Plattenteller

Donnerstag, 23. Oktober 2008

Oden an das Leben

Zwei deutsche Bands feiern das Leben, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und auch die Art und Weise, wie Tomte und Deichkind feiern könnte kaum unterschiedlicher sein. An dieser Stelle Eindrücke zu beiden Werken

So, also eine Tome-Kritik mit dem Satz „Thees Uhlmann ist ein recht streitbarer Charakter“ zu beginnen, ist so ungefähr das abgestandenste Klischee überhaupt. Wie umgehe ich dies alles nun? Hmm, erstmal weg von Uhlmann, hin zum Album. Und zu meinen Tomte-Vorkenntnissen, die sich auf eine handvoll sehr geiler Songs beschränkt, wobei ich aber gestehen muss, nie ein Album wirklich intensiv und komplett mehrmals gehört zu haben. Das quasi als Vorwissen. Somit ist „Heureka“ dann nach einiger Zeit doch das erste Album der Hamburger Band, mit welchem ich mich etwas mehr beschäftigt habe. Why? Zum Einen haben mich die tollen Songs, die ich vorher kannte geködert und zum anderen auch die tolle Single „Der letzte große Wal“. Die ist, un-überraschenderweise, die eingängigste und offensichtlichste Hitsingle der Platte. Ob das so geplant war oder nicht, weiß nur die Band selber. Ansonsten ist „Heureka“, insofern ich das beurteilen kann, eine recht typische Tomte-Platte, was Sound und Songs angeht. Thees Uhlmann schmettert seine kryptischen und vielseitig interpretierbaren Texte wieder einmal mit so schön lang gezogenen Vokalen auf nette Indierock-Songs, die musikalisch irgendwo zwischen Oasis, Death Cab For Cutie oder den Smiths liegen. An sich ja schon mal nicht so verkehrt. Was „Heureka“ bei vielen Tomte-Fans wohl zum Streitthema macht ist die Tatsache, dass die Platte offensichtlich ruhiger, glatter und gesetzter ist, als die bisherigen Tomte Alben. Da stellt sich die Frage, ob Thees Uhlmann mit Mitte 30 langsam altersmüde wird. Man könnte schimpfen, dass „Heureka“ zu zahm ist, zu mild… es fehlen die Reizpunkte von einst. Wobei ich das jetzt mal nicht so extrem sehen würde. Fakt ist nur, dass es Uhlmann grad besser geht, als früher. Vielleicht ist die Wut raus, vielleicht ist es auch die Liebe. Gepaart mit etwas Melancholie. So ist „Heureka“ irgendwie eine kleine Ode an das Leben. Man feiert das Leben und blickt nebenher etwas melancholisch um sich. Dies ist kein Album eines wütenden Typen mit Mitte 20, sondern von jemand der sich mit Mitte 30 langsam damit abfindet, dass zu sein, was er ist. Den Anschein hab ich zumindest. Das muss man nicht mögen und das muss einen nicht ansprechen, aber man muss es akzeptieren.
All die Erklärungsversuche täuschen aber nicht darüber hinweg, dass die erste Hälfte des Albums eher schwächer ausfällt. Der Titelsong ist ein ganz netter Opener, versucht aber fast schon zu krampfhaft einer zu sein. Songs wie „Wie ein Planet“ oder „Wie sieht’s in Hamburg aus?“ sowie „Es ist nur so das du fehlst“ sind einfach schwach. Keine sonderlich guten Songs. Bis dahin dümpelt das Album eher so vor sich hin. Zwar bietet es mit „Du nennst es Pathos, ich nenn es Leben“ den coolsten Satz des Albums, aber na ja… irgendwie zündet’s nicht. Persönlicher Wendepunkt ist der vielleicht beste Song des Albums, das recht unscheinbar wirkende „Und ich wander“. Uhlmann’s Spaziergang durch eine warme Sommernacht strotzt voller Melancholie, Gefühl und Atmosphäre und ist der lebende Beweis, dass ruhige Songs es eben doch bringen können. Ein Glanzstück. Danach wird es ein wenig besser im Gegensatz zur ersten Hälfte. „Du bringst die Stories“ ist ein schöner kleiner Popsong, „Das Orchester spielt einen Walzer“ eine wunderschöne Ballade, die sich haarscharf am Kitsch bewegt, ihn manchmal mitnimmt, aber der man das doch irgendwie verzeiht. Und dann dieses ganz und gar untypische 6min-Werk „Nichts ist so schön auf der Welt wie betrunken traurige Musik zu hören“. Anfangs wandelt die Band noch im Nebel, bevor der Song am Ende ausbricht und so zu einer kraftvollen Hymne wird, welche die musikalischen Qualitäten der Band einmal mehr zeigt. Und am Ende hin werden die alten Hamburger Schule Fans mit „Dein Herz sei wild“ und der lauten, besseren Variante von „Voran Voran“ bedient. Wenn man so will, sind das die Tomte, die man erwartet hat.
Aber was erwartet man von so einem Album eigentlich. Und muss die Band solche Erwartungen erfüllen? Eigentlich machen sie das auch nicht. „Heureka“ ist kein schlechtes Album. Es könnte natürlich besser sein, besonders die erste, schwache Hälfte. Und man kann den hohen Pathos-Gehalt bemängeln. Aber wenn Oasis so etwas machen, wird es als großes Kino abgetan. Aber warum dürfen Tomte das nicht? Bands und Künstler verändern sich. Ihre Ansichten und Verhaltensweisen. Thees Uhlmann wirkt gesetzter, vielleicht auch gesättigter, aber es muss sich zeigen, ob dies eine Momentaufnahme ist oder nicht. Eine fröhliche, etwas trunkene Melancholie ist es, die „Heureka“ umweht. Jeder, der dieses Gefühl kennt, wird diese Platte auch in großen Teilen verstehen. Die Zukunft für Tomte ist nach wie vor offen. Es ist okay. Heute lassen wir das sein. Thees bringt die Stories und wir trinken dazu statt Bier halt mal Wein.

"Und Ich Wander" (YouTube Clip)

"Der letzte große Wal" (Video)

Bei Deichkind ist das umgedreht. Da ist Bier die oberste Maxime. Darauf kann man sich einigen. Die Musikwelt allerdings nicht wirklich. Für die eine Hälfte ist Deichkind struntzdumme Assimusik, für die andere eine Art intelligentes Kunst-Konzept, welches eben dieser dummen Gesellschaft den Spiegel vorhält und sie so entlarvt. Ironie oder Idiotie? Das ist hier die Frage. Die Lösung für eben jene Frage liegt dabei sicher in der persönlichen Einstellung, Intelligenz und Distanz des Betrachters. Deichkind, als die neuen, seit „E.S.D.B.“ vor 3 Jahren, sind für mich in erster Linie blendendes Entertainment. Ihre Reime sind witzig, ihre Beats sind fette Elektrobretter und ihre Live Shows sind eh legendär. Die Konzerte von Deichkind sind auch die Hauptinspiration für das Album „Arbeit Nervt!“. Das Album zur Show, die Platte zum Konzept Deichkind, deren Mitglieder längst nicht mehr eindeutig ausmachbar sind. Hier geht’s um mehr. Botschaft? Hmm, gibt es so was? Na ja, der Albumtitel inklusive Titeltrack geben das Motto vor. Der Rest der Platte bewegt sich auch in diesem Themenbereich. Deichkind zelebrieren den ungehemmten Hedonismus. Das Doof-Sein! Einmal Assi ohne Wiederkehr. Titten, Tanzen und Trichtersaufen ist das was zählt im Deichkind-Universum. Auf diese Thematik muss man sich einlassen, oder es seinlassen. Wenn man das macht hat man jede Menge Spaß. Wenn beim Opening-Track „Kein Gott! Kein Staat! Lieber was zu saufen“ proklamiert wird, dann hat das sowohl was politisches, aber auch was stumpfsinniges. Auf jeden Fall bekomme ich Durst dabei. „Dicker Bauch“ mit einer Hommage an all die Schwergewichtler des Showgeschäftes ist dann natürlich ein weiterer Grund zum Schmunzeln. „Travelpussy“ ist ein lustiges Sammelsurium von Zweideutigkeiten, während das wirklich struntzdämliche „Komm rüber“ da schon eindeutiger ist. Und obwohl man Lachen muss, ist es halt ganz oft so, dass Deichkind gar nichts anderes machen, als die Realität abzubilden. So breite Spasten, wie in eben diesem Song gibt’s auf jeder Party. Die Computerhymne „Ich und mein Computer“ führt mal ganz nebenbei alle Probleme des modernen Kommunikationszeitalters auf und mit dem poppigen „Luftbahn“ hat man sogar fast schon ein melancholisches Stück über die Schönheit eines Trips, ob nun drogenbedingt oder nicht, an Bord. Im Gegensatz zum noch etwas unbeholfenen Vorgängeralbum „Aufstand im Schlaraffenland“ sind Deichkind musikalisch mittlerweile wesentlich gefestigter, was ihr Metier angeht und vor allem abwechslungsreicher und gewagter. Während „Gut dabei“ klassisch, fast im Hip Hop Korsett, abgeht ist „Metro“ ein knallhartes Brett. Und der letzte Song „Urlaub vom Urlaub“ geht schon fast als Ballade durch. Vielleicht die Richtung der Zukunft.
„Arbeit Nervt!“ macht Laune und Bock auf Feiern und schaltet dabei öfters bewusst das Hirn aus. Wer dies allerdings nicht komplett macht, wird am Ende zwischen den Zeilen öfters mal die Ironie über die moderne Party-Gesellschaft oder den klischeehaften „Hartz IV“-Empfänger erkennen. Deichkind geben sich dümmer, als sie sind, und gerade das macht sie so intelligent. Vielleicht interpretier ich zu viel in diese Musik hinein, aber vielleicht ist das auch einfach etwas, dass damit automatisch einher geht. Damit hat die Band das Ziel, zu unterhalten und auch zu polarisieren, mehr als erreicht. Das Problem an dieser Musik ist dann halt lediglich jenes, dass die Menschen die Ironie und die Übertreibung nicht mehr sehen. Das ist dann das Traurige an dieser Remmidemmi-Gesellschaft. Exzess bis um Extrem und nix dahinter. Aber na gut. Darüber könnte man jetzt mehrere soziologische Aufsätze schreiben. Wer das will, kann das machen. Ich hab jetzt Bock auf Tanzen und Trinken. Und das darf durchaus mal sein. Dazu eignet sich dieses Album bestens! Deichkind machen Lärm! Und den machen sie kreativ. Das Tomte und Deichkind mal zusammen auf das Leben anstoßen halte ich für eher unwahrscheinlich und vergleichen will ich die Platten schon mal gar nicht. Sagen wir mal so. Man kann das Leben manchmal feiern. Egal ob mit Melancholie mit Wein oder mit Party und Bier. Beide Varianten sind auf jeden Fall erwünscht.

"Arbeit Nervt" (Video)

"Luftbahn" (YouTube Clip)

Montag, 20. Oktober 2008

Gegen das Vergessen

Wer hätte das gedacht? Das neue Album von Travis zeigt die Band endlich wieder in alter Stärke.

Okay, Hand aufs Herz. So richtig hatten wir alle Travis nicht mehr auf der Rechnung. Jene britische Schmusepopband, welche um die Jahrtausendwende quasi diese Bewegung lostrat und unnachahmliche Klassiker wie „Driftwood“, „Turn“, „Sing“ oder diese todgespielte Nummer mit dem Regen, der halt immer auf einen fällt. Eine kurze Hype-Phase im Britpop, die quasi die Nachfolge von Oasis und Co. antrat, bevor es dann mit den Libertines wieder lauter wurde. Doch das ist auch schon ein paar Jahre her. Die Bands von damals haben sich unterschiedlich entwickelt. Während Coldplay die größte Band der Welt geworden sind, interessieren Starsailor kaum mehr einen außerhalb des UKs. Und die Thirteen Senses waren wohl eh zu spät. Und Travis? Die konnten immer noch mit ihrem Namen aufwerten und einigen guten Singles in der Zwischenzeit. Ihr ambitionierter Befreiungsschlag „12 Memories“ kam allgemein, unverständlicherweise, nicht so gut an. Dann letztes Jahr die Rückbesinnung mit „The Boy With No Name“. Doch auch da zündeten zu wenig Songs. Mit Ausnahme von vielleicht „Selfish Jean“ ging die Band auf Nummer sicher und wurde langweilig. Ich geb’s zu, ich war nie ein großer Fan, dachte aber das war’s dann... Doch nix da. Etwas mehr als ein Jahr später veröffentlicht die Band nun „Ode To J. Smith“, welches nicht nur ein sehr gutes Album ist, sondern stellenweise sogar richtig klasse. Die Entscheidung, kompromissloser und bewusst schroffer zu klingen war goldrichtig für die vier Schotten. Sicher, ne harte Rockband werden Travis nie. Aber Songs wie das eingängige „Something Anything“, „Long Way Down“ oder die kleine Rock-Oper „J. Smith“ tun dieser Band sichtlich gut und wirken bei weiten nicht so glatt poliert, wie die oft faden Balladen der Vorjahre. Fran Healy und seine Jungs wollten die Live-Energie auf Platte pressen und haben das album dementsprechend schnell in einigen Wochen aufgenommen. Das merkt man ihr auch an! Die Band klingt vielleicht so frisch, wie seit ihren Anfangstagen nicht mehr. Die Songs sind klar, direkt und die Platte mit 36 Minuten Spielzeit auf den Punkt gebracht. Dabei klingen Travis selbstverständlich noch nach Travis, aber es tut mal gut, das so glatte Songs, wie „Closer“ oder ein zweites „Why Does It Always Rain On Me?“ fehlen. Dafür gibt’s viele andere. „Get Up“ groovt ordentlich, „Quite Free“ hat viel von den Smiths und gegen Ende präsentiert die Band mit dem wundervollen „Song To Self“ und dem emotionalen „Before You Were Young“ zwei der stärksten Songs ihrer Bandkarriere. Diese Nummern sind wirklich top! Nicht alle Songs sind sicher gleich stark, aber Ausfälle gibt’s Andererseits auch nicht und das ist immer ne gute Sache.
Kurz gesagt… die neue Travis-Platte ist wirklich toll! Für alle Fans von intelligentem und melodiösem Britpop ist das Album extrem zu empfehlen. Und für alle, die, wie ich mit Travis nicht mehr gerechnet haben, sowieso. Diese Band ist noch lang nicht abzuschreiben. Dafür müssen sie auch nicht die Größe von Coldplay und Keane haben. Travis haben etwas ganz Eigenes geschaffen und endlich kann man dem wieder durchweg zuhören. Bleibt zu wünschen, das uns die Band noch für einige Jahre erhalten bleibt.

"Song To Self" (Video)

"Something Anything" (Video)

Travis @ MySpace

Montag, 6. Oktober 2008

In der Sackgasse

Das neue Album der Kaiser Chiefs balanciert auf der Grenze der Gleichgültigkeit. Ein etwas wehmütiger Bericht...

Neulich bin ich mal wieder im Rahmen einer älteren, selbst zusammengestellten Compilation auf Songs des Kaiser Chiefs – Debüts „Employment“ aus dem Jahr 2005 gestoßen. Da ist mir mal wieder aufgefallen, welch großartige Hits diese Platte zu bieten hatte. Nicht nur hatten Songs wie „Everyday I Love You Less And Less“ oder “Born To Be A Dancer” tolle, todsichere Hitmelodien, nein sie waren auch intelligent, gut gemacht und standen ganz in der Tradition großer britischer Gitarrenbands. Der Nachfolger, 2 Jahre später, war zwar nicht ganz so durchgängig gut, bot aber immer noch mehr als genug großartige Gitarrenpop-Songs, mit Ohrwurm-Faktor. Man denke nur an das famose „The Angry Mob“. Dazu diese sympathische Band, die quasi zum Mögen eingeladen hat. Doch schon damals beschäftigte mich irgendwie die Frage, was denn passiert, wenn der Band eines Tages keine guten Melodien mehr einfallen. Ewig funktioniert so ne Superhit-Maschine ja auch nicht.
Nun kommt, grad mal anderthalb Jahre, nach dem letzten Album das Dritte und irgendwie bewahrheiten sich da drauf meine Befürchtungen.
Um es kurz zu machen: "Off With Their Heads“ ist kein schlechtes Album… aber auch kein sonderlich gutes. Die Kaiser Chiefs haben sich in eine Sackgasse manövriert und wollen sicher nur das Beste mit diesem Album, aber verzetteln sich damit irgendwie und bleiben in der Mittelmäßigkeit hängen. Fangen wir mal mit dem Positiven an. Die Hits! „You Want History“ ist definitiv so einer. Da stimmt alles und das ist hochwertig. Auch „Addicted To Drugs“ oder „Always Happens Like That“ sind okaye Hits. Außerdem versuchen die Kaisers wieder rougher zu klingen, deutlich rockiger. Das kann man denen natürlich hoch anrechnen. Und die Texte sind nach wie vor gut. Das ist die Haben-Seite. Auf der anderen Seite steht quasi die Erkenntnis, das nichts Neues geboten wird. Mit Mark Ronson als Produzenten hatte man sich neue Impulse erhofft, und seien es nur die Ronson-typischen Bläser gewesen… aber irgendwie kommt da nix. Und die Rapeinlage von Rapper Sway bei „Half The Truth“ wirkt relativ krampfhaft und langweilig. Das wichtigste an der ganzen Sache ist aber einfach mal die Tatsache, dass auf dem dritten Album der Kaiser Chiefs zu wenig gute Songs sind. Alles wirkt irgendwie unausgewogen. Bestes Beispiel, die Single „Never Miss A Beat“, die irgendwie krampfhaft versucht, ein zweites „I Predict A Riot“ zu sein. Nur ist sie das nicht. Die Chiefs bemühen sich, aber es kommt zu wenig Brauchbares raus. So wollen die meisten Songs in der Mitte der Platte nicht in meine Gehörgänge und erschließen sich mir auch nicht. Und nur, weil die Platte rockiger klingt, ist sie nicht automatisch schroffer. Ronson und die Band vermutlich selber haben schon dafür gesorgt, dass es alles in einem schönen Pop-Gewand bleibt. Das ist das, was die Kaiser Chiefs können. Seien wir ehrlich. Diese Band steht nicht für musikalischen Tiefgang, trotz einiger guter Ansätze. Die Kaiser Chiefs haben sich selbst das Stereotyp der stets gut gelaunten Stimmungsmacher auferlegt, die einen Ohrwurm nach dem anderen rausschmettern, deren Refrains man nach wenig Zeit auch mitsingen kann. Dieses Stereotyp wird ihnen nun vielleicht zum Verhängnis. „Off With Their Heads“ hätte das Album sein können, mit welchem die Chiefs sich davon hätten befreien können. Aber am Ende trennt sich halt die Spreu vom Weizen. Sie trauen sich nichts, was an sich nicht sooo verwerflich ist. Aber sie haben zu wenig gute Songs auf diesem Album. Und ohne gute Songs funktioniert ein Album nun mal nicht. Die Frage ist jetzt, ob die Kaiser Chiefs nun damit bereits ihr Pulver an guter Popmusik verschossen haben oder nicht? Keine Ahnung. Aber die Zackigkeit und Frische der alten Hits ist einfach nicht mehr da. Und dann muss man sehen, wo man bleibt. Ich würde ihnen einfach mal ne längere Pause gönnen. Dieses Album kommt zu schnell und wirkt zu überhastet. Die können sicher mehr. Das Album ist okay, es ist ganz nett, aber man kennt ja das Sprichwort, von wem „nett“ bekanntlich die kleine Schwester ist.

"Never Miss A Beat" (Video)

"You Want History" (Live @ Oxegen Festival 2008)

Montag, 1. September 2008

Gelungene Überraschungen

Zwei Alben, die an sich relativ unterschiedlich sind, aber beide auf ihre eigene Art und Weise überraschen: Die neuen Platten von Bloc Party und den Stills sind da. Zumindest so halb

Bei Bloc Party's neuem Album "Intimacy" besteht die Überraschung ja quasi daraus, dass es dieses überhaupt gibt. Jetzt schon. Zumindest erstmal als Download, im Oktober als CD. Überraschend und viel diskutiert ist vor allem diese Form der Veröffentlichung. Aber das ist nicht mein Bier. Hier geht's um die Musik. Tja, und da ist es nun also: Das Album, das aus dem Nichts kam. Was taugt nun also das dritte Bloc Party Album, welches nur anderthalb Jahre nach dem genialen „A Weekend In The City“ so spontan, quasi über Nacht erschienen ist? Angesichts der beiden frischen Vorgänger, zu welchen ich in den letzten Jahren eine sehr innige Bindung aufgebaut habe, kann es eigentlich nur verlieren. Dennoch schlägt sich „Intimacy“ erstaunlich gut und ist einer der treffsichersten Beweise dafür, dass diese Band aus dem nicht enden wollenden Meer an britischen Gitarrenbands heraus sticht. Bloc Party sind in 3 Jahren von einer Hype-Band unter vielen zu einer herausragenden Eigenmarke hinaufgestiegen, die sich immer wieder bemüht, nicht so zu klingen, wie man es von ihr erwartet. Innovation und Intelligenz sind die Motoren, die diese Band antreiben. „Intimacy“ geht dabei die innovativen Schritte der Band weiter, besinnt sich aber, mehr als „Weekend“ auf alte Stärken, welche die Band bekannt machten. So gesehen ist das Album ein guter Mix aus den klassischen Bloc Party und frischen, neuen Ideen, die Hand in Hand miteinander gehen. Der Opener „Ares“ ist vermutlich das Verrückteste, was die Band bisher gemacht hat. Wild, ungestüm, verrückte Effekte und verzerrte Gitarren und Vocals sind da nur einige Schlagworte. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, der ist bestens aufgehoben bei dieser Band und dieser Platte. Quasi ein Prüfstein gleich zum Einstieg. Die Single „Mercury“ geht diesen experimentellen Weg dann auch konsequent weiter, bevor mit „Halo“ ein Stück folgt, welches auch aus den Anfangstagen der Band stammen könnte. Danach wechseln sich diese klassischen Rockstücke, wie „Trojan Horse“ oder das extrem eingängige „One Month Off“ mit wunderschönen, vorwiegend rein elektronischen Balladen, wie dem wunderschönen „Biko“ oder dem sehr traurigen „Signs“, dem vermutlich stärkstem Stück des Albums ab. Bloc Party gelingt der Spagat zwischen Alt und Neu. Neben diesen Momenten, wo man sich sagt „Ja, das sind die Bloc Party, die ich kenne“ gibt es Momente, wo man sich fragt „Das sind Bloc Party?“. Etwa beim Sigur-Rós-ähnlichen Glockenspiel von „Signs“ oder den verrückten Einsatz von Chören in „Zepherus“ oder dem sehr elektronischen „Better Than Heaven“. Wie schon die beiden ersten Alben, ist auch dieses einfach sehr abwechslungsreich. Nach dem konzeptionellen Nachtflug des Vorgängers dreht es sich auf „Intimacy“ mehr um persönliche Themen. Sänger Kele Okereke hat das Album nicht umsonst vor kurzem als sein „Schluss-Mach“-Album bezeichnet. Man hört viel Wut heraus, aber auch viel Trauer. Tod und Vergänglichkeit sind mal wieder zentrale Themen und geben auch dem experimentellsten Song eine emotionale Note. Sowieso die große Stärke von Bloc Party. Eine Band mit Inhalt und Intelligenz. Verpackt in wundervolle Rockmusik, die keine Angst hat, die eigenen Grenzen hinter sich zu lassen und Neues zu entdecken. Das macht die Musik von Bloc Party nach wie vor einfach zu einer der spannendsten in der aktuellen Popwelt. „Intimacy“ ist sicher nicht so prägnant und einschlagend, wie seine beiden Vorgänger und es fehlt dann auch das gewisse Etwas, was „Silent Alarm“ und „Weekend“ zu diesen genialen Alben machte. Aber das ist okay. Bloc Party müssen sich nicht am eigenen Maßstab messen. Beweisen müssen sie mir zumindest nichts mehr. Denn, nachdem einen der letzte Song „Ion Square“ mit all seinem Optimismus in den Tag entlässt, weiß man einfach, dass man gute Musik gehört hat. Mit ihren ersten drei Alben haben Bloc Party musikalisch mehr erreicht als manche Bands nach 10 Platten. „Intimacy“ knüpft ohne Komplikationen an die Qualität der letzten Jahre an. Alle Fans der Band, die halbwegs Ahnung von Musik haben, werden das Album auch lieben. Dem Rest ist, pardon, dann eh nicht mehr zu helfen. Der Weg dieser Band führt weiterhin konstant nach oben. Und ich kenne kaum eine Gruppe, die es sich so sehr verdient hätte.

Bloc Party @ MySpace

Gut, bei Bloc Party kann man geile Musik erwarten, aber eine noch größere Überraschung stellt dann wohl das neue Album von The Stills da. Das gibt's zwar schon. Aber bisher nur als Import. Auch hier heißt es warten bis Oktober. Ist ja auch irgendwie schön, wenn man von vornherein geringe Ansprüche an ein Album hat, welche dann aber bei weitem übertroffen werden. Bei „Oceans Will Rise“, dem dritten Album der Stills ist dies z.B. der Fall. Dabei haben sie mit „Logic Will Break Your Heart“ vor 5 Jahren aus meiner Sicht eines der besten Alben des Jahrzehnts herausgebracht. Wer mich auch nur ansatzweise kennt, weiß, wieviel mir dieses Album bedeutet. Herzensplatte eben und mein verstecktes, kleines Meisterwerk. Doch nur die Stills wissen, was denn dann genau beim Nachfolgewerk „Without Feathers“ vor 2 Jahren schief ging. Ein Totalreinfall, dem es an allem fehlte, was das Debüt so liebens- und lebenswert machte. Als ob man eine ganze Band ausgetauscht hätte. Nach diesem Fiasko (welches auch viele Fans des Debüts als solches empfunden hatten) waren die Erwartungen an Album Nr. 3 eher gering. Zu unrecht, denn „Oceans Will Rise“ zeigt die Stills wieder in Hochform. Dabei schreit fast jeder Ton dieses Album nach Wiedergutmachung. Bereits die tolle erste Single „Being Here“ machte Lust auf mehr und zeigte die Besinnung auf die alten Stärken von „Logic“. Und auch auf Albumlänge wird deutlich, dass die Band sich zu großen Teilen am Debüt orientiert, vor allem dessen düstere New-Wave-Einflüsse wieder aufspielen lässt. Natürlich kopiert die Band auch nicht das Debüt 1:1 … das hätte dann vermutlich den gegenteiligen Effekt gehabt. Es ist einfach alles besser, als auf dem Vorgänger. Die Songs sind besser, die Melodien gelungener. Die Produktion stimmt, die Atmosphäre, ja das Gefühl ist wieder dieses wunderschöne, welches ich auf dem Debüt verspürt habe. Songs, wie das traurige „Everything I Build“ sind bewegend und gefühlvoll. Mit den tollen Nummern „Snow in California“, „Hands On Fire“ oder “Dinosaurs” hat man potentielle Hits im Schlepptau, die sich vor den alten Glanztaten nicht verstecken brauchen. So funktioniert Schadensbegrenzung.
Was zur Perfektion dann am Ende fehlt, ist halt eine kontinuierliche Hitsammlung, wie das Debüt. Doch Songs, wie „Eastern Europe“ oder „I’m With You“ können die hohe Qualität vom Rest der Platte aus meiner Sicht nicht ganz halten. Aber schlecht sind die auch nicht und generell überwiegt am Ende einfach die hohe Qualität und das Gefühl ein richtig, richtig gutes Indierock-Album zu hören. Letztendlich haben die Stills 2008 das bessere Death Cab Album abgeliefert, würd ich so sagen. Ein kleines, feines Album mit richtig großen Momenten, viel Gefühl und all dem, was man so braucht. Und vor allem mit tollen Songs. Für alle, die auf melodischen Indierock stehen ist dieses Album Anhör- und Kaufpflicht. The Stills sind damit wieder im Rennen, würde ich mal sagen. Und wenn sie nicht gleich wieder in ein kreatives Loch fallen, dann kann man ihnen nur alles Gute für die nächsten Jahre wünschen. Eine Band, welcher ich mit Freuden eine größere Hörerschaft wünsche. I’m still in love.

The Stills @ MySpace

Samstag, 12. Juli 2008

Die schönste Musik auf Erden ... immer noch

Muss ich dazu noch was sagen? Es sind Sigur Rós verdammt! Kritik überflüssig! Trotzdem kurz was zur neuen Platte...

Zwei Worte. Sigur Rós. Ursprünglich ein zusammengeschriebenes Wort und Name der Schwester von Sänger Jónsi, welche am Tag der Bandgründung geboren wurde. Ja, Sigur Rós. Was soll man da noch sagen? Muss man da noch etwas sagen? Die eigenwillige Band aus Island hat längst einen Status erreicht, in dem sie über jede Kritik erhaben sind. Was will man auch sagen? In dem Moment, wo man diese Musik hört, sie aufsaugt und spürt, ist es die beste Musik auf Erden, die schönsten Klänge überhaupt. Zweifel? Never! So auch auf diesem kleinen feinen Sommeralbum namens „Með Suð í Eyrum Við Spilum Endalaust“. Gut, so sommerlich, wie das Cover es vermuten lässt ist es nicht, wobei Sigur Rós neue Wege gehen bzw. konsequent den Weg weitergehen, den sie auf „Takk…“ begonnen haben. Die ersten Songs der Platte vermögen nämlich zu überraschen. Der Opener „Gobbledigook“ ist leicht, akustisch, etwas verworren und untersetzt mit einem schnellen Beat. Das ist neu, aber schön. Auch die Songs „Inní mér syngur vitleysingur“ und „Við spilum endalaust“ strahlen eine heitere, hymnische Lebensfreude aus, wie man sie in der Form von der Band noch nicht häufig gehört hat. Die neuen Sigur Rós sind lockerer, gelöster und trotzdem vermitteln diese Stücke dieses Gefühl von Geborgenheit. Wenngleich auch mit wesentlich mehr Optimismus. Eine Gute-Laune-Band sind Sigur Rós trotzdem nicht, denn die zweite Hälfte geht wieder in die gewohnt melancholische Richtung und entfaltet die wahre Stärke der Band. Besonders die Übersongs der Platte. Das fast 10minütige „Festival“ ist ein episches Stück, wie man es von der Band gewohnt ist. Am Ende baut es sich richtig auf.
Auch Songs wie „Suð í eyrum“ oder „Fljótavík“ üerzeugen mit der träumerischen Melancholie, die man von der Band aus Island kennt, die man liebt und in die man sich immer wieder fallen lässt. Doch richtig, richtig gut wird diese Band, wenn sie den Song „Ára bátur“ anstimmt. Der beste der Platte und vermutlich einer der besten, den diese Band bisher gemacht hat und vielleicht, ja, soweit geh ich, auch einer der schönsten Stücke Musik seit Jahren. Oder noch viel mehr? Wenn am Ende dieses 9minütigen Opus Streicher, Posaunen und Kinderchor einsetzen muss das einen mitnehmen! Wer das nicht spürt, diese Kraft der Musik, diese Schönheit des Klanges, der hat, mit Verlaub, kein Gefühl von Musik. Solche Momente sind es, die Sigur Rós über all die anderen Bands stellen und ihnen eine Wichtigkeit geben, von der viele schnell gehypte Bands und Eintagsfliegen ein Leben lang träumen werden. Neu ist, dass die Band anschließend mit „Illgresi“ eine fast nur mit Akustikgitarre begleitete Ballade anstimmt. Reduziert, aber dennoch schön. Vielleicht ist es dieser Wandel, der das 5. Studioalbum der Band markant kennzeichnet. Sigur Rós haben ihren Sound entschlackt, ohne dabei aber auf die großen Soundgebilde zu verzichten, die ihre Musik so einzigartig machen. Dennoch wirkt alles klarer, strukturierter. Man nähert sich dem Pop an, ohne sich anzubiedern. Nach all den Jahren ist dieser Schritt mehr als konsequent und nachvollziehbar. Sigur Rós halten ihr erstaunlich hohes Niveau ein weiteres Mal mit, diesmal auch irgendwie augenscheinlicherer, Leichtigkeit. Vermutlich ist mir die Objektivität bezüglich dieser Band schon vor Jahren abhanden gekommen, als ich mich irgendwo in ihren Soundlandschaften verloren habe. Aber das ist ein Zustand mit dem ich gut und gern leben kann.

"Gobbledigook" (Download)

"Ára bátur" (Anhören bei YouTube)

Album komplett anhören bei last.fm!

Dienstag, 8. Juli 2008

In Love With Morphology

Unverhofft kommt oft. Gestern abend meldeten sich überraschend Bloc Party zurück… obwohl sie doch nicht wirklich weg waren.

Da ist natürlich Aufhören angesagt. Kaum eine andere Band, war mir in den letzten Jahren so wichtig, wie Bloc Party. Mit „Silent Alarm“ legten sie 2005 eines der besten Debüts des Jahrzehnts vor, begeisterten mit ihrem frischen, neuen Mix aus Indierock, Post Punk und Elektronik. 2 Jahre darauf folgte 2007 mit „A Weekend In The City“ das Meisterstück! Vielleicht das beste Album der letzten 5 Jahre oder so. Wer wissen will, welch hohe Meinung ich von der Platte hab, durchwühlt einfach mal die Nobono Archive nach der Jahresendauswertung ’07. Die Frage ist… kann man das noch toppen? Vermutlich nicht.
Also machen Bloc Party das, was sie am Besten können. Sie spielen mit den Erwartungen. Nach dem überladenen Jacknife-Lee-Album hatte Kele Okereke für Album Nr. 3 wieder etwas Neues versprochen. Fans befürchteten bereits ein Album im Stile der Zwischensingle „Flux“. Nix da! Und vor allem nix mit Verschnaufpause. Wer rastet, der rostet. Das wohl auch das Motto bei Bloc Party. Gestern abend wurde vollkommen überraschend die neue Single “Mercury“ vorgestellt, welche nächsten Monat erscheint und der Vorbote auf das noch unbetitelte 3. Album der Band ist, welches dann wohl im Herbst erscheint. So richtig weiß das aber auch keiner, denn laut Kele befindet sich das Werk noch in der Entwicklung. Dennoch will die Band sich und den Fans keine Pause gönnen. So steht nun erstmal diese Single im Raum… „Mercury“. Was soll man von diesem Stück halten? Zuerst ist es verstörend. Der Beat abgehackt, Wortfetzen werden in den Raum geworfen, Trompeten spielen auf. Gitarren? Hmmm, also ich hör sie nicht. Ihr vielleicht? Einmal mehr werfen Bloc Party die Definition über den Haufen, die man von ihnen hat. Dazu dieses komplett abstruse „Planet-Der-Affen“-Video, ohne Band, dafür mit viel düsterer, politischer Botschaft. Allerspätestens jetzt wird klar, dass diese Band aus dem üblichen Reigen nett gehypter Bands herausragt. Bloc Party sind eigen, haben Individualität und große Experimentierfreude. Was sich auf den ersten Platten angekündigt hat, wird nun konsequent fortgesetzt. Das ist kein Indierock. Post Punk ist das auch nicht mehr. Ist das Hip Hop? Ist das… was auch immer? Am Ende ist „Mercury“ in seiner Verworrenheit und Kompromisslosigkeit eigentlich eine klassische Bloc Party Nummer in der Tradition von „The Prayer“ oder eben „Flux“. Eine Single, die überrascht. Sicher mangelt es ihr an Eingängigkeit, aber man sollte nicht den Fehler machen, diesen Song nach ein paar mal Hören abzuschreiben. „Mercury“ ist kontrolliertes Chaos, ein Experiment, versucht in einen Popsong zu bannen. Vielleicht nicht komplett perfekt gelaufen, vielleicht sind wir auch noch nicht bereit dafür, vielleicht raffen wir es ja noch nicht. Auf jeden Fall ist da noch mehr drin für das 3. Album. Das wird den entscheidenden Weg dieser Band einläuten, dessen bin ich mir fast sicher. Vielleicht sind dann auch mehr Leute bereit zu verstehen, was diese Band will und wofür sie steht. Aber macht euch erstmal euer eigenes Bild.

Freitag, 6. Juni 2008

Das große Ganze

Coldplay sind ja bekanntlich die Band, die alle mögen. Das kann schon nerven. Leider ist das neue Album zu gut, um sie zu hassen.

Mit Erwartungshaltungen ist das ja meist so ein Ding. Meist werden die künstlich aufgebaut, durch die Presse, durch die persönliche Bindung zur Band oder durch die Band selber. Im Falle von Coldplay und dem lang erwarteten Album Nr. 4 treffen quasi alle Faktoren zu. Setzt die erfolgreichste Band des 21. Jahrhunderts (also bis jetzt) ihre Erfolgssträhne weiter fort? Was ist mit der erwarteten und angekündigten Neuerfindung? Und mich persönlich interessiert natürlich, ob mich eine meiner Lieblingsbands, die ich wirklich seit Beginn ihrer Karriere verfolge, mich noch mal begeistern kann trotz des schwachen Vorgängers „X&Y“ und ihres Bekanntheitsstatus. Fragen über Fragen, aber die Antwort fällt glücklicherweise positiv aus. "Viva La Vida or Death and all his Friends“ ist sicher nicht das größte Album aller Zeiten oder die Offenbarung, aber ein mehr als zufrieden stellender nächster Schritt in der spannenden Entwicklung dieser Band. Klar, Coldplay klingen immer noch nach Coldplay, allerdings erweitert „Viva La Vida“ das bisherige Spektrum ihres Sounds um einige nette Aspekte. Besonders die Größe… U2-Produzentenlegende Brian Eno holt aus Coldplay endlich den großen Sound raus, den sie auf „X&Y“ versucht hatten, der ihnen aber (noch) nicht gelingen wollte. Seien wir ehrlich… kein Mensch hat ein zweites „Parachutes“ erwartet oder irgendwelche dunkle New-Wave-Musik. „Viva La Vida“ ist klassische Coldplay-Musik. Warm, melancholisch, gefühlvoll, diesmal mehr denn je mit einem Hang zur Größe, mit dem Gespür für Hymnen, große Gesten und Gefühle. Endlich klingt das von der Musikpresse oft als größte Band der Welt bezeichnete Quartett auch nach diesem Etikett. Dieses Album betrachtet das große Ganze und will viel. Und Coldplay schaffen auf wundersame Art und Weise die Balance zu halten, dass es nicht zu viel wird. Ein warmer Opener namens „Life in Technicolour“ eröffnet das Album und gibt die Richtung vor. Wärme, Liebe, Euphorie, gepaart mir etwas Melancholie. So kann man das ganze Album beschreiben. Die warmen, euphorischen Momente, wie das gewaltige „Loves in Japan“ oder das entspannte „Strawberry Swing“ wechseln sich ab mit melancholischen Momenten, wie „42“ oder „Cemetries of London“. Diese Gegensätze werden am besten in den beiden Titelstücken „Viva La Vida“ und „Death and all of his Friends“ deutlich. Dieses Album umfasst alle Aspekte. Der markanteste Song des Albums, das hymnische „Lost!“ bringt das ganze auf den Punkt. „Just because I’m losing, doesn’t mean I’m lost“. Leben, Sterben, Trauer, Freude. Es lebe das Leben. Dieses Konzept ziehen Coldplay durch und das gibt “Viva La Vida” eine thematische und auch musikalische Geschlossenheit, wie keinem Coldplay Album vorher. Ich benutze mal nicht den Begriff „Konzeptalbum“. Ebenfalls positiv fällt die hohe Musikalität des Albums auf. Die etwas glatten Formatradionummern, die es auf „X&Y“ gab, fehlen glücklicherweise. Zwar sind Songs wie „Violet Hill“, „Viva La Vida“ oder eben „Lost!“ potentielle Hits, aber sie versuchen es nicht krampfhaft. Vor allem versuchen Coldplay sehr oft, nicht unbedingt, wie Coldplay zu klingen, so dass unnötige „Clocks“ oder „Trouble“-Kopien glücklicherweise entfallen. Viel Streicher, Synthieflächen und Einflüsse von Weltmusik (ja, wirklich) lassen geben dem Album die nötige Vielfalt und Farbe. Das 10-Track Format täuscht übrigens. Insgesamt haben sich noch 3 Hidden Tracks auf dem Album versteckt, was den Eindruck mindert, es handle sich hierbei um ein kurzes Album. Als Gesamtfazit kann stehen bleiben… Coldplay haben wirklich fast alles richtig gemacht und mit „Viva La Vida“ das Album gemacht, dass sie schon vor 3 Jahren hätten veröffentlichen sollen. Kann man ihnen am Ende doch noch was vorwerfen? Hmm, vielleicht höchstens Brian Eno, der sie teilweise etwas zu stark nach U2 klingen lässt, aber vermutlich hat die Band es so gewollt und eine Diskussion, wo hier musikalische Einflüsse liegen muss man jetzt auch nicht lostreten. Es bleibt festzuhalten, dass dieses Album sehr gut ist und keine wirklichen Aussetzer hat. Auch für eine Band wie Coldplay keine Selbstverständlichkeit. Das Coldplay am Ende wohl nun endgültig die Welt beherrschen werden, dabei aber immer noch so klingen, zeigt, dass musikalische Qualität und breiter Erfolg sich nicht unbedingt im Weg stehen müssen. Warum es gerade Coldplay geschafft haben, das zeigt „Viva La Vida“ … sie haben einfach musikalisch einiges drauf. Ob man es mag oder nicht. Ich mag es!

"Violet Hill" (Video)

"Viva La Vida" (Live @ MTV Movie Awards '08)

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Freitag, 30. Mai 2008

Sommer, hier ist dein Soundtrack!

Passend zur Hitzewelle. Das Debüt von Tokyo Police Club ist die angenehmste Versuchung des Sommers.

Bereits seit 2 Jahren geistert der Name „Tokyo Police Club“ durch einschlägige Musikinsider-Kreise. Und das noch, bevor die Band überhaupt ein Album draußen hatte. Nur durch gute Live-Shows und eine EP, die obgleich ihrer 8 Titel fast keine war, namens „A Lession In Crime“, haben sie Aufregung erzeugt. Nun gibt’s den ersten Langspieler, wobei der Begriff relativ gesehen werden muss. Sind ja auch nicht mal 30min. Aber wer sind diese Tokyo Police Club aus Kanada? Erfinden sie das Rad im Indierock endlich mal neu?
Darauf ein klares: Nein! Aber das ist total egal. Was uns die Band mit ihrem kurzen Debüt präsentiert ist eine unglaublich schöne, kleine Fundgrube an Pophymnen! „Elephant Shell“ ist in Sachen catchyness eine echte Ausnahme. Nur Hits, Ohrwürmer, dazu diese, ich sag mal, putzigen, kleinen Songs, die selten mal an der 3min Obergrenze schrammen. „Elephant Shell“ ist wie eine frische Sommerbrise. An allen Ecken schreit es: „Ich bin jung, ich hab Energie, ich will Leben“. Genau diesen Vibe versprüht dieses Album, wirkt dabei aber nie aufgesetzt, sondern unglaublich authentisch. Leicht schrammelnde Gitarren, Glockenspiel, ein flotter Beat und dazu Sänger Dave Monks, der manchmal fast nach Collin Meloy von den Decemberists klingt, und schönes zu erzählen hat. Von der Liebe, dem Leben und anderen Geschichten. „Elephant Shell“ ist herrlich leicht, ohne dabei billig oder oberflächlich zu wirken. Hier sind Musiker am Werk, denen man den Spaß an der Sache mit jedem Beat anhört. So muss Indiepoprock klingen, dass er mich z.B. auch im x-ten Aufguss begeistern kann. Und begeistern können Tokyo Police Club wirklich. Herausragende Songs sind z.B. „Juno“, „Tessellate“ oder das wundervolle „Your English Is Good“. Dieses Album macht Spass, Lust auf Sommer, Sonne, Strand, verrückte Aktionen und anderen Kram. Die nette Seite des Rock’n Roll sozusagen. Dieses Album ist gerade dabei, mir den Sommer zu verschönern und etabliert sich langsam in den vorderen Bereichen meiner Lieblingsplatten des Jahres. Für Freunde toller, packender Popmusik ist diese Platte dieses Jahr unverzichtbar. Und vermutlich auch noch in den nächsten Sommern.

"Tessellate" (Music Video)

"Your English Is Good" (Music Video)

"In A Cave" [mp3]

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Donnerstag, 22. Mai 2008

Licht und Schatten

Irgendwie wissen Death Cab for Cutie nicht so recht, wohin die Reise mit ihrem neuen Album gehen soll. Schade eigentlich.

Die Zeichen deuteten nach oben. Nach dem nächsten Schritt quasi. Mit Album Nr. 6 wollten Death Cab for Cutie, auch laut eigener Aussage die nächste Stufe erklimmen. Egal, ob es die kommerziellerer gewesen wäre, die nach dem erfolgreichen Major-Debüt „Plans“ inkl. Grammy-Nominierung, O.C.-Omnipräsenz und Co. angebracht gewesen wär. Oder ob sie sich komplett versperren. Letzteres hatte die Band eigentlich geplant. Ein ambitioniertes, kantiges Werk sollte "Narrow Stairs“ werden. Das Ergebnis ist weder das eine, noch das andere. Death Cab stagnieren auf ihren engen Stufen. Ansätze gibt es an allen Ecken und Enden, aber irgendwie wirkt das Album so, als hätte die Band Angst, das durchzuziehen. Das heißt ja nicht, das „Narrow Stairs“ schlecht ist. Es ist sogar ganz gut, allerdings schlechter als die letzten beiden Platten „Transatlanticism“ und „Plans“, so dass es die kontinuierliche Steigerungskurve jetzt erstmals nen Knick kassiert. Dabei fängt das Werk ja vielversprechend an. „Bixby Canyon Bridge“ beginnt verhalten und baut sich dann langsam auf, bis schließlich die Gitarrenwände aufgefahren werden. Allerdings zieht das nicht ganz. Das sperrige bzw. die Prog-Rock-Momente wirken eher langweilig. Auch bei der 8einhalb Minuten-Single „I Will Possess Your Heart“, die sich vermutlich durch ihre Länge bewusst nicht gängigen Formaten anpassen will. Allerdings ist das über 4minüte, verhaltene Intro zu lang. 2,3 Minuten hätten diesem, ohnehin nicht so starken Song, besser getan. Zu musikalischen Ambitionen gehören nämlich einfach gute Songs. Und die gibt es. Gleich im Anschluss zeigt das knackige „No Sunlight“ in nicht mal 3 Minuten, wie ein guter Song klingen kann. Tolle Musik, tolle Melodie… Death Cab in Topform. Auch das romantische „Grapevine Fires“ zeigt, was die Band kann. „Your New Twin Sized Bed“ ist ebenfalls Ben Gibbard in Höchstform. Songs wie „Long Division“ oder „Pitty and Fear“ sind allerdings eher mittelmäßig. Immerhin versöhnt uns die Band am Ende noch mit dem wundervoll traurigen „The Ice Is Getting Thinner“, was man durchaus als melancholisches, düsteres Gegenstück zu „I Will Follow You Into The Dark“ verstehen kann. Insgesamt befinden sich da viel Schatten und viel Licht auf der neuen Death Cab. Nachdem sich die Band in den letzten Jahren kontinuierlich von Platte zu Platte gesteigert hat, wirkt sie auf „Narrow Stairs“ etwas orientierungslos. Entweder will man die altbekannten „Indie“-Pfade nicht verlassen, oder man kann es einfach nicht. So ist „Narrow Stairs“ erstmals Gleichschritt, statt Fortschritt. Dazu kommen einige schwächere Songs, die diesen Eindruck noch verstärken. Etwas schade, für eine Band, die auch auf diesem Album wieder zeigt, was für ein unglaubliches, musikalisches Potential hat. Das wird leider diesmal auf Album Nr. 6 nicht wirklich ausgeschöpft. Jetzt wird der musikalische Output der nächsten Jahre zeigen, ob die Band mehr kann und will. Zuzutrauen wär’s ihnen ja.

Video "I Will Possess Your Heart"

"Grapevine Fires" (Fan-Video)

"The Ice Is Getting Thinner" (Fan-Video)

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Sonntag, 11. Mai 2008

Elektrisierende Wundertüte

Falls sie es noch nicht gehört haben. Die Foals sind mal wieder ein berechtigter Hype.

Ich sag jetzt mal nicht das gehypte „A“-Wort. Oder doch? Irgendwie wirkt es so, als braucht die britische Presse dringend jedes Jahr nen neuen, alten Trend, der losgetreten werden muss, meist von Bands, die damit nicht wirklich was zu tun haben. Das hatten wir ja auch letztes Jahr, als die Klaxons „New Rave“ sein sollten, aber gar nicht danach klangen. Und 2008 lieben NME und Co. den wiederentdeckten Afrobeat. Prominenteste Vertreter sind neben Vampire Weekend nun auch die Foals, wobei ich mich da frage... warum? Also viel afrikanische Rhythmen entdecke ich nicht. Oder gillt das schon als Afrobeat, wenn man mal andere Rhythmen ausprobiert, als den Standard Franz-Ferdinand-Four-To-The-Flour-New-Wave-Disco-Beat? Vermutlich. Gut, den Musiknerdismus mal beiseite und die Fakten dafür auf den Tisch gelegt: Das Debütalbum der Foals ist ganz hervorragend geworden. Wirklich!
“Antitodes“ zieht einen mit seinen verworrenen Rhytmen und dem Hang zu Experimenten unweigerlich in den Bann. Geschickt mixen die jungen Briten New Wave, 80er Pop mit experimentellen Sachen und gut, von mir aus, halt auch exotischen Rhythmen zusammen. Und sogar ein Saxophon ist dabei. Die Vielseitigkeit und Musikalität des Foals-Sounds ist ihre große Stärke. Treibende Hymnen á la „Cassius“ oder „Balloons“ treffen auf gedämpftere Klänge wie „Electric Bloom“ oder „Olympic Airwaves“. Überall zirpen Gitarren, gibt es Wechselgesang, blitzen Elektro-Elemente auf und werden andere Elemente dem klassischen britischem Indie-Sound hinzugefügt. Spontane Tempowechsel oder Keyboardflächen inklusive. „Antidotes“ ist wirklich überraschend anders. Frisch. Irgendwie herausragend aus dem zuletzt sehr schleppenden Einheitsbrei. Die Foals öffnen sich für verschiedene Elemente. Und wenn die Offenheit für weltmusikalische Elemente halt als Afrobeat bezeichnet wird, dann sei es halt so. Tanzbar ist es allemal. Aber auch abseits des Clubfloors macht diese Platte viel Spass, weil sie vielschichtig ist, musikalisch, voller kleiner Überraschungen. Und weil sie auch entdeckt werden muss. Vermutlich dauert es eine Weile, bis sich einem alle Feinheiten erschließen. Die Foals machen aufregenden Gitarrenpop, vielleicht den aufregensten zur Zeit. Mut zum Experiment, zur Vielschichtigkeit, ohne aber die Einfachheit des Pop oder Rock’n Roll aus den Augen zu lassen. Das mündet dann in eine so fantastische fast 6minütige, traumhafte Soundreise wie bei „Big Big Love“. Diese jungen Fohlen schöpfen aus den unterschiedlichsten Quellen und vereinen so viel Einflüsse und spannende Ideen zu einem packenden, aufregen, sehr intensiven Debüt. Vermutlich das bisher beste des Jahres. Für alle, die mal wieder auf der Suche nach was neuem sind und für alle, die vielschichtigen, guten Pop wollen, für die führt an „Antidotes“ kein Weg vorbei. Eine aufregende Wundertüte voller Musik.

Download "Balloons" [mp3]

Video "Cassius"

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