Ausgehen

Sonntag, 11. November 2007

Aufwachen! Euphorie!

The Arcade Fire @ Columbiahalle, Berlin, 08.11.07

Wie groß eine Band mittlerweile geworden ist, erkennt man ja nicht nur an den unzähligen Rezensionen und Kritiken, sowie durch die Tatsache, dass selbst Leute aus dem Bekanntenkreis die Musik hören, von denen man das nie erwartet hätte („Ja, die Kaiser Chiefs, voll cooool!“). Nein, besonders, wenn man auf Konzerte geht, wird man von der Masse an Leuten durchaus überrascht. Und das Konzerte von The Arcade Fire etwas besonderes darstellen hat sich mittlerweile auch über David Bowie und Spiegel hinweg herumgesprochen. Mit welcher Scharr prominenter Fans diese Band auftrumpfen kann, möchte ich nicht nochmal erwähnen. Genausowenig die Tatsache, dass ich noch nie eine schlechte Kritik über sie gelesen hab. Eine Band, auf die sich irgendwie alle Musikliebhaber einigen können und auch müssen. Besonders wenn man die Freude hatte, sie live zu erleben.
So freute ich mich nach dem Southside-Appetizer vom Sommer auf mein erstes vollständiges Konzert dieser großartigen Band. Und nicht nur ich. Die Columbiahalle in Berlin war randvoll mit Menschen denen es genauso ging. Das war mitunter auch der einzige Kritikpunkt des Abends. Nichts gegen viele Menschen, aber das war schon mehr als hart an der Grenze. Ist zwar lustig, wenn man aus der Toilette kommt und schon direkt im Publikum steht, aber wenn man sich keinen Meter mehr bewegen kann ist das nur semi-lustig. Die Luftqualität zollt dann auch ihren Tribut und man kann der Band nur danken, dass sie vorher ein Rauchverbot für die Halle verhängt hat. Gut, nächstes Mal Rang. Da hat man auch mehr Platz zum Tanzen.

Und den braucht man, wenn diese Band erstmal loslegt. Nach der netten, aber reichlich unspektakulären Vorband Wild Light legte das Kollektik um das charmante Frontehepaar Win Buttler und Régine Chassagne dann irgendwann gegen 10 Uhr los. Und wie. Auf den Leinwänden leuchten Fernsehprediger auf, daneben die „Neon Bible“, das Symbol der Band, die mit ihrer Musik und ihren ersten zwei Alben schon so eine Art musikalische Bücher der Offenbarung vorgelegt haben. Fantastische Traumwelten, offensichtlich ausdrucksstark mit viel Pathos und Bombast, aber auch viel Düsterkeit und schlichter Melancholie. Mit Pauken und Trompeten. Wie an diesem Abend. Als mit „Black Mirror“ der verhaltene Opener erschallt, baut sich, synchron zum Song eine langsame Euphorie im Publikum auf, die endgültig mit dem nächsten Block, bestehend aus den Tanzfegern „Keep The Car Running“, „Laika“ und „No Cars Go“, ausbricht und die Band sicher durch den ganzen Abend trägt. Hier wird Musik zelebriert, wie sie momentan nur eine Band macht. Die Berliner Morgenpost schreibt zwei Tage später, Arcade Fire seien die Retter der Popmusik. Und damit haben sie gar nicht mal so unrecht. Arcade Fire zelebrieren Pop und Rock auf einem Niveau und mit einer Größe, wie es dieser Musik gebührt. Die Songs handeln sowohl von Urängsten als auch von der politischen und gesellschaftlichen Stimmung auf dieser Welt. Den schnellen Stücken folgen tolle Balladen wie „Haiti“, durch welches sich Régine so charmant durchträllert, das man mit ihr sofort in selbiges Land fliehen möchte. Gut, aber sie hat ja ihren Will. Die Songauswahl lässt zwar ein paar persönliche Favouriten vom neuen Album („Ocean of Noise“, „My Body Is A Cage“) vermissen, aber recht machen kann man es ja bekanntlich niemandem. Am Ende des ersten Blocks geht’s dann nochmal rund.
Dem euphorischen „Intervention“ (mit echter Mini-Kirchenorgel auf der Bühne) folgt das hämmernde „Power Out“, sowie der vermutlich beste Song der Band, „Rebellion (Lies)“, einer der prägensten Songs des neuen Jahrtausends. Schon jetzt. Auch von der Message her unverzichtbar. Danach ist Schluß, doch Berlin will mehr. Die Menschen jubeln an allen Orten frenetisch. Von der hintersten Reihe, über die Ränge, zu den Menschen an der Bar bis hin zu denen ganz vorne, deren Kondition nochmal gesondert gelobt sein soll. Hier ist keiner enttäuscht, selbst wenn er hinter ner Säule steht und nichts sieht. Und die Band kommt wieder. Win kündigt mit „Surf City Eastern Bloc“ einen Song an, den er damals als Teenager in Berlin geschrieben hat und anschließend läutet er mit der Band das Finale in Form von „Wake up“ ein, jener unbeschreiblichen Stadionhymne, die viel zu groß für die Columbiahalle ist, aber wohl auch zu groß für’s Olympiastadion. Heillose Euphorie unter den Menschen! Und am Ende sind sich wohl auch alle einig, dass dies ein großer Abend war, egal ob man nix gesehen hat, der Sound an manchen Stellen doof war oder einem auf die Füße getreten wurde. Ich weiger mich davon zu sprechen, dass diese Band momentan auf ihrem Zenit spielt, aber andererseits: was soll da noch kommen? Hoffentlich irgendwas! Hoffentlich mehr! Und hoffentlich erreichen sie noch mehr Menschen mit ihrer traumhaften Musik! Denn dann würde es der Welt vielleicht ne Spur besser gehen... hmmm, na ja, oder zumindest würden sie vielleicht in ner größeren, geräumigeren Location spielen.

Setlist: 01 Black Mirror 02 Keep The Car Running 03 Neighbourhood #2 (Laika) 04 No Cars Co 05 Haiti 06 Black Wave/ Bad Vibrations 07 In The Backseat 08 Neon Bible 09 Age of Consent 10 (Antichrist Television Blues) 11 The Well And The Lighthouse 12 Neighbourhood #1 (Tunnels) 13 Intervention 14 Neighbourhood #3 (Power Out) 15 Rebellion (Lies) 16 Surf City Eastern Bloc 17 Wake Up

Freitag, 9. November 2007

Entscheidend ist die Größe

Editors / The Boxer Rebellion @ Georg-Elser-Halle, München, 07.11.07

Die Wolken hängen tief an diesem Abend in München. Regen und Wind wechseln sich ebenfalls in ihrem bizarr-kalten Spiel ab. Melancholie liegt in der Luft. Da passt ein Besuch bei einer der momentan besten Bands dieses Planeten also bestens. Die Editors, jüngst hier auf Nobono zur Band des Jahres gewählt, sind eine Klasse für sich. Kaum ein Debüt war so überzuegend wie „The Back Room“ und der diesjährige Nachfolger „An End Has A Start“ geht die Richtung konsequent weiter. Große Gefühle, in düsterer Umgebung.
Doch vorher gebührt mein gesonderter Dank an The Boxer Rebellion, ebenfalls aus dem UK. Der Begriff „Support Act“ würde dieser Band ein wenig spotten, denn sie war dem Hauptact mehr als ebenbürdig. Ihr 2005er Debüt „Exits“ lief bei mir in den letzten Wochen auf schwerer Rotation. Unter der Rubrik „Mixtape“ oder auch bei Last.FM direkt kann das übrigens kostenlos runtergeladen werden. Umso wichtiger, da das Album momentan nicht mehr gepresst wird, weil die Rechte bei der alten Plattenfirma liegen. Aber diese Band hat das gewisse Etwas. Die Quintessenz aus vielen Spielarten des Britpop/rock in den letzten, sagen wir mal, 10 Jahren. Von der ruhigen Coldplay-Ballade, über den Noise Rock der Coopter Temple Clause (R.I.P.), bis hin zu den von mir allseits beliebten Post-Punk-Anleihen. Diese Band hat etwas. Größe und musikalische Substanz, welche auch die neuen Songs, die man sich bei MySpaceanhören kann, besitzen. Jetzt muss sie bloß noch jemand signen. Also bitte Werbung machen, so gut es geht.

Nun aber zum eigentlichen Hauptact, der von Anfang an zeigte, was er so auf dem dunklen Kasten hat. Bereits mit dem fulminanten Opener „Lights“ hat mich die Band. Gut eigentlich schon, wenn sie auf die Bühne kommt, aber trotzdem. Danach wird aufs Tempo gedrückt. „Bones“ mit diesem unverkennbaren New-Wave-Disco-Beat, der gleich auch nochmal bei „An End Has A Start“ benutzt wird. Eigentlich bei ner Menge Songs, fällt mir grad auf. Auch, egal. Immer wieder werden die stampfenden Indie-Hymnen unterbrochen von großen Stadionrock-Momenten, wie dem fulimnanten „The Weight of The World“ (Gänsehaut!) oder „Escape the Nest“, mit diesem Monster von Gitarrenriff. Dazu das Flehen und die Verzweiflung in den Worten und Gesten von Sänger Tom Smith, der einmal mehr seine grandiosen Entertainerqualitäten unter Beweis stellte. Ein Mann, der in seiner Musik aufgeht, Erfüllung findet. So wirkt der schlagsige Lockenkopf permanent. Er rennt von einer Ecke zur anderen, auch gern mal um das Piano drum, er hämmert abwechselnd auf Gitarre und Piano ein. Er schreit, er wedelt mit den Armen, er erspringt Piano und Schlagzeug mit Leichtigkeit. Dieser Mann hat etwas Besonders, seltsames in seiner Art und Weise. Aber das macht auch die Faszination dieser Figur Tom Smith aus, welche ich, wie viele andere weibliche Fans teile. Und das obwohl ich hetero bin. Aber dieser Mann lebt seine Songs und geht in ihnen auf. Genauso wie der Rest der Band, wobei die es sich sicherlich weniger expressionistisch anmerken lassen.
Smith und seine Kollegen waren in bester Spiellaune. Munter reihen sich die Hits des Debüts, wie „All Sparks“ oder „Munich“ neben die Songs von der neuen Platte wie „Spiders“ oder „The Racing Rats“, was aus meiner Sicht der beste Song des Abends war. Dazu gibt’s mit „Banging Heads“ nen sehr okaye neuen Song, sowie mit „You Are Fading“ eine alte B-Seite, welche aber mittlerweile am Ende zu einer riesigen Soudwand aufbaut, die einen, wie so viele Songs der Band, in ihrer Größe fast zu erschlagen scheint. Die Georg-Elser-Halle ist ja noch nicht so groß, wobei ich mir sagen lassen hab, dass sie letztes Jahr noch in einer kleineren Location gespielt haben sollen. Dennoch schreit alles an dieser Band nach Größe. Von der Musik über die Gesten. Und wenn die Leute jetzt noch verstehen, dass dies nicht unbedingt was schlechtes bedeutet, dann kann man diese Band auch in Zukunft noch lieben. Wenn sie sich nicht verstellt und authentisch bleibt und weiterhin so tolle Songs über Zweifeln, Tod und Vergänglichkeit zu unseren Leben beisteuert. Oder auch gern andere. Ich hab’s schon beim letzten Gig vor 1 ½ Jahren gesagt, aber diese Band hat eine Zukunft. Eine Große! Auch, wenn mir das manchmal nicht gefallen will, aber verdient haben sie’s. Am Ende verabschiedet man sich höflich und Tom Smith bittet, doch mal auf der MySpace Seite von The Boxer Rebellion vorbeizuschauen. Denn auch die sollen eine große Zukunft vor sich haben. Recht hat er und ich hoffe, ich kann in ein paar Jahren auch sagen, dass ich bei beiden Recht hatte.

Setlist: 01 Lights 02 Bones 03 Bullets 04 And End Has A Start 05 The Weight Of The World 06 Blood 07 Escape The Nest 08 Banging Heads 09 All Sparks 10 When Anger Shows 11 Spiders 12 The Racing Rats 13 Munich 14 Open Your Arms 15 You Are Fading 16 Smokers Outside The Hospital Doors 17 Fingers In The Factories

Mittwoch, 3. Oktober 2007

Die Leiden des jungen W.

Moneybrother @ StarClub, Dresden, 02.10.07

Bei Putzmitteln und so gibt es ja gern mal die Fleck-Weg-Garantie. Oder auch bei diversen Haushaltsgegenständen. Oder bei Neun Live, wenn man „auf jeden Fall bei nem Anruf was gewinnen kann“. Gut, vorrausgesetzt, man erwischt die Leitungen 3 und 14, aber das ist ein ganz anderes Thema. Denn eigentlich müsste man in diesem Sinne auch einem Live-Konzert von Schwedens exportfreundlichstem Solo-Künstler Moneybrother eine Garantie aussprechen. Nämlich die „Great-Entertainment“-Garantie! Gut, über den Namen kann man sich noch mal Gedanken machen. Fakt ist, aber dass der Kauf einer Karte für ein Konzert von Herrn Anders Wendin und seiner Band quasi eine Garantie für einen Abend mit hervorragender Live-Musik ist! Da bekommt man wirklich was für sein Geld. Und ich hab das schon geahnt und bin deshalb fast genau 2 Jahre nach seinem letzten Besuch im Dresdner StarClub wieder in selbigen gegangen. Und das, obwohl ich den US-Retrorock-Bruce-Springsteen-Sound seines jüngsten Werkes „Mount Pleasure“ nicht wirklich durchgängig zufriedenstellend finde.
Aber all diese Zweifel und Unkenrufe verhallen ungehört, wenn diese Combo die Bühne betritt. Da bleibt kein Hintern ungeschüttelt, kein Fuß auf der gleichen Stelle und die Temperatur erhöht sich. In erster Linie, wie auch gestern, natürlich bei den vielen weiblichen Fans, von denen Wendin im Prinzip mit nur einem Augenaufschlag einen Großteil zur spontanen Hochzeit mit ihm überreden könnte. Ja, dieser lockige Mann mit seinem verschmilzten Grinsen ist ein Frauenmagnet. Vermutlich waren deshalb auch diesmal mehr Männer vor Ort, als noch 2005. Gegen 10 Uhr kommt die Band auf die Bühne, der groovige Beat von „Down at the R“ (eigentlich der Song vom neuen Album mit dem größten Hitpotential) beginnt und schon nach wenigen Sekunden klimpert das Piano los. Und dann gibt es hier Pop-Sahnestücke vom Feinsten. Gleich im Anschluss erfreut Anders die Fans der ersten Stunde mit „Keep the Hurt at Bay“, einem Schmachtfetzen vom Debüt „Blood Panic“. Und an dieser Stelle hat er das Publikum bereits auf seiner Seite. Der gewohnte Mix aus hochdramatischen Schmachtballaden und zackigem Indie-Pop/Rock funktioniert nach wie vor irgendwie reibungslos. Und dazu diese hervorragende Band, der man die Spielfreude quasi ansieht. Besonders das Zusammenspiel zwischen Wendin und Saxophonist Gustav Bendt ist einfach immer wieder herrlich anzusehen. Bendt, der Mann mit der Rockabilly-Tolle, besitzt nämlich ähnlich gute Entertainment-Qualitäten, wie sein Chef. Und wenn der Mann am Saxophon zusammen mit Gitarrist Patrick Andersson die tolle Ane Brun beim Duett „It might as well be now“ live ersetzt, dann bleibt kein Auge trocken. Homoerotische Momente im StarClub. Frenetischer Jubel bei den Besuchern. Bei den großen Hits wie „They’re building Walls around us“ sowieso. Es sind diese zwei, drei herausragenden Pop-Songs, die aus dem Repertoire besonders herausstechen. Aber der Rest geht natürlich auch. Moneybrother rockt wie ein Wilder, leidet mit überlebensgroßen Morrissey-Gedächtnis-Gesten und spielt sich und seine Band in einen Rausch aus guter Laune. So vergeht die Zeit wie im Flug, aber ein Glück, die Combo geizt nicht mit Zugaben. Und wenn „Just Another Summer“ nahtlos in „Reconsider Me“ übergeht, dann weiß man, was man an dieser Band hat. Und so bringt Wendin die Mädels zum kreischen und schwitzen, bedankt sich in gebrochenem Deutsch aufs Herzlichste und entlässt uns in die Nacht mit einer wunderschönen reduzierten Version von „Feelings Getting Stronger in the Dark“, sowie abschließend als 3. Zugabe mit „Stormy Weather“, dem Rausschmeißer vom Debüt. Moneybrother und Begleitband hinterlassen einmal mehr ein begeistertes Publikum. Und selbst wenn er als nächstes ein Metal-Album aufnehmen würde, ein Konzert würde ich mir trotzdem geben. Unter Garantie!

Setlist: 01 Down At The R 02 Keep The Hurt At Bay 03 It Will Not Happen Here 04 Will There Be Music? 05 The Pressure 06 They’re Building Walls Around Us 07 It Might As Well Be Now 08 Blow Him Back Into My Arms 09 Guess Who’s Gonna Get Some Tonight 10 My Lil’ Girl’s Straight From Heaven 11 It’s Been Hurting All The Way With You, Joanna 12 Just Another Summer 13 Reconsider Me 14 I Know It Ain’t Right 15 Feelings Getting Stronger In The Dark 16 Stormy Weather

Donnerstag, 27. September 2007

Die Botschaft heißt Liebe

Stars @ Scheune, Dresden, 21.09.07

Es ist ein innerer Konflikt. Da fragt man sich, warum sich gute Popmusik, obwohl sie doch so massenkompatibel ist nicht durchzusetzen vermag und warum z.B. die Stars aus Montreal in nem kleinen 300-Mann-Club und nicht in einer größeren Mehrzweckhalle spielen, aber wenn man dann in diesem Club in der ersten Reihe steht und Sänger Torquill Campell im Sangesrausch einem fast auf die Finger tritt, dann freut man sich auch, das einem diese kleine Band irgendwie allein gehört. Zusammen mit einem kleinen Kreis Auserlesener. Dabei ist das Ganze aber trotzdem irgendwie unverständlich, denn diese Band will und kann mit ihrer Musik Großes bewegen. Das neue Album In Our Bedroom After The War ist feinster Kammerpop, der allerdings mit genug Größe ausgestattet ist, um die ganze Welt zu beschallen. Liebe ist die Botschaft! Das mag naiv klingen, doch wenn man sich die Songs der des flotten Fünfers aus Kanada so anhört, dann muss man denen einfach glauben. Zu eindeutig gut ist diese Musik, zu zauberhaft sind Melodien, Texte, Geigen, Bläser und Piano. Zu einprägsam ist der Gesamteindruck. Auch live. Da geben die Stars gleich von Anfang an Gas, indem sie nach dem Intro bereits die tolle neue Single „Take me to the Riot“, ein Pläydoer für’s hemmungslose Zelebrieren des Party-Wochenendes, hinterherschieben. „Pills enough to make me ill, Cash enough to make me well“. Da steckt viel Wahrheit drin. Aber bewusstseinserweiterte Mittelchen braucht man an dem Abend in der Scheune nicht, um die Band live zu genießen. Es folgt eine Setlist, vollgepackt mit dem besten, was das neue Album zu bieten hat, aber auch, ja, man muss es so sagen, alten Klassikern der Band, wie „Elevator Love Letter“ oder „What I’m Trying To Say“. Auf der kleinen Bühne schaut man dieser Band gern beim musizieren zu und das Zusammenspiel zwischen Frontmann Campell und Frontelfe Amy Milan ist bei jedem Song neu entzückend. Dresden wird dann auch mal kurzerhand zum Montreal Deutschlands erklärt. Mit sowas punktet man natürlich. So macht der Zuschauer an diesem Abend eine Achterbahn der Gefühle mit. Von guter Laune wie „Soft Revolution“ bis hin zu einer Nummer wie „One More Night“, die, laut Torquil, davon handelt, „to fuck somebody to death“. Ja, da werden alle zwischenmenschlichen Gefühle abgedeckt. Zwischen den flotten Indie-Pop/Rock-Nümmerchen gibt es immer wieder herzerweichende Momente, wie das traurige „Personal“ oder das kleine Sahnehäubchen „Your Ex-Lover Is Dead“. Man lacht und man weint. Aber so sollte Pop-Musik sein! Und dazu diese Band, der man die Spielfreude ansieht. Und das äußert sich nicht nur an den im Laufe des Abends immer größer werdenden Schweißflecken von Torquil. Ja, sowas fällt halt in der ersten Reihe auf. Nach dem epochalen Titeltrack des neuen Albums kam die Band unter Jubelstürmen natürlich noch einmal zurück, um gleich mit „The Nigh Starts Here“, eine weitere Marke auf ihrem Weg zum perfekten Popsong hinzulegen. Da fragt man sich echt, was da noch besser werden sollte. „I want more“ flehen die Protagonisten im letzten Song „Heart“, von ihrem gleichnahmigen Debüt. Das Publikum will es auch, aber bekommt es nicht. Aber irgendwann muss auch mal Schluss sein. Nach fast anderthalb Stunden wird man von dieser bezaubernden Band wieder Richtung reale Welt verlassen. „The War Is Over, We Are Beginning” heißt es in einem Song. Und so verlässt man an diesem Abend die “fading lights” der City und verspürt irgendwie das Gefühl, etwas mehr Liebe in dieser Welt zu verbreiten. Die Stars wird es freuen... ihre Mission, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, ist allerdings noch nicht beendet. Hoffen wir, das sie nicht so schnell resignieren!

Selist: 01 The Beginning After The End 02 Take Me To The Riot 03 Set Yourself On Fire 04 Elevator Love Letter 05 The Ghost Of Genova Heights 06 Bitches In Tokyo 07 One More Night 08 Personal 09 Soft Revolution 10 Midnight Coward 11 What I’m Trying To Say 12 Window Bird 13 Your Ex-Lover Is Dead 14 Reunion 15 Ageless Beauty 16 In Our Bedroom After The War 17 The Night Starts Here 18 My Favourite Book 19 Heart

Montag, 17. September 2007

Die Show, die keine war

Adam Green @ Alter Schlachthof, Dresden, 15.09.07

Etwas verloren wirkte er schon, der junge Herr aus New York City, als er mit zerzauster Frisur und Akkustikgitarre am Samstag Abend die Bühne des Dresdner Schlachthofs betrat. Ein Wagnis ist das schon. Nur mit Bahrhocker, Instrument und Stimme bewaffnet einen Saal zu unterhalten, den er vor 2 Jahren mit seiner Begleitband noch ausverkauft hatte. Und siehe einer an... bis auf einige freie Sitzplätze im hinteren Bereich, konnte Adam Green auch bei dieser Solo-Show die Massen anziehen. Erwähnenswert sei noch die grundsympathische Vorband The Pierces, die mit ihren coolen Pop-Blues-Whatever-Tambourine Set ebenfalls akkustisch überzeugen konnte. Das Publikum hatten sie dann spätestens bei ihrer eigenen Darbietung des alten Moldy Peaches Klassikers „Who’s Got The Crack?“ Das Dutzend Leute im Saal, die diese Nummer wohl kannten flippten da natürlich erstmals auch.
adam-green-liveMr. Green machte nicht viel Tam-Tam. Die ersten 3,4 Songs (darunter mit „Friends of Mine“ der erste Hit) vergingen ohne nennenswerte Kommenatre von seiner Seite. Groupierufe, wonach er seine Hose bitte ausziehen sollte, erwiederte er mit ungläubigen Kopfschütteln und Gestammel. Später bewies er Schlagfertigkeit, als den weiblichen Fans gekonnt den Mund verbot. Denn heute ging es nicht um den flapsigen Tänzer und verpeilten Entertainer Adam Green, sondern um den talantierten Musiker, der in seinen kleinen feinen 2-minütigen Folk-Nummern genauso konfuse, wie amüsante und auch zwischendurch gern mal glaubwürdige Geschichten erzählte. Da wurden auch sämtliche erdenklichen Schmipfwörter und Geschlechtsorgane besungen. Etwas, was man ihm lassen muss, denn selbst das bringt er noch sympathisch rüber. So wechselten sich im Laufe des Abends Songs seiner ersten 4 Alben mit neuen Songs ab, immer wieder gewürzt mit dem ein oder anderen Hit á la „Carolina“ oder „Gemstones“, sowie auch vollkommen unzurechenbaren Coversongs. Und unterhalten hat er trotzdem. Niemand stimmt seine Gitarre so publikumswirksam, wie er. Jeder falsche Akkord oder versungene Vers wurde positiv aufgenommen. Mit diversen Räusperern und Wortfetzen, die er wahlweise in verschiedenen Tonlagen ins Mikro pustete sorgte er für mehr Unterhaltung bei dem bunt gemischten Publikum, als vermutlich ein kompletter Abend vorm Fernseher. Seine gutaussehende Freundin kam auch noch auf die Bühne und zusammen sang man dann Stücke von der neuen Platte, wobei sie nicht wirklich eine stimmliche Begabung hat. Aber was hat man da auch erwartet? Nach „Dance with me“ gings erstmal von der Bühne, doch der Applaus holte ihn zurück und die Pierces kamen gleich mit. Das erweiterte Instrumentarium sorgte dann für noch mehr Stimmung. Leider verschwanden die Damen schon wieder nach einem Song, was etwas schade war. Danach waren Publikumswünsche gefragt. Und nach einer seltenen Nummer vom ersten Album und der Entschuldigung, dass er keine Ahnung hat, wie man „Choke on a Cock“ auf der Gitarre spielt, wurde auch mein Wunsch erfüllt. Zusammen mit noch 2,3 anderen im Publikum nahm Adam die flehenden Wünsche nach „What a Waster“, jener tollen Hymne, mit der die Libertines einst den Durchbruch schafften, war und spielte diese Nummer einmal mehr mit einer Inbrunst, dass es selbst Pete Doherty den Hut wegblasen würde. Danach folgte erstmal das Kinderlied „Twinkle, Twinkle, Little Star“, sowie die komplette Besingung des Alphabets. Aber selbst das macht keiner so gut, wie er. Der Applaus war dann so groß, dass er noch zu einer zweiten Zugabe auf die Bühne kam. So endete das Set ganz Adam-like natürlich noch mit einem Song über Drogenverherrlichung („Drugs“) und der Aussage, dass man auch Frauen ohne Gliedmaßen sexuell glücklich machen kann („No Legs“). Am Ende gab’s vom Dresdner Publikum stehende Ovationen und vom Künstler noch ein typisches Siegestänzchen. Eine kleinere Location wäre vielleicht noch besser gewesen, aber bei dem Ansturm wohl nicht zu erwarten. Anyway, Adam Green hat wohl heute abend dem letzten bewiesen, dass er kein Clown ist. Und wenn doch, dann einer, der hervorragende Musik machen kann.

Setlist: Nein, also beim besten Willen. Ich glaub, selbst der beste Fan hätte da Probleme, noch alles zusammenzubekommen. Wer weiß, ob die überhaupt mit seiner vorbereiteten übereinstimmte ;-)

Mittwoch, 12. September 2007

"Better than The View"

Maps @ Ampere, München, 10-09-07



Es gibt so eine handvoll Konzerte, die bleiben eben doch eine Spur länger hängen, als der Rest. Das sind dann so ganz besondere Momente. Als ich z.B. die Editors Anfang 2006 in der ersten Reihe in nem kleinen Club erleben durfte und wusste, dass die mal ganz groß werden. Oder als ich Teile von Morrissey's Hemd bei dessem letzten Berlin-Gig ergattern durfte. Die guten Konzerte sind die, wo auch eine persönliche Note vorhanden ist. So z.B. vorgestern beim feinen Debüt von Maps im Münchner Ampere. Perfektes Timing ist das! Nachdem ich die Platte in den letzten Wochen immer lieber und intensiver gehört hab, passt es doch bestens, dass ich genau dann in der Stadt bin, wenn Mastermind James Chapman und seine sehr sympathische Begleitband die Songs des tollen Debüts We Can Create vorstellten. Besonders, wenn nur ca. 30 Mann anwesend sind von denen schätzungsweise 10 diese Platte vielleicht kannten und ungefähr 3 Menschen diese wirklich liebten, hatte ich das Gefühl. Na ja, Einbildung ist auch ne Bildung. Zu dem Sound muss man nichts sagen, der wurde hier bereits schon auf'm "Plattenteller" besprochen. Das die sphärischen Soundwunderwerke Chapmans auch live mit Band funktionieren wurde mehr als eindrucksvoll bewiesen. Da wurde geschwellgt, andächtig mitgenickt und sogar ein wenig mit Bierchen in der Hand mitgetanzt. Und der Band gefiel es. Nicht die Größe macht es, sondern die Liebe. Und so wird mir wohl ewig das Bild in Erinnerung bleiben, wie ich deb Refrain von "Liquid Sugar" mitsang und James sich einfach freute, als er mich und nen Kumpel dabei sah. Klar, man freut sich als Künstler, wenn man etwas zurückbekommt.
So auch nach dem kleinen feinen Gig, als sich Chapman und Band noch unter das lichter-werdende Ampere-Publikum mischten. Neben einer Masse von Autogrammen und kurzen Chats mit der sehr netten Band gab es dann auch noch ein längeres Gespräch mit dem Chef persönlich. Klar, dass gerade er noch bodenständiger ist, als vermutlich all die anderen Bands, die ebenfalls dieses Jahr für den renomierten Mercury Prize nominiert wurden. Darüber ging's dann auch. Aber man ist Gentleman und freut sich für die Klaxons. "Better than the View" witzelten wir dann rum. Und so wurde noch ein wenig über Musik, das Leben und die Gefahren des Rauchens philosophiert. Und der Mann spendierte uns sogar Getränke. Da musste ich mir das Album dann natürlich gleich nochmal im Original kaufen. Und so sollten Konzertabende immer verlaufen. Tolle Musik, tolle Küsntler und eine Umarmung zur Verabschiedung. Und am Ende wurde auch ich das Gefühl nicht los, dass hier etwas Großes heranzuwachsen scheint. Hoffen wir mal, der spendable Mann bleibt uns musikalisch noch eine ganze Weile erhalten.

Setlist: 01 So High, So Low / 02 You Don't Know Me Name / 03 Elouise / 04 To The Sky / 05 It Will Find You / 06 Liquid Sugar / 07 Lost My Soul / 08 Back + Forth / 09 Don't Fear / 10 When You Leave / 11 Start Something

Sonntag, 19. August 2007

Pop on my Buckel, ähm, Pukkel!

Ein Freitag auf dem Pukkelpop Festival in Belgien

Es gibt eine Jahreszeit in Europa, die lässt von der Welt längst vergessene Ortschaften für drei oder vier Tage wieder aufleben. An diesen Wochenenden entwickeln sie sich zu Stätten pulsierenden Lebens, die nicht mehr zur Ruhe kommen. Tausende junge und junggebliebene Menschen begeben sich auf die Reise, schlagen ihr Zelt auf, versorgen sich mit reichlich Konserven und Alkohol und tragen die Shirts ihrer Lieblingsbands. Nicht, um einen gewöhnlichen Urlaub anzugehen, sondern um drei Tage gute Musik abzufeiern, Spaß zu haben und nette Leute zu treffen. Die Rede ist natürlich von der uns allen bekannten und geliebten Festivalseason. Schon zu Beginn des Jahres wird mit den sich immer wieder komplettierenden Line-Ups festgelegt, zu welchem Festival es denn gehen soll.

Meine Wahl fiel dieses Jahr auf das Pukkelpop Festival in Belgien. Zwar nur für einen Tag, aber immerhin. Um 6 Uhr in der Früh ging es los für mich, aufstehen, schnell unter die Dusche, Inhalt der Tasche kontrollieren und ab mit den Zug nach Düsseldorf. Von dort fuhren wir mit dem Auto Richtung Belgien. Mit einem Navi bewaffnet konnten wir unserem Plan gerecht werden und kamen überpünktlich um halb 12 in dem kleinen Nest Hasselt in Belgien an. Nach einer ca. zehnminütigen Suche nach einem geeigneten Parkplatz, der uns für sechs Euro zur Verfügung gestellt wurde, machten wir uns auf den Festivaleingang aufzusuchen.

Auf dem Weg fiel uns sofort auf, dass das Pukkelpop super organisiert ist. Überall waren Helfer zugegen, die für das Zuweisen der Parkplätze zuständig waren und die man auch um Rat fragen konnte, wusste man mal nicht wohin. Hasselt war für uns eine große geradlinige Straße, so mussten wir nur geradeaus laufen um zum Eingang zu gelangen. Für mehrtägige Besucher stellt der Weg zum Festival nur das Überqueren dieser Hauptverkehrsstraße dar, denn der riesengroße Zeltplatz liegt genau gegenüber dem Festivalgelände samt seiner acht Bühnen (von einer Bühne zur anderen braucht man nicht länger als fünf bis zehn Minuten).

Das Tagesticket kostete uns schließlich je 79 Euro, doch wenigstens waren wir pünktlich um 12:30 zugegen, um uns die erste Band, Art Brut, anschauen zu können. Eddie Argos schien bestens gelaunt und erzählte während routinierten Hits wie Good Weekend und neuen Songs wie St. Pauli allerhand Blödsinn und Lustiges daher. Da es noch relativ früh am Tage war, waren kaum mehr als ein paar Hundert Leute gekommen um sich die Band anzuschauen, dementsprechend entsprach die Stimmung eher einem kleinen Akustik-Clubkonzert was wir für den Einstieg aber als geeignet empfanden.

Good Weekend live @ Pukkelpop (youtube)

Nach einer Hälfte Art Brut wechselten wir die Bühne um uns die aus Amerika angereisten DeVotchKa anzuschauen. Durch den Little Miss Sunshine OST dürften diese mittlerweile bekannter sein als je zuvor. Auf der Bühne gab es viele Instrumente wie ein Akkordeon, Trompete, Geige etc zu sehen und hören, die den DeVotchKa typischen Sound prägen, der in der traditionellen spanischen Musik seine Wurzeln hat. Es war nett, das ganze mal live gehört zu haben, auf Dauer wäre mir diese Musik allerdings zu anstrengend.

Um kurz nach Drei standen The Rifles auf unserem Plan, die ich schon in Februar auf einem Konzert gesehen hatte. Anfangs gab es große technische Probleme mit der Gitarre des Sänger Joel, die nach ca. zehn Minuten vond er Technik behoben werden konnten. The Rifles durften überziehen und somit ihre ganze Setlist spielen, nachdem Lucas, der Gitarrist schon gecherzt hatte, dass sie wohl an diesem Tage nur zu einem kleinen Set von Drei Songs kommen würden. Als Opener gab es einen neuen, vielversprechenden Song, ansonsten setzen die Rifles auf altbewahrte Hits wie She's got standards, Peace & Quiet, When I'm alone und als Zugabe Local Boy. Auch einen Sommer nach dem Debüt No Love Lost funktionieren alle Songs anstandslos und lassen sich prima anhören, besonders schön war es, die etwas ruhigeren Songs wie Spend a lifetime und She's the only one live zu hören.

Hier ein Ausschnitt des neuen Rifles Songs auf youtube!

Anschließend wurde es etwas schrammeliger und die jüngere Generation, The View, enterten die Bühne was für eine ausgelassene Stimmung beim Pubikum sorgte. Während des Konzerts übernahm der Bassist die Rolle des Sängers und neben dem Hit Same Jeans gab es allerhand Albumtracks zu hören. Viel interessanter als die eher durchschnittlichen Songs war allerdings das schon lustig wirkende Posen der Jungs, womit sie nahezu mehr beschäftigt waren als mit dem Spielen an sich.

Nachdem mit dem letzten Album schon MTV Europa auf die Beatsteaks aufmerksam wurde durften sie nun mit neuem Material um halb sechs auf der Skate Bühne des Pukkelpop spielen. Ich war recht gespannt, wie sie denn im Ausland ankommen würden, irgendwelche Zweifel wurden dann aber schnell überflüssig, denn die Beateaks konnten mit überaus sympathisch guter Laune punkten und kamen klasse beim Publikum an, unter dem sich auch einige mitgereiste Fans befanden.

Eine ganz andere Kombo spielte anschließend in der Dance Hall, nämlich CSS. Die Dance Hall war schön im New Rave Stil ausgestattet und so fand man nicht nur auf der Bühne, sondern auch überall an der Decke bunte, neonfarbene Luftballons. Die Mädels aus Südamerika wussten das Publikum mit ihrer CSS Show zu begeistern, vielleicht bis dato beste Stimmung des Festivaltages. Nach meiner Einschätzung befanden sich über 2000 Leute in der Dance Hall, was mich doch erstaunen lies, da ich mit so einem Andrang nicht gerechnet hatte. Insgesamt eine lustige, vor allem sehenswerte Show mit den bekannten Hits Let's make love and listen (to) Death from above, Meeting Paris Hilton und Alcohol, auch, wenn wir nicht alles mitbekommen haben.

CSS live @ Pukkelpop (youtube)

Danach das erste Mal zur Hauptbühne, denn da spielten anschließend The Hives, die beste Rockband der Welt, zumindest nach mehr als nur mehrmaliger Aussprache des Frontsängers, was sicherlich lustig sein kann, aber irgendwann auch ausgeleiert ist. Die Hives spielten die üblichen Hits und auch neues Material, was sich quasi genauso anhört wie das alte, denn im Grunde ist da ja eh alles nicht mehr als Geschrammel und Geschrei. ;)

Mittlerweile war es schon Abend und nach einem sehr sonnigen Tag doch kühl geworden, da kam uns das im Zelt stattfindende Konzert von Patrick Wolf nur zurecht. Eines vorab: Patrick Wolf war der Höhepunkt des Tages, da: Auf der Bühne klasse Musiker, eine klasse Songauswahl, ein bestens performender Herr Wolf mit einem klasse Kostüm welches während der Show immer weniger wurde, bis er zuletzt nur noch mit kurzer Hose dastand. Die Leute gingen alle ordentlich ab und als dann neue Songs wie Accident & Emergency oder The Magic Position oder altbekanntes wie Tristan liefen gabs kein Halten mehr. Sicherlich einer der sehenswerteren Auftritte an diesem Tag. Ansonsten lässt sich das nur schwer in Worte fassen, so etwas msus man live gesehen haben.

Anschließend gabs den ersten Headliner des Tages, nämlich Arcade Fire. Ich weiß nun nicht, wie viele Leute auf der Bühne standen, aber die Anzahl hätte geteilt sicherlich für eine Hand voll neuer Bandgründungen gereicht. Anfangs hatten auch Arcade Fire etwas mit der Akustik zu kämpfen, man konnte die Stimme des Sängers kaum verstehen, doch war es insgesamt ein rundum gelungener, sehr atmosphärischer Auftritt der wortkargen Kanadier, der nach einer Stunde Instrumentalfeuerwerk sein Ende nahm. Besonders begeistert hat mich die Tatsache, dass sie trotz "nur" einstündiger Spielzeit tatsächlich eine große Orgel auf der Bühne gespielt haben, wobei natürlich die Orgel einen Großteil des Sounds ausmacht.

Rebellion live @ Pukkelpop (youtube)

Zum Abschluss des gelungen Tages oder Marathons, je nachdem, gab es noch Alex Gopher im Club, der die Leute ordentlich zum Tanzen und Schwitzen brachte. Alex selbst bediente seinen Synthesizer, sang und hatte noch einen Gitarristen sowie Bassisten zur Verstärkung des Sounds dabei. Der Bass war so kräftig, dass der Boden bebte und als ob das nicht genug wäre, hob der nicht müde werdende Alex noch immer seinen Zeigefinger in Richtung der Soundmischer nach oben.

Gegen halb 1 entschieden wir uns dann nach Hause zu fahren und abschließend kann man sagen, dass das Pukkelpop ein abwechslungsreiches Festival mit sehr netten Besuchern und klasse Musikern ist, was man nur weiterempfehlen kann, auch für drei volle Tage.

Mittwoch, 18. Juli 2007

Rhythm is a Dancer

Von Neonstäben bis Eurodisco ... Ein Samstag auf dem MELT! Festival

Sommer, Sonne, Saubillig. Zumindest für mich. Passend zum Comeback des Sommers hab ich ein günstiges Tagesticket fürs diesjährige MELT! - Festival erstehen können. Und dass das ganze Unternehmen angesichts eines erstklassigen Samstags-Line-Ups in Sachen Preis/Leistungs-Verhältnis sehr angenehm werden sollte, war meine positive Befürchtung. Ach, und endlich hat sich das auch mal so entwickelt.
Die Temperaturen waren, ich würde fast sagen, festivaltypisch, wie in den Vorjahren solide über der 30°-Marke. Aber wen kümmerts? Glastonbury hat seinen Schlamm, das MELT! Seine Hitze. Und immerhin bietet die feine Metallstadt Ferropolis auch noch nen 1a Baggersee. Sollte eigentlich Pflichtprogramm für jedes Festival werden. Ein Sprung in das, wirklich eiskalte (es war ja bisher nicht wirklich Sommer) Nass zählte dann auch zu meinen ersten Aktivitäten. Gegen 5 wurde dann langsam (nach leider einigen Vodka zuviel, wie ich in der Hitze merkte) das Gelände aufgesucht. Und der Zeitplan war straff. Darauf fast ein Dutzend Bands, ohne eine wirkliche Pause zwischendrin, die ich unbedingt erleben wollte.
Die Shout Out Louds entpupten sich gegen halb 7 dann als idealer Tagesopener. Eine durchweg sympathische Band, bei der ich eigentlich gedacht hätte, ihr Indie-Bekanntheitsgrad würde ausreichen, um den Platz vor der Mainstage ordentlich zu füllen. Na ja, es ging dann schon. Während des Sets gingen die Leute, na, sagen wir ma bescheiden ab, allerdings waren der Applaus zwischen Hits wie „Please, Please, Please“ oder „Shut your Eyes“ und die vergeblichen Rufe nach einer „Zugabe“ dann schon lauter. Brachte nix: Band musste gehen. Die Hitze wurde leider nur geringfügig weniger. Es folgten The Rifles, die ich bereits von 2 Solokonzerten kannte. Ich sag ma, alter Hut. Mindestens so alt, wie der Hut des Gitarristen, den er irgendwie immer aufhat. Die Rifles eröffneten mit einem neuen Song, der toll klang und spielten dann im Laufe des Sets noch einen zweiten neuen, der berechtigte Hoffnung auf das Zweitwerk machte, welches hoffentlich noch dieses Jahr erscheint. Dazwischen gab’s natürlich alle relevanten Hits vom Debüt „No Love Lost“. Die funktionieren immer und immer wieder... auch diesen Sommer. Leider tat es die Technik irgendwie nicht. Zuerst streikte die Gitarre, dann lösten sich Teile des Schlagzeugs. Der Band schien’s egal zu sein. Die tranken ihr Becks und der Gitarrist (Hut war wieder auf) lallte im schlimmsten Akzentenglisch ins Mikro. Egal, trotzdem Grundsympathen!
Dann kam endlich mal Elektronik im Spiel. Dafür liebe ich ja das MELT! Indierock hin und her, aber da gibt’s auch nur ne handvoll guter Bands. Und gerade der Elektronikbereich bietet in Zeiten von New-Rave da ein paar feine neue Klänge. Es sei, quasi als Exkurs, anzumerken, dass sich der Neon/Retro/Bunt-Trend dieses Jahr auch auf diesem Festival durchsetzte. Das MELT! ist ja eh oft auch gern mal Modenschau und Stylecheck in einem. Aber mir sind diese Sylo-Leute mitunter sympathischer als die pöbelnden Menschen mit Korn-Shirts auf großen Rock-Festivals. Hier hat alles etwas mehr Liebe, ist etwas familiärer und hat etwas mehr Stil.
Letzteren hatten dann auch Hot Chip, die für mich die Überraschung des Samstags darstellten. Sicher, die grooven schon auf Platte ganz gut, aber live bringen die Herren mit ihrem halben Dutzend Synthies die Menschen aber ordentlich zum springen. Damit hab ich nicht gerechnet. Also, nicht in der Form. Große Disco-Momente, jede Menge Energie und große Songs wurden da geboten. Meine Fresse! Und wenn man beim Theme „Rocken-trotz-Synthies“ ist, dann kommt auch nicht an Goose vorbei, die anschließend gleich auf der kleineren Bühne aufspielten. Ein Freund von mir warnte mich vor, dass die live sehr abgehen. Und was musste ich feststellen? Er hat dezent untertrieben!
Was für ein Hexenkessel! Als die belgischen Elektrorocker auf die Bühne kamen, gab’s beim ersten Song (also nach dem Instrumental-Opener) „Bring it on“ kein Halten mehr. Obwohl die Sonne sich schon verabschiedete entwickelten sich im vorderen Bereich der Gemini Stage Temperature um die gefühlten 50°. Und wie es da abging! Das große Plus von Goose, ihre einfachstrukturierten, druckvollen Songs, sind dann aber auch gleichzeitig irgendwie der Grund, warum sie in meinen Augen nur „sehr gut“ und nicht „super“ sind. Stellenweise wirkte ihr Set so, als hätten sie nur dieses eine Songmuster drauf, dass sie immer wieder mit all den gleichen Sounds unterschiedlich verwerteten. Gegen Ende hin verlies mich nicht nur die Puste, sondern der Sound wurde auch leicht monoton und austauschbar. Dennoch natürlich eine Klasse für sich.

Traditioneller gerockt wurde anschließend auf der Mainstage, wo sich der Black Rebel Motorcycle Club die Ehre gab. Die Band sieht so aus, wie sie heißt und sie spielt auch die Musik, die eine Band spielen sollte, wenn sie so heißt. Richtig feisten, oft blusigen Garagen-Rock. Doch das scheint keine Show zu sein... die Typen sind einfach wirklich mal so cool. Da geht ja mal nix drüber. Nachdem ich einem ordentlichen Reigen an Hits (inkl. Dem famosen „Whatever happened to my Rock’n Roll?“) gelauscht hatte, verlies ich die Band etwas eher um mir auf der Gemini Stage mal eine kleine Bewegungspause zu gönnen.
Na ja, zumindest dachte ich das. Trentemøller sollte spielen. Sogar mit Band. Und eigentlich klingt sein famoses Album „The Last Resort“ ja eher chillig. Doch nix da. Die Songs kamen live extrem druckvoll rüber, so dass man durchaus auch mal richtig tanzen konnte. Dazu gab es ein Publikum, was diesen Mann feierte, als sei der Messias in Form eines DJs zurückgekehrt. Und so ähnlich klang diese Musik. Manchmal sphärisch, manchmal einfach nur druckvolle Elektronik mit ordentlich wummernden Bässen. Dazu gab’s auch noch feine, wenn auch manchmal strange Visuals. Aber ist egal... am Ende bleibt eine großartige audiovisuelle Show hängen.
Dann war es viertel 2 nachts und man wünschte sich eine Pause. Gab’s nicht. Kurz was getrunken und am ins Zelt, um dort The Horrors zu sehen. Einfach, um sie mal gesehen zu haben. Noch schlimmer als beim schwarzen Motorradclub: diese Band sah wirklich so aus, wie sie hieß. Der Gitarrist hatte eine Frisur, die selbst Robert Smith und Bill von Tokio Hotel neidisch machen würde. Und der merkwürdig zappelnde Keyboarder sah auch aus, als sei er grad aus seinem Sarg geklettert. Vom Sänger möchte ich mal gar nicht anfangen. Der rannte zu dem wilden psychodelischen Gitarren-Geschrammel quer über die Bühne, steckte irgendwelche Sachen in Brand und erklomm das Gerüst des Getränkestandes. Schräge Show mit hohem Unterhaltungswert. An gleicher Stelle sollten dann ein paar Minuten später Shitdisco folgen. Die Mit-Zugpferde der New-Rave-Bewegung wurden dann auch von einigen Menschen mit leuchtenden Neonstäben begrüßt. Dann wurde munter und kunterbunt losgeschrammelt. Sooo viel Rave steckte da auch nicht drin. Würde sagen, eher sehr beatlastiger Britrock mit einer Spur Elektro. Dem Old Rave wurde dann auch noch Tribut gezeugt... mit einer Coverversion von The Prodigy’s „No Good“ aus dem Jahre ’94. Sehr gelungen... da kam Stimmung auch! Ansonsten natürlich auch, wobei mir da auch die musikalische Abwechslung etwas fehlte. Oder ich wurde einfach leicht müde gegen 3 Uhr in der früh. Ja, man ist ja auch keine 18 mehr. Aber dennoch sehr nett, die mal gesehen zu haben.
Ich näherte mich dann dem heimlichen Höhepunkt und ging vorbei am sichtlich rockenden Jan Delay hin zur DJ-Stage wo ich hoffnungsvoll auf das DJ-Set von Simian Mobile Disco, meinem Leiblings-Elektro-Ding des Jahres 2007 wartete. Das lies leider etwas auf sich warten. Der DJ davor (Name wohl zurrecht entfallen) weigerte sich mit seinem nicht so prickelnden Set aufzuhören. Erst als wohl dann so ca. 3 Personen aus der Organisationsabteilung um ihn herumstanden und somit wohl psychologischen Druck ausübten, konnte er gehen und James Ford und James Shaw konnten die Bühne betreten. Einen Raunen ging durch die Menge. Und natürlich wurde das Set mit elektronischem Piepen und Zirpen eröffnet. Erst langsam baute sich daraus der Opener „Sleep Deprivation“ auf, dessen ungeheurer Spannungsaufbau sich natürlich auch auf das Publikum übertrug. Dieses dynamische Duo rockte ziemlich laut und wirbelte dabei immer um ihr seltsames Pult herum und drückte Knöpfe, zog Stecker raus und steckte sie woanders wieder ran... was auch immer sie taten, sie erzeugten damit sehr feine groovende Töne. Zwischendurch waren natürlich Hits á la „It’s the Beat“, „Tits & Acid“ und natürlich das kongeniale „Hustler“ Plficht. Clubmusik at it’s best! Nur leider auch das nicht vollzählig, weil wir ja weiter zum Festivalfinale mussten.
Das bestritten die Könige des Techno/Gaga/Hip Hop und die einzigste Band die wohl wirklich jede Party rockt... Wer? Deichkind? Toll, woher weißt du das? Hat dir vielleicht jemand Bescheid gesagt? Anyway. Dank diverser Planverschiebungen war es schon viertel 5 am Sonntag morgen und die Sonne ging langsam auf. Bevor es losgehen konnte, wurden wir alle noch auf Zelluloid gebannt, denn Fraktus traten auf. Dabei handelt es sich um eine fiktive Band aus einem geplanten Film mit Christian Ulmen, Rocko Schamoni und Heinz Strunk. Die letzteren 2 standen dann auch getarnt als Elektro-Pop-Duo auf der Bühne und performten mehr als lahme Musik. Aber die Performance inkl. Ankündigung von Jan Delay wurde für den Film aufgenommen. Witzig? Na ja, eher verwirrend. Danach kamen Deichkind, die ihr übliches (muss man ja mittlerweile so sagen) Programm abfuhren. Nachdem fulminanten Auftritt 2006 wollte man das dieses Jahr noch toppen, aber so was geht ja eh meist nach hinten los. Also gab’s die üblichen Pyramiden/Müllsack-Kostüme, viel Verrücktes auf der Bühne (Trampolin, Fahrrad, Männer in Fellkostümen, die „Zitze“... fragt mich nicht) und die hämmernden Beats. Alles einfach nur Gaga! Muss man nicht mögen, muss man aber mal gesehen haben. Sonst glaubt man nicht, dass die Schlauchboote inkl. Kapitän ins Publikum werfen oder ein ganzes Trampolin, welches von der Crowd getragen wird und auf dem jemand herumspringt (und auch sehr fein dann nach unten fliegt). Zwischendurch gab’s nochmal ne Unterbrechung zwecks Fraktus-Dreh. Diesmal sollte die Band vom Publikum ausgebuht und mit Bechern beworfen werden. Stand so im Drehbuch. Aber irgendwie wirkte es so, als ob diese Regieanweisung nicht zwingend notwendig war. Stimmungsbremse! Danach waren Deichkind immerhin so schlau, ihre Allzweckwaffe „Remmidemmi“ auszupacken, bei der die Post dann ordentlich abging. Wobei man sagen muss... gegen 5 Uhr morgens am 2. Tag des Festivals sind halt viele einfach nicht mehr fit genug. Deichkind merkten das auch, aber wie will man Stimmung machen, bei Menschen, die ein Wochenende durchgetanzt haben und bei einem Auftritt, der in vollster Helligkeit stattfand? Hätte die Band um 1 oder 2 Uhr nachts gespielt, wäre der Stimmungsfaktor sicherlich größer gewesen. Na ja, egal... es ging schon, machte Laune und auch beim 2. Mal „Remmidemmi“ am Ende waren die Leute noch bereit lautstark „Habt ihr nix zu fressen hier? Ich will Pizza“ zu brüllen. Und was kam dann? Als die letzten Takte verklungen? Richtig! „Rhythm is a Dancer, it's a soul's companion, you can feel it everywhere”! Deichkind haben mal spontan die Eurodisco-Dinosaurier von Snap! mitgebracht. Und das funktionierte auch bei diesem Disco-Megaburner von 1992 noch ganz gut. Da dachte man sich sicher, „na gut, die singen mal ein Lied als Gag“. Aber nein... die Sängerin kündigte hinterher gleichmal ein Medley alter Snap! Songs an. Also, Spass hin oder her, aber das war wohl für viele Melt!-Besucher dann kein Grund mehr länger zu verweilen. Denn sooo gut war Eurodisco ja schließlich auch nicht. Und so setzte nach dem ersten Song ein regelrechter Exodus ein, dem wir uns dann, so gern ich Snap! auch mal mit 10 gehört hab, anschlossen. Und so ertönte „Do you see the Light?“ von der Mainstage, als ich mich noch einmal umdrehte und die Sonne hinter den wunderschönen Stahlbaggern aufgehen sah. Ein gar wunderschöner Anblick und so abstrus es klingen mag, auch irgendwie ein schöner Abschluss für dieses Festival, welches auch zum 3. Mal in Folge mein Lieblingsfestival bleibt. Warum? Wegen der tollen Location, dem immer wieder feinen Line-Up, den durchaus erträglichen Menschen und einfach der ganzen Atmosphäre. Und selbst wenn sie nächstes Jahr U96 oder Scooter auftreten lassen... ich werd sicher wieder vor Ort sein!


YouTube sei Dank... diverse Bootleg-Aufnahmen zur Wiedergabe der Stimmung:

Noch einmal nen One Night Stand: The Rifles

Gibt nur ansatzweise die Stimmung wieder: verwackelte Aufnahmen von Hot Chip

Der Beginn von Goose... ca. aus meiner Perspektive

Huldigt eurem neuen verdammten Gott: Eindrücke von Trentemøller

Neon-Alarm: Shitdisco am frühen Sonntag im Zelt

Deichkind machen noch einmal Remmidemmi

Ja, das musste sein... Snap! Bitten zum Eurotanz

Freitag, 13. Juli 2007

Investition in die Zukunft

Arctic Monkeys / The Coral @ Alter Schlachthof, Dresden, 10.07.07

Da bekommt man was für sein Geld! Vergangenen Dienstag spielten nicht nur die ohnehin schon ausgiebig gehypten Arctic Monkeys einen Gig im Dresdner Schlachthof... Nein, noch besser, sie hatten ihre Kollegen von The Coral dabei. Für jeden richtigen Musikkenner natürlich ein Unding, da The Coral schon große Hits geschrieben haben, als die Jungspunde aus Sheffield wohl gerade erst ihre Instrumente unterm Weihnachtsbaum bekommen hatten. Aber eigentlich kann das einem nur recht sein.
Der Begriff „Support Act“ wäre The Coral auch keinesfalls angemessen. Eine muntere dreiviertel Stunde zeigte das Sextett, dass es den arktischen Affen in Sachen Live-Unterhaltung mindestens ebenbürtig ist, musikalisch waren sie ihnen sogar das ein oder andere Mal überlegen. Kein Wunder, bei diesen wunderschönen, kleinen kauzigen Popsongs, die auch nicht davor zurückschrecken mal laut und psychedelisch verspielt zu werden. Von frühen Songs wie „Don’t think you’re the First“, über bekannte Hits á la „Dreaming of you“ und „In the Morning“ bis hin zu Material vom demnächst erscheinenden neuen Album „Roots and Echoes“ boten die Herren feinste Musikunterhaltung. Dies wurde vom Dresdner Publikum im Zuge des Auftrittes auch immer stärker bejubelt. Selten hab ich so frenetischen Jubel bei einem „Support“ gesehen. Das Fundament für einen guten Abend war gelegt.
Und die Arctic Monkeys konnten da auch eigentlich wirklich nicht mehr viel versemmeln. Souverän schritten sie kurz vor halb 10 auf die Bühne, wurden bejubelt und hatten das Publikum mit dem Opener „The View From The Afternoon“ natürlich sofort im Griff. Da wurde geschubst und gekämpft und vor allem geschwitzt. Binnen kürzester Zeit erhöhte sich die Temperatur des Schlachthofs auf gefühlte 45 Grad. Ist man ja gar nicht mehr gewohnt, bei dem spärlichen Sommer draußen.
Danach folgten Hits auf Hits... als zweites kam „Brianstorm“, bevor erst mal ne Riege Songs vom Debüt abgefeuert wurde, ehe dann wieder auf Nummern vom tollen neuen Album Favourite Worst Nightmare zurückgegriffen wurde. Die Balance zwischen den beiden Alben war nahezu 50/50 und auch die neuen Nummern kamen erstaunlich gut an. Und das, wobei sie selbst ein Nicht-Kenner der Band hätte von den alten unterscheiden können. Die neuen Songs sind sperriger, weniger direkt und viel verspielter und vielschichtiger. Da kündigt Frontmann Alex Turner das düstere „If you were there, beware“ auch schon mal vorwarnend als „a bit different“ an. Der Song war ein weiteres Highlight des Abends. Die Band genoss ihren Abend in Sachsen, scherzte aber hauptsächlich untereinander, als mit dem Publikum. Hmm, wirkt etwas distanziert, allerdings hat man das was Turner denn mal gesagt hat auch kaum verstanden. Schwere Dialekt-Gefahr! Die Stimmung hielt sich auf einem hohen Pegel, kochte bei „When the Sun goes down“ natürlich auch ordentlich über und hinterlies alle Beteiligten mit ordentlich Schweiß und dem ein oder anderen verlorenen Converse-Treter... Seems to be Rock’n Roll! Am Ende gingen die Arctic Monkeys. Ohne Zugaben. Wie immer. Aber die mussten sie auch nicht zeigen. Sie hatten ihr Ziel erreicht... sie haben uns einen rundum vergnüglichen Abend beschert und auch irgendwie mal wieder aufs Neue bewiesen, dass sie den Hype nach wie vor doch irgendwie wert sind.


Setlist: 01 The View From The Afternoon 02 Brianstorm 03 Still Take You Home 04 Dancing Shoes 05 From The Ritz To The Rubble 06 Teddy Picker 07 D Is For Dangerous 08 This House Is A Circus 09 Fake Tales Of San Francisco 10 Balaclava 11 Old Yellow Bricks 12 You Probably Couldn’t See For The Lights But You Were Straight Looking At Me 13 I Bet You Look Good On The Dancefloor 14 If You Were There, Beware 15 Flourescent Adolescent 16 Mardy Bum 17 Do Me A Favour 18 Leave Before The Lights Come On 19 When The Sun Goes Down 20 A Certain Romance

Donnerstag, 28. Juni 2007

Die Euphorie der Melancholie

Interpol @ Alter Schlachthof, Dresden, 25.06.07

interpol-dd
Auf ein Neues! Fast wie eine Horde Mando-Diao-Groupies pilgerten eine Handvoll von uns direkt vom Southside Festival nach Dresden um dort ein zweites Mal innerhalb von gut 24h einem Konzert der fantastischen New Yorker Band Interpol beizuwohnen. Und man könnte meinen, da machen sich Ermüdungserscheinungen breit. No Way! Keine Spur! Die euphorische Stimmung von dem sehr guten Auftritt vom Vortag namen wir natürlich sofort mit und freuten uns auf diesen einen speziellen Gig. Es war einer dieser neumodischen „ach-wir-sind-grad-mal-im-Land-wegen-nem-Festival-und-spielen-noch-nen-weiteren-gig-zwecks-Geld-und-so“-Gigs. Und es war ein feines Fan-Treffen. Während alle westdeutschen Fans sich auf Hurricane und Southside verteilten, waren in Dresden also die richtig harten ostdeutschen Fans zum vorerst einzigsten Gig dieser Band versammelt. Und jede Menge Polen, die eigens dafür über die Grenze gereist waren. Und die machten ordentlich Stimmung und deshalb brauchte die Band auch keinen Support-Act. Angenehm! Als dann das Licht ausging ertönte zuerst Jubel, dann kam die Band und spielte wieder „Pioneer to the Falls“. Und wieder lief uns eine Gänsehaut bei den ersten Akkorden über den Rücken. Viel zu gut, zu überwältigend ist dieser Opener, der die alten Interpol-Album-Opener „Untitled“ und „Next Exit“ noch um Längen schlägt. Verhaltene, aber respektvolle Atmosphäre. Die löste dich dann zusehens, als mit „Obstacle 1“ der erste kleine Hit ausgegraben wurde. Ansonsten verwöhnte uns die Band mit einer Handvoll Songs von neuen Album Our Love To Admire (VÖ: 06.07.07), wie dem stampfenden „Mammoth“ oder dem groovendem „Rest My Chemistry“. Der Rest entsprach dem Vortag, außer das wir statt dem traurigen „Leif Errikson“ das sphärische „Hands Away“ zu hören bekamen, das wie immer viel zu kurz war. Dazwischen einfach gute Stimmung. Die Zahl der hippen Indie-Checker, die dachten sie bekommen nur Tanzsongs á la „Evil“ und „Slow Hands“ serviert, war zum Glück sehr gering, so das sich alle in die Atmosphäre von Songs wie „Take you on a Cruise“ oder „Stella was a Diver and she was always down“ fallen lassen konnten. Die Band machte alles richtig, wenn gleich sie auch etwas erschöpft gegenüber dem Vorabend wirkte. Aber diesem Sound kann man sich nicht erzielen. Hoffnungsvolle Melodien treffen auch bleierne, düstere Schwerre. Gewaltige Songs und intime Momente. Dazu eine Band, die in Sachen Coolness unübertroffen ist. Und es ist auch kein Image, es ist diese Band, dieser faszinierende Sound, der so klingt, wie er klingt. Interpol zeigten an diesem Abend vor allem eins... ihre unbeschreibliche Klasse, die ihnen einfach keine jungen, hippen Bands auf dieser Welt so nachmachen. Ihr Sound ist unverwechselbar und so wird auch „Our Love To Admire“ mit seinen düsteren Klangbildern ganz eigene Welten schaffen. Und nebenbei halt doch auch zum Tanzen einladen. Wenn allerdings immer mit viel Stil und dieser Prise Melancholie. Ich persönlich kann mir nach diesem Abend bestens vorstellen, jeden Tag mit einem Konzert dieser Band auszuläuten.

Setlist: 01 Pioneer To The Falls 02 Obstacle 1 03 NARC
04 Say Hello to the Angels 05 Rest My Chemistry 06 Slow Hands 07 Mammoth 08 Hands Away 09 The Heinrich Maneuver 10 Evil 11 Not Even Jail 12 Take You On A Cruise
13 Stella Was A Diver And She Was Always Down 14 PDA

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Danke
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rhododendron - 8. Jul, 13:49
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