Ausgehen
Nun sind bereits 2 Wochen seit dem großen Finale des MELT!-Festivals ins Land gegangen und das Gefühl schwanger von Euphorie und Glückseligkeit zu sein, ist nachhaltig immer noch zu spüren. Wie rhododendron schon richtig ankündigte, folgt nun meine kleine Ode an Björks Auftritt auf dem MELT!-Festival. Was soll man schon großartig tun, wenn eine der wichtigsten Personen der Musikindustrie nach ganzen 5 Jahren wieder einmal eine deutsche Bühne beehrt? Ganz einfach, hingehen und erstaunt sein. Das dachten sich auch ganz viele andere, weswegen die Haupt-Stage so überfüllt war, wie sie es die ganzen letzten 3 Tage noch nicht war. Dank netter Freunde, die mich mit nach vorne holten, konnte ich sowohl die Battles, Hot Chip als auch das große Spektakel Björk aus der ersten Reihe bestaunen. Nachdem sich Hot Chip mit großen Sound-Problemen herumschlugen, wurde eine halbe Stunde Björks Bühnenbild mit Fahnen, auf denen Frösche, Vögel und andere Tiere zu sehen waren, unter japanischer Walfang-Musik aufgebaut. Meine Aufgeregtheit und Ungläubigkeit darüber gleich Björk leibhaftig vor mir sehen zu können, wuchs mit jeder Sekunde.
Dann war es soweit - das Stampfen und die Trommeln von „Earth Intruders“ erfüllten das Festivalgelände und Björks 10 mit Neonfarbe bemalten isländischen Trompetenmädchen stapften nacheinander auf die Bühne. Allen hinterher Björk selbst. Sie war wirklich da! Die Menge, inklusive mir, war außer sich. Als ginge es nicht perfekter, begleitete sie bei ihrer VOLTA-Tour kein geringerer als Mark Bell von LFO. LFO produzierten beispielweise ihr 1997er Album „Homogenic“, auf welchem sich auch der zweite Song des Abends, „Hunter“, tummelt. Die wummernden Beats, erbebten rücksichtslos die kleinen Herzen des Publikums, ganz besonders auch meines. Und da war er auch wieder! Der „Sprühkäse aus der Dose“, wie es der Musikexpress so schön taufte. Aus Björks Hand schoss plötzlich sehr unerwartet ein weißes Fadennetz, das sie über die ganze rechte Seite der Bühne verteilte. Bei „Immature“ stand Björk von ihren 10 Trompetenmädchen umkreist, schwach bläulich beleuchtet, in der Mitte. Es ergab sich ein märchengleiches Bühnenbild. Auch ihren sanften und weichen Über-Hit „Hyperballad“ packte sie aus ihrer Wunderkiste heraus, ließ ihn eine Weile tanzen um ihn dann in den harten, aggressiven Beats von LFOs „Freak“ ausarten zu lassen. Eine Energiewelle von Björk ausgehend überflutete das Publikum und somit waren alle Strapazen der letzten Tage weggefegt, auch ohne „volle Kanne Einwurf“. Auch der andere Über-Hit „Army of me“ zeigte sich, dem Original trotzdem sehr treu geblieben, in einem neuen wunderhübschen Kleidchen und mit viel Geflitter, welches erst nur Björks Bühne selbst bedecken sollte. Es war ein buntes, perfekt ausgesuchtes Potpourri aus allen Alben. Das neue „Vertebrae by Vertebrae“, sowie auch der 1993er „Anchor Song“ ließen schwärmerisch kurz in der Menge stehen und Kraft tanken, denn die nächsten energiefordernden Tracks wie „Triumph of a Heart“ oder ganz besonders „Pluto“ standen schon wieder in den Startlöchern und verlangten natürlich wieder vollen Springeinsatz. Doch nach „Pluto“ verschwand Björk erst einmal kurz hinter die Bühne und ließ sich noch einmal für eine Zugabe auf die Bühne holen. “Declare Independence“ gab dann als finale Zugabe die letzten Kicks. Irgendwann strömten auch wieder Unmengen an Geflitter, aus, wie ich sie nun taufen werde, „Flitter-Kanonen“, dieses Mal auf das Publikum. War man zuvor noch nicht explodiert, so tat man es jetzt. So ähnlich stelle ich mir Speed vor – nur exklusiv an diesem Abend war Björk mein Speed. Doch ich wusste, die Zeit des Abschieds war Nahe, aber so richtig denken konnte ich trotzdem nicht. Dann, nach diesem großen Knall war sie weg.
Was war da nur los? An diesem Abend war ich dem Glück nicht nur Nahe, ich schwamm in ihm. Ich hatte zwar nur noch wenige Energiereserven, doch hätte es auch die ganze Nacht lang gedauert, ich wäre die ganze Nacht mit Björk zusammen explodiert. Vielen Dank liebe Björk, es war wunderschön. Lass uns irgendwann mal wieder zusammen explodieren!
legomaennchen - 4. Aug, 14:25
Und weiter geht's. Zweite Hälfte des ausführlichen Festivalrückblicks.
Samstag / Teil II - Bratz! Bratz! Bratz!
Sobald es Nacht wird auf dem MELT! entfalten die Kräne mit all ihren Leuchtinstallationen erst ihren wahren Reiz. Diesem besonderen Ambiente verdankt das Festival u.a. seinen besonderen Ruf, den es sich in den letzten Jahren aufgebaut hat. Mit guten Rufen ist es ja meist so, dass sie sehr laut sind und von vielen Menschen gehört werden. So lies sich die Expansion des MELT! dieses Jahr nicht mehr wirklich verheimlichen. Die Tendenz der letzten Jahre wurde auf die Spitze getrieben. Besonders auch in dieser Samstagnacht, als ich mich auf die Suche nach elektronischer Tanzmusik machte, um dem schwachen Franz Ferdinand Auftritt noch etwas zum Abhotten folgen zu lassen. Viele Menschen um mich herum waren wohl mit der gleichen Suche beschäftigt. Also, wohin geht man nun? Erstmal durch die Schlammwüste (ein Königreich für Mutti’s guten alten Rindenmulch) zur Gemini, wo Mr. Oizo ein denkbar krankes Set auflegte. Krank im Sinne von vollkommen verrückter Effekte, grenzwertiger Cuts und totaler Übersteuerung stellenweise. So krank, dass es schon wieder gut war. Na ja, aber vielleicht doch etwas zu laut. Die Beats von Roisin Murphy auf der Hauptbühne waren da gradliniger, aber nicht weniger wummernd. Schicke Show, zu der ich aber nicht lange bleiben konnte. Auf der Gemini wurde der fliegende Wechsel von Oizo zu Labelkollegen DJ Feadz gemacht. Und wegen dem drängten sich kaum so viele Menschen auf die kleine Bühne. Feadz hatte immerhin MySpace-Rave-Szene-Hypegirl Uffie dabei. Was taugt diese Frau mit ihren schlüpfrigen Raps nun eigentlich? Nun, nicht viel. Anfangs saß sie mehr oder weniger gelangweilt hinter Feadz, der seine schnellen Breaks hervorragend zelebrierte. Es wirkte so, als müsste erst der schon sichtlich betrunkene Mr. Oizo die gute hinter dem DJ-Pult hervorzerren und sie zum Rappen zu animieren. Aber irgendwie war da nix zu spüren. Uffie hatte wenig Lust, dafür anscheinend schon viel Chemie im Blut, rappte ihre Hits herunter und das war’s. Klappt sicher in nem kleinen Club gut, nicht bei mehreren hundert Mann. Der Zuschauerraum wurde immer voller, bis zur Unerträglichkeit drängten sich Menschen auf die Bühne. Kapazität erschöpft. Falsch geplant. Der Tropfen, der das Fass der Sinnlosigkeit dieser Performance dann zum Überlaufen brachte war der Auftritt des 90er-Eurodisco-Trashprojekts Technotronic. Was soll der Scheiß? Wer braucht so etwas? Wer braucht unterstes Niveau auf einem früher mal hochkarätigen Musikfestival? Deichkind mögen ja noch in Ordnung gehen, aber das? Wenn das MELT! sich auf eine Stufe mit jeder x-beliebigen Dorfdisko stellt, muss es sich nicht wundern, dass genau dieses Kundenklientel dann zu später Stunde ebenfalls aufs Festivalgelände kam. Ist das MELT! nur noch ne Party ohne Hirn und Verstand? Ich war enttäuscht! Und das, wo doch die Sonne schon langsam am Aufgehen war und wir uns alle auf das spätnächtliche, bzw. frühmorgendliche Abrocken zu Boys Noize freuten. Ja, Boys Noize. Was soll man da noch sagen? Klar, Hirn und Verstand haben hier auch wenig Platz. Dazu ist dieses Feuerwerk an harten Beats, bartzigen, lautem Bass und Synthies einfach zu stumpfsinnig. Das es trotzdem funktioniert stempel ich mal als eine Art Wunder der Musik ab. Denn was die Tanzfläche da bot war eine Ansammlung von allen möglichen Leuten. Hippe Indie-Fashion-Typen neben Disco-Proleten aus dem Dorf nebenan. Dorgies neben zierlichen Indie-Mädels und Nerds mit Brillen. Und alle tanzen 2h durch zu den hämmernden Beats dieses jungen Mannes aus Berlin. Man kann sich dem nicht entziehen. Manche, weil die Drogen und das Red Bull so gut wirken, andere, weil es einfach so packend ist. Wann immer ich nicht mehr konnte, hat Herr Ridha aus Berlin den richtigen Track aufgelegt, dass es weiter gehen musste. Irgendwann war es um 7 und die Sonne stand schon am Himmel, aber keiner wollte aufhören. Als er dann als Zugabe quasi die Original-Version des 91er Prodigy-Hits „Out of Space“ reinlegte gab es kein Halten mehr. Hier war die Zeitreise perfekt. So ähnlich muss das gewesen sein in Hacienda und Co. damals, Ende der 80er. Euphorie und Ekstase in Reinkultur. Besser geht’s nicht. Man kann über all die Spinner auf dem Festival dieses Jahr rummotzen, wie man will, aber dass dieser Mann es schafft, sie alle am Ende zu vereinen und eine solche Stimmung zu erzeugen, das hat schon was. Da werfe ich auch kurzzeitig sämtliche Bedenken und Vorurteile über den Haufen. Kurz nach 7 und der zweiten Zugabe („Sweet Dreams“ von den Eurythmics… wtf?) wird Boys Noize der Strom abgedreht. Sowohl er, als auch das Publikum wollen mehr, aber er darf nich. Schade, Schade, Schade. Zufrieden und erschöpft waren wir aber dennoch. So konnte man mit all den anderen Partywütigen bei strahlender Sonne wieder Richtung Zelt laufen, fest davon überzeugt, dass jetzt der Sommer kommen würde und mit ihm alles automatisch besser wird.
Sonntag – Pille. Palle. Björk für alle.
Da war er nun. Der Sonntag. Neu! Augenscheinlich natürlich nur wegen Island’s Stargast, Björk (immerhin erster Deutschland-Gig nach 5 Jahren) angelegt. Andererseits sicher auch ein Testlauf, ob sich das Konzept 3-Tage-Festival in den nächsten Jahren lohnen würde. Also gab’s vor der isländischen Art-Allzweckwaffe noch ein paar Bands und die Shops und Imbissbuden lies man am besten auch gleich noch mal auf. Man weiß ja nie, ob sich da nicht noch was rausholen lässt. Auf Björk möchte ich übrigens gar nicht eingehen. Das legomännchen war auch vor Ort und er möchte gern eine separate Ode auf die isländische Bardin anstimmen. Darf er hiermit sehr gern! Der Beitrag folgt sicher bald.
Aus den morgendlichen Hoffnungen auf Sommer wurde dann im Laufe des Tages wieder mal nix. Das typische Wolken-Wetter der letzten Tage hatte sich längst wieder eingepegelt. Allerdings ne Sour wärmer. Da uns nach dem Boys Noize Tanzexkurs immer noch die Beine wehtaten und es wenig schlaf gab, verzichteten wir auf Act Nr. 1., die Los Campensinos (oder wie sie auch immer heißen). Allerdings entpuppte sich der zweite Act, zu dem wir es dann noch rechtzeitig schafften als umso größerer Überraschung… Das Synthiepopprojekt Neon Neon (jüngst für den renommierten Mercury Prize nominiert) zog mich mit seinen packenden Popsongs sofort in seinen Bann. Immerhin haben sie mit dem unwiderstehlichen „I Lust You“ einen Hit des Jahres im Gepäck. Und auch der Rest des Albums „Stainless Style“ überzeugte live mit netten Popsongs, inkl. 80er-Synthies und Kuhglocken. Die bescheidene Masse vor der Hauptbühne war ebenfalls sehr angetan. Da wollte auch der Regen lieber die Klappe halten und hielt sich bewusst zurück. Am Ende kamen dann auch noch die Campensinos (oder so, halt) mit auf die Bühne und alle feierten eine kleine, schöne Party der Vorbands. Sehr, sehr angenehm.
Auch Konstantin Gropper ist ein angenehmer Zeitgenosse. Er und sein viel besprochenes Projekt Get Well Soon standen als nächstes auf dem Plan. Gut, Gropper wirkt vor dem Auftritt bierernst, obwohl die Band vorher noch ein paar Gläser Jägermeister hinter der Bühne leert. Doch dann spielt er sie. Die Songs seines Debüts „Rest Now, Weary Head, you Will Get Well Soon“. Eines der besten Alben des Jahres. Das beste, was seit Jahren musikalisch aus diesem ansonsten eher highlightarmen Land kam. Und was das für Songs sind. Voller Kraft, Gefühl und Emotion. Große Kunst. Endlich mal! Ansonsten war diese Thematik ja eher rar auf dem diesjährigen MELT! gesät. Während die meisten Pille-Palle-Druff-Druff-Druff-Drogie’s noch in ihren Zelten schlummerten, zeigte Gropper mit seiner Band, welche Kraft Musik sein kann. Ein Monstrum wie „I sold my hands for food, so please feed me“ baut sich minutenlang auf, um dann am Ende zu explodieren. „If this head is missing…“ groovt sowieso und entwickelt dann, wenn die Band mit Kopfstimme den Refrain anstimmt, sogar unfreiwillige Komik. Auch das Underworld-Cover von „Born Slippy“ passt wohl nirgends so gut hin, wie in dieses Szenario. Die einstige Rave-Party-Hymne als melancholische Ballade. Besser geht’s nicht. Das merkt auch Herr Gropper, dem nun durchaus das ein oder andere Lächeln über die Lippen gleitet. Sehr angenehm. Toller Auftritt, der mir mal wieder vor Augen und Ohren gehalten hat, wie toll denn dieses unglaubliche Album ist. Wir sehen uns bei der Jahresendauswertung. Danach folgten die Battles, deren verrückter Experimentalmix aus Elektro, Rock, Prog und was auch immer sicher ganz nett ist für Menschen, denen so was gefällt, aber ich gehör leider gar nicht dazu. Deshalb ging das so völlig an mir vorbei. Da hab ich mir lieber ne Zuckerwatte gekauft. Beste Vorbereitung für den langerwarteten Zuckerpop von Hot Chip im Anschluss.
Nachdem fulminanten Auftritt zum letzten MELT! und auch einem sehr genialen Sologig, dem ich im März in München beiwohnen durfte, gilt die Band für mich mittlerweile nicht nur als eine der innovativsten Bands überhaupt, sondern auch als eine der besten Livebands überhaupt. Hot Chip brennen live regelmäßig alle Spielstätten ab, in denen sie anwesend sind. Die Messlatte lag also sehr hoch, aber am Ende blieb die Band weit unter ihren Erwartungen zurück. Und da konnte sie am Ende nicht mal irgendwas dafür.
Schuld war dieses MELT! Dieses Massen-MELT! Vermutlich waren sämtliche Techniker Backstage schon mit den Gedanken bei Björk angelangt, denn es hielt anscheinend niemand für notwendig, sich um Hot Chip zu kümmern, deren Bühnenmonitore anscheinend von Anfang an rumsponnen. Besonders Front-Nerd Alexis Taylor hatte damit zu kämpfen, dass er sich nicht hören konnte. Ich glaub, die ganze Band konnte sich nicht richtig hören. Wir sie schon, aber was bringt denen das. Permanentes Nachfragen hinter der Bühne brachte gar nichts. Nach jedem Song verschwand Taylor backstage um sich zu beschweren, aber erst nach ner halben Stunde kam endlich mal jemand, mit dem Ergebnis, dass es am Ende kein Ergebnis gab. Die Band wurde wütend und es folgte das, was man da erwartet. Ein verkürztes Set, eine größtenteils instrumentale Version von „One Pure Thought“, nachdem Taylor gefrustet das Mikro weggeschmissen hat, Planlosigkeit bei Band und Personal. Die Band war sauer, angepisst und so kann kein Funke überspringen. Schon gar nicht bei einem Publikum, welches bei weitem nicht so ausgetickt ist, wie noch 2007 bei dieser Band. Das hätte noch was gerettet, aber anscheinend sind 3 Tage Festival für viele zu viel Party. Ich konnte noch, aber na ja. Mich fragt ja keiner. Auf der Homepage war das MELT! so stolz im Vorfeld, das Hot Chip zum dritten Mal in Folge auf dem Festival spielten. Ja, von Liebe war da sogar die Rede. Diese Beziehung wurde an diesem Abend wohl auf unbestimmte Zeit beendet, durch ein extrem unprofessionelles Auftreten der Techniker. Erwähnt wird dieser peinliche Auftritt natürlich in sämtlichen Lobes-Rückblicken nicht. Was? Hot Chip waren da? Ich denk, es gab nur Björk? Tja, immerhin rettete Björk den Abend dann noch. Aber dazu wird unser Legomann hier auf Nobono bald mehr berichten…
Fazit – Was bleibt.
Insgesamt bleibt ein recht durchwachsenes Fazit meines Lieblingsfestivals übrig. Sicher, die Musik und die Auswahl war gut wie jedes Jahr, das Lineup nahe an der Perfektion. Wenn’s um die Musik geht macht dem MELT! so schnell keiner was vor. Doch zu einem gelungenen Festival gehören dann am Ende einfach noch viele andere Faktoren. Eine chaotische Organisation, schlechte Kommunikation unter dem Personal, Nazi-Ordner, schlechte Informationspolitik und schlechte Planung (noch mal… Whitest Boy Alive in nem Club???) gehören nicht dazu. Auch kann man sich streiten, ob 23.000 Leute gut für’s MELT! sind. Besonders die Leute, die am Ende dabei waren. Ja, gegen hippe Mode-Rave-Kiddies kann man nix machen. Deren Oberflächlichkeit ist subkulturbedingt. War ja schon immer so. Ich persönlich kann auf zugedröhnte Drogis aus England und Dorf-Prolls aus der Umgebung in Zukunft verzichten. „Pille-Palle-Druff-Druff-Druff“ muss doch nicht sein. Das Festival verliert seine Exklusivität, dieses gewisse Etwas, diese Form von Geschmack. Das MELT! braucht keine 90er-Trash-Acts. Wehe sie laden Scooter nächstes Jahr ein. Generell brauch das MELT! weniger von allem. Weniger Gäste, weniger Acts, weniger Bühnen. Oder kleinere Bühnen. Zwar war die Main Stage dieses Jahr größer und anders positioniert, was allerdings das Problem mit sich brachte, dass sich die Menschenmenge, selbst bei Björk, vor der Bühne verlaufen hat und nie annähernd die Stimmung aufkam, welche in den letzten Jahren vor der Hauptbühne aufgekommen ist. Das ist schade. Für’s Festivalbild und für die Bands. Es ist ein abgedroschener Spruch, aber Größe ist nun mal wirklich nicht alles. Das MELT! muss nicht Hurricane und Highfield sein. Es funktioniert auch mit weniger. Am Ende waren es trotzdem 3 sehr schöne Tage, trotz des Wetters und des Chaos. Es bleibt halt ein etwas bitterer Beigeschmack, wenn man es von den letzten Jahren her kannte. Das MELT! steht nun am Scheideweg und man muss schauen, welche Änderungen, die die Veranstalter jetzt schon versprochen haben, nächstes Jahr wirklich zünden werden und welche Acts sie uns dann präsentieren. Bis dahin warte ich einfach noch etwas mit dem Kartenkauf und schaue, was passiert.
rhododendron - 25. Jul, 15:34
Wachsen durch Ambitionen. Das MELT! Festival emanzipiert sich und verliert dadurch viel von seinem Charme. Die Musik war trotzdem wundervoll, wie immer. Eine Bestandsaufnahme vom letzten Wochenende.
Viel geschrieben und gehört man die letzten Tage schon übers diesjährige MELT! Hauptsächlich Kritik und Stimmen, die ihre Unzufriedenheit beklagen. Amateurhafte Organisation, komplette Überfüllung, falsche Planung, furchtbare Kommunikation und schlechtes Personal sind da nur die häufigsten Nennungen. Und dran ist da sicher was. Nostalgische Erinnerungen an die Vergangenheit sind sicher angebracht, sollen aber nicht das sein, womit ich mich primär beschäftigen möchte. Es geht um die Musik! Darum sollte es auf einem Musikfestival gerade primär gehen. Musik und die Wirkung, die sie hat. Wenn das für viele durch Hysterie und vollkommen überhöhten Drogenkonsum definiert wird, dann kann man das ruhig armselig finden, muss es aber am Ende akzeptieren. Meine Eindrücke sind vielseitig und unglaublich detailliert. Deshalb habe ich beschlossen, dass alles zu splitten, um das Lesen angenehmer zu gestalten. So beinhaltet der erste Teil den ganzen Freitag, sowie die Hälfte vom Samstag. Der bald folgende zweite Teil nimmt sich dann den Rest vor und wagt ein Fazit. Die Bilder stammen übrigens von intro.de. Vielen Dank und viel Spass!
Freitag – Alles. Hier. Jetzt.
Pro 3-Tages-Festival gibt es meist einen Tag, an dem der Programmplan hoffnungslos überfüllt ist mit Sachen, die man unbedingt sehen will, aber obgleich der Masse nicht unbedingt schafft zu sehen. Bei mir und dem MELT! war’s der Freitag. Zu viel von allem. Erstmal Umgewöhnung über die neuen Gegebenheiten. Bändchen gab’s diesmal schon eher, kurz hinterm Zeltplatz. Sicher nicht schlecht gedacht, aber ab um 8 muss es da apokalyptische Zustände gegeben haben. Da wir aber von allem etwas mitkriegen wollten, gingen wir schon eher hin und hatten nicht diese Probleme. Dann wurde erstmal das umgestellte Gelände betrachtet. Aha, Gemini Stage jetzt gleich neben Eingang. Interessant. Vorbei ging’s an der neuen, umpositionierten Hauptbühne, auf welcher sich die Fotos durchaus Mühe gaben, die wenigen Frühkommer anzuheizen. Auch auf den DJ-Floors, wo gerade noch MTV’s Finest Markus Kavka housige Elektro-Beats auflegte war schon viel los. Generell: Viel. Dass man noch mal ein paar tausend Mann mehr hatte, als in den Vorjahren fiel diesmal extremst auf. Erste Überraschung des Abends… Lightspeed Champion auf der Hauptbühne, dessen cleverer Indie-Rock überraschend tanzbar und catchy war. Grundsympathisch war der nerdige Mann mit Hornbrille und Wollmütze sowieso. Als er dann noch gegen Ende das Star Wars Thema anstimmte waren ihm die Sympathien von meiner Seite aus gewiss. Hörenswert! Auch die Blood Red Shoes regten im Anschluss dazu ein das Tanzbein zu schwingen. Ihr White-Stripes-artiger Schlagzeug-und-Gitarre-Mix war ein Ohren- und Sängerin Laura-Mary Carter ein Augenschmaus. Lange bleiben konnte man nicht. Der enge Zeitplan saß im Nacken und nebenan gab’s auf der kleinen Bühne Late Of The Pier, neuen, heißen New-Rave-Indie-Whatever-Scheiß aus dem UK. Schon da wurde mir bewusst, wie unvorteilhaft die Gemini Stage diesmal gebaut war. Mit wackelndem Holzboden hatte das mehr was von nem Bierzelt. Dazu später mehr. Late Of The Pier waren ganz nett, sahen aber alle aus wie 14. Netter, tanzbarer Elektro-Rock mit vielen Tempowechseln, allerdings sicher wieder in nem Jahr vergessen. Oder nich. Vergessen hatte man Adam Green nicht, auch wenn er seinen Hype-Zenit bereits vor ein paar Jahren hatte. Der schlaksige New Yorker legte einen gewohnt souveränen Auftritt hin, überzeugte mit seiner seltsamen Soulstimme, lustigen Tanzeinlagen und jeder Menge cooler Songs. Außerdem bewies er Coolness, indem er auf die Hits „Emily“ und „Friends Of Mine“ (vermutlich, weil keine Streicher verfügbar waren) verzichtete. Entertainment hat er aber dennoch drauf. Man muss ihn einfach lieben. Ähnliches trifft ja auch auf Kate Nash zu, auf die ich mich als nächstes freute. Sieht gut aus, singt noch bessere Popsongs und soll live auch ganz herzallerliebst sein. Tja, leider hatte ich meine Rechnung ohne den Regen gemacht, der kurz nach Mr. Green auftauchte. Regen war sowieso ein ständiger Begleiter des Festivals. Ob in kurzen, zeitlich immer sehr unpassenden Schauern oder halt auch sinnflutartig, wie vor Mrs. Nash… Regen gab’s so häufig zu sehen, wie billige grelle Kinderklamotten. So stand ich da, unter meinem mickrigen Vordach und wartete. Und wartete. Aber Mrs. Nash kam nicht. Es stimme was mit der Technik nicht, wurde dann nach 40 Minuten verkündet. Uuuh, wie fix. Tja, damit musste mein erstes Live Date mit der jungen Pop Chansöse entfallen.
Denn ich musste in den MELT! Klub. Denn da gab es Does It Offend You, Yeah?, eine Band auf die ich mich mit am Meisten freute. Der MELT! Klub entpuppte sich zwar als überdachte, aber relativ kleine Konzerthalle am Anfang des Geländes. Noch dazu war die Zugangssituation denkbar schlecht und sollte einen Tag später fast zur Eskalation führen. Am ersten Abend ging’s noch. Okay, der Sound war nicht gut, aber als die junge Band aus London mit dem großspurigen Namen auf die Bühne kam, gab es kein Halten mehr. Ganz klar… der Stern dieser Band befindet sich am Steigen. Leider verzichtete die Band an dem Abend auf ihre schicken Pop-Songs des Debüts. So beschränkte man sich lediglich auf die bratzigen, harten Elektro-Rock-Bretter. Aber die brachten die Halle dafür zum Kochen. In der guten halben Stunde, die die Band spielte war das Publikum, zumindest vorn außer Kontrolle. Moshpit, Wall of Death, kollektives Ausflippen. Wenn es je eine treffenderer Mixtur aus Elektronik und Punk gab, dann diese. Die Band mühte sich gar nicht ab, perfekt zu spielen, hatte aber die Euphorie auf ihrer Seite. Vom Abgehfaktor definitiv der beste Gig des Festivals. Beim nächsten Mal auch bitte mit mehr Songs, Jungs. Die Tanzlust sollte eigentlich anschließend durch Hercules And Love Affair mit ihrem viel gehypten Retro-Disco-Sound weiter gestillt werden. Doch nix da. Aufgrund schlechter Planung wurden Teile der Band einfach in Berlin vergessen. Equipment wurde aufgebaut und anschließend kommentarlos wieder abgebaut. Alter Ego legten als Ersatz auf, die Band kam nich. Hat jemand Bescheid gesagt? Nein! Das Publikum wurde im Unklaren gelassen. Amateurhaft! Na ja, dieser kurze Dämpfer musste dann verkraftet werden, winkte doch der Höhepunkt des Abends. Die Editors! Ja, wenn es um die Editors geht, kommt man um Superlative nicht herum. Es war insgesamt das fünfte Mal, dass ich diese Band live erleben durfte und es war, wie immer, ein Hochgenuss. Kein Wunder. Mit diesem Songs, dieser emotionalen Kraft, dieser Größe. Ausflippen pur, als der mit Kapuze bestückte Tom Smith auf die Bühne schritt und die Band loslegte. Hit auf Hit. Alles war dabei. Egal, ob „Bones“, „Bullets“ oder was auch immer. Es war wie immer. Ein einmaliges Erlebnis, ein dunkler Reigen an Hits. „You Are Fading“ ist seit dem letzten Gig noch größer geworden und zu meiner Freude gab es mit „Open Up“ noch eine weitere B-Seite, sowie einen schicken komplett neuen Song. Die Band war gut drauf, keine Frage. Nur beim Publikum war dies nicht so der Fall. Vielleicht bin ich da auch nicht objektiv genug, aber dafür, dass da eine der besten Bands der Welt aufgespielt haben, war die Stimmung eher verhalten. Vielleicht zu ernst für all die Druff-Druff-Rave-Party-Kids. Einmal mehr beklagte ich mich über die scheinbare Oberflächlichkeit momentaner Indiepop-Kultur. Egal. Ich fands toll. Das konnte danach nichts mehr toppen an dem Abend. Weder Booka Shade, deren Auftritt hoffnungslos überlaufen war, noch Schlagergnom Alexander Marcus, dessen Trash-Faktor mit eindeutig zu hoch war. Zumal da Menschen mit seinen Shirts rumliefen, bei denen ich fest den Eindruck hatte, sie hätten die Ironie von Marcus’ Idee nicht ganz kapiert. Poptrash! Muss das sein? Dann lieber reinen Pop. Den gab’s mit der adretten Robyn, die kurz nach halb 3 morgens meinen persönlichen Abschluss des ersten Tages darstellte. Ihr Elektropop ist ungemein catchy und keck und noch dazu liefert sie ne gute Show auf der Bühne mit netten Tanzeinlagen, 2 Drummern (von den man de facto eh nur einen gehört hat) und ner schönen Licht-Show. Auch wenn sie zu Beginn des Konzertes kurz ausgerutscht ist. Sowas nockt den gestandenen Popstar von heut nicht um. Sicher, es war spülmittelglatter Pop, aber er war schön. Und mit einem so schönen Ohrwurm wie „With Every Heartbeat“ verlässt man das Gelände doch gern zum Sonnenaufgang.
Samstag / Teil I – Wenig Licht. Viel Schatten. Nochmehr Regen
Qualitativ und organisatorisch bot das MELT! dieses Jahr viel Licht, aber auch viel Schatten. Metaphorisch gesehen. Ansonsten viel Regen! Regen gab’s ganz unmetaphorisch, wie ich bereits die ganze Zeit. Auch gleich am späten Samstagnachmittag, als wir uns auf den Weg zum Gelände machen um PeterLicht zu begutachten. Das haben wir dann sogar mit leichter Verspätung geschafft und erreichten ihn pünktlich zu dem Zeitpunkt, als er sein Set mit dem „Sonnendeck“ eröffnete. Bei strömendem Regen. Ironie in Rheinkultur. Aber diese sympathische, kleine, schlaksige Mann lies einen mit seinem sonnigen Gemüt und sonnigen Melodien den Regen vergessen. „Das absolute Glück“ zum Greifen nahe. Tolle, neue Songs wie „Trennungslied“ gingen sofort ins Ohr. Und als dann der kleine Tross nässetrotzender Festivalbesucher gemeinsam „Wir machen uns nur Sorgen um unsere zukünftige Situation auf dem Arbeitsmarkt“ sangen, dann war dass das klassiche MELT! Musikliebhaber unter sich, vereint durch intelligente Musik, fernab von Style, Rave, Remmidemmi und „Druff, Druff, Druff“. Das Wort „Schön“ wird heutzutage sehr inflationär gebraucht, aber dieser Auftritt war einfach nur schön und hat dafür gesorgt, dass Herr Licht in meiner Wertschätzung sehr gestiegen ist. Der Wettergott sah es genauso, so dass am Ende der Regen aufhörte und die Sonne rauskam. Die Menschen applaudierten, Peter freute sich. Es war schön.
Solch schöne Momente sind leider immer relativ selten. Der Regen kam wieder. Und nicht nur der. Gewitter und apokalyptische Wolkenformationen hatte er gleich noch mitgebracht. Gegen 9 hieß es MELTuntergang. Wir befanden uns grad auf dem Weg zum Gelände (again) und konnten uns grad so unter einen Unterschlupf flüchten und sahen, wie draußen die Welt unterging. Wenigstens hatten wir Bier und etwas Schutz. Da hält sich das aus. So bekamen wir die sich verschlechternden Zustände auf dem Gelände, gerade zu The Notwist nicht wirklich mit. Erst als wir da waren. Schlamm, Kälte und Zeitplanverschiebungen. Wir wollten gern in den MELT! Klub, weil wir Schutz vor dem Regen suchten und wo anders nix interessantes lief. Doch der Einlass gestaltete sich schon als genial. Wenn man aus dem Schlammmeer herauskam wurde man in Abständen in die kleine Halle gedrängt. Dort erlebten wir die letzten Minuten von Rummelsnuff. Trash? Provokation? Eher Rammstein für Arme. Ein dicker, muskulöser Mann singt Seemannsgarn auf Industrialbeats von vorgestern. Na ja, wen’s hart macht. Hart war dann auch die Wartezeit auf Miss Platnum im Club. Ein wenig zu lange wurde am Sound getüftelt, so dass wir unseren Whitest Boy Alive Auftritt flöten gehen sahen. Die gute Frau kam dann auch mit Bläsersatz und Backgroundsängerinnen, mit denen sie schicke Choreographien eingeübt hatte. Alles ganz nett und ganz schön. Dancehall-Feminismus. Allerdings nicht meine Musik und für meine Verhältnisse ne Spur zu glatt aufgeführt. Egal. Die Ereignisse überschlugen sich danach bei The Whitest Boy Alive. Eine ungeheure Menschenmenge drängte sich in den Klub, wurde aber von den vollkommen überforderten Schlägerproll-Ordnern daran gehindert. Aus dem Klub selber kam kaum einer mehr raus, es wurde dann ein Notausgang hinten am Zaun geöffnet, der allerdings raus aus dem Gelände führte. Komplette Verwirrung. Wie kann man eine der angesagtesten Bands der Indie-Szene nur in einem winzigen Club spielen lassen. Hier hatten die Booker komplett versagt. Dann gab es technische Probleme und der Auftritt muss sich anscheinend extremst nach hinten verschoben haben. Egal. Da waren wir schon längst weg. Und stinksauer auf die Ordner und irgendwie auch die Organisation. Wer plant das? Egal. Abreagieren bei Franz Ferdinand. Die Indie-Haudegen der alten Schule (Ja, es is tatsächlich schon so lange her) spielten gegen halb 1 auf der Hauptbühne. Endlich Franz Ferdinand! War nie ein großer Fan, fand es aber schön, sie mal zu sehen. Ich erwartete nicht viel, bekam aber auch nicht viel. Sicher, die alten Hits wie „Matineé“, „Do You Want To?“ oder „Take Me Out” zünden immer noch, wie am ersten Tag. Richtig Stimmung kam aber weder bei Band noch bei Publikum auf, hat ich das Gefühl. Vielleicht lag’s am Wetter, vielleicht an den vielen, zwar guten, aber halt unbekannten, neuen Songs, die das schottische Quartett gespielt hat. Vielleicht war der Sound auch zu dünn, vielleicht hab ich mich auch getäuscht. Wer weiß. Es war nett, aber der Funke sprang nich so wirklich über. Höchstens auf einen der Kräne am Ende der Performance, der ironischerweise genau zu „This Fire“ in Flammen aufging, weil die Pyrotechnik gesponnen hatte. Ein schickes Bild, inkl. abschließendem Feuerwerk. Die Zeit des Rockens war nun vorbei. Die nächsten Stunden war Disco angesagt…
Lest im hoffentlich bald erscheinenden zweiten Teil, wie es Alexander Ridha aus Berlin schaffte, die Stimmung am frühen Sonntag morgen auf den Siedepunkt zu treiben und wie der extra um Björk zusammengeschusterte Festivalsonntag war. Teil 2 des MELT! Berichts folgt bald…
rhododendron - 24. Jul, 00:59
Rock music can be fun! Nobono schaut sich mal auf der MTV Campus Invasion in Jena um.
Im Mittelalter sorgten Gaukler und Artisten immer für reichlich Aufregung, wenn sie in die Stadt kamen. Da war das ganze Dorf auf den Beinen um diese merkwürdigen Gestalten zu betrachten, die eigentlich so gar nicht ins beschauliche Alltags-Panorama passten. Komische Kostüme, komische Kunst, verrückte Tricks. Einen Abend lang verzauberten sie das Volk und dann waren sie auch wieder weg, auf zum nächsten Dorf.
Ihr ahnt es, ich ziehe einen billigen Vergleich zur
MTV Campus Invasion, welche am vergangenen Wochenende Halt in Jena machte. Gut, Jena ist kein Dorf, hat es sich doch durch clevere Einverleibung von Randbezirken den Status einer Großstadt, wenn auch nur knapp gesichert. Und als doof will ich die Jenaer auch nicht darstellen. Dennoch war’s ein bisschen so, als wenn jener Zirkus in der Stadt wär. Nur hat das weniger mit Kunst zu tun, sondern mehr mit Rock’n Roll. Und Verkaufen! Vor allem verkaufen! Diese Zigaretten, dieses Becks und bitte nicht vergessen, sich das neue „SingStar“ für die PlayStation zu besorgen. Und auch das T-Shirt zur Invasion und den Aufkleber und das Feuerzeug und sowieso. Der Kommerzzirkus ist in der Stadt! Und jeder darf kommen. Natürlich die Studenten, die ja primär eingeladen wurden, aber auch irgendwie jede andere Form von Menschen. Der Disco-Schönling, der sich sonst nur auf den House und Blackmusicfloor, der nächstgelegenen Großraumdisco verirrt, der Dorfproll, marke Schlägertyp, die normalen Durchschnittsbürger, Pseudo-Intellektuelle, diverse Subkulturen. Alle vereint unter den heiligen 3 Buchstaben „M“, “T“ und „V“. Endlich mal was los in der Stadt der Wissenschaften. Sicher, hier gibt’s auch sonst Kultur, kleinere Bands spielen gern mal hier und da, das Theater ist toll und eine Philharmonie haben wir auch. Aber internationales Format gibt es hier, seien wir ehrlich, selten. Umso schöner also, dass MTV ein sogar relativ akzeptables Line-Up für die Jenenser aufgestellt hat. Doughnut und ich waren vor Ort. Also Nobono in Bestbesetzung!
Grand Avenue, die erst 2 Tage vor dem Event bekannt gegeben wurden, kommen aus Dänemark eröffneten den Reigen. Kannten wir vorher nicht, klang aber nach nettem, irgendwie typisch dänischen Gitarrenpop. Hatte was von Kent. Auf jeden Fall gute Sache. Spätestens nach diesem Tag muss man übrigens „Seven Nation Army“ von den White Stripes hassen! Das sich Jack White’s legendärer Basslauf während der EM zur Mitgröhl-Hymne gemausert hat wurde an diesem Tag schmerzhaft klar. In fast jeder Pause, zwischen den Songs ging’s los. Hätten die mal gewusst, was unsere Mannschaft nen Tag später für ne Grütze zusammenspielt. So diente das quasi als Einlauf-Musik für
Nada Surf, die sich einfach mal von MTV haben unter Wert verkaufen lassen, denen es aber irgendwie egal gewesen ist. Eine Legende des Independentrock, irgendwo ins Nachmittagsprogramm geworfen, vor Jennifer Rostock! Die Band tat mir irgendwie leid, war aber gut drauf und spielte ihr Programm, wenn auch etwas gekürzt („Blankest Year“ durfte nich mehr sein) runter. Matthew Caws wirkte irgendwie etwas älter und aufgedunsener, als sonst und Dauerraucher Daniel Lorca machte keinen Hehl daraus, dass er spanische Wurzeln hat und den Spaniern fürs Finale die Daumen drücken würde. Vom Publikum wurde er deshalb ausgelacht, doch die Geschichte sollte ihm am Ende ja recht geben. Schön, Nada Surf mal wieder gesehen zu haben, wenn auch in einem recht unwürdigen Umfeld.
Danach wurde es musikalisch für uns zwei erstmal etwas uninteressanter. Zeit also für vollkommen überteuerte Luxusbiere. Dazu gab’s
Patrice, dessen sommerlicher Reggae/Pop eigentlich nett anzuschauen war. Grundsympathischer Mann, gegen den man eigentlich nichts haben darf. Gegen
Jennifer Rostock allerdings schon! Diese Band, mit markant nerviger, postpubertärer Pseudo-Fronthupfdohle ist der Beweis, dass eine Band live noch schlechter sein kann, als wie auf Platte. Da saßen wir dann ganz weit hinten am Gelände um dem Kindergarten zu entgehen. Nein, da ist nichts Gutes dran. Stupide Texte (geb mir Stift, Papier und 10min, da kann ich das auch), langweilige 08/15-NDW-Musik und eine so dermaßen aufgesetze Attitüde… na ja, gönnen wir ihnen mal ihrem Sommer auf den Festivals. Girlpower für 13jährige Punk-Kiddies! Danach kamen dann aber
Madsen. Gut, Spötter würden sagen, deren Texte sind auch dämlich, dafür sind sie aber eins: Grundsympathisch! Und wenn eine Band sympathisch ist, sieht man gern mal über die eher bescheidenen Texte des ehemaligen Kurzzeit-Germanistik-Studenten Sebastian Madsen und die innovationsarme Standard-Rock’N Roll-Musik hinweg. Muss man auch! Denn neben Nettsein können Madsen vor eins: Ja… rocken! Wirklich! Ich war skeptisch, aber doughnut ist, wer es noch nicht mitbekommen hat, Die-Hard-Madsen-Fan und es war mir eine Ehre, ihn bei seinem 9. Madsen-Gig zu begleiten. Auch wenn er bereits während des ersten Songs, „Vielleicht“ irgendwo vorne in der tobenden Masse untergegangen war. Aber was anderes als Toben ist auch nicht möglich. Das Motto bei Madsen-Gigs: „Mach mit oder mach dich vom Acker!“ Ich hab mich für erstes entschieden und hatte am, sonst für mich eher untypischen, Rumschubsen, -pogen und –schreien sichtlich Spass. Es ging irgendwie nicht anders. Mitgrölen ist bei den Texten auch leicht. Spätestens nach dem 2. Refrain weiß man selbst als Mensch ohne textliches Vorwissen, wo der Hase läuft. Hier läuft er aber nicht. Hier wird gesprungen. Hit auf Hit, Schubser um Schubser. Ein toller Auftritt, der mit dem obligatorischen „Nachtbaden“ für mich vorn in der 2. Reihe bei doughnut endet. Da waren wir wieder vereint und ich musste es eingestehen… Live haben Madsen ne ganz eigenen Magie!
Die sollen die
Kaiser Chiefs, der finale Act des Tages, aber auch haben. Also schnell das letzte Geld für teure Spirituosen ausgegeben, bevor es dann wieder nach vorn zwischen die angeheizte Masse Jenenser und Zugereister ging. Halb 10 kamen die Kaiser Chiefs. Großer Applaus und das Eingeständnis, dass die jetzt doch nicht mehr „indie“ sind. Dann folgte ein gute einstündiges Hit-Feuerwerk mit allem, was „Na Na Na“ und „La La La“ hatte. Erschreckend hohe Melodiequote. Die Band war gut drauf. Müssen sie ja. Sie sind die Kaiser Chiefs. Da muss Spass sein! Gehirn aus, Körperenergie an! Nick Hodsgon trägt nen Schnauzer, Ricky Wilson die Verantwortung des Entertainments. Und das kann der sympathische Frontflummi auch wie kein Zweiter. Allerdings hat er ne gute Diät gehabt. „Everyday I Love You Less and Less“, „Na Na Na Na“ (ja, really), “Heat Dies Down” und das unverzichtbare “Ruby”, welches dann ja wirklich alle kannten brachten die Masse zum Toben. Die Band wirkte routiniert, aber auch gelegentlich so, als hätte sie keine Ahnung, wo sie ist. Egal, Entertainment ist ihr Tagesgeschäft. Da erträgt man auch „Seven Nation Army“, dass die Band dann wohl oder übel anstimmen muss, weil sie gegen das Publikum einfach nicht ankommt. Das beschäftigt sich in den vorderen Reihen auch mehr mit „Wall of Death“ und Crowd Surfen, als mit der Band. Denen ist das egal. Die haben sichtlich Spass. „Wir sind Kaiser Chiefs“ brüllt ein etwas angetüdelter Ricky Wilson immer wieder ins Mikro. Selbstbestätigung? Zwischendurch klettert er auch mal an der Bühne hoch, sowie am daneben gelegenen Becks-Stand. Super Werbeideee! Einen neuen Song gibt’s, der sofort ins Ohr geht und mit „Take My Temperature“ auch ne alte B-Seite. Bei den letzten Songs „I Predict A Riot“, „The Angry Mob“ (Ausflippgarantie beim Schlussteil) und der obligatorischen Zugabe „Oh My God“ wird dann von Band und Schaulustigen noch mal alles gegeben. Shirts werden ausgezogen, Schuhe gehen verloren, blaue Flecken werden in Kauf genommen, Wilson an der Grenze zum Stimmverlust. Gegen halb 11 ist dann Schluss. Das Publikum ist bedient, könnte aber sicher noch weitermachen. Doughnut und ich sind durchgeschwitzt und glücklich. Das war sicher kein Tag/ Abend für anspruchsvolle Musik, aber mehr als gute Unterhaltung. Eine angenehme Form von klassischem Rock’n Roll. Hirn aus und Abrocken! Im Moshpit sind wir alle gleich, egal ob Abitur oder nicht. Denn letztendlich wollten wir nur das eine… ne gute Zeit mit den umherziehenden Artisten. Und die haben wir bekommen! Die Bands hatten ihren Spass bzw. ihre Promo und ihr Geld, MTV hat sicher ein paar „SingStar“’s und T-Shirts verkauft und das Publikum hatte seinen Spass. Einen Abend später war die Party dann leider vorbei. Da hatte der Zirkus seine Zelte aber schon längst wieder abgebaut und ist weiter in die weite Welt gezogen. Und nicht viele wünschen sich, dass er oder ein anderer wiederkommt.
Nada Surf "I Like What You Say" (live)
Madsen "Perfektion" (live)
Kaiser Chiefs "Ruby" (live)
rhododendron - 1. Jul, 17:50
Das begehrteste Konzert der größten Band der Welt in der coolsten Stadt überhaupt. Superlative im Vorfeld des exklusivem Coldplay Konzerts in der Londoner Brixton Academy. Unbeeindruckt davon war ich vor Ort und am Ende doch irgendwie beeindruckt.
Bevor eine Band sich auf Tour macht wird ja gern mal ausführlich geprobt. Vor allem, wenn man ne Weile nicht mehr „on the road“ war. Das trifft dann eher auf größere Bands zu, als auf die kleinen, die sich durch permanentes Touren das Leben finanzieren.
Auch Coldplay haben viel geprobt um an diesem Abend alles perfekt zu machen. Der erste von 3 exklusiven Gigs zur Vorstellung des vielbeworbenen neuen Albums
“Viva la Vida Or Death and all his Friends“ sollte der gestrige in der Londoner Brixton Academy werden. Das Live-Comeback (wenn man mal diesen 600-Mann Probe-Gig irgendwo letzte Woche weglässt. Also, ich tu das) nach all den Vorschusslorbeeren, all den Erfolgen. Ich meine, Scheitern können die da eh nicht. Und ich mittendrin. All the way from Germany zu einem Gratisgig, dessen Tickets man nur per Internet, Gewinnspiel und Fanclub gewinnen konnte. Privilegiert mit ein paar 1000 Menschen in der Londoner Brixton Academy. Man konnte die Exklusivität quasi riechen. Die Aufregung vorher sowieso. Sie sind zwar schon lang nicht mehr „meine“ Band, sondern gehören der Welt, aber dank der neuen Platte haben sie wieder viel Sympathie bei mir gut gemacht, die sie vorher verloren hatten.
Punkt halb 9 ging’s dann los. Frenetischer Jubel unter den Massen aus London, England und der ganzen Welt (neben mir schrieb eine schwedische Journalistin fleißig mit). „Life In Technicolour“. Mit dieser Packung Euphorie beginnt das Album und auch der Abend. Spätestens jetzt wird mir klar, dass der Song viel zu gut ist, um „nur“ ein Intro zu sein.
Danach folgt „Violet Hill“ und die Band macht alles richtig. Das Publikum ist erst noch etwas verhalten, wird dann aber sofort mit den Hits „Clocks“ und „In My Place“ zum Mitmachen animiert. Und der Titeltrack des neuen Albums entpuppt sich überraschenderweise als bereits jetzt unglaublich massenkompatibel. Es lebe das Leben! Lebens- und Spielfreude. Dafür stehen Coldplay 2008. Das merkt man an diesem Abend. Wie die Honigkuchenpferde grinsen die 4 um die Wette und machen sich über sich selbst und jede Menge anderen Kram lustig. Besonders Chris Martin übt sich als Entertainer. Da bezeichnet er die Band als geldgeile Huren, wegen der extremen Ticketpreise des Gratisgigs, versucht sich an Covern von Girls Aloud und Phil Collins und gibt öffentlich zu, dass die Band schamlos bei Radiohead klaut. Und als das Ende von „42“ nicht wirklich klappen will, dann wird’s halt seit gelassen. Coldplay zeigen neben ihrem musikalischen Können an diesem Abend vor allem eins: Sympathie und Spielfreude. Da wird gar nicht erst versucht, dem Ruf gerecht zu werden, die größte Band der Welt zu sein. Hier zählt eher „Nobody’s Perfect“ und vier Freunde, die einfach nur Musik machen wollen. Das machen sie natürlich hervorragend. Und die neuen Songs fügen sich sehr gut ins Live-Programm der Band ein. „42“ mit seinen permanenten Stimmungswechseln ist echt ekstatisch und „Lost!“ wirkt jetzt schon groß und wird in den nächsten Monaten sicher zu einem der Tourhighlights werden. Ansonsten beschränkt sich die Band auf einige Hits. Schön, dass man mal wieder „Trouble“ hört, bei dem die gesamte Academy textsicher ist. Und „Square One“ haut einen immer noch genauso um, wie anno 2005. Also in Sachen Introsongs kennt sich die Band gut aus, muss man sagen.
Was den Gig dann von einem guten Gig zu einem extrem guten Gig macht, ist das, was die Band nach dem Hauptblock veranstaltet. Auf einmal tauchen alle vier oben rechts auf einem Seitenbalkon auf. Jetzt wird akustisch gezaubert. Spot an, die Scheinwerfer sind auf die Band gerichtet, die alsbald eine folkloristische Version des unvermeidbaren „Yellow“ anstimmt. Das Chris Martin an dieser Stelle noch singt ist schlichtweg überflüssig. Alle kennen, lieben und können diesen Song. Ein ergreifender Moment. Für Mr. Martin selber ist der darauf folgende Moment aber noch bedeutender. Laut eigener Aussage der, auf den er seit Jahren wartet. Drummer Will Champion übernimmt die Lead Vocals, was vom Publikum mit lautem Beifall gewürdigt wird. Gitarrespielend intoniert Will den Song „If I Should Fall From Grace by God“ von den Pogues. Chris Martin an der Mundharmonika. Ein extrem surrealer, aber schöner Moment und tolles Beispiel für die neue Leichtigkeit der Band. Darauf ertönt aus den Boxen ein großraumdiscotauglicher Teil irgendeines „Talk“ Remixes. Auch das sorgt für Verwirrung, verwundert aber an dem Abend auch niemanden mehr. Leider kam „Talk“ nicht, dafür das wunderschöne „Fix you“, das nach wie vor zu den wirklich herausstehenden Glanztaten der Band zählt. Episch, bewegend, groß. Sogar in der Brixton Academy, die ja kein Stadionformat hat. Danach kommt das Finale mit dem wundervollen „Lovers in Japan“, mittlerweile mein heimlicher Liebling des neuen Albums. Ein hymnischer Lobgesang, bei dem die Band noch mal alle Leute mitreißen kann. Nen Konfettiregen gibt’s dazu auch noch. Wenn der Song wirklich, wie vermutet, die neue Single wird, dann hat die Band mit der Entscheidung mal wieder goldrichtig gelegen. Das Teil toppt noch mal alles. Danach ist dann aber leider Schluss. Nach etwas mehr als einer Stunde. Coldplay hinterlassen mich begeistert. Ein wunderschönes, irgendwie besonderes Konzert, dem lediglich nur 3,4 Songs mehr fehlten, um wirklich genial zu sein. So muss man das Ganze auch als das hinnehmen, was es letztendlich war. Ein kleines Geschenk für die Fans, ne gute Werbeaktion, eine Möglichkeit, ein paar neue Sachen auszuprobieren und das Warmspielen für die große Welttournee, die die Band für den Rest des Jahres beschäftigen wird. Da spielen sie dann vor drei bis viermal so vielen Personen, können dann hoffentlich die Songs auch alle besser und studieren vor allem noch ein paar weitere ein. Aber Coldplay wären nicht Coldplay, wenn sie das nicht schon längst alles geplant haben. Wir freuen uns auf die Tour, das Will Champion Soloalbum und viele weitere schöne, sonnige Momente mit diesem wunderschönen Album (denn das ist es halt nun mal, egal, wie sehr man dagegen wettern will). Ich danke Coldplay für diesen schönen, einmaligen Abend und der lieben Ann, dafür, dass sie mich mitgenommen hat. Und jetzt werde ich erstmal den Groupie-Reise-bedingten Schlafmangel nachholen. Ihr könnt euch solang das Konzert als, qualitätsmäßig sehr guten, Radiomitschnitt runterladen.
Setlist: 01 Life in Technicolour 02 Violet Hill 03 Clocks 04 In My Place 05 Viva La Vida 06 Chinese Sleep Chant 07 God Put A Smile Upon Your Face 08 42 09 Square One 10 Trouble 11 Lost! 12 Strawberry Swing 13 Yellow 14 If I Should Fall From Grace By God 15 Fix You 16 Lovers In Japan
Download des kompletten Konzerts! (Radio-Rip)
rhododendron - 17. Jun, 18:00
Editors am 14.03.2008 @ KuFa, Krefeld VS.
Editors am 19.03.2008 @ Conne Island, Leipzig
Es ist wieder soweit! Nachdem die Editors die großen Städte Deutschlands erst im vergangenen Winter betourt haben, beehren sie im aufkommenden Frühling nun die kleineren Clubs der Republik. Gerade dieses Geschenk nehmen wir dankend an und verschaffen uns ein Bild von den Konzerten. Doughnut in Krefeld, rhododendron in Leipzig. Hier Impressionen
1. Wer? Wie? Was?
doughnut: Vergangenen Freitag war es soweit und Gott, ja, ich war aufgeregt. Immerhin, im Gegensatz zu rhododendron, sollte dies mein erstes Editors Konzert überhaupt werden. Kaum vorstellbar? ja! Und dann auch noch so in der Nähe, denn die Kufa ist quasi der Ort, wo ich zur Welt kam. "How can you always be late for your arrival?" konnte es am Freitag also nicht heißen, denn eher zu früh als zu spät standen wir schon vor der Halle, ahnend, dass wir sicher nicht die einzigen wären. Man muss sagen, die KuFa ist klein. Sie hat zwei Hallen, ist gemütlich, und eignet sich perfekt für in Deutschland eher unscheinbare Indie-Acts von der Insel und fasst gut 1000 Leute. Als mir letzten Dezember mitgeteilt wurde, dass uns nun die Editors beehren würden, war ich quasi sprachlos, denn solche Bands sieht man hier eher selten. Die Editors, einer der aufstrebenden, wichtigsten Bands unserer Zeit, die mit ihrem epischen, glanzvollen Sound U2 locker an Wand spielen können - und hier interessiert sich keiner dafür. Fasst keiner, und vor allem scheinbar nicht die Jugend, denn...
rhododendron: Och, ja, ein alter Hase bin ich jetzt quasi was die Herren Editors angeht, war es doch gestern immerhin das 4. Mal, das ich die Kapelle live bestaunen durfte. Aber das tut der Euphorie ja bekanntlich keinen Abbruch. Warum auch? Heillose Euphorie bei dieser Band mit ihren euphorischen Hymnen. Außerdem war die Location reizvoll. Das Conne Island hat den Flair eines kleinen, feinen Hinterhofschuppens und die Band vor nicht mal 1000 Leuten sollte eigentlich mitlerweile keine Selbstverständlichkeit sein. Eine Freundin, die ich mithatte kann davon ein Lied singen, da sie die Band 2 Wochen vorher in London vor über 10.000 Leuten inkl. Videoleinwänden und so’n Kram gesehen hat. Also heut ne Spur kleiner. Warum nicht. Dennoch hatte ich den Eindruck, die Band hätte echt ne größere Location verdient. Bei der Wucht und Breite, die ihre Musik ausstrahlt, wird einem so ne Location nur bedingt gerecht. Aber andererseits hat das auch seinen Reiz, in der 2. Reihe die Spucke von Tom Smith aufzufangen
2. Und wer kommt da so hin?
d:...meine Begleitung wie ich waren ziemlich überrascht, welches Publikum wir vor Ort vorfanden. Es ist keine Diskriminierung oder ähnliches, eher ein trauriges Protokoll für Krefelds Jugend wenn man sagen muss, dass rund 3/4 der Leute älter als 25, Anfang 30, sogar zwischen 40 und 50 waren. Da kommt natürlich die Frage nach der Referenz auf! Hat dies etwas damit zu tun, dass die Editors schon zu Beginn ihrer Karriere stets gerne mit Interpol, Joy Division und The Cure in einen Topf geworfen wurden? Nun, zumindest einige scheinen auch deswegen hier zu sein, sieht man doch einige mit Shirts, die Hinweise auf ein New Order-Fandasein schließen lassen. Die Editors selber könnten sich davon unbeeindruckt zeigen, geben dem Affen aber mit einer Performance von The Cure's "Lullaby" Zucker und die Leute nehmen dies mit Wohlmut zur kenntnis! Zu erwähnen ist noch, dass viele benachbarte Niederländer und auch Engländer angereisten, um das Editors Konzert im Detroit Deutschlands, wie es der ME einmal schreib, miterleben zu können.
r: Ach, im Gegensatz zu doughnut ist mir das Publikum eh relativ egal, weil die Band ja nur für mich spielt. Das nennt man Psychologie oder so ;-) Dennoch muss ich den Sachsen ein Kompliment machen... gut geschlagen, wobei ich das Gefühl hatte, das ab den zweistelligen Reihennummern die Stimmung etwas nachlies. Allerdings muss ich auch zu deren Verteidigung sagen, das ich mich während des Konzertes nicht wirklich umgedreht hab und kontrolliert hab. In den ersten Reihen ging es ganz ordentlich ab, zumindest zentral, wo ich stand. Könnte natürlich mehr sein, weil es die Editors sind und da bitte alle mitmachen sollen, aber ging schon. Zum Durchschnittsalter kann ich nich viel sagen. Viele hübsche Menschen am Start. Zählt denn das?
3. Und nun zum Konzert
d:Wenn man dermaßen rechtzeitig an Ort und Stelle ist, muss man auch mal gut und gerne etwas warten, bis man den Hauptact zu Gesicht bekommt. Sichtlich unbeeindruckt zeigt sich das Publikum gegenüber der beiden Vorbands Red Lights Company und der Mobius Band. Stattdessen galt die Aufmerksamkeit eher den beiden Bars, wo das Bier und Geld ordentlich zu fließen begann. Was gibts zu den Vorbands also zu sagen? Als Gutmensch schaut man sich die natürlich an um anschließend gepflegt drüber meckern zu können. Hier aber nicht, oder? Nun ja, zugegeben, von Red Lights Company kann man nur schwer beeindruckt, oder besser noch beeindruckt sein, wenn man auf faden, langweiligen, 0815 Indie-Rock steht, den man an allen Ecken schonmal irgendwo gehört hat. Nach dem Motto "auf alt bewährtes vertrauen udn bloß nichts neues wagen" ist man hier in Stagnation stecken geblieben, ohne eine großartige Bandkarriere hingelegt zu haben. Da hilft auch die Placebo-gedächtnis Stimme nichts, das war nichts, Jungs! Und nun, die Mobius Band. Vorab: Die kam beim spießeigen Indie-Publikum um die 30 überhaupt nicht an, denn scheinbar ist man sich heir zu schade für elektronische Spielereien, lustig fiependen c64 Sounds und einem Deutsch sprechenden Frontmann, der spontan auch Publikumsrufe wie "BORING!" gekonnt mit "Ah, langweilig" übersetzen konnte. Nicht das Publikum, sondern Mobius Band zeigten sich unbeeindruckt von dem größtenteils zelebrierten Desinteresse und umso mehr Spaß hatte ich, denn Mobius Band klangen mit ihrer gekonnten Symbiose aus Elektronik und Schlagzeug + Gitarre angenehm erfrischend. Die Stimme des Sängers schien gleichermaßen gelangweilt wie sympathisch, das man sich dem kaum entziehen konnte. Höhepunkt des 30 Minütigen Schaffens: Sichtlich das auch myspace bekannte "Friends like these" mit dem prädikat "hitverdächtig!" Um knapp halb 11 war es nun soweit, die Editors betraten die and und eröffneten ihre gut 90 minütige Setlist mit Camera - Gänsehaut! In den folgenden 90 Minuten erlebte man einen Tom Smith in Hochform, der sich sichtlich angetan von der aus allen Nähten platzenden KuFa zeigte und eine routinierte, eher unauffällige Begleitband. Ziemlich beeindrucken ist es, wie Tom Smith innerhalb eines halben Songs sämtliche Ecken und Klaviere wie Bühnendeko besteigen und erkunden kann, und zwar in einem Tempo und in Bewegungen, die einem der Hausarzt nur zur Rückenschulung empfehlen würde. Egal, ob Tom Smith die Gitarre dabei hat oder nicht, die ganz hoch oder runter hält, das Klavier besteigt, hinuntersteigt - es erscheint alles wie eine Art Ballett, passend zu Songs wie "The weight of the world" - wo es keinerlei Beteiligung des Publikums gab, sondern Totenstille. Gen Ende ist man relativ beeindruckt, hat leider aber auch den Eidnruck, dass Krefeld an diesem Abend nur eine Station von vielen war, denn schließlich ist es eine World Tour. Tom Smith fand ofmals nicht die passenden, dafür aber altbewährte Zwischenrufe wie "Danke" und "Thanks" . Eine gewisse Routine schleicht sich scheinbar auch bei den Songs ein, die zu 90% fasts o wie auf Album klangen, sodass man sich eine gewisse Überraschung doch gewünscht hätte.
r: Glück für uns... wir hatten nur die Mobius Band. Und die kam sehr gut beim Publikum. Fand sie auch sehr gut, obwohl der eine von ihnen stellenweise wirkte, als sie er gerade beim Tom-Smith-Lookalike-Contest rausgepflogen. Dennoch schicker Indie-Casio-Whatever-Pop. Hätt ich noch Geld gehabt, hätt ich mir vielleicht hinterher noch ne CD gekauft. Die haben so mitleidig geschaut, die guten.
Ja, zum Konzert muss man selber nicht viel sagen... doughnut hat ja bereits fast alles geschrieben und viel Unterschiede kann man in den 5 Tagen nicht erwarten. Die Band war gut drauf (oder hat uns gut was vorgespielt) und Tom hatte sie alle drauf, die einstudierten Aktionen. Vom Sprung auf das Klavier, bis zum epileptischen Umherrennen. Und immer schön die Hands out reachen! Aber ich schau diesem Mann gern zu, weil er seine Musik lebt und den Sound versucht auszuschöpfen und stellenweise einfach ausrastet. Und das muss bitte auch so sein. Wir sind hier bei den Editors, jener Band, deren euphorische Hymnen über Tod und Verzweiflung schon in so mancher Lebenskrise hilfreich waren. Das Publikum applaudierte lautstark, vermutlich weil die Meisten das gerafft haben. Ich glaube, Smith selber kriegt während des Konzertes eh wenig mit. Der taucht in seine Welt ein und ist da gut aufgehoben.
4. Songauswahl
d:Ehrlich gesagt gibt es keine großen Überraschungen, daher auch wenig zu sagen. Angesichts der aktuellen Single wurde nun auch "Push..." wie das The Cure Cover "Lullaby" und alle aktuellen wie vergangenen Hits und die B-Seite "You are fading" gespielt. Zwei junge Damen neben mir schienen auch nur die aktuellen Nummern zu kennen und waren demzufolge bei "Racing Rats" und "Smokers" sehr aus dem Häuschen. Álso wurde das gespielt, was man hören wollte.
r: Ja, hier auch die exakt gleiche Setliste. Im Gegensatz zu den Herbstgigs gab’s zwei Änderung... Das Cure Cover machte sich hervorragend. Wobei ich glaube, nur ein Bruchteil des Publikums hat’s erkannt. Auch die dezente Akkustikversion von „Push Your Head...“ wirkte angenehm in den Ohren und zeigte einmal mehr die musikalische Bandbreite der Band. Die Hits mussten natürlich sein. Persönliches, geheimes Highlight war die aufgemotzte Version von „You Are Fading“, bei der ich das Gefühl hatte, sie wird auch mit jeder Performance größer und aufgemotzter. Der helle Wahnsinn! Aber schön, dass sie das Ding immer noch fest im Programm haben!
5. Und die Stimmung?
d: Ich musste kurz überlegen, ob ich nicht "enttäuschend" schreiben sollte, aber mir gefällt "entspannt" dann doch besser. Ich meine okay, irgendwo ist es verständlich, dass man nicht bei allen Editors Songs abgehen kann, aber in der Masse war von vorne bis hinten (damit ist sowohl das Publikum als auch der zeitliche Verlauf gemeint) kaum Bewegung drinne. Selbst beid iesem gigantischen Feuerwerk von Hits zum Schluss muss man sich wohl gedacht haben, "wir bleiben lieber mal stehen udn klatscheb iem Refrain mit". Also alles in allem ziemlich entspannte Wohlfühl-Kuschelamosphäre ohne Pärchen, aber mit einem scheinbar wenig Konzert-routiniertem Publikum. Wer weiß, vielleicht waren einige auch zum letzten Mal bei der Cure World Tour 1988 unterwegs.
r: Mensch, doughnut lässt kein gutes Haar an den Krefeldern. Bei Leipzig kann ich nur die ersten 4,5 Reihen beurteilen, weil ich mich während das Konzertes nicht wirklich umgedreht hab. Gab’s ja auch Wichtigeres zu sehen. Aber die Stimmung war ganz ordentlich. Ein paar sorgten da für Stimmung, aber sehr angenehm. Geschubst wurde glücklicherweise nur dezent und damit kann ich als Pogo-Feind (bzw. Pogo-Feind bei Nicht-Pogo-Bands) sehr gut leben. Wie’s dahinter aussah weiß ich nicht. Vermutlich ne Menge „stiller Genießer“ (PS: Ich werde euch niiie verstehen... gut, vielleicht, wenn ich 40 bin). Applaus gab’s aber dennoch sehr viel. Die Euphorie war sehr groß und ich glaub, die Band hat’s gemerkt und ihr hat’s gefallen.
6. Und was bleibt?
d: Ein gutes, erstes Editors Konzert mit der Erkenntnis, dass sowohl Album 1 als auch der Nachfolger "An end has a start" ganz große Nummern mit zumindest der Bescheinigung für den Stadien-Gig nachweisen können. Ob wir das wollen, ist natürlich eine andere Sache, denn wie man weiß, spielen die Editors in England schon die 10.000er hallen und da ist so eine Clubtour durch Deutschland genau das richtige gewesen, um die Editors überhaupt oder näher kennen zu lernen. Es folgt, ein Einblick in rhododendrons eigener Editors Welt.
r: Einmal mehr hat mich diese Band live gefesselt. Und dabei nur leicht an Begeisterung verloren. Ich rechne es der Band mehr als hoch an, das sie so kleine Locations, wie Krefeld oder auch Erlangen mitnimmt, obwohl sie es eigentlich nicht muss. Sicher, das ist leicht verdientes Geld, aber trotzdem keine Selbstverständlichkeit. Die Band ist nachwievor ne Macht für sich. Ihre Songs sind Soundmonster und die ersten 2 Alben bereits jetzt für mich und doughnut moderne Klassiker. Die Band möchte auf Album Nr. 3 gern die rohe Live-Gewalt ihrer Gigs einfangen. Das könnte interessant werden, denn wenn man sie live erlebt, merkt man die hohe Spielfreude und Musikalität der jungen Herren. Sicher wird die Faszination mit keinem Gig größer, aber die Band bleibt auf nem hohen Niveau. Und die Tatsache, dass wir jetzt ein paar Monate Ruhe haben bevor wir sie noch einmal im Sommer auf dem MELT! sehen, lässt mich schon wieder strahlen. Denn ich bin mir sicher, das sie dann wieder begeistern. doughnut zum zweiten und mich zum fünften Mal.
Setlist: 01 Camera 02 An End Has A Start 03 Blood 04 Bullets 05 The Weight Of The World 06 Escape The Nest 07 Lights 08 When Anger Shows 09 Spiders 10 Lullaby 11 All Sparks 12 Munich 13 Push Your Head Towards The Air 14 Bones 15 Fingers In The Factories 16 The Racings Rats 17 You Are Fading 18 Smokers Outside The Hospital Doors
doughnut_ - 19. Mär, 21:58
Die momentan wohl wichtigste Popband der Welt: Hot Chip wissen in München zu begeistern.
10.03.08, München, Georg-Elser-Halle
Oh Gott! Da wirft der Typ schon wieder mit Superlativen in der ersten Zeile um sich. Hype! Ja, von mir aus. Mir doch egal. Ist ja auch alles war. Die Musikjournalismusspatzen pfeifen es bereits seit ner ganzen Weile von den Dächern und sicher braucht es auch noch eine Weile, bis die Mehrheit der Menschen dies versteht… aber am Ende ist es so: Hot Chip aus England sind momentan eine der innovativsten und interessantesten Bands der Welt. Und ich neige sogar dazu, das große „DIE“ davor zu setzen. Wer von den 5 Nerds aber auf Platte noch nicht überzeugt sein sollte, der schaut sich die bitte so schnell es geht live an. Dann entfachen Hot Chip hinter ihren Synthies nämlich eine live-Energie, die locker mit den anderen großen Live-Bands dieser Welt (Ich sach ma… Arcade Fire, Muse etc.) mithalten kann. Live sind Hot Chip pures Adrenalin. Einmal mehr bewiesen am gestrigen Abend in der Georg-Elser-Halle in München. Als diese unscheinbaren Typen gegen Punkt 10 die Bühne betreten ist der Jubel perfekt. Wenn man sie sieht, dann weiß man, das diese Jungs in ihrer Jugend weniger mit sozialen Kontakten, als mehr mit ihrer eigenen Plattensammlung und der Aneignung von musikalischem Allroundwissen beschäftigt waren. Wird die Frontmann-Rolle doch immerhin zwischen Alexis Taylor (größe Nerd-Brille ever) und dem Typen neben ihn, der aussieht wie ein kanadischer Waldschratt (der Name ist mir leider entfallen, pardon) aufgeteilt. Unscheinbar trifft es am besten. Aber bei diesen unfreiwilligen Popstars zählt weder Auftreten, noch Attitüde, sondern nur die Musik. Und die besteht mit Bravur.
Live sogar noch mehr, als wie auf Platte. Wie erwähnt… um 10 geht ein Raunen, oder eher elektrisches Knartzen durch die Menge. Und dann feuert die Band mit „Shake a Fist“ und „Boy From School“ zwei Knüller schon am Anfang ab und bringt die Masse dadurch in Stimmung. Die Band ist super drauf, lacht und spielt sich an ihren Synthies und Gitarren den Wolf ab und hat dabei sichtlich Spass. Zwischendurch führt Gitarrist Joe Goddard mit ziemlich fließendem Deutsch durch den Abend und stellt seine Mitmusiker vor. Auch den Metal-Heroen Megadeath, die in der Halle nebenan spielen wird gedankt. Sollten Hot Chip etwa auch die netteste Band der Welt sein? Auf jeden Fall sind sie laut. In den darauf folgenden gut anderthalb Stunden werden überwiegend Tracks des sehr guten neuen Albums Made In The Dark gespielt, aber auch ältere Klassiker. München ist gut dabei. Und spätestens beim Hit „Over and Over“ platzt der Knoten. Von da an wird mit getanzt, gerockt, geschubst und gelitten. Und geschwitzt. Es war heiß… und wie gesagt: laut. Was Hot Chip so innovativ macht, ist ihre unglaubliche Vielseitigkeit. Spielend leicht verwischen sie die Grenzen zwischen den Genres, fügen Eigenarten hinzu und reißen die Masse mit. 80er Synthiepop trifft derben Elektro, hat aber keine Probleme mit Indierock oder auch R’n’B oder Soul. Und die ruhigen Tracks wie „In The Privacy Of Our Love“ oder „Wrestlers“ beweisen, dass auch die Balladen begeistern können. Zwischendurch blubbern die Synthies, schrammeln die Gitarren und man hört sogar mal U2-ähnliche Solos. Hier sind Musikfans am Werk. Allein die Musik vor dem Konzert reichte zwischen Club Mucke, über Joy Division bis hin zu altem Funk. Nach „Ready For The Floor“ dürstet die Masse nicht nur nach Bier, sondern auch nach mehr Musik. Und die gibt es inform von Zugaben. Das Set endet mit dem treibenden „Not Fit State“ vom Vorgängeralbum „The Warning“, in welches mal eben spielend leicht der alte New Order Klasiker „Temptation“ eingebaut wird. Diese Band kann nicht nur viel, sie zeigt es auch. Hot Chip sind eine Band der Moderne, beeinflusst von den letzten Dekaden an Populärmusik, bereit etwas zu wagen. Mit Beats und Ideen, gegen die von mir aus auch Timbaland altbacken wirkt. Und live sind sie ein Brett, einer der spannendsten Live-Acts, den die Musikwelt momentan zu bieten hat. Nennt es nerdy, nennt es „indie“, nennt es von mir aus auch Synthiepop. Ist ja alles egal. Diese Band schert sich nicht um Schubladen, sondern um ihr Publikum. Und da waren sich alle durchschwitzen Menschen, egal welchen Genre sie sich zuordnen lassen wollen, gestern abend einig. Ein Erlebnis sondergleichen! Bitte anstehende Termine oder ähnliches unbedingt nutzen.
Setlist: 01 Shake A Fist 02 Boy From School 03 Hold On
04 Bendable Poseable 05 Touch Too Much 06 Over And Over 07 Wrestlers 08 Out At The Pictures 09 One Pure Thought 10 Don't Dance 11 Ready For The Floor 12 In The Privacy Of Our Love 13 Made In The Dark 14 Crap Kraft Dinner 15 No Fit State
rhododendron - 11. Mär, 21:04
...bei Nada Surf im Backstage!
Sehr verehrte Damen und Herren! Es ist geschehen, die absolute Premiere, das absolutes Gigantentreffen der wandelnden Poplexika. Anlässlich des Nada Surf Konzerts in München der gerade beendeten Deutschlandtour trafen sich rhododendron, doughnut und Freunde vorerst im Café Cord, um dann gemeinsam zum Backstage, dem Ort des Geschehens, zu fahren.
Wie wir vor Ort feststellten, ist das Backstage eine Anlage, die Platz für zwei Veranstaltungen bietet. Parallel spielte an diesem Abend in der zweiten Halle Eko Fresh, was uns überraschte, hörte man doch zuletzt über laut.de, er sei in Rente gegangen.
Zurück zum Thema. Als wir nach einiger Zeit, die wir draußen anstehen mussten, endlich in der Halle waren, war ich sehr begeistert und froh, noch Karten bekommen zu haben. Nicht gerade wenige Leute versuchten vor der Halle in letzter Konsequenz noch Tickets zu bekommen und Preise von über 120 Euro für zwei Karten machen klar, wie begehrt das Livespiel der drei Amerikaner sein muss.
Das Backstage bot die perfekte Location für den anstehenden Gig der Jungs. Indieclubbig eingerichtet mit einem kleinen Innenraum für die pogende Masse, aber auch angehobene Ränge, wo man wahlweise stehen oder aber sitzen konnte und natürlich zwei Bars, wo das erste Bier an die fünf Euro kostete, aber man gönnt sich ja sonst nichts. Insgesamt bietet das Backstage eine Kapazität von an die 1000 Plätze, die auch nach und nach erreicht wurde. War die Lage vorerst noch übersichtlich, so füllte es sich nach und nach und mit dem Erscheinen der Vorband „Rogue Wave“ immer mehr.
Rogue Wave wussten mit allerlei Instrumenten und einem folkig-poppigen Sound a la Shins zu überzeugen. Besonders hervorzuheben sind hier mit Sicherheit ihr bekanntester Song, die Single „Lake Michigan“ und „Chicago“, gesanglich von Matthew Caws begleitet, der mit großem Applaus empfangen wurde.
Nach etwas über einer halben Stunde und der üblichen Umbauzeit standen dann pünktlich um 10 Uhr Matthew, Daniel und Ira auf der Bühne und begannen ihre Setlist mit der zackigen Nummer „Hi Speed“. Geeigneter Opener zur Einstimmung auf die knapp 90 Minuten, die noch folgen sollten. Nada Surf spielten verständlicherweise eine Menge neuer Songs ihres aktuellen Albums „Lucky“, das hierzulande mit einem Einstieg in die Charts auf #33 einen ihrer größten Erfolge markiert. Und das zu recht, denn alte wie neue Songs wurden hier nicht mehr und nicht weniger gleich bejubelt. Neue Songs wie „Weightless“ wissen gerade live zu überzeugen und ein glasklarer Sound, nicht zuletzt der perfekten Stimme Matthew Caws‘ zu verdankten, machten den Abend zu einem reinen Hörvergnügen. Das die Band, die hier und da gerne als One-Hit-Wonder abgestempelt wird, noch einiges mehr zu bieten hat als eine ironische Collegerocknummer wie „Popular“, bewies die folgende Setlist. Spätestens bei „Paper Boats“, einem ihrer besten Songs und „Fruit Fly“, wo spontan eine Übersetzung des Textes eingefordert wurde war klar, dass Nada Surf sowohl große, hymnenartige Balladen, als auch perfekten, schnellen Gitarrenpop und Rock beherrschen. Mit „80 Windows“ spielten sie schließlich einen nahezu vergessenen, persönlichen Favoriten von „The Proximity Effect“. Ansonsten vornehmlich Beiträge der letzten drei Alben, insbesondere ihrem bisher besten „Let Go“. Als die ersten Töne eines der schönsten Lieder aller Zeiten, „Inside of love“, erklangen und Matthew die bewegte Masse zu einem Two-Step der ganz einfachen Art aufforderte, wurde man Zeuge eines nahezu magischen Moments. Man musste letztlich nur noch die Augen schließen, um eins mit der Musik und der Masse zu werden. Anschließend und gegen Ende reihte sich Hit an Hit, von „See these bones“ und „Blizzard of 77“, über „Blonde on Blonde“ und der Ausnahmenummer „Always love“ von der letzten Platte „The weight is a gift“ bis zum finalen Paukenschlag „Blankest Year“, wo Daniel das Publikum gepflegt dazu aufforderte, die Bühne zu stürmen. Zwar waren es nicht so viele wie in Madrid, doch mit uns tanzten dann um die zehn anderen Leute zu „Oh! Fuck it! I’m gonna have a party“ dem finalen „Popular“ entgegen, das sogar einige entgegen aller Annahmen nicht zu kennen schienen. So schnell wie es begann, war das Konzert letztlich auch wieder zu Ende. Was bleibt, ist mal wieder eine Übereinstimmung unsererseits, dass dieses ein überaus gelungenes Konzert war und wir mehr als sicher sind, im Gegensatz zu Eko Fresh die größere Party gehabt zu haben.
Inside of love, live in München
Popular, live in München (Dankeschön, Mike!)
Die Setlist, vom Original übernommen:
01 Hi-Speed Soul
02 Happy Kid
03 What Is Your Secret?
04 Weightless
05 Whose Authority
06 Ice On The Wing
07 Kilians Red
08 Paper Boats
09 I Like What You Say
10 80 Windows
11 Inside Of Love
12 Do It Again
13 Beautiful Beat
14 See These Bones
15 Blizzard of '77
16 Jail Bate / Love Will Tear Us Apart
17 Blonde on Blonde
18 Always Love
19 The Blankest Year
20 Imaginary Friends
21 Popular
doughnut_ - 7. Mär, 16:40
Meine schönsten Konzerte 2007. Ein etwas anderer Rückblick mit mehr oder minder feinen Handy-YouTube-Bootleg-Videos, die nur erahnen lassen, wieviel Spass ich hatte ;-)
01. Athlete (
München, 13.12.07)
02. The Arcade Fire (Southside Festival,
Berlin, 08.11.07)
03. Bloc Party (Southside Festival,
Dresden, 06.05.07)
04. Interpol (
Southside Festival, Dresden, 25.06.07)
05. Hot Chip (
MELT! Festival)
06. Editors (
Southside Festival, München, 07.11.07)
07. The Boxer Rebellion (München, 07.11.07, Editors Support,
Video von ner anderen Location)
08. The Rifles (
MELT! Festival, Dresden, 10.02.07)
09. Stars (Dresden, 21.09.07,
Video von ner anderen Location)
10. Trentemøller (
MELT! Festival)
rhododendron - 25. Dez, 16:07
Athlete @ 59:1, München, 13.12.07

Es gibt sie noch. Diese besondere Live-Momente. Für die einen ist das der, wenn man sich für geschätzte 3000 Pfund ne Karte fürs Led Zeppelin Reunion-Konzert erschleichen konnte. Für die anderen ist es auch nur ein einzelner Song oder das Entdecken vieler neuer Songs oder einer guten Vorband. Ich hatte diese Abend. Letzten Mittwoch. In München. Und das lag natürlich an dieser Band.
Athlete zählen seit einigen Jahren zu einer meiner absoluten Lieblingsbands ohne das ich genau erzählen kann, woran das liegt. Vermutlich daran, dass sie der Formel für ideale, gleichzeitig einfache, wie vielschichtige Popmusik näher sind, als viele andere Bands. Und vor allem sind sie authentisch und sympathisch und bringen diesen Sound so gut rüber.
An diesem Abend stimmte alles. Die Band war bester Stimmung, der Club war toll (Schön, sie „noch“ vor ca. 300 Mann zu sehen), das Publikum auch (Überraschend hohe Textsicherheit) und Sara brachte den Beweis, dass man auch über MySpace nette Leute kennen lernen kann (Thanx!). Und dann diese Musik. Quasi ein Selbstläufer. Hätte man vorher erahnen können. Umgehauen hat es mich dann trotzdem. So brachten Athlete einen Hauch von Wärme und Sommer an diesem Abend in das ansonsten eisig kalte München. Vielen Dank! Nachdem es sich natürlich in der ersten Reihe bequem gemacht wurde (warum auch nicht?) wurde gleich der sehr gute Support Act
Iain Archer bestaunt, der seinen Support souverän erst allein und dann noch mit Unterstützung seiner Frau, sowie Athlete-Drummer Stephan und Tourgitarrist Johnny bestritt. Da wurde mir erst mal deutlich, dass es im Prinzip nicht wirklich ne Begrenzung zwischen Bühne und mir gab. Aber hey, gut so.
Jaaa, und dann kamen Athlete und für anderthalb Stunden gab es Musik vom Feinsten. Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll und ich frag mich grad, ob mir nicht die Objektivität fehlt... ach, auch egal. Wie gesagt: Bei diesen Songs kann nix schief gehen. Gleich nach dem Opener „Tokyo“ trumpfte die Band mit ihrem ersten Hit „You Got The Style“ auf, dessen Motto „It’s getting hot in here“ dann auch langsam auf die Menschen im ausverkauften Club übertragen wurde. Es folgte ein bunter Mix aus den besten Songs der ersten drei Alben, wobei man sich über alle gleichmaßen gefreut hat. Sein es der sommerliche Casio-Pop des Debüts „Vehicles & Animals“, die getragenen Klänge des Zweitwerks „Tourist“ oder dieses famose, neue, kleine Popwunder „Beyond The Neighbourhood“. Alles klappte. Nur die Technik manchmal nicht. Aber das nahm die Band gelassen. Es war der vorletzte Abend der Tour und die Deutschland-Tour lief überraschend gut. Da regt einen so was nicht auf. Als Johnnies Gitarre mal kurzerhand den Geist aufgibt, wird die Setlist getauscht, als Stephan’s Schlagzeug kurz ausfällt wird kurzerhand mit „Beautiful“ ein Song angestimmt, der eigentlich nicht mal auf der Setlist stand. Es wird gelacht, übereinander, miteinander. Die Band hat Spaß und das überträgt sich halt auch auf das Publikum. „Can you smell the Germans here?“ dichtet Frontmann Joel spontan “The Outsiders” um… und die gaben das auch zurück. Sangen „Wires“ oder „Hurricane“ lautstark mit und halfen dem guten Mann auch bei Textschwierigkeiten. Ich z.B. bei „Shake Those Windows“, dem überraschenden Highlight des Abends, auch wenn ich Joel damit kurz aus dem Konzept brachte. Der Humor zeigte sich auch, als die Band es sein lies, sich vor dem obligatorischen Zugabenblock die Garderobe aufzusuchen... sie wär eh nicht durchgekommen. Stattdessen stellte man sich auf die Seite der Bühne und Joel sprang neben mich in die erste Reihe, um die Band aufzufordern, doch weiterzuspielen. Moment, kling ich grad wie ein Groupie? Hmm, ich erzähl ja nur, was passiert ist. Außerdem bevorzuge ich die Bezeichnung „Fan“ *g*. Der Zugabenteil bot weitere Highlights. Eine sehr akustische tolle Version von „Flying Over Bus Stops“ (meinen Remix dazu hab ich egomanisch, wie ich bin ans Ende des Beitrags gesetzt) sowie mit „Second Hand Stores“ den besten Song des neuen Albums. Ein Song über die Liebe, voller Kraft und Feelings. Sowie fast alle Songs der Band. Und als die Band danach wirklich die Bühne verlies, schüttelte mir Joel als einzigsten die Hand. Und da könnt ihr mich Groupie schimpfen oder was auch immer, aber das war einfach mal ein toller Moment! Ja, so funktioniert die Formel für gute Popmusik. Sie beschert Momente des Glücks, ohne oberflächlich zu wirken. Das ist nicht leicht und sicher eine Gradwanderung, aber diese Band hat es... dieses berühmte, gewisse Etwas. Mein zurzeit liebstes Argument, wenn mich jemand fragt, warum ich denn lieber Pop höre als Heavy Metal. Am Ende hat dieses Argument auch das „59:1“ in München verstanden. Das Publikum war begeistert, die Band sichtlich auch. Und als ich so da stand und drauf wartete, das Johnny mir meine Limited des neuen Albums vom Signieren wiederbrachte (Ja, keine weiteren Groupiegeschichten mehr!), da wurde mir erst bewusst, dass dieser Abend eigentlich perfekt war in eigentlich jeglicher Hinsicht (ich hätte auch von der Gitarre getroffen werden können... das hätte auf die Stimmung gedrückt)... Und somit wurde mir am Ende des Jahres doch noch das schönste Konzert des Jahres beschert. Mein liebstes Weihnachtsgeschenk!
01 Tokyo 02 You Got The Style 03 Tourist 04 Airport Disco 05 Hurricane 06 Yesterday Threw Everything At Me 07 Best Not To Think About It 08 Half Light 09 Westside 10 The Outsiders 11 Beautiful 12 Wires 13 Shake Those Windows 14 Flying Over Bus Stops 15 Second Hand Stores 16 Twenty Four Hours
[mp3]My Remix of Athlete's "Flying Over Bus Stops"
rhododendron - 17. Dez, 23:44