dafür. Dennoch waren die Sportis mir zu diesem Zeitpunkt schon relativ egal. Denn für mich gab’s nur noch einen Gedanken: Bloc Party!
Ja, das wird niemanden überraschen: Bloc Party sind der Hauptgrund meines Besuches. Eine meiner liebsten Bands, bei welcher ich nie müde werde zu erwähnen, wie famos sie sind. Wenn es eine Band gibt, die ihren Blick immer nach vorn richtet, dann diese. Das hebt sie auch nachweislich deutlich von all den anderen gehypten Bands ab, die zum selben Zeitpunkt, wie Bloc Party aufkamen. Bester Beweis: das neue Album „Intimacy“, welches spontan mal in 3 Tagen veröffentlich wird. Und die erste Single „Mercury“, die auch die Performance eröffnet. Da staunt man nicht schlecht, als Sänger Kele seine Vocals sampelt, Matt Tong gewohnt abgehackt das Schlagzeug bedient und das ganze eher elektronisch wirkt. Die darauffolgende Stunde feuert die Band alle bekannten Hits ab. Die Euphorie bei „Banquet“, „The Prayer“ oder „Song For Clay“ ist groß, zumindest vorn in der 3. Reihe, wo ich mich herumquetschte. Kele war gut drauf, grinste wie ein Honigkuchenpferd und wirkte wieder mal herzallerliebst. Nen neuen Song gab’s auch und „Flux“ wird mal mit nem Prince-Cover eingeleitet. Am Ende dürfen alle bei „Helicopter“ ausflippen. Einmal mehr hat diese Band bewiesen, dass sich Intelligenz und Anspruch mit Energie live verknüpfen lässt. Da können sich alle Bands mal ne Scheibe von abschneiden. Die Killers, der Hauptact des ersten Abends, sowieso. Ob deren musikalisches Verfallsdatum schon abgelaufen ist, wird dann vermutlich erst das dritte Album zeigen, von dem die Band noch nicht viel gezeigt hab. Primär gab’s Hits der ersten zwei Alben. Mit „For Reasons Unknown“ geht’s los, „Somebody Told Me“ folgt kurze Zeit später. Der Song wirkt live überraschend dünn und verhindert somit kollektives Ausflippen. Generell springt der Funke am Abend maximal bei „When You Were Young“ und dem unvermeidlichen „Mr. Brightside“ über. Das kennt selbst der letzte Depp, da kann selbst der letzte mitmachen. Ansonsten merke ich mal wieder, wieviel besser die Songs des 2004er Debüts „Hot Fuss“ sind. Das sind auch die Songs, die besser ankommen. Zu dem miesen Joy Division Cover sag ich mal nix. Da nervt auf Platte und live möchte man am liebsten, das Peter Hook auf die Bühne kommt und die Band verhaut. Ansonsten gibt sich die Band wortkarg, posend, aalglatt und Brandon Flowers zeigt sein beeindruckendes Repertoire an Morrissey-Gedächtnis-Gesten. Schön, dass es zur Zugabe noch das wundervolle „Jenny Was a Friend of Mine“ gab. Bei ihrem letzten, und sowieso bestem Song, „All These Things That I’ve Done“ hätte man sich ein kollektives Ausflippen und Mitsingen gewünscht, aber irgendwie zog sich der durchwaschene Eindruck auch durch diesen Song durch. Den Killers und besonders deren Geldbeutel dürfte das egal gewesen sein. Mir auch. Schön, sie mal live gesehen zu haben. Mal sehen, was sie aus ihrem Stadionrockpotential so in Zukunft machen. Für mich persönlich hatte sich der erste Abend dennoch gelohnt. Der Rest wird dann als Bonus mitgenommen.

So auch am darauffolgenden Samstag. Da die Sonne schien und die nächsten 2 Tage dem klassischen Rock’n Roll gefrohnt werden sollte, hatte ich beschlossen, wie all die anderen Menschen mal um 9 Uhr morgens mit Trinken anzufangen. Und das hab ich sogar, soviel seit gesagt, bis um 10 abends durchgehalten. Vielleicht sind die folgenden Eindrücke deshalb verfälscht. Z.B. Gorgol Bordello, die mich wirklich sehr überrascht haben. Dabei kann ich mit dieser seltsamen Zigeunermusik eigentlich wenig anfangen. Lag’s also am Hochprozentigen in meinen Adern? Nicht unbedingt. Viel mehr spielte da eine bunte Truppe, denen man in jeder Minute ihre Spielfreude anmerkte. Gogol Bordello leben für die Musik. Egal, ob der durchgeknallte Frontmann Eugene Hütz, die verrückten Background-Asia-Tänzerinnen oder dieser steinalte Typ an der Geige... diese Menschen lieben und leben ihre Songs und sowas mag ich immer. Wirkte alles etwas, wie Beirut auf Speed, aber es war so lustig und so nett anzuschauen. Wer da still stehend bleibt, hat von Musik keine Ahnung. Positive Überraschung. Lustig anzuschauen waren dann auch The (International) Noise Conspiracy aus Schweden, deren 60er-Power-Gitarrenrock zwar sowas von gewöhnlich war, aber die mit Dennis Lyxzén eine unverschämt gute Frontsau haben. Generell beherrscht diese Band das Posen an den Instrumenten mindestens so gut, wie ihre Landsmänner von den Hives. Vorteil ist: sie nerven nicht so schnell und die haben was zu sagen. Dannach gings, nach einer kleinen Pause, Deutsch weiter mit Kettcar, die erwartungsgemäß mit Intelligenz protzen, was an diesem Wochenende wirklich immer angenhm war. Der Marcus Wiebusch ist aber auch eine nette Type. Und wenn man dann noch Bela B. für nen Song mit auf die Bühne holt, hat man so ein Publikum eh auf seiner Seite. Ich muss mich langsam echtmal mit deren Musik besser befassen.
Mit der Musik von The Hives die anschließend spielen will ich mich lieber nicht (mehr) befassen. Diese Band lässt sich in nur einem Wort zusammen fassen: Nervig! Sicher, die „Wir-sind-viel-besser-als-all-die-andere-Bands-und-posen-die-ganze-Zeit“-Nummer war anfangs lustig, die Selbstüberschätzung sicher voller Ironie und die Anzüge gut ausgewählt. Aber das war vor 7 Jahren oder so. Mitterweile machen die Hives immer noch den gleichen 08/15-Schrammelrock. Jedes Lied klingt, wie das vorgehende und Sänger Pelle Almquist nervt nach dem x-ten „Are you reeeeeeeeeeeeeeeady?“ einfach nur noch. Die Hives sind wie ein Witz, der immer unlustiger wird, desto öfter man ihn erzählt. Aber einfache Gemüter lachen natürlich immer mal wieder gern, besonders nach ein paar Bier über den gleichen Gag. So auch dieses Mal. Die Masse tobt, weil die Hives ihnen das gibt, was sie hören wollen. Vielleicht bin ich einfach nur Fehl am Platz. Ne sonderlich gute Live-Band sind die Hives nicht, aber sie werden die nächsten Jahre sicher noch zur Genüge über alle möglichen Festivals tingeln und zum Mitgröhlen animieren. Pfff, sollen sie doch.
Das man einen Witz immer und immer wieder erzählen kann, ohne das er langweilig wird und dass man sogar noch jede Menge neue Gags dazudichten kann, das beweisen im Anschluss die Headliner des Festivals. Die Ärzte! Die brauchen keine Ankündigung mehr, die brauchen vor allem keine Kritik mehr. Die erfolgreichste Band des Landes hat sich längst in eine kritiklose Grauzone bewegt. Man kann sie einfach nicht nicht mögen! Was leider auch der Grund ist, das mittlerweile wirklich jeder Mensch in Deutschland die Ärzte hört. Vom Intellektuellen, über den Dorf-Disco-Proll, über ganze Familien, Altrocker und Teenies... alle lieben die Ärzte und vor allem: wenn sie rufen, dann kommen auch alle. Dementsrpechend quoll das Gelände während ihres Auftritts auch leicht aus den Nähten. Na ja, was will man machen. Mitmachen, vielleicht? Geht auch nicht anders. Denn zum einen hat die Band nachüber einem Vierteljahrhundert eine beachtliche Anzahl an Hits vereint, die in den 2 Stunden nur angerissen wurde, und zum Anderen sind sie einfach großartige Entertainer. Da stehen diese drei lustige Herren Mitte 40 und schaukeln sich gegenseitig immer wieder zu neuen humoristischen Absurditäten hoch. Improvisationen zu den Themen Ficken und Bullensperma natürlich inklusive. Ihre Improvisation während „Deine Freundin“ mit dem Sprechchor „Pflegeleicht, Kuschelweich, und niedlich. Oooh!“ sollte zum geflügelten Wort des Festivals werden, genauso wie die Umbenennung der Band in „Hubschrauber“ (aus Berliiin). Der Small-Talk zwischen den Songs hat aus meiner Sicht eh fast mehr Unterhaltungswert als viele der abgedroschenen Hits, wie „Westerland“ oder „Zu Spät“. Aber egal, was will man machen. „Es sind die Ärzte!“ Das Argument zieht immer. Eine Band voller Spass und sogar Intelligenz. Vermutlich intelligenter als ein Großteil der Leute, die sie hören. Aber na gut, vermutlich haben sie das auch schon längst gerafft. Schön, sie mal wieder gesehen zu haben. Immer wieder ein kurzweiliges Vergnügen. Mein Dank gebührt Stephan von „Viva Con Aqua“, neben dessen Pfandtonne ich es mir dabei bequem machte und der mir große Teile seines Cola-Mixgetränks angeboten hat. Du bist mein Held!

Aufgrund kontinuierlichen Alkoholkonsums am Vortag, beschloss ich es am Sonntag etwas ruhiger angehen zu lassen. Man schlafft irgendwie ab nach ner Weile. Auch intellektuell passt man sich schnell an und ertappt sich auf einmal dabei, wie man laut pöbelt und Sprechchöre anstimmt. Solange es friedlich bleibt, macht das auch irgendwie Spass. Ich meine, man ist fernab der Zivilisation und ernährt sich hauptsächlich von Bier und Toast. Körperhygiene ist auch so ein Grenzthema. Da kehrt der Mensch gern mal zu den persönlichen Urinstinkten zurück. Ganz so schlimm, war’s bei mir nicht, aber immerhin machte sich ne gewisse Entspannung breit. Das geringe musikalische Niveau wurde dann nachmittags mit Less Than Jake erfüllt, die lustig auf der Bühne rumsprangen, aber ansonsten einfach langweiligen Ska-Punk machen, einem Genre, mit dem ich nie irgendwas anfangen werden kann. Die hätten auch die ganze Zeit ein Lied spielen können. Ich hätt’s eh nicht gemerkt. Hat irgendwie auch genervt, aber dem Publikum hat’s gefallen. Anschließend spielten Madsen und die nerven sowieso nicht. Maximal ihre Texte. Die haben den unglaublichen Vorteil, dass man sie mitsingen kann, auch wenn man sie nicht kennt. Dazu sind die Reime und Wendungen zu vorhersehbar. Doch, wirklich! Probiert das aus, Germanistik-Studenten! Klar, Madsen dreschen Floskeln ohne Ende und ihre Musik entspricht mal so ungefähr dem belanglosesten, was es in Sachen Rockmusik so gibt. Warum also anschauen? Weil der gute Spruch „Live sind die viel besser, als wie auf Platte“ bei kaum einer Band so passt, wie bei Madsen. Wirklich! Ich find die auf Platte auch nichtssagend, aber Live... meine Fresse. Jedes Mal auf’s Neue. Auf der Campus Invasion dieses Jahr wurde ich überzeugt und diesmal wurde ich darin bestätigt. Man macht mit, man schreit mit. Vielleicht mein überzeugenster Rock’n Roll Moment am ganzen Wochenende. Keine Ahnung, wie sie das machen und was sie da machen, aber die machen das gut. Kann man kritisieren, oder sich halt drauf einlassen. Allein, wenn sie am Ende in „Nachtbaden“ gegen den Frust ansingen, versteht man das vielleicht. Nachdem ich es am Samstag zeitlich einfach nicht ins Zelt geschafft hatte (Tur mir leid, I Am Kloot) verirrte ich mich gleich im Anschluss wieder hinein, wo gerade die feisten Blood Red Shoes aufspielten. Ein Duo, direkt wie aus dem Indie-Katalog. Mädchen mit Pony im Kleidchen an der Gitarre schreiend, während der Skinny Indie-Boy am Schlagzeug trommelt. Klingt ein wenig wie die Kills oder Gossip und hat durchaus ordentlich Schmackes. Viel mitbekommen hab ich davon aber nicht mehr. Lag auch nicht am Alkohol. Von Anfang an dabei war ich dann aber im Anschluss bei den famosen Slut aus Ingolstadt, vermutlich die beste Band die wir zur Zeit im Land haben. Das sie im Zelt spielen spricht für sie und gegen Deutschland. Mit „StillNo1“ hat man ein hervorragendes Album im Schlepptau und konnte so nun den letzten Termin der Festivalsommertour feiern. Und was für eine Feier, die das war. Der Applaus wurde von Song zu Song lauter, was sich sichtlich gut auf die Band auswirkte. Das Set begann zuerst mit ner gehörigen Stange Songs vom Album, bevor man all die kleinen Indie-Hits auspackte, welche sich über die Jahre so angesammelt haben. „Easy To Love“, „All We Need Is Silence“ und besonders „Why-Pourquoi?” sorgten für Stimmung und Action in den forderen Reihen. Sogar ihr Dreigroschenoperbeitrag über Mackie Messer passte da gut rein. Als man den Abend dann mit dem postrockigen „Failed On You“ beendete war der Jubel perfekt. Sänger Chris grinste wie ein Honigkuchenpferd und die kleine Masse im Zelt wollte die Zugabe, die leider nie kam. Schade eigentlich, aber das ist halt das Problem an so nem Festival. Eigentlich ein wirklich schöner Abschluss von allem, zumal meine Kraftreserven sich dann auch langsam dem Ende neigten. Na ja, wenn da nicht noch die Beatsteaks gewesen wären, die das Festival beenden sollten. Da habe ich mich allerdings mal bewusst gegen die Mittendrin-Situation und für eine Betrachtung von weiter hinten entschieden. Das war okay. Da hatte man wenigstens genug Platz zum Tanzen und Springen, was wohl weiter vorn nicht wirklich möglich gewesen ist. Das die Beatsteaks live ne Macht sind müssen wir eh nicht mehr erwähnen. Auch diesmal haben sie volle Register gezogen. Spass hatten sie auch und Grinsebacke Arnim peitschte als hervorragender Showmaster die Meute immer wieder aufs Neue an. Sprechchöre, Laola’s und all der Kram sind da nur die leichten Geschütze. Witzig wird’s immer, wenn Herr Teuteborg-Weiß zum DJ-Pult geht und dort alte Hip Hop Klassiker oder so was einlegt. Da vergisst dann auch der letzte so harte Rocker seine musikalischen Grenzen. Warum die Beatbulletten im Gegensatz zu den Ärzten jetzt nur knapp anderthalb Stunde (und da haben sie schon überzogen) spielen duften, versteht sowieso keiner. Sowohl Band, als auch Publikum sah man an, dass sie mehr wollten. So markierte eine sehr geile, weil sehr lange Version von „Let Me In“ den Endpunkt des Highfield-Festivals. Und wenn die Beatsteaks es schaffen alle Männer im vorderen Bereich zum Shirtausziehen und Hinhocken zu bewegen, dann macht man dem selbsternannten Titel der besten Band des Universums schon alle Ehre. Einmal mehr treten die Beatsteaks in die Fußstapfen ihrer Ziehväter, der Ärzte, und sind langsam auf dem Sprung, sie in Rente zu schicken. Das war schon heftig! Ein heftiges Ende! Danach war das Highfield 2008 vorbei. Also, musikalisch. Auf dem Zeltplatz gab’s dann leider noch die üblichen Krawalle und Zeltanzündereien von irgendwelchen Idioten. Wir hatten Glück, aber es gab sicher Leute, denen hat das den Gesamteindruck vermiest.

Was bleibt für ein Gesamteindruck? Rock’n Roll ist irgendwie immer noch der gleiche, wie vor 30 Jahren. Die Fans sind stellenweise etwas dümmer geworden, aber prinzipiell gibt es da sicher nicht viel Unterschied. Ein Rock Festival wird immer ein Rockfestival bleiben, d.h. musikalischen Anspruch findet man da sicher auch, aber primär ist das nicht das, worum es geht. Es geht darum, eine gute Zeit zu haben, Live-Musik zu erleben und naürlich dem Alltag zu entkommen. Für ein Wochenende entfliehen alle mal dem täglichen Fruuuuuuust von Schule, Familie und Beruf und sind Rockstars, bzw. wären gern welche. Und sowas ist auch vollkommen okay, weil es die menschliche Natur gibt. Genauso wie es die menschliche Natur ist, dass einige einfach nicht mehr klar denken können oder sich zu sehr von der Realität verabschieden. Und wenn andere mit reingezogen werden, wird’s dann halt nervig. Bei solchen Festivals geht’s nicht primär um die Musik, sondern um das Lebensgefühl und was weiß ich. Ihr kennt das ja. Rock’n Roll und so. Leute, wie meine Wenigkeit, die primär die Musik lieben, werden damit immer ein Problem haben und immer in der Außenseiterrolle sein. Was man dagegen machen kann? Entweder solche Festivals vermeiden oder versuchen das Beste draus zu machen, am besten mit netten Leuten und Freunden, mit denen man da ist und vor allem tolerant sein, auch wenns manchmal schwer fällt. Wenn das alle einhalten, dann kann es eine gute Zeit werden und im Prinzip war es das auch. Da hab ich schon Schlimmeres erlebt, aber vielleicht hatte ich auch Glück. Wenn man nicht viel erwartet, wird man auch nicht unbedingt enttäuscht. Das Highfield punktet mit einer guten Location und an sich ganz netter Atmo, sollte aber nächstes Jahr vielleicht trotz erstmaliger Ausverkauftheit versuchen, die Kapazitäten wieder etwas einzuschränken oder ggf. anzupassen bzw. vielleicht die Qualität etwas zu steigern. Dann komm ich vielleicht sogar nochmal wieder. Klingt doch nach einem fairen Deal, oder Highfield?

PS: Die Fotos sind von der Seite der TLZ. Ich sach jetzt mal Danke fürs Knipsen! Lest alle TLZ! Also, falls ihr könnt. ;-)

Samstag, 9. August 2008

Romantische Melancholiker unter sich

Die irische Songwriterein Wallis Bird und das deutsche Indie-Wunderkind Get Well Soon geben sich die Ehre bei der Jenaer Kulturarena.

Und so was lässt man sich ja nicht entgehen, wenn man schon mal in Jena wohnt und gute Musik da eher selten vorbeischaut. Doch bei diesem Doppelpack kann man nicht „Nein“ sagen, obwohl ich nur 50% kenne. Egal. Schauen wir also mal vorbei.
Der sonnige Spätsommerabend hatte sich langsam in eine etwas kühlere Dämmerung verwandelt, als kurz nach 20 Uhr, die quirlige irische Blondine, namens Wallis Bird die Bühne am Jenaer Theaterhaus betritt. „Quirlig“ ist sicher das Adjektiv, welches die junge Dame am treffendsten beschreibt. Quirlig und gut gelaunt. Mit entwaffnetem Lächeln und Akustikgitarre, sowie noch zwei Mitmusikern bewaffnet erstürmt die junge Dame die Bühne und fängt sofort an das Publikum für sich zu gewinnen. Warum auch nicht? Bei so sympathischem Auftreten und so netten, kleinen Folksongs ist das ja auch nicht verkehrt. Den Sound den Wallis Bird macht, kann man nämlich durchaus als typischen Singer/Songwriter-Sound bezeichnen, wenn auch mit deutlichem Pop-Anschlag und erhöhtem Mitsingpotential. Davon will die junge Dame gern auch Gebrauch haben, doch das Jenaer Publikum tut sich relativ schwer. Vielleicht etwas zu viel gute Laune für einen Abend der im Programmheft als gediegene, romantische Melancholie angekündigt wird? Vielleicht. Doch davon lässt sich das lustige Hippie-Kind nicht unterkriegen. Auch nachdem die Gitarrenseiten immer mal wieder reißen, wird einfach „Scheiße“ gesagt (gute, bilinguale Erziehung) und weitergemacht. Und irgendwann springt der Funke dann doch über. Dann klatschen alle mit, die ersten, unbestuhlten Reihen tanzen und das kleine irische Vögelchen initiiert Laola-Wellen am Fließband. Die Songs schwanken zwischen heiter-fröhlich und leicht-melancholisch. Am Ende gibt’s Applaus und Wallis Bird hat sicher viele Fans an diesem Abend für sich gewonnen. Sympathie und Eingängigkeit sei Dank. So verabschiedet sie sich Flick-Flacks-schlagend und mit breitem Grinsen von der Bühne und überlässt das Feld ihrem Kollegen Konstantin Gropper mitsamt seiner Begleitband.
Das Gropper aka Get Well Soon nicht die Entertainerqualitäten von Mrs. Bird besitzt ist mir persönlich spätestens seit dem MELT! Auftritt von ein paar Wochen klar. Aber was soll er da auch großartig entertainen, denn seine Musik ist ja kein netter Singsang oder Heile-Welt-Musik, sondern die gelebte Melancholie und Weltschmerz erster Güter. Und auch über ein halbes Jahr nach seiner Veröffentlichung haben die Songs des Debüts „Rest Now, Weary Head, You Will Get Well Soon“ nichts von ihrer Eindringlichkeit, Intensität und ihrer Kraft verloren. Um diese auch umzusetzen, hat Gropper um sich eine schöne Schar an Mitmusikern versammelt, die dabei helfen, seine musikalische Vision live umzusetzen. Und was für Visionen. Der Einstieg mit dem „Prelude“ ist perfekt und dann folgen all diese tollen Songs, das traurige „Help To Prevent Forest Fires“, das rotzige „If This Head Is Missing…“ oder das epische und wieder einmal alles überstrahlende „I Sold My Hands For Food, So Please Feed Me“. Und „Tick! Tack! Goes My Automatic Heart“ beginnt sogar akkustisch. Dazwischen gibt’s auch den ein oder anderen neuen Song, bei welchen man merkt, dass Gropper sie nun mit der Band einspielt und dass das Livespielen mit eben dieser Band auf seine Songs abfärbt. Da darf man für Album Nr. 2 (für das er sich hoffentlich nicht auch 4 Jahre Zeit lässt) neben den gefühlvollen Songs sicher auch auf das ein oder andere rockende Brett freuen. Leider gab’s schon wieder kein „Christmas in Adventure Parks“ und auch „Witches! Witches!“ fehlte. Vermutlich mangelt’s da live noch an den Streichern. Es sei ihm verziehen. Ansonsten wurde der Applaus von Song zu Song größer, auch ohne Publikumsmotivation. Ein „Vielen Dank“ nach jedem Song und ansonsten netter Konzertsmalltalk über Wetter und Stadtimpressionen und so weiter und sofort. Gropper lässt lieber die Musik sprechen und hat damit am Ende einfach die schlagenden Argumente auf seiner Seite. „Rest Now, Weary Head, You Will Get Well Soon“ bleibt nach wie vor eines der besten Alben des Jahres und muss sich international vor niemandem verstecken. Es bleibt natürlich immer die Sorge, dass Gropper diese Qualität nicht mehr toppen kann, aber darüber gilt es sich erstmal keine Sorgen zu machen. 2008 gehört erstmal ganz klar dem kleinen Mann mit der Emo-Frisur. Und am gestrigen Abend haben das vermutlich auch die Besucher aus Jena begriffen. Und damit hat sich das Konzert doch auf jeden Fall gelohnt.

Wallis Bird @ MySpace

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